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Der Wirtschaftsstandort Schweiz und seine Regionen im internationalen Wettbewerb

Nachdem in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einige Strukturschwächen identifiziert und auch behoben worden sind, weist die Schweiz in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts im westeuropäischen Vergleich eine erfreuliche Entwicklung auf. Auch aus der grossen Finanz- und Wirtschaftskrise geht die Schweiz relativ gestärkt hervor. Und doch ist nicht alles einfach gut: Die Schweiz könnte aus der hervorragenden Ausgangslage mehr machen.

In der Rangliste der wohlhabenden Länder Europas liegt die Schweiz hinter dem Spezialfall Luxemburg und dem ölreichen Norwegen auf dem dritten Platz. Für ein rohstoffarmes Land wie die Schweiz ist das ein sehr schönes Ergebnis, das selbst unter Berücksichtigung des starken Frankens, also der relativ hohen Preise in unserem Land, Bestand hat. Das bedeutet, dass sich die Schweizer Bevölkerung Güter und Dienstleistungen leisten kann wie kaum in einem anderen Land. Dieser Wohlstand ist Ausdruck einer hohen wirtschaftlichen Leistungs- oder Wettbewerbsfähigkeit. Am einfachsten zeigt sich dies am Aussenhandel: Während der Importanteil der Schweizer Volkswirtschaft bei 42% vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt, beträgt der Exportanteil 54%. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Schweiz somit einen Aussenhandelsüberschuss von 12% vom BIP – sie hat also für 65 Mrd. Franken mehr exportiert als importiert. Dabei ist auch bemerkenswert, dass die Exporte in den letzten drei Dekaden nominell jeweils um rund einen Prozentpunkt pro Jahr stärker gewachsen sind als die Importe. Folglich ist der relative Aussenhandelsüberschuss überproportional angewachsen. Das ist ein eindrücklicher Beweis der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Während der Wohlstand über Einkommen oder Vermögen pro Kopf gemessen wird, ist der zentrale Indikator für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft das BIP pro Kopf. Wie aus Grafik 1 ersichtlich ist, lag diese Grösse im Jahr 2009 für die Schweiz fast ein Viertel über dem westeuropäischen Durchschnitt. Kaufkraftbereinigt existieren allerdings einige Regionen auf der Welt – wie Hong Kong, Massachusetts oder Singapur –, die noch besser dastehen. Alternativ könnte man das BIP auch pro Erwerbstätigen berechnen, wobei die Schweiz wesentlich schlechter abschneidet und nur noch im westeuropäischen Mittelfeld liegt. Dies hängt mit der im internationalen Vergleich hohen gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungsquote zusammen. Gründe dafür sind (neben den Grenzgängern), dass die Arbeitslosenrate relativ gering ist und die Frauenerwerbsquote wie auch das Pensionierungsalter in der Schweiz relativ hoch sind. Die hohe Leistungsfähigkeit wird weniger durch eine hohe Produktivität als vielmehr durch einen überdurchschnittlich hohen Arbeitseinsatz erreicht. Der von der BAK Basel Economics entwickelte Performance Index deckt verschiedene Aspekte der Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft ab und misst nicht nur einen Zustand, sondern auch die Dynamik. Grafik 2 zeigt, dass die ausgewählten Vergleichsregionen im Schnitt besser abschneiden als Westeuropa; dieser Vorsprung fällt aber seit zehn Jahren etwa gleich gross aus. Demgegenüber lag die Schweiz bis 2003 aufgrund der mässigen Wachstumsraten in den 90er Jahren im Mittelfeld. Die relativ hohen Zuwächse bei BIP und Beschäftigung haben seither zu einer systematischen Steigerung geführt. Damit steht die Schweiz heute als sehr wettbewerbsfähig da (vgl. Kasten 2

Wie die Wettbewerbsfähigkeit messen?


Die Untersuchung der Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft bedarf einer sorgfältigen und vielschichtigen Analyse. Einige zentrale Kennzahlen sind jedoch hilfreich für einen ersten Überblick und unterstützen die Strukturierung einer detaillierten Analyse. BAK Basel Economics hat zu diesem Zweck eine Benchmarking Index Family entwickelt, bestehend aus drei aufeinander abgestimmten Indizes, welche die zentralen und international vergleichbaren Indikatoren der Wettbewerbsfähigkeit zusammenfassen: Eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zeichnet sich durch eine erfolgreiche bisherige Entwicklung (Performance Index), durch eine hohe Anziehungskraft auf hochqualifiziertes Humankapital und Unternehmen (Attractiveness Index) und durch eine zukunftsträchtige Wirtschaftsstruktur (Structural Potential Index) aus.– Der Performance Index erfasst die Wettbewerbsfähigkeit der Vergangenheit über die Messung der bisherigen Wirtschaftsentwicklung und schliesst sowohl eine Niveau- (Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf, Gewicht 50%) als auch eine Wachstumskomponente (BIP- und Erwerbstätigenwachstum, Gewicht je 25%) ein. Das Niveau zeigt an, wie viel Wohlstand in der Region produziert wird, während das Wachstum den Fortschritt misst. – Der Attractiveness Index erfasst die Fähigkeit einer Region, Unternehmungen und Humankapital anzulocken bzw. vorhandene Ressourcen zu halten. Befragungen zeigen regelmässig, dass für die Standortwahl von Unternehmen Steuerbelastung, Verfügbarkeit von Arbeitskräften, Erreichbarkeit, Innovationskraft und Regulierung der Märkte besonders wichtig sind. Für natürliche Personen kommt insbesondere noch Lebensqualität hinzu. Der Attractiveness Index fasst Indikatoren aus den oben genannten Bereichen zusammen – soweit verfügbar und international vergleichbar.– Der Structural Potential Index erfasst das in den gegenwärtigen Strukturen inhärente Potenzial für die zukünftige Entwicklung. Der Structural Potential Index lässt sich wiederum in drei Teilbereiche gliedern: 1. Industry Structure Potential untersucht die vorhandene Branchenstruktur bezogen auf künftige Wachstumsaussichten. Die Branchen zeigen ein stark unterschiedliches Wachstumspotenzial; gleichzeitig weisen die Regionen erhebliche Unterschiede in der Branchenstruktur auf. So bieten ausgeprägte regionale Konzentrationen von Branchen mit hohen erwarteten Wachstumsraten das Potenzial, die zukünftigen Wachstumsaussichten der Region nachhaltig positiv zu gestalten. 2. Capacity to Compete untersucht die Produktivitäten der sich im interregionalen Wettbewerb befindenden Branchen und fasst die internationale Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Branchen einer Region zusammen. Branchen mit Produktivitätsvorsprüngen gegenüber konkurrierenden Regionen vermögen längerfristig ihre Wertschöpfung über den interregionalen Wettbewerb auszuweiten. 3. Political Structure Potential misst die politischen Rahmenbedingungen. Zur Umsetzung werden Indikatoren zum Anteil der Schattenwirtschaft am BIP, zur wahrgenommenen Korruption und zur Kompetenzverteilung innerhalb der Staatsebenen herangezogen.Alle drei Indizes der Benchmarking Index Family (Performance, Attractiveness und Structural Potential Index) sind methodisch gleich konstruiert, wobei der Wert 100 den westeuropäischen Mittelwert wiedergibt und 10 Indexpunkte einer Standardabweichung aller westeuropäischen Regionen entsprechen.

).

Mittelmässige Produktivität


Das bedeutet jedoch nicht, dass das Wachstum in der Schweiz viel höher ausfallen würde als in unseren Konkurrenzregionen. Zwar liegt der Wert der Schweiz mit 1,5% im Schnitt der Jahre 2000–2009 leicht über dem Wert Westeuropas (1,2%). Die wirklich starken Regionen weisen indes ein deutlich höheres Wachstum auf (siehe Grafik 3). Dabei fällt auf, dass das Wachstum in der Schweiz primär von der steigenden Bevölkerung und entsprechend höheren Beschäftigung getragen wird, während asiatische und einige europäische Konkurrenzstandorte primär dank Produktivitätszuwächsen florieren. Beunruhigend ist dies (noch) nicht, da diese Volkswirtschaften von einem tieferen Niveau aus gestartet sind; es führt aber dazu, dass der Weltmarktanteil der Schweiz kontinuierlich abnimmt. Beunruhigender ist ein Vergleich der Produktivitätsgewinne der Schweiz mit jenen in Finnland, Schottland oder selbst Westeuropa. Hier tut sich eine Schwäche der Schweiz kund. Die Produktivität, hier gemessen als BIP pro Erwerbstätigen, liegt sowohl bezüglich Niveau als auch Wachstum nur etwa im westeuropäischen Mittel, aber tiefer als in Nordamerika und bezüglich Wachstum deutlich tiefer als in den aufstrebenden asiatischen Standorten. Die Produktivität ist jedoch der langfristige Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Weshalb werden wir nicht produktiver?

Gute Rahmenbedingungen


Im Folgenden werden kurz die wichtigsten Standortfaktoren der Schweizer Wirtschaft im internationalen Vergleich diskutiert. Zunächst wird in Grafik 4 die Erreichbarkeit dargestellt. Gemessen wird, wie schnell aus einer Region alle anderen europäischen Regionen erreicht werden können, wobei die Zielregionen jeweils mit ihrem BIP gewichtet werden. Ein hoher Erreichbarkeitswert besagt, dass innert kurzer Zeit «viel BIP» erreicht werden kann. Dass die Schweiz hier sehr gut abschneidet, liegt angesichts der zentralen Lage in Europa und der guten Verkehrsinfrastruktur und -verbindungen auf der Hand. Deutlich besser schneiden lediglich Grossstadtregionen wie Paris, London oder Frankfurt ab. Umgekehrt haben eher peripher gelegene Regionen wie etwa Schottland oder Finnland trotz guter Flugverbindungen nur mässige Werte. Interessant sind Veränderungen der Erreichbarkeit in der Periode 2000–2008. Viele andere Regionen haben sich deutlich verbessert und den Abstand zur Schweiz verringern können. In Finnland sind es bessere Flugverbindungen, während Österreich von besseren Verbindungen nach Osteuropa profitiert, dessen Wirtschaft zudem gewichtiger wird.Unbestritten ist eine Führungsposition der Schweiz im europäischen Steuerwettbewerb. Sowohl bei der Besteuerung von Unternehmen als auch von hoch qualifizierten Beschäftigten – mit einem Nettoeinkommen von 100’000 Euro pro Jahr – liegt der Durchschnitt der Schweizer Kantone unter den relevanten Konkurrenzstandorten in Europa und Nordamerika. Tiefere Steuerbelastungen weisen einzig einige Konkurrenzstandorte in Ostasien auf. Würden anstelle des Durchschnitts Werte für einige Tiefsteuerkantone betrachtet, wäre die Steuersituation noch komfortabler. Der Vorsprung der Schweiz gegenüber anderen Standorten könnte sich angesichts der Schuldenlage in vielen westlichen Staaten gar noch ausweiten.Während die Daten zu Erreichbarkeit und Steuerbelastung zusammen mit einer hohen Lebensqualität auf eine hohe Attraktivität der Schweiz hindeuten, ist für die Entwicklung der Produktivität das Innovationspotenzial entscheidend. Auch hier ist die Position der Schweiz im internationalen Vergleich komfortabel. Als Massstab für die akademische Forschungskapazität verwenden wir den Shanghai-Index, der weltweit die Qualität von Universitäten vergleicht. Während Massachusetts mit der weltbesten Universität (Harvard) und einer Vielzahl weiterer Spitzenuniversitäten einsam das Feld anführt, liegt die Schweiz dank der besten Hochschule Kontinentaleuropas (ETH Zürich) und zwei weiteren Universitäten unter den hundert besten der Welt (Zürich, Basel) in einer Spitzenposition.Auch die praktische Forschungskapazität, die anhand der gewährten Patente pro Kopf der Bevölkerung gemessen wird, attestiert der Schweiz gute Werte. Lediglich Regionen wie Baden-Württemberg, die sehr stark auf Investitionsgüterindustrien ausgerichtet sind, weisen höhere Werte auf. Ähnlich gute Ergebnisse ergeben sich für die Schweiz auch bei anderen Indikatoren – wie der Anzahl wissenschaftlicher Publikationen (pro Kopf) oder der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (pro Kopf oder als Anteil vom BIP).

Gesunde Strukturen


Wie sieht jedoch der Blick in die Zukunft aus? Verliert die Schweiz weiter relativ an Position gegenüber ihren Mitbewerbern und rutscht ins Mittelfeld der Regionen ab? Oder waren die letzten Jahre, mit einer im internationalen Vergleich der Industrienationen überdurchschnittlichen Dynamik, Vorbote eines neuen Höhenflugs? Zahlreiche Prognose-Institute, auch BAK Basel Economics selbst, könnten hierzu befragt werden. Stattdessen soll der Blick auf das Potenzial für zukünftige Dynamik gerichtet werden, welches der Schweizer Wirtschaft heute inhärent ist.Das strukturell bedingte Potenzial der Schweiz erscheint insgesamt als ausgezeichnet. Wie der zusammenfassende Structural Potential Index zeigt, liegt die Schweiz nur knapp geschlagen von Massachusetts an zweiter Stelle unter den westlichen Vergleichsregionen (vgl. Grafik 7).
Vergleichbare Berechnungen für asiatische Regionen sind auf Grund fehlender Daten sowie aus methodischen Gründen nicht möglich. Der Structural Potential Index ist so konstruiert, dass er explizit für Regionen aus hochentwickelten westlichen Industrieländern geeignet ist. In dieser Gruppe starker Regionen – die Lombardei kommt als einzige Region deutlich unterhalb des Westeuropäischen Werts von 100 zu liegen – erreicht Baden-Württemberg als drittplazierte Region bereits einen deutlich tieferen Indexwert als die Schweiz. Das ausgesprochen hohe (wirtschaftliche) Potenzial, welches den Schweizer Strukturen innewohnt, basiert dabei nicht auf einem einzelnen Standbein, sondern wird von unterschiedlichen Säulen gestützt. An erste Stelle zu nennen ist das politisch-wirtschaftlichen System. Stärken des Schweizer Systems sind die hohe politische Verlässlichkeit sowie Strukturen, die der Verbreitung von Korruption und Schattenwirtschaft entgegenwirken. Auch die ausgeprägte Verteilung von Kompetenzen auf kantonaler und kommunaler Ebene trägt dazu bei. Die Entwicklung einer dynamischen und innovativen Wirtschaft ist ohne derartige Rahmenbedingungen langfristig kaum denkbar. Getragen wird das strukturelle Wachstumspotenzial der Schweiz vor allem von der vorhandenen Branchenstruktur. Branchen wie Chemie-Pharma, Feinmechanik/Uhren oder der Finanzsektor, denen im kommenden Jahrzehnt in den Industrieländern ein überdurchschnittliches Wachstumspotenzial attestiert wird, sind in der Schweiz deutlich übervertreten. Darüber hinaus sind diese exportorientierten Branchen im Schnitt international ausgesprochen wettbewerbsfähig, wie anhand der Produktivität gemessen werden kann.Fasst man Wachstumspotenzial und Wettbewerbsfähigkeit zusammen, ergibt sich ein positives Bild. Zwar gibt es durchaus einzelne Bereiche, in denen noch mit weiterem Strukturwandel zu rechnen ist oder in denen die Wettbewerbsfähigkeit die Wachstumsaussichten eintrübt. Gesamthaft betrachtet verfügt die Schweizer Wirtschaft jedoch über die strukturelle Ausgangslage, um in den kommenden Jahren eine überdurchschnittliche Dynamik zu erreichen. Betrachtet man die Schweizer Grossregionen differenziert, so weisen alle Regionen ein strukturelles Potenzial oberhalb von 100 (= westeuropäischer Durchschnitt, vgl. Grafik 8) auf. Allerdings unterscheiden sich die Niveaus erheblich. Basel (Nordwestschweiz) führt klar, was vorrangig auf die starke Pharmaindustrie in der Region zurückzuführen ist. Ebenfalls überdurchschnittlich sind die Grossregionen mit den Wirtschaftsmetropolen Zürich und Genf im Zentrum. Auch wenn die Schweiz insgesamt gut aufgestellt ist, so zeigt sich deutlich, dass die hervorragende Position der Schweiz bezüglich des strukturellen Potenzials stark durch die Wachstumskerne Basel, Zürich und Genf geprägt wird.

Schlussfolgerungen


Gemessen am BIP pro Kopf der Bevölkerung ist der Wirtschaftsstandort Schweiz gut im internationalen Wettbewerb positioniert. Die Produktivität (BIP pro Erwerbstätiger oder pro geleistete Arbeitsstunde) hingegen liegt nur im westeuropäischen Mittel, und auch das Wirtschaftswachstum lag bis vor kurzem kaum über dem westeuropäischen Schnitt. An den Rahmenbedingungen kann dies nicht liegen: Bei den Themen Erreichbarkeit, Steuerbelastung und Innovationskapazität liegt die Schweiz international sehr gut im Rennen, auch wenn sich der Abstand zu den Verfolgern etwas verkleinert hat. Und auch die Branchenstruktur gibt vornehmlich Anlass zum Optimismus. Das Potenzial für eine überdurchschnittliche Entwicklung der Schweiz ist vorhanden. Nutzen wir es, indem wir die Rahmenbedingungen pflegen und offen sind für Neues.

Grafik 1: «BIP pro Kopf, 2009»

Grafik 2: «BAK Performance Index»

Grafik 3: «BIP Wachstum 2000–2009»

Grafik 4: «Kontinentale Erreichbarkeit»

Grafik 5: «BAK Taxation Index, 2009»

Grafik 6: «Innovation: Patente und Forschungsqualität der Universitäten»

Grafik 7: «BAK Structural Potential Index, 2009»

Grafik 8: «BAK Structural Potential Index, 2009»

Kasten 1: Auswahl der Vergleichsregionen

Auswahl der Vergleichsregionen


Zur empirischen Einordnung der Schweiz hat BAK Basel Economics (BAK Basel) einige Vergleichsländer und -regionen ausgewählt, die bezüglich Grösse und Wahrnehmung als Konkurrenten unseres Landes gelten können. Zum Teil sind es Nachbarn, zum Teil starke Volkswirtschaften in Nordeuropa. Dazu kommen ein US-Bundesstaat, drei Standorte in Ostasien sowie für einen allgemeinen Vergleich Westeuropa.

Kasten 2: Wie die Wettbewerbsfähigkeit messen?

Wie die Wettbewerbsfähigkeit messen?


Die Untersuchung der Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft bedarf einer sorgfältigen und vielschichtigen Analyse. Einige zentrale Kennzahlen sind jedoch hilfreich für einen ersten Überblick und unterstützen die Strukturierung einer detaillierten Analyse. BAK Basel Economics hat zu diesem Zweck eine Benchmarking Index Family entwickelt, bestehend aus drei aufeinander abgestimmten Indizes, welche die zentralen und international vergleichbaren Indikatoren der Wettbewerbsfähigkeit zusammenfassen: Eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zeichnet sich durch eine erfolgreiche bisherige Entwicklung (Performance Index), durch eine hohe Anziehungskraft auf hochqualifiziertes Humankapital und Unternehmen (Attractiveness Index) und durch eine zukunftsträchtige Wirtschaftsstruktur (Structural Potential Index) aus.– Der Performance Index erfasst die Wettbewerbsfähigkeit der Vergangenheit über die Messung der bisherigen Wirtschaftsentwicklung und schliesst sowohl eine Niveau- (Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf, Gewicht 50%) als auch eine Wachstumskomponente (BIP- und Erwerbstätigenwachstum, Gewicht je 25%) ein. Das Niveau zeigt an, wie viel Wohlstand in der Region produziert wird, während das Wachstum den Fortschritt misst. – Der Attractiveness Index erfasst die Fähigkeit einer Region, Unternehmungen und Humankapital anzulocken bzw. vorhandene Ressourcen zu halten. Befragungen zeigen regelmässig, dass für die Standortwahl von Unternehmen Steuerbelastung, Verfügbarkeit von Arbeitskräften, Erreichbarkeit, Innovationskraft und Regulierung der Märkte besonders wichtig sind. Für natürliche Personen kommt insbesondere noch Lebensqualität hinzu. Der Attractiveness Index fasst Indikatoren aus den oben genannten Bereichen zusammen – soweit verfügbar und international vergleichbar.– Der Structural Potential Index erfasst das in den gegenwärtigen Strukturen inhärente Potenzial für die zukünftige Entwicklung. Der Structural Potential Index lässt sich wiederum in drei Teilbereiche gliedern: 1. Industry Structure Potential untersucht die vorhandene Branchenstruktur bezogen auf künftige Wachstumsaussichten. Die Branchen zeigen ein stark unterschiedliches Wachstumspotenzial; gleichzeitig weisen die Regionen erhebliche Unterschiede in der Branchenstruktur auf. So bieten ausgeprägte regionale Konzentrationen von Branchen mit hohen erwarteten Wachstumsraten das Potenzial, die zukünftigen Wachstumsaussichten der Region nachhaltig positiv zu gestalten. 2. Capacity to Compete untersucht die Produktivitäten der sich im interregionalen Wettbewerb befindenden Branchen und fasst die internationale Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Branchen einer Region zusammen. Branchen mit Produktivitätsvorsprüngen gegenüber konkurrierenden Regionen vermögen längerfristig ihre Wertschöpfung über den interregionalen Wettbewerb auszuweiten. 3. Political Structure Potential misst die politischen Rahmenbedingungen. Zur Umsetzung werden Indikatoren zum Anteil der Schattenwirtschaft am BIP, zur wahrgenommenen Korruption und zur Kompetenzverteilung innerhalb der Staatsebenen herangezogen.Alle drei Indizes der Benchmarking Index Family (Performance, Attractiveness und Structural Potential Index) sind methodisch gleich konstruiert, wobei der Wert 100 den westeuropäischen Mittelwert wiedergibt und 10 Indexpunkte einer Standardabweichung aller westeuropäischen Regionen entsprechen.

Zitiervorschlag: Urs Mueller, Martin Eichler, (2011). Der Wirtschaftsstandort Schweiz und seine Regionen im internationalen Wettbewerb. Die Volkswirtschaft, 01. Mai.