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Lärm- und Emissionsreduktion durch technische Innovationen eröffnet neue Perspektiven

Der verantwortungsvolle Umgang mit der Umwelt ist ein Teil der Unternehmenskultur von Swiss. Als nationale Airline versteht sich das Unternehmen als Teil der Volkswirtschaft und der Gesellschaft. Die Akzeptanz von Bevölkerung und Politik ist für die Zukunft von Swiss wie auch die Entwicklung unserer Infrastruktur zentral. Die Bemühungen der vergangenen Jahre im Umweltbereich sprechen für sich. Technische Innovationen bieten eine Vielzahl von Chancen, die negativen Auswirklungen des Flugverkehrs auf Mensch und Umwelt zu minimieren.

Der Nachhaltigkeitsansatz von Swiss basiert auf vier Säulen: − Technologischer Fortschritt, etwa durch emissionsärmere Triebwerke oder leichtere Flugzeuge; − operationelle Massnahmen wie direktere Flugrouten, treibstoffsparende An-/Abflugverfahren; − effizientere Infrastruktur, optimierte Nutzung des Luftraums und der Flughäfen; − ökonomische Instrumente (z.B. globaler, wettbewerbsneutraler Emissionshandel).Der erste Punkt kann eindrücklich mit der neuen CSeries illustriert werden. Swiss ist Erstbestellerin dieser neuen Flugzeuggeneration. Erstmals seit langer Zeit ist eine Schweizer Airline wieder Innovationstreiberin für einen neuen Maschinen-Typ. Wir investieren allein für die CSeries weit über 1 Mrd. Franken. Von Mitte 2014 bis 2016 planen wir, unsere gesamte Regionalflotte von Avro RJ100 mit dem modernsten Flugzeugtyp von Bombardier zu ersetzen. Die CSeries setzt im Bereich Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit neue Masstäbe. Als grosse Netzwerkfluggesellschaft war Swiss mit der Bestellung von insgesamt 30 Maschinen einer der wesentlichen Treiber für den Produktionsstart, die Entwicklung und die Markteinführung der neuen Flottenfamilie.Damit machen wir den nächsten Schritt, um die Lärmemissionen, den Treibstoffverbrauch und die CO2-Emissionen weiter zu reduzieren. Seit der Gründung von Swiss 2002 konnten wir den spezifischen Kerosinverbrauch – d.h. den Kerosinverbrauch pro Passagier – insgesamt um 17% reduzieren (siehe Grafik 1). Allein im Jahr 2010 hat sich der Wert gegenüber 2009 um 3,9% von 3,88 auf 3,73 L/100 Passagierkilometer verbessert. Dieser Fortschritt lässt sich unter anderem auf Investitionen in eine neue Flotte (z.B. den Ersatz der Airbus 330-200 mit der effizienteren A330-300), verschiedene Massnahmen im operationellen Bereich sowie den konstant hohen Sitzladefaktor zurückführen.Wir achten auf optimale Produktivität unserer Flugzeuge und sind in den Jahren 2005 und 2006 von kleineren ineffizienteren Flugzeugen auf grössere effizientere Flugzeuge umgestiegen. Dadurch ist die Anzahl unserer Flugbewegungen in Zürich gegenüber 2002 um 30% gesunken, nämlich von 250 000 auf 150 000. Gegenüber 2002 befördern wir aber über 20% mehr Passagiere. Das bedeutet eine klare Effizienzsteigerung pro Flugbewegung und weniger Emissionen.Der Lärmteppich rund um den Flughafen Zürich ist in den vergangenen 20 Jahren um zwei Drittel reduziert worden. In der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion wird das leider gerne ausgeblendet. Manchmal wünschte ich mir fast die alten Zeiten und die Caravelles zurück, um zu demonstrieren, welche enormen Fortschritte unsere Industrie bereits erreicht hat und wie viel lauter die älteren Maschinen im Vergleich zu einem modernen Airbus waren. Neben unseren Investitionen in eine moderne Flotte treiben wir verschiedene Initiativen und Projekte voran, die auf technologischen Innovationen basieren. Zwei dieser Projekte werden im Folgenden kurz vorgestellt.

Greener Wave


In diesem Projekt macht Swiss gemeinsam mit den Projektpartnern Skyguide und der Flughafen Zürich AG die erste Ankunftswelle am Flughafen Zürich zur «grünen Welle». Swiss Operations Research führt ein alternatives Anflugverfahren zur Reduzierung des Verkehrsaufkommens sowie der Anzahl der Warteschleifen ein.Ziel des Projekts ist es, den Treibstoffverbrauch zu reduzieren, um so den CO2-Ausstoss zu minimieren. Seit Februar untersucht das Projektteam unter Leitung von Swiss den effektiven Treibstoffverbrauch und optimiert die Ankunftslots und die Fluggeschwindigkeit, um die grösstmögliche Kerosineinsparung zu erzielen. Es können bereits deutliche Erfolge verzeichnet werden. Durch das sequenzielle Anflugverfahren lässt sich während des Fluges (langsameres Fliegen) und bei der Landung (Verhinderung von Wartschlaufen) CO2 einsparen. Die Auswertung von rund 10 000 Flügen hat gezeigt, dass während der ersten Morgenwelle mit der Einführung des Systems rund eine Tonne CO2-Emissionen pro Flug eingespart werden kann. Über ein Jahr gerechnet entspricht das einer Einsparung, welche die Beheizung von 320 Einfamilienhäusern ermöglichen würde.

ATSAW-System


Swiss ist die erste von fünf Airlines, welche anlässlich eines Pionierprojektes von Eurocontrol drei ihrer A330-300 mit einem Airborne Traffic Situational Awareness System (ATSAW) ausrüstet. Dank des Systems stehen den Piloten zusätzliche Informationen zum umgebenden Flugverkehr zur Verfügung. Dadurch soll es möglich sein, Flugrouten zu optimieren und Turbulenzen auszuweichen. Der Erstflug mit entsprechender Ausrüstung fand am 7. Februar 2012 von Zürich nach Montreal statt. Mit Hilfe des ATSAW sehen die Piloten den sie umgebenden Luftverkehr mit in Echtzeit verfügbaren Informationen wie beispielsweise Position, Flugzeugidentifikation, Geschwindigkeit und Höhe. Dank diesen zusätzlichen Informationen können die Piloten die Situation im Luftraum um sich herum vor allem über dem Nordatlantik besser einschätzen und kalkulieren. Mittels eines neuen Verfahrens können sie ihre optimale Flughöhe öfter erreichen und damit Treibstoff sparen. Zudem kann auch Turbulenzen besser ausgewichen werden.

Luftfahrtindustrie hat sich strengeren Reduktionszielen verschrieben


Der Luftverkehr ist lediglich für rund 2% der gesamten weltweiten CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe verantwortlich. Das entspricht 11% der Emissionen, die durch den gesamten Verkehrssektor entstehen. Unsere Industrie bewegt sich. Wir gehören zu den wenigen Branchen, die sich selber strenge Reduktionsziele gesetzt haben – auch dank der Initiative der International Air Transport Association (Iata), die in diesem Bereich viel leistet. Bis 2020 soll der Treibstoffverbrauch pro Transportleistung um durchschnittlich 1,5% pro Jahr reduziert werden. Ab 2020 ist ein Wachstum der Industrie ohne zusätzliche CO2-Emissionen vorgesehen. Bis 2050 soll damit eine Reduktion der CO2-Emissionen um 50% gegenüber 2005 erreicht werden. In Europa, wo Fortschritt durch technologische Innovationen Tradition hat, werden den Airlines durch wenig zielführende oder zweckmässige Steuern und Regulierungen oft unnötig Steine in den Weg gelegt. Doch angesichts unserer Anstrengungen wäre gerade die Unterstützung der Regierungen wichtig. Wir fliegen nicht um unserer selbst Willen, sondern um das zunehmende Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung und der Wirtschaft zu erfüllen. Ich hoffe deshalb, dass unsere Bemühungen und Investitionen künftig noch stärker Beachtung finden.

Grafik 1: «Spezifischer Treibstoffverbrauch von Swiss im Passagierbetrieb, 2002–2010»

Kasten 1: Die technischen Highlights und Vorzüge der CSeries

Die technischen Highlights und Vorzüge der CSeries


− Die CSeries verfügt über eine neuartige Triebwerkstechnologie «Geared Turbofan» des Herstellers Pratt & Whitney.− Durch leichtere Materialien wie neue Aluminium-Legierungen und Kohlefaser-Verbundwerkstoffe wird eine deutliche Gewichtsreduktion erreicht.− Der Treibstoffverbrauch gegenüber der Avro-Flotte wird um rund einen Viertel gesenkt.− Ein Flugzeug der CSeries ist um 10–15 Dezibel leiser als ein Avro RJ100. Das bedeutet eine Halbierung des Lärms für das menschliche Hörempfinden.− Der CO2-Ausstoss reduziert sich um rund 90 000 Tonnen pro Jahr; das entspricht den CO2-Emissionen von 7000 Flügen zwischen Zürich und London City.− Grosszügigere Platzverhältnisse fürs Gepäck, grössere Fenster in der Flugzeugkabine sowie ein geringerer Geräuschpegel sorgen für höchsten Komfort der Passagiere. − Dank tieferen Wartungskosten und verbrauchsärmeren Triebwerken reduzieren sich die Kosten pro Sitzplatz gegenüber dem Avro RJ100 um über 10%.

Zitiervorschlag: Harry Hohmeister (2012). Lärm- und Emissionsreduktion durch technische Innovationen eröffnet neue Perspektiven. Die Volkswirtschaft, 01. April.