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Mit amtlichem Rat zur eigenen Firma

Mit amtlichem Rat zur eigenen Firma

Der Ratgeber sind viele – zur Tat aber schreitet man allein. Wer sich in der Schweiz mit einer eigenen Firma selbständig macht, findet vorab im Internet eine reichhaltige Palette von Hinweisen, Tipps und Checklisten für angehende Unternehmer. Die auf unzähligen amtlichen und privaten Websites dargebotenen Hilfestellungen sind willkommen und durchaus brauchbar. Dennoch: Bei der Firmengründung fühlt man sich im Umgang mit Ämtern oftmals kaum als Kunde.

Natürlich hatte ich mir’s lange überlegt, das Für und Wider abgewogen, Businesspläne in die Luft gezeichnet und später auch auf Papier. Es war ein jahrelanger Reifungsprozess, der mich schliesslich im Sommer 2009 zum Entschluss führte: Ich gründe mein eigenes Unternehmen – Härry und Partner, Unternehmensberatung für Kommunikation. Vom Entscheid bis zum definitiven Schritt in die Selbständigkeit verging dann nochmals ein Jahr, das ich für Marktabklärungen, Networking und erste Akquisitionsverhandlungen nutzte. Mit vorzeigbarem Resultat: Härry und Partner startete im September 2010 mit drei Kunden und damit einer durchaus tragfähigen Basis fürs erste Geschäftsjahr. Ein Jahr nach dem Start sind die Geburtshelfer noch immer als Kunden mit an Bord. Die Geschäfte entwickelten sich bislang nahe der Best-Variante des Businessplans: Die Zahl der Mandate stieg erfreulich an, und ebenso erfreulich stieg der Geschäftsumsatz. Keine Frage: Der Start verlief erfolgreich.Drei Faktoren dürften die positive Entwicklung wesentlich geprägt haben:− Die intensive Vorbereitung mit unzähligen Gesprächen, vertieftem Studium der umfangreichen Startup-Literatur in Internet und Buchform und – als Resultat dieser Recherchen – der Entwicklung des Businessplans;− das aktive und zielgerichtete Networking, das einerseits als Teil des Businessplans einem nüchternen Konzept mit klaren Zielen und überprüfbaren Erfolgsindikatoren folgte und andererseits der puren Lust, mich auf Neues einzulassen und Veranstaltungen und Treffpunkte zu besuchen, die ich zuvor nur vom Hörensagen kannte;− das unerlässliche Mass an Glück und guten Freunden, die gemeinsam für den nötigen Rückenwind sorgten in der ersten Anlaufzeit.

Man kriegt, was man braucht…


Wer sich selbständig macht, kann sich nicht beklagen, mit all seinen Fragen zu Selbständigkeit und Firmengründung allein gelassen zu werden. Namentlich im Internet findet sich eine riesige Zahl von einschlägigen Websites mit einem umfassenden Angebot an Hinweisen, Ratschlägen, Adresslisten, Anleitungen Erfahrungsberichten, Checklisten, Fragebogen und Übungsfeldern, wo sich die Firmengründung simulieren lässt. Das Angebot ist derart gross, dass es sich empfiehlt, als Erstes zu selektieren und zu priorisieren, welche (wenigen) Websites man für die eigenen Pläne nutzen will. Den grossen Rest soll man vergessen, wenn man nicht in der Informationsflut untergehen will.In meinem Fall konzentrierte ich mich im Wesentlichen auf zwei Adressen: das KMU-Portal des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) http://www.kmu.admin.ch und auf die vom Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich angebotene Startup-Seite http://www.gruenden.ch. Praktisch jeder Schweizer Kanton und viele Wirtschaftsförderorganisationen in den Regionen bieten im Internet Hilfestellung für Firmengründungen an, wobei Umfang und Vertiefungsgrad der offerierten Informationen variieren. Hinzu kommen die Offerten privater Unternehmen, die sich auf Firmengründungen spezialisiert haben und die versprechen, den Gründer nicht nur mit Rat, sondern mit handfester Tat auf dem Weg zur eigenen Firma zu begleiten. Diese Angebote sind selbstredend nicht kostenlos, die Tarife jedoch grösstenteils im Rahmen dessen, was sich ein Firmengründer leisten können sollte.

… fühlt sich als Kunde jedoch oftmals nicht willkommen


Das Grossangebot an amtlicher Information für Firmengründer lässt zwar kaum eine Frage offen. Dennoch dürfte es eher die Regel als die Ausnahme sein, dass man auf die eine oder andere konkrete Frage gerne eine persönliche Antwort hätte. Hier stösst das Internetangebot an seine Grenzen – für die individuelle und persönliche Betreuung gibt’s praktisch nichts. Wer zum Telefonhörer greift und auf diesem Weg um amtliche Auskunft bittet, wird oft frustriert. Der Fragesteller wird häufig schon von der Telefonistin auf den Internet-Auftritt des entsprechenden Amtes verwiesen: «Hier steht alles drin, was Sie brauchen.» Wer es schafft, dennoch weiter verbunden zu werden an die zuständige Fachstelle, erhält auf seine konkrete Frage oftmals den vagen Hinweis, eine «verlässliche Antwort so auf die Schnelle am Telefon» sei nicht möglich. Wahrer Kundendienst geht anders.Auch in den schriftlichen Unterlagen, die einem Firmengründer von Amtes wegen – zumeist mit der Aufforderung, innert Frist das vom Amt Gewünschte zu tun und zu liefern – zugestellt werden, ist der Servicegedanke öfters eher weit weg. Das äussert sich auch in der Tonlage, in der solche Schreiben verfasst sind. «Nachforschungen werden ohne Ausnahme in der Reihenfolge des Eingangs behandelt», belehrt etwa das Eidgenössische Amt für das Handelsregister Gesuchsteller, die Auskunft darüber möchten, ob der vorgesehene Firmenname allenfalls schon anderweitig besetzt sei. Die Belehrung erfolgt standardmässig, auch wenn der Gesuchsteller gar keine Priorisierung verlangt hat. Im selben Schreiben heisst es ebenso unmissverständlich wie bürokratisch: «Telefonisch wird keine Auskunft über eingetragene Firmen erteilt. Eine Gewähr auf vollständige Angabe ähnlicher Firmen und Namen kann aus sachlichen Gründen nicht gegeben werden.» Wozu denn, fragt sich der ratlose Firmengründer, ist die kostenpflichtige Auskunft also überhaupt gut? Man traut sich – so wie das Schreiben tönt – nicht nachzufragen. Und hegt den Verdacht, dass dies auch die Absicht der Verfasser ist.

Gelegentlich beisst sich die Katze in den Schwanz


Der Weg zur eigenen Firma führt über verschiedene Hürden, die jede für sich eigentlich gut zu nehmen sind. Schwierig wird es, wenn die Hürden so gestellt sind, dass sich die eine praktisch nicht überspringen lässt ohne die andere, die im Rennen aber erst nachher folgt und zu der der Weg zwingend über die erste Hürde führt. Da beisst sich die Katze gelegentlich selber in den Schwanz. So verlangt etwa die Hauptabteilung Mehrwertsteuer der Eidgenössischen Steuerverwaltung auf ihrem «Antrag auf Abrechnung nach vereinnahmten Entgelten» oder auf der «Unterstellungserklärung» für Saldosteuersätze, dass der Gesuchsteller die Anträge nicht nur mit rechtsverbindlicher Unterschrift, sondern auch mit Firmenstempel zu bekräftigen habe. Viele Unternehmer warten mit der Bestellung eines Firmenstempels aber zu, bis sie die Mehrwertsteuernummer ihres Unternehmens kennen und auf den Stempel setzen können. Da ist guter Rat teuer, doch kommt das Amt dem Gesuchsteller ganz unverhofft entgegen, indem es nicht auf dem Stempel unter dem Gesuch beharrt. Für Startups schwierig zu erfüllen ist oftmals auch die Forderung der kantonalen Ausgleichskassen, im Fall von Einzelfirmen die vom Firmengründer angemeldete Selbständigkeit quasi noch vor Geschäftsbeginn anhand einer möglichst langen Kundenliste nachzuweisen. Der amtliche Missbrauchsverdacht gegenüber Gründern von Einzelfirmen sei in diesem Fall förmlich mit den Händen zu greifen, berichten übereinstimmend verschiedene Kolleginnen und Kollegen. Ebenfalls von der Ausgleichskasse stammt auch die etwas ungeduldig formulierte «Aufforderung zur Anschlussbestätigung». Man habe dem Gesuchsteller einen «Fragebogen betreffend den Anschluss Ihrer Fima an eine registrierte Vorsorgeeinrichtung und an eine Unfallversicherung» zugestellt. Doch «bis heute haben Sie darauf nicht reagiert. Wir schliessen daraus, dass Sie den gesetzlich vorgeschriebenen Anschluss unterlassen haben.» Die ultimative Aufforderung, das Nötige jetzt rasch zu tun, ist kostenpflichtig, wie die Ausgleichskasse dem verdutzten Unternehmensgründer bekundet: «Wir bitten Sie, die Gebühr innert dreissig Tagen zu überweisen.»Das Problem dahinter: Eine Vorsorgeeinrichtung zu finden, ist für eine Neufirma unter Umständen nicht einfach. In diesen Tagen ist kaum eine Pensionskasse an neuen Versicherten interessiert, schon gar nicht, wenn diese bereits um die Fünfzig sind. In unserem Fall dauerte die Suche nach einer Pensionskasse über sechs Monate. Als dann endlich eine Lösung gefunden war, ging die Mitteilung umgehend auch an die kantonale Ausgleichskasse. Dort reagierte man erfreulich konziliant und verzichtete auf die erwähnte Strafgebühr.

Zitiervorschlag: Danni Haerry (2011). Mit amtlichem Rat zur eigenen Firma. Die Volkswirtschaft, 01. September.