Agrarpolitik: Innovative Kräfte stärken
Aus Sicht der Migros ist es notwendig, das heutige Direktzahlungssystem verstärkt auf die von der Gesellschaft erwarteten Leistungen auszurichten. Wichtig ist auch, dass die Schweizer Landwirtschaft noch besser auf die zukünftigen Herausforderungen vorbereitet wird. Daher muss sich die Agrarpolitik einerseits auf die Marktöffnung und die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft fokussieren und andererseits auch die Ökologie und die Qualität im Blickfeld behalten. Die mit der Agrarpolitik 2014–2017 (AP 14–17) eingeschlagene Richtung stimmt nur bedingt. Die Zuteilung eines grossen Teils der Mittel an die Bauern ohne Mehrleistung ihrerseits, wie sie der Bundesrat vorsieht, ist nicht zielführend.
Die Migros setzt mit ihren Industriebetrieben und dem Detailhandelsgeschäft auch künftig auf die Schweizer Landwirtschaft. Bereits heute stammen über 80% der in der Migros verkauften Frischprodukte aus der Schweiz. Die Migros-Industrie, mit über 10 000 Mitarbeitenden eine der wichtigsten Abnehmerinnen der Schweizer Landwirtschaft, steht für Swissness und hohe Qualität. Sie investiert laufend grosse Summen in ihre Verarbeitungsbetriebe in der Schweiz. Die Migros arbeitet denn auch sehr eng und vertrauensvoll mit den landwirtschaftlichen Produzenten zusammen und ist überzeugt von deren Zukunftspotenzial.
Kommende Jahre im Zeichen der Agrarmarktöffnung
Die kommenden Jahre werden – trotz momentanem Gegentrend – im Zeichen einer zunehmenden Öffnung der Agrarmärkte stehen. Verhandlungen zu Freihandelsabkommen, die auch die Landwirtschaft betreffen, sind mit diversen Ländern in Planung oder bereits angelaufen. Das heisst, dass weitere Öffnungsschritte unumgänglich sind. Der Detailhandel, die Gastronomie sowie die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz zahlen heute wegen des Agrarschutzes deutlich höhere Preise als in unseren unmittelbaren Nachbarländern. Gleichzeitig haben wir im Bereich des privaten Konsums faktisch einen «Import-Freihandel» mit dem umliegenden Ausland. Da dieser stark zunehmende Einkaufstourismus nur einseitig funktioniert, leiden sowohl die Landwirtschaft als auch die Verarbeitungsindustrie und der Detailhandel darunter. Dass gewisse Kreise den schwammigen Begriff der Ernährungssouveränität ins Landwirtschaftsgesetz aufnehmen wollen, ist vor diesem Hintergrund kritisch zu hinterfragen. Die inländische Land- und Ernährungswirtschaft verliert Marktanteile. Das ist nicht zukunftsträchtig. Deshalb gilt es die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, damit eine innovative und starke Landwirtschaft eine gute Zukunft hat. Die Migros fordert folgende Anpassungen:− Das Direktzahlungssystem muss sich konsequent an den Ziellücken ausrichten. Die Versorgungssicherheitsbeiträge sind zu hoch angesetzt und müssen gesenkt werden. Die frei werdenden Mittel sollten in Übergangsbeiträge oder in Biodiversitäts-, Ressourceneffizienz- bzw. Produktionssystembeiträge fliessen. Bei der Versorgungssicherheit gibt es heute ohne Marktöffnung keine Ziellücken. Folglich ist die geplante Erhöhung der Beiträge falsch. Die Direktzahlungen dürfen nicht dazu missbraucht werden, die Marktabschottung zu zementieren.− Die effiziente Produktion von Nahrungsmitteln und die Erbringung von ökologischen Leistungen haben nebeneinander Platz. Den Beweis hierfür liefert die Zusammenarbeit zwischen der Migros und der IP Suisse, aus welcher das Label TerraSuisse hervorgegangen ist. IP-Suisse-Bauern fördern mit Pionierleistungen die Artenvielfalt. Terra Suisse ist erfolgreich und generiert mittlerweile einen Jahresumsatz von rund 600 Mio. Franken. Durch den Ausbau der Produktionssystembeiträge werden solche Synergien in der Landwirtschaft gestärkt.− Die Übergangsbeiträge sind zu tief angesetzt. Im Bericht zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems wurden seinerzeit rund 900 Mio. Franken für diese Beiträge eingeplant. Inzwischen ist dieser Betrag noch halb so hoch. Dabei sind gerade die Übergangsbeiträge ein hervorragendes Mittel, um die Landwirtschaft im Prozess zur Anpassung an die sich verändernden Rahmenbedingungen zu unterstützen. Sie fördern die Wettbewerbs- und Anpassungsfähigkeit im Hinblick auf die bevorstehenden Veränderungen. Die Übergangsbeiträge sind das passende Instrument, um die Mittel künftig gezielt dort einzusetzen, wo es Ziellücken gibt.
Fazit
Die Schweizer Landwirtschaft hat gute Chancen und muss mit der AP 14–17 optimal auf die Zukunft vorbereitet werden. Mit einer vom Prinzip der Besitzstandeswahrung und Strukturerhaltung geleiteten Politik ist ihr aber nicht gedient. Wir sind überzeugt, dass die Schweizer Landwirtschaft die bevorstehenden Herausforderungen meistern kann. Für die Verarbeitung ihrer Rohstoffe sowie für die Vermarktung und den Verkauf hat sie starke Partner – wie die Migros!
Zitiervorschlag: Maurer, Juerg (2012). Agrarpolitik: Innovative Kräfte stärken. Die Volkswirtschaft, 01. April.