Revision der Aufwandbesteuerung
Die Besteuerung nach dem Aufwand ist ein standortpolitisches Instrument mit volkswirtschaftlicher Bedeutung und langer Tradition. Der Bundesrat will dieses Institut verbessern, um dessen Akzeptanz zu stärken. Gezielte Anpassungen sollen sicherstellen, dass sowohl Standort- als auch Gerechtigkeitsüberlegungen Rechnung getragen wird. Gleichzeitig soll die Rechtssicherheit erhöht und das Steuerrecht von Bund und Kantonen weiter gehend harmonisiert werden.
Aufwandbesteuerung
Bei der Besteuerung nach dem Aufwand handelt es sich um eine besondere Art der Einkommens- und Vermögensbemessung. Das heisst, die Steuern werden nicht auf Basis des tatsächlichen Einkommens und Vermögens, sondern nach dem Lebensaufwand der steuerpflichtigen Person und der von ihr unterhaltenen, in der Schweiz lebenden Personen berechnet. Die Besteuerung nach dem Aufwand ist nach geltendem Recht
Art. 14 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) und Art. 6 Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:– Wohnsitz in der Schweiz: erstmals oder nach mindestens zehnjähriger Abwesenheit;– Ausländische Staatsangehörigkeit;
Schweizer Bürgerinnen und Bürger können nach geltendem Recht in dem Jahr, in dem sie nach erstmals oder nach mindestens zehnjähriger Abwesenheit in der Schweiz Wohnsitz nehmen, nach dem Aufwand besteuert werden. Im Folgejahr findet dann zwingend eine ordentliche Veranlagung statt.– Keine Erwerbstätigkeit in der Schweiz.Den Kantonen ist es freigestellt, ob sie die Aufwandbesteuerung für die kantonale Steuer gewähren oder nicht. Mit Ausnahme des Kantons Zürich
Im Kanton Zürich wurde die Besteuerung nach dem Aufwand auf den 1.1.2010 abgeschafft. sehen alle kantonalen Steuergesetze die Aufwandbesteuerung für ausländische Staatsangehörige vor.Die Aufwandbesteuerung war immer schon umstritten. Während die Kritiker eine Verletzung des Gleichheitsgebots ins Feld führen, betonen die Befürworter einerseits die volkswirtschaftliche Bedeutung der Aufwandbesteuerung und andererseits den Umstand, dass verschiedene europäische Länder ähnliche Systeme kennen.
Bestrebungen zur Abschaffung der Aufwandbesteuerung
Das Eidgenössische Parlament hat – in Übereinstimmung mit dem Bundesrat – in den letzten Jahren alle Vorstösse zur Abschaffung der Aufwandbesteuerung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Auch in verschiedenen Kantonen sind in den letzten Jahren parlamentarische Vorstösse zur Abschaffung der Aufwandbesteuerung eingereicht worden. Diese wurden teilweise durch die Regierung und/oder das Parlament bereits abgelehnt, andere sind noch hängig. In folgenden Kantonen ist in den letzten Jahren über Initiativen zur Abschaffung der Aufwandbesteuerung abgestimmt worden: – Im Kanton Zürich ist am 7. Februar 2009 eine Volksinitiative zur Abschaffung der Besteuerung nach dem Aufwand angenommen worden. – Im Kanton Glarus wurde die Abschaffung der Aufwandbesteuerung in der Landsgemeinde vom 1. Mai 2011 abgelehnt. – Im Kanton Thurgau lehnten die Stimmbürger und Stimmbürgerinnen die Abschaffung der Aufwandbesteuerung am 15. Mai 2011 ab, nahmen aber einen Gegenvorschlag der Regierung an, der folgende Mindestlimiten vorsieht: entweder einen Steuerbetrag von 150 000 Franken oder – falls dieser Betrag höher ausfällt – das Zehnfache des Mietzinses resp. des Eigenmietwerts oder das Vierfache der Pensionskosten als Bemessungsgrundlage. – Im Kanton Schaffhausen ist eine Initiative zur Abschaffung der Auswandbesteuerung in der Volksabstimmung vom 25. September mit einem Ja-Stimmenanteil von 55% angenommen worden. Die Initiative setzte sich gegen einen Gegenvorschlag durch, der die Heraufsetzung der Limite vom 5- auf das 7-fache der Wohnkosten vorsah.In den Kantonen St. Gallen, Luzern, Bern, Basel-Landschaft und Appenzell-Ausserrhoden sind ebenfalls Volksinitiativen zur Abschaffung der Aufwandbesteuerung zustande gekommen. Die Volksabstimmung im Kanton St. Gallen ist für den 27. November 2011 vorgesehen; in den übrigen Kantonen wird es voraussichtlich 2012 zum Urnengang kommen. In den Kantonen Zug und Aargau sind Unterschriftensammlungen lanciert worden. Im Kanton Waadt wurde die notwendige Anzahl Unterschriften nicht erreicht. Im Kanton Basel-Stadt hat der Grosse Rat am 6. Mai 2009 eine Motion an die Regierung überwiesen, welche die Abschaffung der Aufwandbesteuerung fordert.
Revision der Aufwandbesteuerung
Die Aufwandbesteuerung ist – wie oben ausgeführt – in den letzten Jahren zunehmend diskutiert worden, insbesondere seit der Kanton Zürich die Aufwandbesteuerung mittels Volksentscheid abgeschafft hat. Der Bundesrat spricht sich aufgrund der volkswirtschaftlichen Bedeutung und der langen Tradition der Aufwandbesteuerung für deren Beibehaltung aus. Er hält jedoch eine Reform für notwendig. Ziel der Reform ist es, die Anwendung der Aufwandbesteuerung zu verbessern und so ihre Akzeptanz zu stärken.Der Bundesrat schlägt daher folgende Änderungen vor:
BBl 2011 6021.− Klarstellung, dass der weltweite Aufwand massgeblich ist.− Als Mindestlimite für den weltweiten Aufwand sollen bei der direkten Bundessteuer und bei der kantonalen Steuer das Siebenfache des Mietzinses bzw. des Mietwerts oder das Dreifache des Pensionspreises für Unterkunft und Verpflegung festgelegt werden.− Bei der direkten Bundessteuer soll eine minimale Bemessungsgrundlage von 400 000 Franken festgelegt werden, die jährlich dem Landesindex der Konsumentenpreise angepasst wird; die Kantone sollen ebenfalls eine minimale Bemessungsgrundlage festlegen, sind bei der Festlegung von deren Höhe aber frei.− Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, müssen beide alle Voraussetzungen erfüllen, damit eine Aufwandbesteuerung möglich ist.− Keine Aufwandbesteuerung mehr für Schweizerinnen und Schweizer im Zuzugsjahr.− Die Kantone sollen explizit verpflichtet werden, bei der Aufwandbesteuerung die Vermögenssteuer zu berücksichtigen. − Für Altfälle soll eine Übergangsfrist von fünf Jahren festgelegt werden.Diese Anpassungen hätten für die überwiegende Mehrheit der nach dem Aufwand besteuerten Personen eine Steuererhöhung zur Folge. Bei einer statischen Betrachtungsweise – d.h. davon ausgehend, dass die Aufwandbesteuerten die Schweiz nicht verlassen – werden sich die Steuereinnahmen des Bundes aufgrund der Revision von 131,6 Mio. auf 255,7 Mio. Franken erhöhen (Stand 2007). Zwar ist davon auszugehen, dass ein Teil der Steuerpflichtigen aufgrund der Steuererhöhung emigrieren wird. Realistische, vorsichtige Szenarien lassen dennoch vermuten, dass die Steuereinnahmen des Bundes aus der Aufwandbesteuerung steigen werden.
BBl 2011 6021, Botschaft des Bundesrates, Ziff. 3.Die Aufwandbesteuerung soll auch in Zukunft für vermögende Ausländerinnen und Ausländer attraktiv bleiben. Es ist daher anzunehmen, dass die Reform nur geringe negative volkswirtschaftliche Auswirkungen mit sich bringen wird. Die Aufwandbesteuerung bleibt damit ein Instrument zur Stärkung der Standortattraktivität der Schweiz im internationalen Wettbewerb um vermögende und international sehr mobile Privatpersonen. Die mit dieser Besteuerungsform verbundenen Arbeitsplätze dürften weitgehend erhalten bleiben.
Tabelle 1: «Überblick der wichtigsten Änderungsvorschläge des Bundesrates»
Zitiervorschlag: Bischoff, Simone (2011). Revision der Aufwandbesteuerung. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.