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Messung der Regulierungskosten für die KMU

Möglichst tiefe administrative Belastungen, die durch die Befolgung gesetzlicher Normen entstehen, sind – neben einem attraktiven Steuersystem und gesunden öffentlichen Finanzen – die wohl wichtigste Voraussetzung zur Schaffung von KMU-freundlichen Rahmenbedingungen. In seiner Strategie 2010–2014 strebt der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) die Reduktion von gesetzlichen Normen und Vorschriften an und engagiert sich für eine markante administrative Entlastung der KMU. Der Gesetzgebungsprozess soll sich konsequent an der Maxime «KMU-Verträglichkeit» orientieren. Er muss mittels kontinuierlicher Messung der Regulierungskosten überprüft und wenn nötig korrigiert werden.

Obwohl im Prinzip alle Unternehmen von staatlichen Regulierungen gleich stark betroffen sind, leiden in der Praxis die KMU am meisten unter deren Auswirkungen. Denn die von der öffentlichen Hand auferlegten Lasten hängen weder von der Anzahl der beschäftigten Personen noch von der Grösse des Unternehmens ab; Kleinstunternehmen haben also die gleichen Auflagen zu erfüllen wie Grosskonzerne. Doch die KMU verfügen mangels personeller und finanzieller Ressourcen nicht über die gleichen Möglichkeiten wie grosse Unternehmen, um die gesetzlichen Vorschriften umzusetzen.

Messung der Regulierungskosten in der Schweiz


Dieses strategische Ziel kann nur mit einem verlässlichen und standardisierten Messinstrumentarium erreicht werden, das so in der Schweiz leider nicht existiert. Ein Vergleich der in den letzten Jahren publizierten Studien zeigt, dass von den einzelnen Autoren im konkreten Fall unterschiedliche Kostendefinitionen eingesetzt werden. Neben Studien mit klarem Fokus auf das Standardkostenmodell (Lohnausweis, Mehrwertsteuer) finden sich auch Studien mit stärker individuellen Definitionen (Epidemiengesetz, REACH, Unternehmensidentifikationsnummer, Beschaffungswesen). Diese Uneinheitlichkeit erschwert die Vergleichbarkeit und Zusammenführung der einzelnen Messergebnisse. Somit können die vorliegenden Studien nur im Einzelfall für die Ableitung von Schlussfolgerungen herangezogen werden. Die sich aus dieser Tatsache ergebende Konsequenz ist offenkundig: Obschon die Überprüfung der Wirksamkeit der Massnahmen des Bundes im Artikel 170 der Bundesverfassung verankert ist, besteht in der Schweiz noch immer keine Klarheit über die tatsachliche Höhe der Belastung durch Regulierungskosten. Laut Bundesrat beläuft sie sich auf jährlich rund 7 Mrd. Franken. Die Zahl wurde 2003 veröffentlicht und basierte auf einer Studie der Universität St. Gallen aus dem Jahr 1998. Soviel zur Aktualität und Realitätsnähe dieses Betrags.Um klarer zu sehen, hat der SGV im August 2009 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Deutschland den Forschungsauftrag erteilt, eine Regulierungskostenmessung in den Schweizer KMU durchzuführen. Dabei wurden nicht mehr nur Kosten gemessen, die durch Administrativpflichten anfallen, sondern neu zusätzlich auch jene, die durch alle weiteren gesetzlichen Handlungspflichten entstehen (siehe Kasten 1

Begriffsbestimmung


Der Begriff Regulierungskosten, wie er in diesem Artikel verwendet wird, umfasst die beiden folgenden Kosten: − Administrative Kosten: Kosten für Verfahren und Kontrollen, Kosten für die Erhebung oder die Verarbeitung von Daten, Formalitäten wie das Ausfüllen von Formularen, aber auch Kosten, um sich über die Regulierung zu informieren; dies ist der bürokratische oder «Papierkram»-Aspekt. − Kosten für die Einhaltung der Regulierungen: Kosten für Änderungen der Herstellungsprozesse, zusätzliche Investitionen usw.

). Zu diesem Zweck haben die KPMG und die Bertelsmann-Stiftung ein Regulierungskostenmodell (RKM) entwickelt. Auch wenn zurzeit ambitionierte Messprojekte zum Beispiel in Schweden, in den Niederlanden und auch auf EU-Ebene laufen, stellt die Studie der KPMG im Auftrag des SGV die weltweit erste umfassende Messung mit diesem neuen Modell dar. Damit schliesst diese Studie eine grosse, gravierende Informationslücke, um die effektiven Kosten der Umsetzung der Regulierungen zu messen.

Das Regulierungskostenmodell


Das RKM ist ein Modell zur umfassenden Messung von bestehenden oder zukünftigen Regulierungskosten einzelner, mehrerer oder aller Normadressaten. Regulierungskosten sind dabei definiert als Kosten, die bei Normadressaten durch die Einhaltung oder Befolgung von gesetzlichen Handlungspflichten entstehen. Das RKM baut auf dem bereits seit längerem angewandten Standardkostenmodell (SKM) auf und erweitert dieses auf Informationspflichten reduzierte Modell um weitere Handlungspflichten. Dabei handelt es sich um Pflichten, die dem Normadressaten vorschreiben, dass dieser gewisse Aktivitäten entfalten muss, um sich normkonform zu verhalten (siehe Kasten 2

Handlungspflichten


Das Regulierungskostenmodell unterscheidet zwischen den folgenden Typen von Handlungspflichten, die für die einzelnen Messungen relevant sein können:− Handlungspflichten;− Informationspflichten;− Zahlungspflichten;− Kooperationspflichten;− Überwachungspflichten;− Qualifikationspflichten;− Ziel- und sonstige Auflagenerfüllungspflichten.

). Darüber hinaus verwendet das RKM verschiedene Kostenbegriffe, die sich in Kostenarten (Personal-, Sach- und finanzielle Kosten) und spezifische Kosten unterscheiden: − Die Personalkosten errechnen sich durch die Multiplikation des Tarifs mit dem Zeitaufwand. Der Tarif stellt dabei den Lohnsatz (Löhne und Gehälter und soziale Abgaben) je Zeiteinheit für die Erledigung regulierter Massnahmen dar. Der Zeitaufwand umfasst die Arbeitszeit der Mitarbeitenden im Unternehmen für die Erledigung der Verpflichtung. − Die Sachkosten umfassen Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, für bezogene Waren, für bezogene Leistungen und für Finanzierung sowie sonstige betriebliche Aufwendungen. Darüber hinaus werden Abschreibungen von Investitionen zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer berücksichtigt. − Die finanziellen Kosten sind öffentlich-rechtliche Abgaben. Sie können in Steuern und sonstige Abgaben (z.B. Beiträge, Gebühren und Sonderabgaben) unterteilt werden. Die Summe der Personal-, Sach- und finanziellen Kosten ergibt die Regulierungskosten I. Hinzu kommen die spezifischen Kosten, bei denen folgende Unterscheidungen gemacht werden: − Sowieso-Kosten: Kosten, die auch ohne die gesetzliche Pflicht beim Normadressaten (z.B. Unternehmen) entstehen würden, d.h. wenn er den jeweiligen Prozess ganz oder teilweise unabhängig vom Bestehen der Pflicht ausführen würde. Sie können aus Personal- und/oder Sachkosten bestehen. − Zusätzliche Kosten: Kosten, die für Aufgaben und Tätigkeiten anfallen, die das Unternehmen ausschliesslich aufgrund der gesetzlichen Pflicht ausführt. Die zusätzlichen Kosten können aus Personal-, Sach- und/oder finanziellen Kosten zusammengesetzt sein. Die zusätzlichen Kosten entsprechen den Regulierungskosten II, die sich aus den Regulierungskosten I minus der Sowieso-Kosten ergeben. Die Regulierungskosten II bilden die Grundlage für die Berechnung der Opportunitätskosten. − Opportunitätskosten: Gewinne, die dem Unternehmen dadurch entgehen, dass gesetzliche Pflichten erfüllt werden müssen und Ressourcen deshalb nicht optimal genutzt werden können. Deren Ermittlung erfolgt in diesem Modell in der Schweiz generell über die Berechnung von kalkulatorischen Zinsen auf Grund der London Interbank Offered Rate (Libor) für ein Jahr. Die Summe der Regulierungskosten II und der Opportunitätskosten ergibt die Regulierungskosten III (siehe Grafik 1).

Vorteile des Regulierungskostenmodells


Das RKM ist das Ergebnis von jahrelanger Erfahrung in europäischen Ländern. Es bietet mehrere Vorteile:− Hohe Genauigkeit: Das RKM ergibt relativ genaue Schätzungen der Regulierungskosten für einzelne, mehrere oder alle Normadressaten.− Erweiterung des SKM: Das RKM zeichnet sich durch einen umfassenden Anwendungsbereich aus. Es baut auf dem bereits seit längerem angewandten Standardkostenmodell auf und erweitert dieses auf Informationspflichten reduzierte Modell um weitere Handlungspflichten.− Methodisch fundiert: Das RKM ist eine kostengünstige Methode, die hohe, plausible Ergebnisse in ausführlichen Interviews mit einigen Dutzend von Unternehmen (typischerweise 30–50) bietet. Im Gegensatz zu einer in der Regel anonymen schriftlichen Befragung für Vollerhebungen weist das RKM in der Vorgehensweise zwei entscheidende Vorteile auf: Erstens wird nicht nur auf abgefragte Ergebnisse zurückgegriffen, sondern auf eigens empirisch in den KMU erhobene Daten. Zweitens wird eine anschliessende Validierung der Daten im Rahmen von Workshops durchgeführt. Hier wird die Datenqualität und -plausibilität beurteilt. Dieses Vorgehen – Primärdatenerhebung beim Normadressaten und Plausibilisierung im Expertenworkshop – ist internationaler Standard.− Transparent und überprüfbar: Die Beteiligung der verschiedenen Partner (Unternehmen und Experten) am Prozess sichert die Akzeptanz der Ergebnisse. Alle Prozesse und Ergebnisse der Messung der Kosten sind transparent und überprüfbar.− Flexibel: Das RKM ist kein statisches, sondern ein flexibles Modell. Es ist eine Art «Toolkit», das unabhängig von der Komplexität der Messung und der zur Verfügung stehenden Ressourcen angepasst werden kann. Das RKM kann sowohl ex post (für bestehende Bestimmungen) als auch ex ante (bei neuen Vorschriften) angewendet werden.− Praktikabel: Das Ziel der Messung ist nicht nur die Ermittlung der Regulierungskosten, sondern mittelfristig auch eine Reduktion dieser Kosten. Obschon das RKM nicht direkt eine Reduzierung der Regulierungskosten vorsieht, identifiziert es die gesetzlichen und auf Verordnungsstufe basierenden Bestimmungen, die hohe Regulierungskosten verursachen. Das RKM bietet deshalb den politischen Behörden eine wertvolle und zuverlässige Auslegeordnung, um die Regulierungskosten zu senken.

Die KPMG-Studie


Um die Regulierungskosten, die den KMU durch die Bundesgesetzgebung entstehen, messen zu können, führte die KPMG zwischen September 2009 und April 2010 eine Umfrage mithilfe der RKM-Methode bei 30 KMU durch.
Die Studie «Messung der Regulierungskosten für schweizerische KMU» steht im Internet zum Herunterladen zur Verfügung: http://www.sgv-usam.ch. Ein Projekt-Vorgehen in zehn Schritten wurde gewählt.
Die zehn Schritte sind: 1) Projektauftakt; 2) Auswahl der Unternehmen; 3) Telefonische Vorabfrage; 4) Identifikation der belastenden Handlungspflichten; 5) Durchführung von Interviews; 6) Auswertung und Aufbereitung der Interviews; 7) Durchführung von Validierungsworkshops; 8) Berechnung der Regulierungskosten; 9) Vorstellung der Ergebnisse und Diskussion; 10) Abschlussdokumentation und -bericht. Untersucht wurden wichtige Teilbereiche – d.h. belastende Handlungspflichten – der drei Themenfelder Arbeitsrecht, Sozialversicherungen sowie Lebensmittelhygiene.Die Ergebnisse der Regulierungskostenmessung im Bereich Arbeitsrecht und -sicherheit ergaben Regulierungskosten von total rund 480 Mio. Franken. Beziffert wurden die Investitionen zur Arbeitssicherheit, die Mitarbeiterqualifikationen im Rahmen der Arbeitssicherheit, die Meldung respektive Genehmigung von Arbeitszeiten und deren Dokumentation zur Berechnung der Lohnzuschläge.Im Bereich Sozialversicherungen läppern sich Regulierungskosten von knapp 2 Mrd. Franken zusammen. Dieser hohe Betrag setzt sich zusammen aus den jährlichen Abrechnungen mit den Versicherern zur AHV/IV/EO/ALV, Familienzulagen, Krankentaggeld, BVG und UVG sowie der Meldung von Berufsunfällen, Nicht-Betriebsunfällen und Krankheitsabsenzen.Schliesslich wurden im Bereich Lebensmittelhygiene Regulierungskosten von mehr als 1,3 Mrd. Franken ausgemacht. Sie bestehen aus der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln im Rahmen der Selbstkontrolle, der Erstellung des Selbstkontrollkonzepts mit Festlegung kritischer Kontrollpunkte, der Aktualisierung des Selbstkontrollkonzepts mit Festlegung kritischer Kontrollpunkte, der Schulung und Überwachung von Mitarbeitenden im Bereich Lebensmittelhygiene sowie aus der Anwendung des Hygiene-Konzepts und Aufzeichnen von eigenen Kontrollergebnissen.Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Regulierungskosten in den KMU in der Schweiz nur schon in den untersuchten Teilbereichen der drei betrachteten Themenfelder auf insgesamt 4 Mrd. Franken belaufen, unter Berücksichtigung der Sowieso-Kosten sogar 5 Mrd. Franken. Die Ergebnisse belegen eindrücklich, dass ein reines Abstellen auf die Informationskosten der Regulierungen, wie es bislang getan wurde, zu unvollständigen Schlussfolgerungen führt. Vielmehr sind zwingend alle Regulierungskosten, wie sie eingangs systematisch dargestellt wurden, aus Sicht eines KMU zu betrachten. Erst diese Gesamtbetrachtung verdeutlicht, welche Gesamtbelastungen KMU zu tragen haben.

Allgemeine Folgen


Auch wenn ein Vergleich schwierig ist, stellt dieser hohe Betrag die Einschätzung des Bundesrates, wonach sich die administrativen Belastungen für die ganze Wirtschaft in unserem Land auf rund 7 Mrd. Franken pro Jahr belaufen, mit aller Deutlichkeit mehr als nur in Frage. Es ist davon auszugehen, dass sich auch in der Schweiz – wie in Studien zu anderen Ländern ermittelt wurde – die Kosten der Regulierung auf rund 10% des Bruttoinlandprodukts (BIP) oder sogar noch mehr belaufen.
Vgl. Bericht des Bundesrates «Vereinfachung des unternehmerischen Alltags» vom 18. Januar 2006, Seite 7: «Studien zu anderen Ländern haben geschätzt, dass sich die Kosten der Regulierung auf zwischen 2% und 10% des BIP belaufen oder gar noch mehr». Dementsprechend dürften sich die Regulierungskosten in der Schweiz auf insgesamt über 50 Mrd. Franken jährlich belaufen, denn:− In der Systematischen Rechtssammlung (SR) des Bundes sind über 4000 Rechtstexte zu finden. Dazu kommen noch Richtlinien und andere Normen, welche nicht in der SR enthalten sind. Sehr wichtig sind in der Schweiz ausserdem die Regulierungen auf kantonaler und kommunaler Ebene.− In dieser Zahl sind sämtliche Kosten auf eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Ebene enthalten, die sowohl Unternehmen als auch Bürger und Verwaltung betreffen; − Gemäss einer inoffiziellen Schätzung der Regulatory Reform Group in Holland belaufen sich die Kosten gesetzlicher Vorschriften in den Niederlanden auf rund 100 Mrd. Euro (+/–20%) Das entspricht etwa 17% des niederländischen BIP im Jahr 2009 (584 Mrd. Euro). Neben den einzelnen Kostenarten bietet das RKM auch die Möglichkeit, die subjektive Belastung des Normadressaten zu erfassen. Die KPMG-Studie zeigt, dass in den drei untersuchten Bereichen in der Schweiz die staatlichen Regulierungen extrem kompliziert sind. Zur Umsetzung dieser äusserst komplexen Anforderungen müssen jene KMU, die ihre «Hausaufgaben» noch selbst erledigen, einen sehr hohen Zeitaufwand in Kauf nehmen, um die gesetzlichen Bestimmungen und Regulierungen zu verstehen und umzusetzen, sich weiterzubilden oder zwingend notwendige Auskünfte einzuholen. Eine immer grössere Anzahl von KMU kapituliert angesichts dieser fast unüberwindbaren Schwierigkeiten und überträgt diese Aufgaben – der Not gehorchend – einem externen Experten. Die externe Abwicklung dieser Aufgaben führt allerdings wiederum zu erheblichen Zusatzkosten. Es stellt sich mit aller Deutlichkeit die Frage, ob ein Rechtssystem akzeptabel und tragbar ist, das die KMU zwingt, externe Experten für die Abwicklung und Umsetzung der staatlichen Regulierungspflichten – mit entsprechend massiven Kostenfolgen – beizuziehen und/oder elektronische Hilfsmittel – ebenfalls verbunden mit massiven Kostenfolgen – einzusetzen.

Konkrete Forderungen


Angesichts dieser alarmierenden Fakten verabschiedeten die Delegierten des Schweizerischen Gewerbekongresses vom 28. Mai 2010 in Lugano die Resolution «Für eine Wachstumspolitik durch nachhaltige KMU-Entlastung». Die unzulässig hohe Regulierungsdichte in der schweizerischen Gesetzgebung auf den Stufen Bund, Kantone und Gemeinden behindert nachhaltiges Wachstum, gefährdet Arbeitsplätze und missachtet den unverzichtbaren, gesellschaftspolitischen Beitrag, den die KMU Tag für Tag leisten. Der Schweizerische Gewerbekongress fordert deshalb den Abbau drückender Regulierungskosten für KMU, um dadurch die schweizerische Volkswirtschaft nachhaltig auf Wachstumskurs zu bringen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Konkret verlangt der SGV die Reduktion der Regulierungskosten um netto 20% (bzw. um 10 Mrd. Franken) bis 2018: Bestehende Regelungen dürfen nicht länger durch neue ersetzt werden, ohne dass dadurch eine Netto-Reduktion der Regulierungsdichte realisiert wird.
Ein ähnliches Ziel verfolgen sowohl die EU als auch Deutschland. Die EU-Kommission geht insgesamt von administrativen Kosten durch europäische und nationale Vorschriften in der Höhe von rund 360 Mrd. Euro aus. Im Rahmen der Lissabon-Strategie strebt diese bis 2012 eine Verringerung der Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25% an. In Deutschland sieht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP für die 17. Legislaturperiode eine Reduktion «des gesamten messbaren Erfüllungsaufwands um durchschnittlich 25 Prozent netto» vor..Um dieses Ziel zu erreichen, wird der SGV konkrete Änderung- und Abbauvorschläge von Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen in der drei untersuchten Bereichen formulieren, die für die KMU sehr belastend sind. Das RKM erleichtert diese Aufgabe, da es die genauen Regulierungskosten jeder Handlungspflicht angibt. Oder anders ausgedrückt: Es identifiziert die Pflichten und Gesetzbestimmungen, die den überwiegenden Teil der Regulierungskosten auf sich vereinen.Ausgehend von der KPMG-Studie schlägt der SGV im Rahmen der laufenden Revision des Bundesgesetzes über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (LMG) insbesondere vor, dass zu Beginn des LMG ein Grundsatzartikel eingefügt wird, der gemeinsame Richtlinien für weniger Regulierung im Lebensmittelbereich vorsieht. Zudem ist der Art. 23a Rückverfolgbarkeit anzupassen, wo sich gemäss KPMG-Studie die Regulierungskosten auf etwa 580 Mio. Franken belaufen.

Grafik 1: «Übersicht über die verschiedenen Kostenbegriffe»

Tabelle 1: «Kostengrössen für die Themenfelder: Arbeitsrecht, Sozialversicherungen und Lebensmittelhygiene»

Kasten 1: Begriffsbestimmung

Begriffsbestimmung


Der Begriff Regulierungskosten, wie er in diesem Artikel verwendet wird, umfasst die beiden folgenden Kosten: − Administrative Kosten: Kosten für Verfahren und Kontrollen, Kosten für die Erhebung oder die Verarbeitung von Daten, Formalitäten wie das Ausfüllen von Formularen, aber auch Kosten, um sich über die Regulierung zu informieren; dies ist der bürokratische oder «Papierkram»-Aspekt. − Kosten für die Einhaltung der Regulierungen: Kosten für Änderungen der Herstellungsprozesse, zusätzliche Investitionen usw.

Kasten 2: Handlungspflichten

Handlungspflichten


Das Regulierungskostenmodell unterscheidet zwischen den folgenden Typen von Handlungspflichten, die für die einzelnen Messungen relevant sein können:− Handlungspflichten;− Informationspflichten;− Zahlungspflichten;− Kooperationspflichten;− Überwachungspflichten;− Qualifikationspflichten;− Ziel- und sonstige Auflagenerfüllungspflichten.

Zitiervorschlag: Hans-Ulrich Bigler (2011). Messung der Regulierungskosten für die KMU. Die Volkswirtschaft, 01. September.