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Umgang mit der Frankenstärke

Die Frankenstärke hat unser Land unerwartet und mit einer ungewohnten Schärfe getroffen. Die Politik hat rasch und gezielt reagiert. Die zur Abfederung und Überwindung der Frankenstärke ergriffenen Massnahmen leiten sich von den grundlegenden wirtschaftspolitischen Zielsetzungen ab. Der vorliegende Artikel legt die politischen Handlungsoptionen dar und zeigt auf, wie sich die beschlossenen Massnahmen in das wirtschaftspolitische Zielsystem einfügen. Für eine abschliessende Beurteilung der Wirkungen ist es allerdings noch zu früh.

Die Schuldenproblematik im Euroraum und weiteren Industrieländern hat die Anleger an den internationalen Finanzmärkten zunehmend verunsichert. Seit dem Frühjahr 2010 ist eine Flucht in den «sicheren Hafen» Schweizer Franken zu beobachten. Der Franken wurde gegenüber dem Euro, dem US-Dollar und vielen weiteren Währungen in ungeahnte Höhen getrieben. Der Kulminationspunkt wurde anfangs August 2011 erreicht, als sich der Euro-Franken-Kurs kurzzeitig der Parität näherte. Durch die Wechselkursuntergrenze der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom 6. September 2011 hat sich die Währungssituation zwar etwas entspannt, doch ist der Franken immer noch sehr hoch bewertet. Dies verdeutlicht ein Blick auf den realen Wechselkursindex
Der von der SNB auf Monatsbasis berechnete reale Wechselkursindex des Frankens entspricht der zusammengefassten Entwicklung des Frankens gegenüber 40 Handelspartnerwährungen, gewichtet nach ihrem Anteil an den Schweizer Exporten; zusätzlich wird eine Bereinigung um Inflationsunterschiede vorgenommen. (siehe Grafik 1), der nach wie vor weit über dem Stand vor der rasanten Aufwertung liegt.Die Schweiz hat in der Vergangenheit immer wieder Phasen der Aufwertung des Frankens erlebt. Die Geschwindigkeit der Stärkephase 2010/11 ist jedoch ausserordentlich und kann historisch nur mit der Periode 1977/78 verglichen werden. In den 1990er-Jahren wertete sich der Schweizer Franken zwar etwa im selben Masse wie seit 2010 auf; dies geschah aber graduell über eine längere Zeit von 4 Jahren (1991–1995). Die Unternehmen erhielten so – auch dank einem guten weltwirtschaftlichen Umfeld – die Möglichkeit, sich an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Zudem wurde in früheren Aufwertungsphasen der Franken oftmals nur gegenüber einem Währungsraum stärker. Die aktuelle Frankenstärke betrifft hingegen praktisch sämtliche Währungen.

Schwere Belastung für Exportindustrie und Tourismus


Eine derart schnelle und ausgeprägte Aufwertung ist eine schwere Belastung für die in der Schweiz tätigen Unternehmen, vor allem für die Exportindustrie und den Tourismussektor. Deren Wettbewerbsfähigkeit verschlechterte sich stark. Seit Mitte 2007 steigen die schweizerischen Lohnstückkosten gemessen in Euro ungebremst. In den letzten vier Jahren haben sie um etwa 40% zugenommen. Dass diese Verschlechterung nicht der Kostenentwicklung im Inland, sondern ausschliesslich der Wechselkursentwicklung zuzuordnen ist, belegt ein Blick auf die Lohnstückkosten in Franken: Diese sind seit Mitte 2009 leicht zurückgegangen (siehe Grafik 2).Die krasse Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit fällt zusammen mit einer deutlichen weltwirtschaftlichen Abkühlung. Vor allem in Europa schlägt die Verunsicherung an den Finanzmärkten über die Bewältigung der Staatsschuldenkrise zunehmend negativ auf die Konjunktur durch. Vergleichsweise weniger schwach, wenn auch nicht rosig, ist die Wirtschaftslage in anderen Weltregionen. So konnte die stotternde Konjunktur in den USA nach der Jahresmitte wieder Tritt fassen, während sich die japanische Wirtschaft erwartungsgemäss von der Natur- und Atomkatastrophe des Frühjahrs 2011 erholt. Die Schwellenländer erscheinen – trotz unverkennbarer Abkühlung – relativ robust und dürften weiterhin eine positive Rolle für die Weltwirtschaft spielen.Die aus Schweizer Optik höchst unerfreuliche Kombination aus schwächelnder Konjunktur beim wichtigsten Handelspartner EU (knapp 60% der Schweizer Exporte) einerseits und dem hoch bewerteten Franken anderseits hinterlässt unübersehbare Bremsspuren in der Schweizer Wirtschaft. Im zweiten Halbjahr 2011 hat sich die zuvor solide Konjunktur deutlich abgekühlt. Besonders die Exporte und die Unternehmensinvestitionen sind negativ betroffen. Für den Winter 2011/2012 zeichnet sich ein Fortdauern der Konjunkturschwäche ab. Allerdings ist aus heutiger Sicht kein krisenhafter Konjunktureinbruch – wie Ende 2008 nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers – zu erwarten.

Politische Optionen

Wirtschaftspolitische Zielsetzung


Die Wechselkursproblematik darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist im Kontext der allgemeinen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen zu sehen. Die grundlegenden Ziele der Wirtschaftspolitik umfassen unter anderem die Preisstabilität, gesunde Staatsfinanzen, hohe Beschäftigung und eine ausgeglichene Zahlungsbilanz. Dieses Gesamtbild gilt es im Auge zu behalten und die Ziele entsprechend der Situation zu gewichten. Bei der Formulierung einer Politik gegen die Frankenstärke darf beispielsweise keine auf den Wechselkurs eingegrenzte Partialbetrachtung vorherrschen.

Geldpolitik


Die Währungspolitik liegt in der Verantwortung der SNB. Das Gesetz legt als primäre Zielsetzung die Preisstabilität fest. Im Rahmen des Stabilitätsziels nimmt die SNB Rücksicht auf Gefahren von inflationären und deflationären Entwicklungen. Durch eine Anpassung der Liquiditätsversorgung oder der Zinssätze kann sie solchen Entwicklungen entgegenwirken. In Fällen akuter Ausnahmesituationen kann die SNB auch ausserordentliche Massnahmen ergreifen.

Automatische Stabilisatoren


In der Schweiz nehmen die automatischen Stabilisatoren bei der Konjunkturpolitik eine wichtige Rolle ein (siehe Kasten 1

Automatische Stabilisatoren – Schuldenbremse und ALV


Das Kernstück der Schuldenbremse besteht aus einer einfachen Regel: Über einen Konjunkturzyklus hinweg dürfen die Ausgaben nicht grösser sein als die Einnahmen. Der Höchstbetrag für den Ausgabenplafond wird an die Höhe der Einnahmen gebunden und um einen Faktor, der die konjunkturelle Auslastung berücksichtigt, korrigiert. Bei überdurchschnittlicher Auslastung der Wirtschaft liegt der Ausgabenplafond unter den Einnahmen – der Bund muss einen Überschuss erwirtschaften. Umgekehrt lässt die Formel in Zeiten einer geringen Kapazitätsauslastung ein Defizit zu – die Ausgaben dürfen die Einnahmen übersteigen.Die ALV ist bewusst als automatischer Stabilisator ausgestaltet. Sie stützt die Einkommen der Stellensuchenden, ohne dass die Beiträge in der gleichen Periode erhöht werden. Mit einer zunehmenden Anzahl von Stellensuchenden werden mehr Mittel ausgegeben, bei einer Verbesserung der Lage sinken die Ausgaben ebenfalls automatisch.

), namentlich die Schuldenbremse und die Arbeitslosenversicherung (ALV). Auch die öffentlichen oder öffentlich kontrollierten Sektoren der Wirtschaft – wie etwa der Bildungsbereich oder die Sozialversicherungen – wirken zusätzlich stabilisierend auf die Einkommen. Diese stabilisierenden Eigenschaften wirken rasch und stehen an erster Stelle bei der Abfederung konjunktureller Schwankungen. Diskretionäre Massnahmen kommen dagegen nur subsidiär und in gut begründeten Fällen zum Tragen.

Direkte Interventionen


Die diskretionäre oder aktive Finanzpolitik versucht, durch gezielte und spezifische Steuer- oder Ausgabenveränderungen die Konjunktur anzukurbeln. Sie hat aber in kleinen offenen Volkswirtschaften eine begrenzte Wirkung: Aufgrund der hohen Importneigung fliesst ein entsprechend hoher Anteil der zusätzlichen Nachfrage ins Ausland ab. Weil die Schweiz zudem eine hohe Sparquote aufweist, besteht die Gefahr, dass ein grosser Teil der Mittel gespart wird und nicht nachfragestützend wirkt. Damit wird das stabilisierende Ziel der Politik durchkreuzt.Damit die Finanzpolitik eine konjunkturstabilisierende Wirkung hat, müssen die Massnahmen der Regel der 3-T genügen: Sie müssen zielgerichtet (targeted) sein, zur richtigen Zeit wirken (timely) und vorübergehender Art sein (temporary). Mitnahmeeffekte und die administrative Belastung sollten klein gehalten werden. Schliesslich müssen auch die verzerrenden Effekte im Auge behalten werden. Ein wichtiges Kriterium für die Eignung als konjunkturstabilisierende Massnahme ist zudem die Konformität mit übergeordneten wirtschaftspolitischen Zielen. Hierbei geht es insbesondere um die Vermeidung von wettbewerbsverzerrenden Effekten und falschen Anreizen, welche hohe Kosten verursachen und mittel- bis langfristig stark schädlich sein können.

Langfristige Wachstumschancen


Die langfristig wirksamsten Massnahmen des Bundes sind jene, welche den Wirtschaftsstandort generell stärken. Die seit 2004 verfolgte Wachstumspolitik hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Schweiz nach der Stagnationsphase der 1990er-Jahre wieder auf den Pfad eines soliden Wachstums zurückgefunden hat. Das aktuelle wirtschaftliche Umfeld belegt die Notwendigkeit einer Fortsetzung der Wachstumspolitik, welche den Fokus auf die Steigerung der Arbeitsproduktivität durch Reformen im Innern legt.

Ergriffene Massnahmen

Geldpolitik


Die SNB hat im vergangenen Jahr in verschiedenen Schritten die Liquidität erhöht. Am 6. September 2011 hat sie eine Mindestgrenze von 1,20 Franken pro Euro festgesetzt. Sie hat ebenfalls angekündigt, dass sie weitere Massnahmen ergreifen würde, falls die Wirtschaftsaussichten und die deflationären Risiken dies erfordern. Mit dieser Untergrenze hat die SNB eine dringend notwendige Planungssicherheit für Unternehmen wieder hergestellt. Mit rund 1,22 (Stand Dezember 2011) bleibt der Frankenkurs weiterhin stark überbewertet.

Stärkung der Arbeitslosenversicherung


Mit dem Massnahmenpaket 2011 wurden 500 Mio. Franken dem Fonds der ALV zugewiesen. Damit wird einem möglichen Anstieg der Nutzung der ALV – insbesondere der Kurzarbeitsentschädigung – Rechnung getragen. Der Bundesrat hat zudem am 19. Oktober 2011 beschlossen, die Höchstdauer zum Bezug von Kurzarbeitsentschädigung per 1. Januar 2012 von 12 auf 18 Monate zu erhöhen sowie die verkürzte Karenzfrist von einem Tag beizubehalten. In unsicheren Zeiten ist Kurzarbeit ein wirksames Mittel, um voreilige Entlassungen zu verhindern. Davon profitieren sowohl die Beschäftigten als auch die Unternehmen. Die Beschäftigten bleiben im Betrieb und sind versichert. Den Unternehmen bleibt das Know-how der Mitarbeitenden erhalten.

Stärkung des Wettbewerbs


Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat im Auftrag des Bundesrates die Weitergabe von Einkaufsvorteilen aufgrund der Frankenstärke untersucht. Die Studie zeigt, dass sich die Aufwertung des Frankens nach einem Jahr zu 40% in einer Vergünstigung der Importpreise niedergeschlagen hat. Die Einkaufsvorteile werden allerdings je nach Güterkategorie unterschiedlich und zum Teil ungenügend weitergegeben.Die partielle und verzögerte Weitergabe von Wechselkursvorteilen bei Importprodukten hat die schädigende Wirkung der Hochpreisinsel Schweiz deutlich gemacht. Die hohen Preise reduzieren nicht nur die Kaufkraft der Konsumierenden, sondern führen zu Kostennachteilen für die Unternehmen in der Schweiz. Um die Durchsetzung der bestehenden Instrumente zu verstärken, hat der Bundesrat für die Preisüberwachung und die Wettbewerbskommission (Weko) für die Jahre 2012 und 2013 dem Parlament zusätzliche Stellen beantragt. Das Sekretariat der Weko hat seine Anstrengungen in diesem Bereich bereits intensiviert und am 26. Oktober 2011 zehn zusätzliche Verfahren im Zusammenhang mit der Nichtweitergabe von Währungsvorteilen eröffnet. Im Weiteren ist beabsichtigt, im Rahmen der laufende Revision des Kartellgesetzes die Wettbewerbspolitik zu verschärfen.

Intensivierung des Wissens- und Technologietransfers


Im Rahmen des Massnahmenpakets 2011 zur Abfederung der Frankenstärke wurde das Budget der KTI für 2011 um 100 Mio. Franken aufgestockt. Beitragsberechtigte Institutionen (ETH’s, Universitäten, Fach- und pädagogische Hochschulen sowie weitere Forschungsinstitute
Für eine Liste der beitragsberechtigten Institutionen siehe http://www.kti.admin.ch, Aktuell, Spezialthemen.) unterstützen Unternehmen in der beschleunigten Markteinführung sowie bei längerfristigen, aussichtsreichen F&E-Projekten, die wegen der wirtschaftlichen ungünstigen Lage sonst zurückgestellt würden. Bereits seit dem Juni 2011 kann die KTI den Barbeitrag von betroffenen Unternehmen an Forschungs- und Entwicklungsprojekte senken oder ganz erlassen. Zum anderen wurde das Instrument der Innovationsvoucher eingeführt, das die Suche nach geeigneten Forschungspartnern beschleunigt und erleichtert. Ebenfalls der mittelfristigen Sicherung des Wissens- und Technologietransfers dienen die im Rahmen des Massnahmenpakets 2011 beschlossenen Mittel für die ETH Zürich und die EPF Lausanne sowie für den Schweizerische Nationalfonds (69,5 Mio. Fr.).

Zusätzliche Mittel für Exportförderung und Tourismus


Zur Abfederung der Frankenstärke hat das Parlament in der Herbstsession 2011 die Mittel für die Exportförderung und Schweiz Tourismus erhöht. So erhalten die Osec neu 84 Mio. Franken anstatt wie ursprünglich vorgesehen 75 und Schweiz Tourismus 222 Mio. Franken für die Periode 2012–15. Die Mittelerhöhung für die Exportförderung solle der Osec unter anderem erlauben, für die exportorientierten KMU verstärkt Märkte ausserhalb der Euro- und der Dollarzone zu erschliessen. Mit den erhöhten Mitteln für das touristische Landesmarketing soll die touristische Nachfrage – vor allem in wichtigen strategischen Wachstumsmärkten ausserhalb des Euroraums – stimuliert werden. Zusätzlich erhielt die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) ein vorsorgliches und befristetes Darlehen von 100 Mio. Franken. Mit diesen bei ausgeweiteter Kreditnachfrage oder ausserordentlich beschränktem Kreditangebot bis 2015 einsetzbaren Mitteln kann die SGH in dieser ausserordentlichen Situation ihren Förderauftrag weiterhin voll wahrnehmen, die Investitionstätigkeit der Beherbergungswirtschaft fördern und die Strukturanpassung erleichtern.

Weitere beschlossene Massnahmen


Der Bundesrat hat am 12. Oktober 2011 die Änderung der Verordnung über die Schweizerische Exportrisikoversicherung (Serv) beschlossen. Damit wird der Deckungssatz bei Fabrikationskreditversicherungen von 80% auf 95% erhöht; der Deckungssatz bei Lieferantenkreditversicherungen mit privaten Schuldnern wird weiterhin bei maximal 95% belassen. Dadurch wird die Kreditlimite des Exporteurs entlastet und somit seine Liquidität erhöht, die unter dem starken Franken stark gelitten hat.Der Bundesrat und das Parlament haben sich gegen eine umfassende einzelbetriebliche Entschädigung von Wechselkursverlusten ausgesprochen. Lediglich in speziellen Fällen wurden Mittel dafür zur Verfügung gestellt. So wurde das Budget zur Finanzierung der Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte («Schoggigesetz») für das Jahr 2011 um 10 Mio. Franken erhöht. Damit soll die währungsbedingte Vergrösserung der Rohstoffpreisdifferenzen zwischen der Schweiz und der EU gemildert werden. Im Verkehrsbereich wurden die Abgeltungen für den alpenquerenden kombinierten Verkehr um 28,5 Mio. Franken erhöht. Mit weiteren 18 Mio. Franken werden die Abgeltungen im regionalen Personenverkehr ausgebaut. Damit werden währungsbedingte Verluste und Nachfrageeinbussen gemildert. Zusätzlich wurden 43 Mio. Franken als Ausgleichszahlungen für Teilnehmende an internationalen Forschungsprogrammen bereitgestellt, um ihre Währungsverluste zu mildern.

Fazit


In einer Krisensituation, wie sie 2011 mit der Frankenstärke auftrat, ist es wichtig, die gesamten Ziele der Wirtschaftspolitik im Auge zu behalten. Dazu gehören die Stabilitätsziele und die Förderung der langfristigen Prosperität. Es ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen, dass in vielen Ländern 2008/09 ein zu grosses Gewicht auf die kurzfristige Stabilisierung gelegt wurde. Die stabilitätspolitischen Folgen sind heute vor allem in Europa deutlich sichtbar.Der Bund hat keine Möglichkeit, direkten Einfluss auf den Wechselkurs auszuüben. Dagegen hat er die ihm bis zum heutigen Zeitpunkt verfügbaren und sinnvollen Mittel zur Abfederung der Frankenstärke weitgehend ausgeschöpft. Dabei hat er nicht nur abfedernde Massnahmen – wie die Stärkung der ALV – ergriffen, sondern auch langfristige, proaktive Massnahmen, wie etwa die Stärkung der Forschung und Innovation sowie die Erleichterung des Zugangs zu den Weltmärkten. Weiter steht für die zu erwartende Abkühlung der Konjunktur 2012 mit den automatischen Stabilisatoren eine solide erste Abwehrlinie bereit.

Grafik 1: «Realer Wechselkursindex des Frankens, 1975 –2011»

Grafik 2: «Relative Entwicklung Lohnstückkosten im internationalen Vergleich»

Kasten 1: Automatische Stabilisatoren – Schuldenbremse und ALV

Automatische Stabilisatoren – Schuldenbremse und ALV


Das Kernstück der Schuldenbremse besteht aus einer einfachen Regel: Über einen Konjunkturzyklus hinweg dürfen die Ausgaben nicht grösser sein als die Einnahmen. Der Höchstbetrag für den Ausgabenplafond wird an die Höhe der Einnahmen gebunden und um einen Faktor, der die konjunkturelle Auslastung berücksichtigt, korrigiert. Bei überdurchschnittlicher Auslastung der Wirtschaft liegt der Ausgabenplafond unter den Einnahmen – der Bund muss einen Überschuss erwirtschaften. Umgekehrt lässt die Formel in Zeiten einer geringen Kapazitätsauslastung ein Defizit zu – die Ausgaben dürfen die Einnahmen übersteigen.Die ALV ist bewusst als automatischer Stabilisator ausgestaltet. Sie stützt die Einkommen der Stellensuchenden, ohne dass die Beiträge in der gleichen Periode erhöht werden. Mit einer zunehmenden Anzahl von Stellensuchenden werden mehr Mittel ausgegeben, bei einer Verbesserung der Lage sinken die Ausgaben ebenfalls automatisch.

Kasten 2: Chronologie 2011

Chronologie 2011


16. Februar

Der Bundesrat beschliesst rasch wirkende Massnahmen: Die touristische Landeswerbung erhält für 2011 und 2012 zusätzliche Mittel von je 12 Mio. Franken. Im Bereich der Schweizerischen Exportrisikoversicherung (Serv) wird im Rahmen der Botschaft über die Standortförderung 2012-2015 eine Verlängerung der im Rahmen der im zweiten Stabilisierungspaket beschlossenen zusätzlichen Instrumente der Serv vorgeschlagen. Die bestehenden Förderinstrumente der KTI werden für die Jahre 2011 und 2012 mit zusätzlichen Mitteln von insgesamt 20 Mio. Franken dotiert.

31. August

Der Bundesrat verabschiedet ein Massnahmenpaket im Umfang von 869 Mio. Franken zuhanden des Parlaments. Für die Intensivierung des Wissens- und Technologietransfers werden 212,5 Mio. Franken eingesetzt. Im Tourismussektor wird die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit ein Darlehen von 100 Mio. Franken erhalten. 500 Mio. Franken fliessen in den Fonds der Arbeitslosenversicherung. Das Budget für die Finanzierung der Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte wird für das Jahr 2011 um 10 Mio. Franken erhöht. Schliesslich werden im Verkehrsbereich die Abgeltungen für den alpenquerenden kombinierten Verkehr und für den regionalen Personenverkehr um insgesamt 46,5 Mio. Franken erhöht.

6. September

Die SNB legt einen Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro. Sie ist der Meinung, dass der Franken damit noch hoch bewertet ist und sich über die Zeit weiter abschwächen sollte.

22. September

Im Rahmen der Botschaft über die Standortförderung 2012-2015 erhöht das Parlament die Mittel für die Exportförderung um 9 auf 84 Mio. Franken, damit der Aussenhandelsförderer Osec den KMU insbesondere zusätzlich Angebote zur Erschliessung von Märkten ausserhalb des Euro- und des Dollar-Raumes anbieten kann.

12. Oktober

Der Bundesrat beschliesst Änderungen der Verordnung die über die Serv. Diese führt per 1. November 2011 Neuerungen ein, welche die Liquidität der Exporteure weiter erhöhen.

19. Oktober

Der Bundesrat beschliesst, die Höchstdauer zum Bezug von Kurzarbeitsentschädigung von 12 auf 18 Monate zu erhöhen sowie die verkürzte Karenzfrist beizubehalten. Die Verordnungsänderung wird auf den 1. Januar 2012 in Kraft gesetzt und gilt bis am 31. Dezember 2013.

Zitiervorschlag: Andrea Bonanomi Feuz, Werner Aeberhardt, Frank Schmidbauer, (2012). Umgang mit der Frankenstärke. Die Volkswirtschaft, 01. Januar.