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Wachstumspolitik in der Schweiz – ohne Kantone geht es nicht

Strategische Planungen in der Politik sind nicht für die Schublade gedacht, sondern sie sollen dem Wohl der Gesellschaft und der Wirtschaft dienen. Im Weiteren entsprechen sie dem ureigenen Auftrag der Exekutivbehörden zur vorausschauenden Planung. Mit dem Beitrag aus dem Kanton Basel-Stadt startet im Magazin «Die Volkswirtschaft» eine Artikelserie über die wirtschaftlichen Wachstumskonzepte der Kantone. Die in den kommenden Monaten dargestellten Beispiele werden aufzeigen, welche wichtige volkswirtschaftliche Rolle die Kantone einnehmen und wie sie dies mit eigenen Initiativen erfolgreich unter Beweis stellen – nicht zuletzt auch im Vergleich zur Wachstumspolitik des Bundes.

«Wachstum und Wohlstand mehren und die Nachhaltigkeit sichern» – das sind die Grundsätze zur Wachstumspolitik des Bundes. Bereits an diesen drei Begriffen wird klar, dass den Kantonen bei der Umsetzung einer Politik, die wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand generieren soll, eine entscheidende Rolle zukommen muss. Im Speziellen sind die Bereiche öffentliche Finanzen und Leistungen, arbeitsmarktliche Rahmenbedingungen, Bildungs- und Forschungspolitik sowie Standortförderung zu nennen. Aber auch der Innovationspolitik wird in Anbetracht der aktuellen Währungs- und Wirtschaftslage und den Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort eine immer wichtigere Bedeutung eingeräumt.

Unterschiedliche Kompetenzen der Akteure


Im politischen und medialen Umfeld geht immer wieder vergessen, dass gerade die Kantone eine aktive Wirtschaftspolitik betreiben – zum Wohl der ganzen Schweizer Volkswirtschaft. Dabei gilt das Prinzip: Politische Massnahmen können nur dort erfolgen, wo auch die Möglichkeit zum Handeln gegeben ist. Der föderale Staatsaufbau bringt unterschiedliche Kompetenzen der Akteure mit sich. So hat der Bund im Bereich Aussenwirtschaftspolitik praktisch alleine zu entschieden. Dann gibt es streng kantonale Hoheiten, wie die Steuerpolitik oder Teile der Bildungspolitik, wo weder der Bundesrat noch das Bundesparlament etwas zu sagen haben. Daneben sind viele Gebiete auszumachen, wo Kantone und Bund gemeinsam operieren, wie etwa bei der Standortförderung. Stichworte hierzu sind Regionalpolitik und Standortpromotion im Ausland.

Föderalismus: Stärke und Herausforderung


Angesichts dieser komplexen Ausgangslage rümpfen Anhänger von zentralen Strukturen die Nase. Mehr zusammenlegen, zentrale Führung und Steuerung sind dabei die scheinbar heilbringenden Credos. Doch die überzeugten Föderalisten wissen, dass eben gerade in dieser Vielfalt die Stärke und die Herausforderung liegt. Der verfassungsmässige Grundsatz der Subsidiarität verlangt unter anderem, dass die Kantone entlang der Souveränität ihre staatlichen Aufgaben entsprechend wahrnehmen. Das bedeutet, dass sie eigene Ziele haben und Prioritäten setzen dürfen. Die kantonalen Exekutiven sind als strategische Leitorgane meist über die Kantonsverfassung sogar zur Planung verpflichtet. Die Wachstumspolitiken sind so gesehen nichts anderes als eine logische Konsequenz staatlichen Handelns. Politik passiert nicht zufällig, sondern ist in aller Regel geplant.

Kantonale Vielfalt auch hier


Wer nun sektorielle Industriepolitik oder subventionistische Planwirtschaft erwartet, wird enttäuscht werden. Auch die Kantone halten die Fahnen der freien und sozialen Marktwirtschaft hoch. Die meisten Ziele unterstützen die viel zitierten «guten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft» oder haben einen gezielt fördernden und anschiebenden Charakter. Man versucht, die eigenen Stärken auszumachen und zu fördern, und konzentriert den Mitteleinsatz entsprechend. Dabei geht es immer um konkrete Massnahmen und Organisationsstrukturen. Dies führt wiederum zur berüchtigten kantonalen Vielfalt. Doch das wird genau das Salz in der Suppe der Artikelserie über die kantonalen Wachstumspolitiken sein und diese im Speziellen interessant machen. Ich bin überzeugt: Wir werden die Schweiz wieder einmal in ihrer ganzen Breite kennen lernen.

Zum kooperativen Föderalismus gehört auch der Bund


Obschon es Trennlinien zwischen den Staatsinstitutionen gibt – hoffentlich gibt es sie! –, basiert und funktioniert die ganze Arbeit letztlich auf Kooperation. Der kooperative Föderalismus verbindet eben nicht nur die Kantone untereinander, sondern bezieht auch den Bund mit ein. So ist es nicht weiter erstaunlich, dass die eingangs erwähnte Zielsetzung «Wachstum und Wohlstand mehren und die Nachhaltigkeit sichern» für den Bund wie auch die Kantone zu gelten hat, und dass die Massnahmen – auch hier wiederhole ich mich – letztlich nur zusammen umgesetzt werden können.

Zitiervorschlag: Christoph Niederberger (2011). Wachstumspolitik in der Schweiz – ohne Kantone geht es nicht. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.