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Intakte Zukunftschancen für Schweizer Lebensmittelproduktion

Die Agrarpolitik 2014–2017 (AP 14–17) bildet für die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft einen Planungsrahmen, in welchem sie sich entwickeln kann. In Anbetracht der sinkenden Lebensmittelpreise in der Schweiz sowie dem weltweit steigenden Bedarf nach Lebensmitteln sollte von Extensivierungsanreizen Abstand genommen werden. Vielmehr ist die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft anzuhalten, den technologischen Fortschritt für eine konsequente Effizienzsteigerung zu nutzen, ohne dabei das hohe Qualitätsniveau, das Tierwohl und den schonenden Umgang mit den Ressourcen aus den Augen zu verlieren. Die Aufnahme des Grundsatzes der Ernährungssouveränität ins Gesetz ist zu begrüssen, da der Selbstversorgungsgrad bei stagnierender Inlandproduktion von Lebensmitteln und einer stetig wachsenden Bevölkerung in unserem Land laufend weiter sinkt.

Die Rahmenbedingungen für die Inlandproduktion von Lebensmitteln verschärften sich in den vergangenen Jahren laufend. Anfänglich spitzte sich der Preiskampf im Detailhandel aufgrund des Markteintritts deutscher Harddiscounter zu. Mit der Übernahme des Cassis-de-Dijon-Prinzips wurde die Einfuhr von günstigen Produkten aus dem EU-Raum einfacher, was die Preisspirale auf dem Lebensmittelmarkt weiter nach unten zog. Hinzu kam die starke Aufwertung des Schweizer Frankens, die den Einkaufstourismus förderte. Seit kurzem versucht sich der Detailhandel nun auch auf dem Sortimentsfeld einheimischer Frischprodukte – insbesondere Früchte und Gemüse – preislich zu profilieren. Das hat Folgen für Produzenten und Verarbeiter, denn diese Entwicklung erhöht den Druck auf die Einkaufspreise zusätzlich. Der Wettbewerb im Nahrungsmittelsektor ist seit Jahren unerbittlich, und die Margen auf jeder Stufe sind tiefer als in anderen Wirtschaftszweigen. Die Bäuerinnen und Bauern unseres Landes erleben diesen Prozess intensiv und fühlen sich zwischen dem sinkenden Erlös, den sie für ihre Produkte erzielen können, der begrenzten Möglichkeit zur Anpassung der Produktionskosten sowie den Anforderungen seitens des Gesetzgebers und der Konsumenten – ÖLN, Bio- und Labelproduktion etc. – wie in einen Schraubstock eingespannt. Folglich hat die Bauernfamilie jeden Investitionsentscheid sorgfältig abzuwägen.

Verarbeitungsindustrie garantiert Schweizer Produktion


Die Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung in der Land- und Ernährungswirtschaft gehört zu den strategischen Kernaufgaben der Fenaco (siehe Kasten 1

Die Fenaco – natürlich nah, de la terre à la table


Die Fenaco ist eine genossenschaftlich organisierte, moderne Selbsthilfeunternehmung der Schweizer Bauern. Sie ging 1993 aus dem Zusammenschluss von sechs landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbänden mit über hundertjähriger Tradition hervor. Die Fenaco spielt eine bedeutende Rolle in der erfolgreichen Schweizer Nahrungsmittelproduktion. Ihre 8700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von rund 5,5 Mrd. Franken im Jahr. Die Fenaco verfolgt das übergeordnete Ziel, die Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Unternehmen zu unterstützen. In verbindlicher Partnerschaft mit ihren landwirtschaftlich Genossenschaften (Landi) versorgt die Fenaco die Bauern mit Produktionsmitteln (Sämereien, Futtermittel, Pflanzennahrung, Landmaschinen, Traktoren usw.). Gleichzeitig übernimmt sie die Erzeugnisse der Landwirte wie Getreide, Ölsaaten, Kartoffeln, Schlachtvieh, Eier, Mais, Gemüse, Obst, Beeren und Weintrauben. In den eigenen Industriebetrieben veredelt die Fenaco diese Erzeugnisse zu sicheren, guten Schweizer Lebensmitteln und Getränken. Diese vermarktet sie über Hotels, Restaurants, die bekannten Detailhandelsketten wie Coop und Migros, aber auch über die eigenen Verkaufskanäle Landi, Volg, frisch-nah-günstig, TopShop und Visavis. So bringt die Fenaco die Produkte der Schweizer Bauern ohne Umwege direkt und frisch auf den Ladentisch.

). Gemäss heutiger Sachlage ist sie von den intakten Zukunftschancen einer produzierenden Schweizer Landwirtschaft nach wie vor überzeugt. Entsprechend investiert sie jährlich einen grossen Teil der bemerkenswerten Summe von über 200 Mio. Franken für die Erneuerung ihrer Lebensmittelverarbeitungsbetriebe sowie die Vermarktungsmöglichkeiten der bäuerlichen Erzeugnisse. Das Beispiel des 2011 in Betrieb gesetzten Frischfleischverarbeitungszentrums in Bazenheid, einem Betrieb der Fenaco-Tocher Ernst Sutter AG, zeigt klar, worauf diese Investitionen in erster Linie abzielen. Es geht darum, die Leistung zu optimieren und mittelfristig die Produktionskosten weiter zu senken, bei gleichzeitigem Erhalt der hohen Qualität und Rückverfolgbarkeit. So wurden während der letzten Monate die bestehenden Fleischverarbeitungsbereiche von fünf über die gesamte Ost- und Zentralschweiz verteilten Produktionsbetrieben in Bazenheid zusammengefasst. Modernste computergesteuerte Zerlegereianlagen optimieren im neuen Verarbeitungszentrum die Arbeitsbedingungen des Personals und machen eine effizientere Verarbeitung möglich. Die Investition von über 90 Mio. Franken steigert die Leistungsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit im neuen Betrieb, der mit einem Baukubus von über 170 Metern Länge, 60 Metern Breite und 40 Metern Höhe eine für Schweizer Verhältnisse respektable Grösse umfasst. Ziel dieser Investition im gegenwärtigen Umfeld ist es, die Kostenführerschaft im Zerlegereibetrieb zu erlangen.

Produktionskosten in den Verarbeitungsbetrieben senken


Wo immer es die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erlauben, strebt die Fenaco im Bereich der Produktionskosten ein Niveau wie in den vier umliegenden Ländern an. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, da Verarbeiter in der Schweiz und der Europäischen Union nicht über gleich lange Spiesse verfügen. Verarbeitungsbetriebe erhalten in der Schweiz keine staatlichen Förderbeiträge, wie das in der EU generell der Fall ist. Zudem verteuern die hohen Landpreise und Löhne sowie die schärferen Bau- und Umweltgesetze die Investitionskosten in der Schweiz stark.

Hohes Qualitätsbewusstsein der Konsumenten


Die Fenaco ortet die Trümpfe der hiesigen Landwirtschaft vor allem in der Qualitätsproduktion und der Lebensmittelsicherheit. Schweizer Lebensmittel sind gesund und geniessen in Bezug auf ihre Sicherheit das Vertrauen der Konsumenten. Laut der durch das Marktforschungsinstitut Link im Auftrag von Coop und der Schweizer Gesellschaft für Ernährung im Februar 2011 erfolgten Studie erachten 71% der befragten Personen Schweizer Lebensmittel als sicherer als importierte. Nur knapp 29% der Schweizer empfinden importierte Produkte als gleich sicher wie jene aus heimischer Produktion. Das liegt wohl auch daran, dass man von der Professionalität, dem Verantwortungsbewusstsein sowie dem ökologischen Bewusstsein und Verhalten unserer Bauern überzeugt ist. Unsere Landwirte verfügen über ein hohes Ausbildungsniveau und leisten ein grosses Engagement zum Wohl der Tiere sowie zum Gewässer- und Bodenschutz. Dieser Einsatz, die örtliche Nähe zu den Städten sowie die bäuerlichen Familienstrukturen sorgen für einen guten Rückhalt der Schweizer Landwirtschaft in der Bevölkerung.

Akzeptanz der Lebensmittelpreise ist hoch


Insbesondere der Anbau von qualitativ hochstehenden Lebensmitteln wird von den Konsumentinnen und Konsumenten honoriert. Wie eine vom Konsumentenforum in Auftrag gegebene Isopublic-Studie vom Oktober 2011 ergab sind nur die wenigsten Schweizer bereit, eine tiefere Qualität für einen tieferen Preis zu akzeptieren (Note 2,8 auf einer Skala von 1 bis 6). Zudem attestierten die Befragten den heimischen Lebensmitteln mehrheitlich eine bessere Qualität als Produkten, die aus EU-Ländern importiert werden. Gemäss Interpretation des Konsumentenforums «ist die Akzeptanz der Lebensmittelpreise in der Schweiz generell erstaunlich hoch».Entsprechend empfiehlt die Fenaco den Landwirten, den technologischen Fortschritt konsequent für eine Steigerung der Produktivität und Effizienz zu nutzen, ohne dabei die Qualität, die Rücksicht auf das Tierwohl und die Schonung der Ressourcen zu vernachlässigen. Dass dieser Zielkonflikt lösbar ist, hat die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft während der letzten Jahre bewiesen und mit Labels und Herkunftsbezeichnungen glaubwürdig belegt. Die Fenaco empfiehlt gleichzeitig, dass sich die Schweizer Landwirtschaft aus dem internationalen Massengeschäft mit Lebensmitteln heraushält. Massenproduktion zu Tiefpreisen ist eine andere Art von Landwirtschaft. Die hiesige Lebensmittelproduktion hat aufgrund der verantwortungsvollen Tierhaltung, der Topografie und der hohen Bodenpreise kaum Chancen, mit der internationalen Massenproduktion mitzuhalten.

Ernährungssouveränität gehört ins Gesetz


Als eine der wichtigsten Neuerungen im Bereich Gesetzgebung der AP 14–17 ist die Aufnahme des Grundsatzes der Ernährungssouveränität zu betrachten. Dieser von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) eingebrachte Umsetzungsvorschlag zur parlamentarischen Initiative Bourgeois wird helfen, dass der Selbstversorgungsgrad in unserem Land nicht stetig weiter sinkt. Gemäss neusten FAO-Zahlen
FAO Statistical Yearbook (2010). gehört die Schweiz weltweit zu den grössten Nettoimporteuren von Agrarprodukten. Nur gerade einige nördliche Länder Europas weisen höhere Werte auf. Die Schweiz deckt heute rund 50% ihres Nahrungsmittelbedarfs durch Importe ab. Wie gesichert diese Importe in Zukunft sein werden, hängt stark von der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Weltbevölkerung ab, die immer mehr und besser essen will. Aber auch die fortschreitende Verknappung der Ressourcen Wasser und Boden sowie die politische Stabilität sind entscheidende Faktoren.

Kasten 1: Die Fenaco – natürlich nah, de la terre à la table

Die Fenaco – natürlich nah, de la terre à la table


Die Fenaco ist eine genossenschaftlich organisierte, moderne Selbsthilfeunternehmung der Schweizer Bauern. Sie ging 1993 aus dem Zusammenschluss von sechs landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbänden mit über hundertjähriger Tradition hervor. Die Fenaco spielt eine bedeutende Rolle in der erfolgreichen Schweizer Nahrungsmittelproduktion. Ihre 8700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von rund 5,5 Mrd. Franken im Jahr. Die Fenaco verfolgt das übergeordnete Ziel, die Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Unternehmen zu unterstützen. In verbindlicher Partnerschaft mit ihren landwirtschaftlich Genossenschaften (Landi) versorgt die Fenaco die Bauern mit Produktionsmitteln (Sämereien, Futtermittel, Pflanzennahrung, Landmaschinen, Traktoren usw.). Gleichzeitig übernimmt sie die Erzeugnisse der Landwirte wie Getreide, Ölsaaten, Kartoffeln, Schlachtvieh, Eier, Mais, Gemüse, Obst, Beeren und Weintrauben. In den eigenen Industriebetrieben veredelt die Fenaco diese Erzeugnisse zu sicheren, guten Schweizer Lebensmitteln und Getränken. Diese vermarktet sie über Hotels, Restaurants, die bekannten Detailhandelsketten wie Coop und Migros, aber auch über die eigenen Verkaufskanäle Landi, Volg, frisch-nah-günstig, TopShop und Visavis. So bringt die Fenaco die Produkte der Schweizer Bauern ohne Umwege direkt und frisch auf den Ladentisch.

Zitiervorschlag: Hans Peter Kurzen, Martin Keller, (2012). Intakte Zukunftschancen für Schweizer Lebensmittelproduktion. Die Volkswirtschaft, 01. April.