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Ein sorgfältig austariertes Massnahmenpaket

Ein sorgfältig austariertes Massnahmenpaket

In einer Marktwirtschaft muss jedes Unternehmen, welches im Markt versagt hat, untergehen können. Oft geht vergessen, dass zum Prozess der «schöpferischen Zerstörung» von Joseph Schumpeter die Schöpfung von Neuem ebenso wie der Untergang gescheiterter Firmen, Branchen oder Strukturen gehört. In diesem Sinne hat sich die Credit Suisse immer für eine Lösung ausgesprochen, welche es erlaubt, systemkritische Banken in geordnetem Rahmen abwickeln zu lassen, und dies ohne Belastung des Steuerzahlers. Die Credit Suisse hat in ihrer über 150-jährigen Unternehmensgeschichte nie staatliche Unterstützung benötigt, und das soll auch in Zukunft so bleiben.

Das von der Expertenkommission nun vorgeschlagene Massnahmenpaket stärkt als Ganzes die Systemstabilität und löst das Problem der impliziten Staatsgarantie, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Grossbanken und unseres Finanzplatzes über Massen zu beeinträchtigen. Einerseits erhöhen die einzelnen Massnahmen die Fähigkeit von Banken zur Absorption von Verlusten und wirken damit präventiv. Andererseits erlauben sie, im Krisenfall die systemrelevanten Aktivitäten – wie Zahlungsverkehr, Kredite und Depositenge-schäft – sicherzustellen, selbst wenn der Bank Konkurs droht bzw. dieser unvermeidlich wird. Die hart errungenen und breit abgestützten, gemeinsamen Empfehlungen von Aufsichtsbehörden, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft stellen einen integrierten Policy Mix dar, der sorgfältig austariert und in sich schlüssig ist.

Massive Anstrengungen der Grossbanken


Diese Massnahmen erfordern von den Grossbanken während der nächsten Jahre massive Anstrengungen zur Stärkung der Kapitalbasis und im organisatorischen Bereich. Dabei wird nicht nur ein äusserst diszipliniertes Risikomanagement zwingend sein; durch die neuen Eigenkapitalanforderungen wird auch der Kosten- und Margendruck für die Grossbanken zunehmen. Die Credit Suisse hat sich seit einiger Zeit auf diese aufsichtsrechtlichen Entwicklungen vorbereitet, namentlich durch die konsequente Implementierung einer kundenorientierten, kapitaleffizienten Geschäftsstrategie. Wir sind deshalb heute zuversichtlich, die sehr strengen neuen Anforderungen durch Aufbau von Kapital aus Gewinnen erfüllen zu können, ohne bei unseren Wachstumsplänen oder bei der Dividendenpolitik einschneidende Änderungen vornehmen zu müssen.

Auch andere Akteure sind gefordert


Die systemrelevanten Schweizer Grossbanken sind also gefordert. Aber auch andere Akteure müssen für ein gutes Gelingen nun ihren Beitrag leisten: Die Schweizer Regulatoren haben sich nun konsequenterweise auf internationaler Ebene für ähnlich strenge Regelungen einzusetzen, um Wettbewerbsnachteile für den Finanzplatz Schweiz zu verhindern, aber auch um die Systemstabilität des globalen Finanzsystems als solches zu stärken. Im Inland gilt es sicherzustellen, dass Fristen und Regeln im internationalen Gleichschritt gesetzt werden, um regulatorischer Arbitrage vorzubeugen. Parlament, Regierung und Verwaltung stehen vor der Herausforderung, in einem anspruchsvollen innenpolitischen Umfeld die Empfehlungen der Kommission so umsetzen zu können, dass nicht nur die Stabilität des Finanzsystems gefördert wird, sondern auch das Wachstum unserer Volkswirtschaft gewährleistet bleibt. Es ist zwar richtig, dass Banken zu wichtig für unser Land sind, als dass sie einer ungenügenden Regulierung überlassen werden können. Mit der gleichen Begründung muss aber auch sichergestellt werden, dass Erfolg und Wachstum solcher für unsere Volkswirtschaft so bedeutenden Unternehmen nicht durch unverhältnismässige oder gar untaugliche Vorschriften gefährdet werden.

Eine zukunftsgerichtete Konsenslösung


Die Credit Suisse hat zur Lösung der Too-big-to-fail-Problematik beigetragen, indem sie im Rahmen der Expertenkommission ihr Know-how umfassend zur Verfügung gestellt und konstruktiv an der Ausarbeitung des Massnahmenpakets mitgewirkt hat. Trotz harten Diskussionen und einschneidenden Vorschlägen stellt das Resultat eine wenn auch in vielen Bereichen schmerzhafte, aber letztlich für die Stabilität unserer Volkswirtschaft wichtige und zukunftsgerichtete Konsenslösung dar.

Zitiervorschlag: Urs Rohner (2010). Ein sorgfältig austariertes Massnahmenpaket. Die Volkswirtschaft, 01. Dezember.