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Das KMU-Forum muss aufgewertet werden

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In den letzten Jahren hat der Bundesrat dem Thema administrative Erleichterung mehrere Berichte gewidmet, und immer wieder wurden parlamentarische Vorstösse dazu lanciert. Leider blieben alle diese Bemühungen bisher wirkungslos: Die administrativen Kosten der Unternehmen steigen aufgrund der massiv zunehmenden Regulierung durch Bund, Kantone und Gemeinden weiterhin bedrohlich an. Schätzungen aufgrund einer wissenschaftlichen Studie im Auftrag des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV) haben ergeben, dass die gesamten Regulierungskosten über 50 Mrd. Franken betragen. Unter dieser Entwicklung leiden in erster Linie die Unternehmen – vor allem die KMU, weil die von der öffentlichen Hand auferlegten Lasten weder von der Anzahl der beschäftigten Personen noch von der Grösse des Unternehmens abhängen.

Die administrativen Umtriebe kosten die Unternehmen nicht nur Zeit und Geld, sie können sich auch negativ auf ihren Handlungsspielraum und ihre Entscheidungsfreiheit auswirken. Aus makroökonomischer Sicht wird dadurch sowohl das Wirtschaftswachstum als auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes geschwächt, was zahlreiche Arbeitsplätze gefährdet.

Trend steigender Regulierungskosten umkehren


Um diesen Trend umkehren zu können, hat der Schweizerische Gewerbekongress im Mai 2010 eine Resolution «Für eine Wachstumspolitik durch nachhaltige KMU-Entlastung» verabschiedet, die eine Senkung der Regulierungskosten verlangt. Die Aufwände für administrative Belastungen zur Einhaltung der Rechtsnormen sollen damit bis 2018 um 20% bzw. 10 Mrd. Franken gesenkt werden. Um diesen komplexen Prozess in Gang zu setzen, braucht es aber eine genaue Bestandsaufnahme dieser Kosten. Als ersten Schritt habe ich im Nationalrat ein Postulat eingereicht, mit welcher der Bundesrat beauftragt wird, bis Ende 2011 einen Bericht zur Messung der staatlichen Regulierungskosten vorzulegen. Ein gleichlautendes Postulat hat SGV-Vorstandsmitglied Jean-René Fournier im Ständerat im Juni 2010 eingereicht. Im September 2010 wurden die beiden Vorstösse überwiesen. Die Bundesbehörden anerkennen somit, dass die tatsächlichen Kosten der Regulierung nicht bekannt sind und demnach erst gemessen werden müssen. Der Bundesrat hat beschlossen, bis 2013 einen Bericht vorzulegen, der die Regulierungskosten in jenen 15 Bereichen umfasst, die für die Unternehmen besonders belastend sind.Vorbeugen ist besser als heilen – diese Binsenwahrheit gilt auch für sämtliche Strategien zur Reduktion von Regulierungskosten. In der Praxis bedeutet dies, die Auswirkungen neuer Regelungen gleich zu Beginn auf ihre Kosten zu analysieren, um so kostspielige Entwicklungen erst gar nicht aufkommen zu lassen. Auf den ersten Blick scheint der Bund über ein angemessenes Instrumentarium zur Vermeidung neuer Regulierungskosten zu verfügen: das KMU-Forum und die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA).

Mehr Kompetenzen für das KMU-Forum


Seit 2000 schreibt die RFA vor, dass alle Botschaften des Bundesrates bezüglich einer Gesetzesvorlage und alle Anträge auf Erlass einer Verordnung ein Kapitel über die volkswirtschaftlichen Auswirkungen sowie über die verschiedenen Akteure, insbesondere die KMU, enthalten müssen. Doch die Erfahrung zeigt, dass die Effizienz dieses Dispositivs sehr zu wünschen übrig lässt. Nach Ansicht des SGV muss es an Durchsetzungsfähigkeit gewinnen, ohne dass man dafür einen kostspieligen Verwaltungsapparat in Bewegung setzt. Das Rezept ist einfach und beruht auf zwei Hauptmassnahmen: Die RFA muss ihre Überprüfungsarbeit auf den Bereich Regulierungskosten ausdehnen, und die Kompetenzen des KMU-Forums müssen verstärkt werden.Konkret heisst das, dass jeder Vernehmlassungsbericht – nebst einer Überprüfung der finanziellen Konsequenzen der Vorlage sowie deren Kompatibilität mit dem EU-Recht, wie das bereits heute geschieht – auch ein Kapitel mit einer Kostenschätzung der Regulierung für die Unternehmen enthalten muss. Anders gesagt werden die Bundesämter verpflichtet, in einem frühen Stadium des Gesetzesprozesses eine aktive Rolle zu spielen, um die KMU-Verträglichkeit der Gesetzesentwürfe abzuklären. Dies alles muss unter der Ägide einer Regulierungskontrollinstanz stattfinden. Diese Rolle fällt logischerweise dem KMU-Forum zu, dessen Kompetenzen folglich erweitert werden müssen. Das KMU-Forum muss seine Tätigkeit auf die Regulierungskosten konzentrieren, indem es sowohl eine Kontroll- als auch eine Koordinationsfunktion ausübt und dabei sicherstellt, dass die nötigen Analysen von den zuständigen Bundesämtern auch tatsächlich durchgeführt worden sind. Und wenn es bei der Prüfung der Vorlagen überhöhte Regulierungskosten feststellt, muss das KMU-Forum die ausdrückliche Kompetenz haben, diese Vorlage an die Verwaltung zur Überarbeitung zurückzuweisen.

Zitiervorschlag: Zuppiger, Bruno (2011). Das KMU-Forum muss aufgewertet werden. Die Volkswirtschaft, 01. September.