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«Financial Literacy» gehört in die Lehrpläne der Schule

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Kinder und Jugendliche müssen lernen, einen verantwortungsvollen und umsichtigen Umgang mit Geld zu pflegen. Dies liegt im Interesse unserer Gesellschaft, der Wirtschaft und vor allem der Eltern, welche die Hauptverantwortung für die Erziehung ihrer Kinder tragen. Auch die Schule kann einen wichtigen Beitrag zur Finanzkompetenz von Kindern und Jugendlichen leisten. Derzeit fehlen aber die notwendigen Ressourcen und verbindlichen Lehrplanvorgaben, so dass weitere Klärungen notwendig sind.

Das Finanzwissen der Schweizer Bevölkerung weist teilweise grosse Mängel auf. Elementare Zusammenhänge zwischen Risiken und Sicherheit werden nicht verstanden; und auch in Vorsorgefragen bestehen massive Wissenslücken,
Stähli Thomas, Zobl Matthias, Hobein Günther A. (Hrsg.) (2008): Financial Literacy in der Schweiz. Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, Winterthur. die dramatische Auswirkungen bei der jüngeren Generation haben: Knapp 40% der 18 bis 24-Jährigen sind verschuldet, die Hälfte davon mit einem Betrag von über 1000 Franken.
Streuli, Elisabeth (2007): Verschuldung junger Erwachsener – Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse, Fachhochschule Nordwestschweiz, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel.

Alle Akteure sind gefordert


Eine erfolgreiche Integration von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Berufsleben und Gesellschaft gelingt heute nicht mehr ohne grundlegende Kenntnisse, Fertigkeiten und Haltungen im Umgang mit Finanzen und Geld. Die Schule muss daher ihren Beitrag zur «Financial Literacy» leisten.
Artikel 3 des Schulkonkordats HarmoS hält bezüglich Grundbildung fest: «In der obligatorischen Schule erwerben und entwicklen alle Schülerinnen und Schüler grundlegende Kenntnisse und Kompetenzen sowie kulturelle Identität, welche es ihnen erlauben, lebenslang zu lernen und ihren Platz in Gesellschaft und Berufsleben zu finden.»Doch gilt es zu vermeiden, dass eine weitere gesellschaftliche Reparatur- bzw. Nacherziehungsaufgabe einfach an die Schule delegiert wird. Vielmehr sind alle Akteure gefordert: Eltern, Jugendverbände, Bildungspolitik und -verwaltung, Lehrmittelverlage, die Wirtschaft und deren Verbände. Zudem müssen zuerst die Verhältnisse darüber, wie, in welchem Umfang, mit welchen Zielen und mit welchen Ressourcen Schulen Finanzkompetenzen vermitteln sollen, geklärt sein.

Konkrete Beispiele als Lernmittel


Kinder und Jugendliche gehören zu den wichtigsten Marktteilnehmern; für viele Firmen stellen sie eine bedeutende Zielgruppe dar. Ihre Erfahrungen als Konsumenten sind vielfältig; ihr Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen ist gross. Hier kann die Volksschule anknüpfen: Der Umgang mit Geld, das Ausgeben und Einnehmen sowie das Investieren und Sparen können anhand konkreter Beispiele aus dem persönlichen Alltag aufgegriffen werden. Marktstände und Verkäufe, der Besuch einer Bank, das Vergleichen von Handyabos verschiedener Anbieter, das Erstellen persönlicher Budgets gehören ebenso dazu wie Fragen darüber, welche Vorteile Geld gegenüber dem Tauschhandel bietet, wieso ein Zins bezahlt wird, weshalb Investitionen sich auszahlen können und warum Schulden einerseits so verbreitet und andererseits so gefährlich sind.

Praxisnahe Themen im Vordergrund


Die Sekundarstufe II (Berufs-, Fachmaturitäts- und Mittelschulen) baut auf diesem Elementarwissen auf. Alle Jugendliche sollten bis zum Ende der Sekundarstufe II im Alter von knapp 20 Jahren zumindest über folgende Kenntnisse und Kompetenzen verfügen: – Kenntnis des Zinseszins-Effekts und Fähigkeit, einfache Zinsberechnungen anzustellen;– Kenntnisse der Gefahren des elektronischen Geldes (Schuldenfalle);– Fähigkeit, einfache Risiko-Rendite-Abwägungen vorzunehmen;- Kompetenz, sich Informationsmaterial über gängige Finanzprodukte zu verschaffen und diese zu verstehen;– Fähigkeit, einfache Bankgeschäfte, unter anderem via Online Banking, eigenständig durchzuführen sowie– Kenntnisse des Schweizer Vorsorgesystems und dessen Rentenleistungen.Praxisnahe Themen, Spiele zu Finanz- und Vorsorgewissen sowie Simulationen und Gespräche mit Experten stehen im Vordergrund.

Lehrmittel optimieren


Damit Lehrpersonen einen Beitrag zur Verbesserung der Finanzkompetenz von Kindern und Jugendlichen leisten können, sind weitere Klärungen notwendig. Der Lehrplan 21, der für die gesamte Deutschschweiz ab 2014 eingeführt werden soll, sieht solche Klärungen vor: stufengerechte und verbindliche Lernziele werden festgehalten; im Stundenplan sind genügend zeitliche Ressourcen vorgesehen. Bis anhin vermittelt die Ausbildung von Lehrpersonen der Primar- und Sekundarstufe I aber noch zu wenig fachliche und fachdidaktische Grundlagen im Bereich «Financial Literacy». Hier herrscht Handlungsbedarf. Darüber hinaus decken die meisten Lehrmittel die genannten Lernziele für Schüler nur ungenügend ab. Die Schule sowie die anderen gesellschaftlichen Stakeholder müssen also ihre Verantwortung wahrnehmen, zum Wohle der Volkswirtschaft.

Zitiervorschlag: Zemp, Beat W. (2011). «Financial Literacy» gehört in die Lehrpläne der Schule. Die Volkswirtschaft, 01. Juni.