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Instrumente der Standortförderung des Bundes

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Die Botschaft über die Standortförderung 2012–2015 zeigt, dass sie mehr ist als die Summe ihrer einzelnen Instrumente. Aber wie stärkt die Standortförderung Schweizer Unternehmen? Welchen Beitrag leistet sie zum Wohlstand der Schweiz? Welches sind die Schwerpunkte für die kommenden Jahre? Manchmal hilft es genauer hinzuschauen, um das Ganze zu verstehen. Die Exportförderung, die Standortpromotion und die Tourismuspolitik sind drei von zehn sich ergänzenden Instrumenten der Standortförderung des Bundes. Entlang dieser drei Beispiele soll gezeigt werden, wie Standortförderung funktioniert, wo sie wirkt, welche operationellen Herausforderungen und strategischen Entwicklungen anstehen
Vgl. Bundesratsbeschluss und Medienmitteilung vom 23.2.2011 sowie Begleitmaterialien der zuständigen Fachbereiche der Direktion für Standortförderung des Seco..

Exportförderung – und wie wirkt sie?


Zahlreiche Schweizer Unternehmen haben sich in den letzten Jahren erfolgreich auf dem Weltmarkt etabliert. Wer den Schritt in einen ausländischen Markt macht, muss gemäss einer kürzlich veröffentlichten Studie
Swiss International Entrepreneurship Survey 2010, Hochschule für Wirtschaft (HSW) Freiburg (Schweiz). Die Umfrage erlaubte Mehrfachnennungen. der Hochschule für Wirtschaft (HSW) Freiburg (Schweiz) diverse Hürden überwinden. Von 625 befragten international tätigen Schweizer KMU erwähnen 34,7% Gesetze und Vorschriften in einem ausländischen Markt als wesentlichstes Hindernis im Internationalisierungsprozess, gefolgt vom Preis der eigenen Produkte und Dienstleistungen (28,6%) sowie den Kosten der Internationalisierung (27,7%). Die verfügbare Zeit des Senior Managements (24,8%), fehlende Netzwerke, kulturelle und sprachliche Hindernisse und ein genereller Informationsmangel über die ausländischen Märkte (alle rund 17%) werden ebenfalls häufig genannt. Und wer den Schritt ins Ausland geschafft hat, muss seine Stellung immer wieder neu behaupten. Trotz ihrer vielfältigen Stärken sind die exportorientierten Unternehmen bei der Internationalisierung vielfach auf externe Unterstützung angewiesen. Die in der oben erwähnten Studie befragten Unternehmen geben an, dass ihnen dabei in- und ausländische Privatpersonen die nützlichsten Tipps geben, dicht gefolgt von Exportnetzwerken und der Osec, welche Schweizer und Liechtensteiner Unternehmen bei Auf- und Ausbau ihrer Auslandaktivitäten unterstützen. 2010 wurden von der Osec rund 1800 Kundenmeetings für Basis- und Erstinformation geführt. Darüber hinaus wurden 900 verschiedene Projekte und Mandate abgewickelt, welche beispielsweise individuelle Marktabklärungen und -analysen ermöglichten. Die Organisation unterstützte zudem 39 Beteiligungen an internationalen Leitmessen, an welchen über 400 Schweizer Aussteller an Gemeinschaftsständen die Gelegenheit erhielten, ihre Produkte einem breiten Fachpublikum zu präsentieren. Gleichzeitig leistete die Osec im Rahmen der konjunkturellen Stabilisierungsmassnahmen des Bundes Aufbauhilfe für von privaten Vereinen getragene Exportnetzwerke, den sogenannten Exportplattformen in den Bereichen Cleantech, Medtech und Architektur/Engineering/Design. Da die staatliche Exportförderung subsidiär – also ergänzend zur privaten Initiative wirken soll – hat sich die Osec primär als Netzwerkkoordinatorin ausgerichtet. Ein grosser Teil der Anfragen wird an private Experten weitergereicht: Osec-Kunden können dadurch heute auf einen Pool von rund 500 Experten zurückgreifen. Auch mit einer Vielzahl von kantonalen und bilateralen Aussenhandelskammern besteht eine enge Zusammenarbeit. Mit Blick auf die im Parlament zu diskutierende Botschaft über die Standortförderung, welche auch die Finanzierung des Exportförder-Mandates für die Jahre 2012–2015 regelt, hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Exportförderung einer externen und unabhängigen Evaluation unterzogen.
Siehe Evaluation Leistungsvereinbarungen «Exportförderung» und «Information Unternehmensstandort Schweiz» 2008–2010, Schlussbericht vom 22.9.2010, http://www.seco.admin.ch, Rubrik «Themen», «Standortförderung», «Exportförderung». Sie bescheinigt der Osec insgesamt eine zweckmässige und wirtschaftliche Aufgabenerfüllung. Generell ziehen die KMU Nutzen aus aktuellen und relevanten Informationen über Marktentwicklungen in ausländischen Märkten, welche die Osec auch dank ihren 18 lokalen Vertretungen (Swiss Business Hubs) generiert. Hervorgehoben wird von den Kunden zudem die Bedeutung der Osec als Türöffnerin in fremden, auch kulturell anspruchsvollen Märkten sowie ihre Bedeutung als Kontaktvermittlerin. Eine Organisation wie die Osec ist darüber hinaus auch bestens geeignet, die Lehren aus der Internationalisierung von einzelnen Unternehmen für andere nutzbar zu machen. Wie bei den meisten vergleichbaren Untersuchungen wurde jedoch in der Evaluation darauf verzichtet, ein Wirkungsmodell für die Exportförderung zu erstellen und zu berechnen. Eine solche Evaluation erweist sich in der Praxis als sehr aufwändig und schwierig. Da der Entscheid für einen internationalen Geschäftsabschluss in der Regel von verschiedenen Faktoren abhängig ist, kann der Einfluss der staatlichen Fördermassnahmen darauf kaum quantifiziert werden. Zudem werden Details von Vertragsabschlüssen aus Konkurrenzgründen oft nicht bekannt gegeben. Auch die Tatsache, dass international tätige Unternehmen in der Regel wichtige Innovationsträger und -entwickler sind und in der Schweiz hochqualifizierten Arbeitskräften eine herausfordernde Tätigkeit bieten, ist nicht direkt messbar. Die Osec dokumentiert jedoch regelmässig Aussagen von Unternehmen, die ihre Unterstützung in Anspruch genommen haben. Diese Referenzen werden durch periodische Kundenbefragungen ergänzt. Um der Schweizer Exportwirtschaft ein aktuelles, bedarfsorientiertes und im internationalen Vergleich konkurrenzfähiges Angebot bieten zu können, muss die Osec ihre Produkte laufend anpassen und mit innovativen Dienstleistungsformen ergänzen. Mit einem Ausbau der Branchenkompetenzen und einer noch fokussierteren Marktbearbeitung will die Osec ihre Leistungen für die KMU künftig weiter verbessern. Für die Jahre 2012–2015 beantragt der Bundesrat dem Parlament, die Aktivitäten der Osec mit insgesamt 75 Mio. Franken mitzufinanzieren. Damit würden der Osec real ungefähr gleich viele Mittel zur Verfügung stehen wie bisher.

Standortpromotion – die Ansiedlung ausländischer Unternehmen


Die langfristige, nachhaltige Ansiedlung von ausländischen Unternehmen ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen. Seit 2008 mandatieren sie die Osec, um die Schweiz als Wirtschaftsstandort im Ausland besser bekannt zu machen, potenziellen Investoren grundlegende Informationen zu vermitteln und erste Kontakte zu Entscheidträgern in ausländischen Firmen herzustellen. Die Osec betreibt dazu unter anderem eine Website in acht Sprachen und organisiert Seminare und Veranstaltungen für Investoren. Weiter erstellt die Osec Analysen und Studien, die dazu dienen, in einem bestimmten Markt Firmen zu identifizieren, die aufgrund ihrer Grösse, Branche oder anderen Kriterien Potenzial für eine Ansiedlung in der Schweiz haben könnten und gezielt angesprochen werden.Mit ihrer Arbeit legt die Osec eine Grundlage für die vielfältigen Tätigkeiten von regionalen, kantonalen und zum Teil auch kommunalen Wirtschaftsförderern in der Standortpromotion. Sie übernehmen die von der Osec generierten Kontakte, unterbreiten den interessierten Firmen ihre Offerten und begleiten sie im konkreten Ansiedlungsprozess.Unter den Kantonen und Regionen in der Schweiz herrscht ein Standortwettbewerb, der dazu beiträgt, dass unser Land attraktive Rahmenbedingungen für ausländische Investoren bieten kann. Letztlich sind die Kantone aber auch Konkurrenten, wenn es um die konkrete Ansiedlung einer Firma geht. Aufgrund dieser Konkurrenzsituation sowie der generellen Heterogenität der Bedürfnisse und Strategien der diversen Akteure kommt der Osec in der Standortpromotion eine wichtige Koordinationsrolle zu.Konkret setzt die Standortpromotion Schwerpunkte in sieben Märkten: In den reifen Märkten Deutschland, Frankreich und den USA geht es primär darum, das bereits vorhandene Wissen über den Wirtschaftsstandort Schweiz bei konkreten Ansiedlungen in einen schnellen Erfolg umzuwandeln. In den aufstrebenden Märkten wie Japan, China, Indien, Russland (und künftig auch Brasilien) hat die Osec den Auftrag, primär das Wissen über den Wirtschaftsstandort Schweiz zu vermitteln und damit das Interesse von expansionsfähigen Unternehmen zu wecken. Mittelfristig soll diese Grundlagenarbeit ebenfalls in eine wachsende Zahl von Investitionen und Firmenansiedlungen münden.Die von der Osec zur Verfügung gestellten Informationen über den Wirtschaftsstandort Schweiz werden jährlich in rund 1,5 Mio. Internet-Anwendersitzungen konsultiert; und 40’000 Broschüren und Dokumente werden pro Jahr an Interessenten versandt. Insgesamt generiert die Osec zusammen mit den Kantonen jährlich Kontakte zu rund 6400 in irgendeiner Form an einer Ansiedlung in der Schweiz interessierten Personen. Gemäss Angaben der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz wurden 2008 im Rahmen der Standortpromotion rund 500 Firmen mit 1850 neuen Arbeitsplätzen in der Schweiz angesiedelt; 2009 waren es trotz der internationalen Wirtschaftskrise noch 400 Firmen, die in diesem Jahr allein etwas mehr als 1500 Arbeitsplätze schufen. Dabei dürfte es sich um eher konservative Schätzungen handeln. Insgesamt sind ausländische Firmen für die Schweizer Volkswirtschaft von grösster Bedeutung. Eine Studie der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer und der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2006 zeigte, dass ausländische Firmen rund 10% des gesamten Schweizer Bruttoinlandsprodukts (über 40 Mrd. Franken) direkt oder indirekt erbringen und dass diese überproportional zum Wirtschaftswachstum in der Schweiz beitragen.
A joint Study of the Swiss-American Chamber of Commerce and The Boston Consulting Group (2006): Multinational Companies on the Move: How Switzerland Will Win the Battle. Zudem können neu angesiedelte Unternehmen mit ihrem unternehmerischen Know-how bereits länger ansässige Firmen inspirieren und regionale Innovations- und Wachstumsimpulse setzen. Insgesamt will der Bundesrat deshalb die nationale Standortpromotion auch weiterhin jährlich mit rund 5 Mio. Franken unterstützen; die Kantone sollen weiterhin einen Beitrag von rund 1,3 Mio. Franken an die Osec leisten. Dies auch in der Überzeugung, dass die Standortpromotion langfristig unter anderem über zusätzliche Steuereinnahmen zu «win-win»-Situationen für Bund und Kantone führt.

Schweiz als Reise- und Tourismusland – Nachfrage und touristische Landeswerbung fördern


Schweiz Tourismus ist eine öffentlichrechtliche Körperschaft, welche der Aufsicht des Bundes untersteht. Schweiz Tourismus verfügt über ein jährliches Budget von insgesamt rund 80 Mio. Franken pro Jahr und beschäftigt gut 200 Mitarbeitende. Rund 60% des Budgets stammt aus Bundesmitteln; der Rest wird über Mitglieder- und Marketingbeiträge generiert. Schweiz Tourismus hat sich als vom Bund beauftragte nationale touristische Marketingorganisation für das Reise-, Ferien- und Kongressland Schweiz etabliert. In den wichtigsten Herkunftsländern der Touristen unterhält sie Niederlassungen, um vor Ort die Schweiz als Tourismusland zu vermarkten. Es ist Schweiz Tourismus gelungen, die touristische Marke «Schweiz» mit grossem Erfolg auf den internationalen Märkten zu positionieren. Hierzu hat Schweiz Tourismus beispielsweise seit über zehn Jahren die «Goldblume» als touristische Dachmarke aufgebaut. Die «Goldblume» steht heute für Werte wie Ferienland Schweiz, Naturerlebnis, Authentizität sowie Qualität und weist national und international einen hohen Bekanntheitsgrad auf.In technologischer Sicht ist es Schweiz Tourismus gelungen, im Schweizer Tourismus eine wichtige Leitfunktion einzunehmen. Im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ist diese technologische Leitrolle wichtig, damit das Tourismusland Schweiz die Herausforderung des rasanten technologischen Fortschritts erfolgreich bewältigen kann. Der Bundesrat beantragt für die Periode 2012–2015 einen Zahlungsrahmen von insgesamt 187,3 Mio. Franken (inkl. 12 Mio. Franken im Rahmen des Impulsprogramms 2011–2012) zu Gunsten von Schweiz Tourismus. Diese Mittel setzt Schweiz Tourismus für das touristische Basismarketing und unterstützende Dienstleistungen ein:– Die Tourismusunternehmen profitieren von einem übergeordneten Destinationsmarketing des Bundes, mit dem die touristische Marke «Schweiz» weltweit bekannt gemacht wird. Dieses Destinationsmarketing ist ein öffentliches Gut, von dem alle Tourismusunternehmen profitieren und das nur der Staat bereit stellen kann. – Die touristische Landeswerbung stellt die globale Vermarktung des Schweizer Tourismus sicher: Touristische Partner von Schweiz Tourismus auf nationaler, kantonaler und lokaler Ebene können sich an den Kooperationsplattformen von Schweiz Tourismus beteiligen und damit von der Präsenz von Schweiz Tourismus in rund 30 ausländischen Herkunftsmärkten profitieren. Schweiz Tourismus gewinnt zahlreiche tourismusabhängige Unternehmungen und Branchen für einen gemeinsamen Marktauftritt und koordiniert rund 700 Partnerorganisationen als Mitglieder.– Schweiz Tourismus beeinflusst heute rund 17% aller Übernachtungen in der Schweizer Hotellerie und Parahotellerie. Dies entspricht ca. 12 Mio. Übernachtungen pro Jahr sowie einem Umsatz von rund 2 Mrd. Franken. Die Wirkungsmessung von Schweiz Tourismus belegt, dass die Beeinflussungswirkung mit zunehmender Distanz zum Herkunftsmarkt zunimmt und bei Erstbesuchern der Schweiz besonders hoch ist.Der Auftrag von Schweiz Tourismus soll im Rahmen der neuen Vereinbarung 2012–2015 konsequent auf die Ziele und Inhalte der 2010 vom Bundesrat gutgeheissenen Wachstumsstrategie für den Tourismusstandort Schweiz ausgerichtet werden. So soll beispielsweise explizit die Thematik der Nachhaltigen Entwicklung berücksichtigt werden. Schweiz Tourismus beabsichtigt, die Präsenz in stark wachsenden Fernmärkten auszubauen sowie in den Nahmärkten bestehendes Potenzial mit gezielten Marketingoffensiven zu nutzen.

Ausblick


Wichtige Bereiche der Standortförderung des Bundes werden über marktnahe Drittorganisationen umgesetzt. So wird – in Anlehnung an die Grundsätze des New Public Management – die Gewährung der Subventionen für die Exportförderung, die Standortpromotion und die touristische Landeswerbung in Leistungsvereinbarungen festgelegt. Im Rahmen der laufenden parlamentarischen Debatte zur Botschaft über die Standortförderung 2012–2015 ist zu erwarten, dass die Präzisierung des Auftrags und die Wahrnehmung der Aufsichtsfunktion des Bundes mittels Vereinbarungen bestätigt werden. Diese werden für die Vierjahresperiode 2012–2015 zwischen Bund und der Osec für die Exportförderung und die Standortpromotion sowie zwischen Bund und Schweiz Tourismus für die touristische Landeswerbung verhandelt. Die Ausgestaltung dieser Vereinbarungen mit strategischen Zielen und Leistungsindikatoren soll ermöglichen, die Wirkung der Standortförderung in vier Jahren wieder bestmöglich zu evaluieren und die Instrumente wo nötig anzupassen und weiterzuentwickeln.

Zitiervorschlag: Donzel, Valérie (2011). Instrumente der Standortförderung des Bundes. Die Volkswirtschaft, 01. Mai.