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Trotz tiefem Euro und US-Dollar hohe Preise in der Schweiz: Wo bleiben die Wechselkursgewinne?

Die Schweiz zählt nach wie vor zu den teuersten Ländern. Die Preise für identische Produkte sind in der Schweiz bis zu 50% teurer als in der EU – und dies trotz der Zulassung von Parallelimporten, der Einführung des Cassis-deDijon-Prinzips und den in den letzten Jahren massiv gesunkenen Euro- und US-Dollar-Kursen. Es liegt daher nahe, dass der Wettbewerb in der Schweiz nur beschränkt spielt, Parallelimporte nach wie vor behindert, wenn nicht verunmöglicht werden, horizontale und vertikale Preis- und Gebietsabsprachen stattfinden sowie Wechselkursgewinne nicht an die Konsumenten weitergegeben werden. Als Folge davon verbucht der Einkaufstourismus Rekordwerte. Wer trotzdem in der Schweiz einkauft, gibt mehr Geld aus, als er müsste. Damit geht Kaufkraft im Inland verloren.

Die bundesrätlichen Massnahmen zur Abfederung der Frankenstärke, zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zum Erhalt der Standortattraktivität, welchen das Parlament in der Herbstsession zugestimmt hat, sind zu begrüssen. Ebenso die Stabilisierung des Frankens, welche solange aufrechterhalten werden kann, als der Euro nicht noch mehr an Wert verliert.

Dringende Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs


Aus Sicht des Konsumentenforums könnte mit folgenden, dringenden Massnahmen ein freier Markt und fairer Wettbewerb zum Vorteil der Konsumenten – das sind wir letztlich alle – gefördert werden: − Abbau von Zoll- und Gebührenbarrieren beim Direkteinkauf im Ausland: Mit der Verzollungsvereinbarung des Preisüberwachers mit der Post ist diese Forderung teilweise erfüllt. Neu soll bei der Abfertigung durch die Post ein Einheitstarif zur Anwendung kommen. Dies wird zu einer spürbaren Entlastung – insbesondere beim Direktimport von Tiefpreiswaren aus unseren Nachbarländern – führen. Indem der Direktimport erleichtert wird, wird die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten aus dem Ausland gestärkt und damit der Druck auf die Weitergabe von Wechselkursgewinnen im Inland erhöht. Leider tritt dieser Einheitstarif aus technischen Gründen erst auf den 1. März 2012 in Kraft. Weitere Schritte müssen folgen. − Internetplattform für informierten Kaufentscheid: Eine Internetplattform soll Konsumentinnen und Konsumenten die notwendigen Daten über günstige Alternativen zu überteuerten Importen zu Verfügung stellen und sie so in die Lage versetzen, einen informierten Kaufentscheid zu fällen. Diese Plattform könnte vom Eidg. Büro für Konsumentenfragen oder einer Konsumentenorganisation – wie dem Konsumentenforum – betreut werden. Allerdings müssten die entsprechenden Mittel zu Verfügung gestellt werden. − Meldestelle beim Verdacht auf missbräuchliche kartellistische Absprachen: Weigern sich ausländische Lieferanten und Produzenten, Bestellungen aus der Schweiz direkt abzuwickeln, so hat die Wettbewerbskommission oder der Preisüberwacher abzuklären, ob faktisch ein Importmonopol in die Schweiz besteht.− Effizientere staatliche Kontrollen und weniger Bürokratie: Durch verbesserte Koordination oder Zusammenlegung der betroffenen Ämter und Stellen können Kontrollen wirkungsvoller und mit weniger Aufwand für die betroffenen Unternehmen durchgeführt werden. Damit können Kosten eingespart werden. Durch diese Einsparungen kann günstiger produziert werden, was Preissenkungen ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit erhöht. − Stärkung von Preisüberwacher und Wettbewerbskommission: Preisüberwacher und Wettbewerbskommission sind zu beauftragen, die schon heute bestehenden Möglichkeiten, gegen Absprachen und ungerechtfertigt überhöhte Preise vorzugehen, konsequent und hartnäckig auszuschöpfen. Dafür ist das notwendige Personal wie auch die Finanzierung sicherzustellen. − Verschärfung des Kartellgesetzes und weiterer Ausbau des freien Handels: Das Konsumentenforum begrüsst die vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebene Verschärfung des Kartellrechts, wonach sowohl horizontale wie vertikale Preis-, Mengen- und Gebietsabsprachen grundsätzlich unzulässig sind und Ausnahmebegehren vom Unternehmen begründet werden müssen. Damit wird der Wettbewerb gestärkt, effektive Parallelimporte werden ermöglicht und die Preisdifferenzen zum umliegenden Ausland abgebaut. Das Konsumentenforum ist überzeugt, dass nur mit fairem und freiem Wettbewerb genügend Druck auf Importeure aufgebaut werden kann, Wechselkursgewinne weiterzugeben und Produkte zu Preisen auf EU-Niveau anzubieten. Davon könnten neben den Konsumenten nicht zuletzt auch die standortgebundenen Wirtschaftszweige – wie Detailhandel, Tourismus, Hotellerie und Gastronomie – profitieren: Mit Einkaufspreisen auf EU-Niveau könnten sie günstiger und konkurrenzfähiger anbieten. Es würde wieder vermehrt in der Schweiz eingekauft und konsumiert.

Zitiervorschlag: Franziska Troesch-Schnyder (2011). Trotz tiefem Euro und US-Dollar hohe Preise in der Schweiz: Wo bleiben die Wechselkursgewinne. Die Volkswirtschaft, 01. November.