Suche

Abo

Die Stabilisierungspolitik des Bundes 2008–2010: Warum die Schweiz die Krise rasch bewältigt hat

Im November 2008 befand sich die Schweiz nach Ausbruch der US- Immobilien- und Finanzkrise noch in einer vergleichsweise guten Wirtschafts- und Beschäftigungslage. Die Schweiz wurde aber als stark aussenhandelsorientierte Volkswirtschaft mit einem grossen Finanzsektor rasch in den Strudel der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise hineingezogen. Die Exportwirtschaft erlebte einen scharfen Einbruch der Nachfrage. Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz schrumpfte zwischen dem 3. Quartal 2008 und dem 2. Quartal 2009. Die Bekämpfung der Krise erforderte Massnahmen auf verschiedenen Ebenen.



Die seit Anfang 2007 schwelende amerikanische Immobilien- und Finanzkrise führte zu einem Stakkato krisenartiger Ereignisse: Im Herbst 2007 fand der Run auf Northern Rock Bank statt; im September 2008 folgte der Kulminationspunkt mit der Insolvenz von Lehman Brothers sowie dem faktischen Kollaps von AIG. Diese Ereignisse führten zu einem panikartigen Einbruch der Börsen und zum zeitweisen Erliegen des Interbankmarktes. Zwischen September und November 2008 beschleunigte sich der weltwirtschaftliche Konjunkturabschwung rasant und erfasste auch die Schweiz.Im folgenden Artikel wird die vom Bund getroffene Stabilisierungspolitik näher untersucht und der Frage nachgegangen, warum die Schweiz die Krise gut bewältigt hat.

Geldpolitik und Stabilisierung der Finanzmärkte


Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) trug grundlegend dazu bei, das Zinsniveau auf breiter Front zu senken. Sie hat damit die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage gestützt. Dabei sanken nicht nur die Zinssätze auf risikolosen Anlagen, sondern auch die in der Finanzkrise 2008/2009 stark gestiegenen Risikoprämien. Von den tiefen Zinssätzen profitierten die Unternehmen ebenso wie die Haushalte. Die von vielen Beobachtern befürchtete Kreditklemme blieb aus. Das Kreditwachstum hielt sogar besser stand als in früheren Rezessionen.Die internationalen Aspekte der Finanzkrise verlangten ebenfalls eine enge Zusammenarbeit der Zentralbanken. Auf die Verschärfung der Krise nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers reagierten die Zentralbanken Anfang Oktober 2008 mit einer koordinierten Senkung der Zinssätze und stellten einander Liquidität zur Verfügung. Mit diesen Massnahmen gelang es, Anspannungen an den internationalen Geldmärkten zu begrenzen.

Schuldenbremse


Mit der Schuldenbremse steht der Schweiz ein starkes Instrument der Regelbindung zur Verfügung. Es setzt finanzpolitischen Ad-hoc-Massnahmen klare Schranken. Die Schuldenbremse verlangt, dass die Bundesausgaben bei der Budgetierung an die erwarteten Einnahmen geknüpft werden. Ausgaben dürfen grundsätzlich nur dann erhöht werden, wenn ihre Finanzierung durch zusätzliche Einnahmen oder entsprechende Ausgabenverzichte gesichert ist. Das System der Schuldenbremse ist verbindlich. Es lässt aber genug Spielraum, um auf äussere Entwicklungen angemessen reagieren zu können. Bei ausserordentlichem Zahlungsbedarf kann das Parlament mit qualifiziertem Mehr den Höchstbetrag der Ausgaben gemäss Schuldenbremse erhöhen.

Diskretionäre Konjunkturpolitik des Bundes


Die Unsicherheit über Verlauf und Dauer der Krise war ungewöhnlich hoch. Es handelte sich nicht um einen «normalen» Konjunkturabschwung nach einer wirtschaftlichen Boomphase, sondern um einen weltwirtschaftlichen Einbruch, der durch das Platzen einer aussergewöhnlichen Kredit- und Immobilienblase ausgelöst wurde. Damit wurde der Konjunkturabschwung überlagert durch einen Entschuldungsbedarf im Finanzsektor, dem sogenannten «Deleveraging». Wie rasch und wie schmerzhaft dieser strukturelle Anpassungsprozess verlaufen würde, war kaum abzuschätzen. Aufgrund der ausserordentlichen Krisenlage wählte der Bundesrat zu Beginn des Konjunkturabschwungs ein stufenweises Vorgehen, wobei je nach Entwicklung der Krise zusätzliche Massnahmen ergriffen werden konnten.

Stufe 1


Die damalige Konjunkturlage und die vorhandenen Prognosen rechtfertigten kein Überschreiten des Ausgabenplafonds gemäss der Schuldenbremse. Der finanzpolitische Spielraum sollte aber genutzt werden. Dieser betrug für das Jahr 2009 rund 1 Mrd. Franken. Am 12. November 2008 schlug der Bundesrat eine erste Stufe von Massnahmen im Umfang von 432 Mio. Franken vor. In der Finanzpolitik wurden die Aufhebung der Kreditsperre sowie Massnahmen im Umwelt- und energetischen Bereich sowie in der Exportförderung empfohlen. Die steuerbegünstigten Arbeitsbeschaffungsreserven sollten letztmalig freigegeben werden. Weiter sollte durch die Massnahmen der Aussenwirtschaftspolitik das Umfeld für die Unternehmen möglichst rasch verbessert werden. Zudem kündigte der Bundesrat die beschleunigte Behandlung von Vorlagen zur Stärkung der Binnenwirtschaft an.

Stufe 2


Der Bundesrat beschloss am 11. Februar 2009 eine zweite Stufe von Massnahmen. Damit wurde der für 2009 verbleibende finanzpolitische Spielraum von rund 700 Mio. Franken genutzt. Auch hier lag die Stossrichtung in einem Vorziehen bereits beabsichtigter Ausgaben. Es wurden Ausgaben präferiert, welche besonders der Industrie und dem Tourismus zu Gute kamen. Die Massnahmen betrafen unter anderem die Bereiche der Strassen- und Schieneninfrastruktur, Forschung, energetische und umwelttechnische Sanierungen und des Tourismus. Diese Ausgabenerhöhungen wurden durch Massnahmen ergänzt, welche direkt den betroffenen Branchen zukommen sollten, namentlich die befristete Anpassung der Schweizerischen Exportrisikoversicherung (Serv) und der Bestimmungen bezüglich Kurzarbeitsentschädigung. Weiter wurde mit einer vorgeschlagenen Änderung des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes (WEG) ein vorzeitiger Erlass von Grundverbilligungsvorschüssen ermöglicht.

Stufe 3


Mitte 2009 drohte eine Verschlechterung der Situation auf dem Arbeitsmarkt. Damit stieg auch die Gefahr eines Übergreifens der Krise auf die Binnenwirtschaft. Das Parlament beschloss am 25. September 2009 eine dritte Stufe von Massnahmen im Umfang von 944 Mio. Franken. Das Instrumentarium der Arbeitslosenversicherung wurde mit gezielten, zeitlich befristeten Massnahmen für besonders betroffene Zielgruppen ergänzt. Für die Aufschwungsphase nach der Krise wurden Massnahmen zur Stärkung der Wirtschaft ergriffen. Es handelte sich um eine Weiterbildungsoffensive im Energiebereich, die Förderung von Informations- und Kommunikationstechnologien sowie die Förderung von Exportplattformen für die Schweizer Wirtschaft. Durch die vorgezogene Rückverteilung der CO2-Abgaben, den Aufschub der Mehrwertsteuererhöhung und die vorgezogene Einführung der Mehrwertsteuerreform wurde den Unternehmen und Haushalten zusätzliche Liquidität zugeführt bzw. nicht entnommen (siehe Tabelle 1).

Kantone und Gemeinden


Einen erheblichen Anteil an der raschen Überwindung der Rezession hatten auch die Kantone. Sie waren auf der Basis gesunder Finanzen in der Lage, ihre Ausgaben zu verstetigen oder gar der Nachfrage einen Impuls zu vermitteln. Insgesamt haben Kantone und Gemeinden Mehrausgaben und Mindereinnahmen im Umfang von 5,3 Mrd. Franken beschlossen. In früheren Rezessionen musste hingegen häufig in Zeiten des Abschwungs eine Sanierung der öffentlichen Haushalte vorgenommen werden. Die Kantone haben während dieser Krise konjunkturpolitisch verantwortungsvoll reagiert und substanziell zur Überwindung der Krise beigetragen.

Abschätzung der Impulse


Um die Wirkungen der diskretionären Massnahmen abzuschätzen, müssen auch die Ausgaben der Kantone und Gemeinden berücksichtigt werden (siehe Tabelle 2). Zur Berechnung der Effekte dieser Ausgaben wurden die von der OECD verwendeten Erfahrungswerte für Multiplikatoren beigezogen. Unter Berücksichtigung der hohen Importneigung und Sparquote in der Schweiz kann davon ausgegangen werden, dass in den Jahren 2009 und 2010 die diskretionären Massnahmen das Bruttoinlandprodukt um etwa 0,6% erhöht haben. Obwohl das Stabilisierungsprogramm der Schweiz im Vergleich zu ausländischen Programmen bescheiden war, kann sich die Wirkung sehen lassen: Die aus den relativ stabilen Importen resultierenden Impulse haben zur Stabilisierung der Nachbarländer beigetragen. Die Schweiz hat hauptsächlich von der nach wie vor robusten Nachfrage aus den Entwicklungs- und Schwellenländern profitiert. Obwohl die Exporte in die meisten Nachbarländer und die USA (und weitere) stark zurückgegangen sind, haben die ausländischen Konjunkturprogramme den Nachfrageeinbruch dieser Länder gemildert, was letztlich auch den schweizerischen Exporten zugute gekommen ist.

Was beim Schnüren eines Stabilisierungsprogramms zu beachten ist

Prognoserisiken


Die Prognoserisiken, welche gerade in Krisensituationen besonders gross sind, prägen ein Programm. Die rasche und kräftige Erholung, welche 2010 einsetzte, wurde zwar von vereinzelten Prognostikern vorausgesagt, entsprach aber nicht der Konsensprognose. Mit dieser Verunsicherung hätte man zu Beginn der Krise vermutlich ein zu grosses Programm in die Wege geleitet, wie dies viele Länder getan haben. Aus diesem Grunde hat sich das stufenweise Vorgehen bewährt: Dieses erlaubte es, den Prognoserisiken Rechnung zu tragen. Je nach konjunktureller Entwicklung wurden schrittweise Massnahmen beschlossen. Dadurch konnte sichergestellt werden, dass im Bedarfsfall Spielraum für zusätzliche Massnahmen bestand. Spiegelbildlich wurden zu grosse Programme vermieden, was insofern sinnvoll war, als in einigen der geförderten Bereiche – besonders im Bau – die Auslastung gut war und ein zu grosses Programm eine Überhitzung hätte auslösen können.

«Opting-in»-Klausel


Ferner können «Opting-in»-Klauseln – d.h. die Festlegung eines Schwellenwertes, bei welchem eine Massnahme ausgelöst wird – hilfreich sein. Sie reduzieren die negativen Konsequenzen von Prognosefehlern erheblich. So wurde im Herbst 2009 für 2010 eine jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote von über 5% prognostiziert. Entsprechend waren viele Mittel für Massnahmen im Bereich des Arbeitsmarktes vorgesehen. Tatsächlich wurde lediglich eine Arbeitslosenquote von 3,9% erreicht. Somit erwies sich die Eintrittsschwelle, welche das Parlament eingesetzt hatte (eine Arbeitslosenquote von 5%), als sehr sachdienlich. Die Massnahme, welche der Eintrittsschwelle unterstellt war, wurde nicht ausgelöst. Auch die anderen Massnahmen wurden wegen der niedrigen Arbeitslosigkeit kaum beansprucht.

Diskretionäre Massnahmen


Zur Auswahl der Massnahmen hat sich der Bundesrat auf die drei T-Kriterien (siehe Kasten 2

Die drei T-Kriterien


– Targeted: Wirkt die Massnahme zielgerichtet? Hier spielt vor allem das Profil der Rezession eine Rolle. Es müssen die betroffenen Nachfragekomponenten (z.B. Konsum oder Investitionen) oder Branchen (z.B. Exportindustrie) unterstützt werden.– Timely: Wirkt die Massnahme rechtzeitig? Bei vielen potenziellen Stabilisierungsmassnahmen besteht die Gefahr, dass sie aufgrund einer langen Planungsdauer, Einsprachen oder anderen zeitlichen Verzögerungen zu spät wirken.– Temporary: Ist die Massnahme vorübergehender Art? Es sollte plausibel sein, dass die Massnahme nach der Krise zurückgefahren werden kann und der Bund zum früheren Zustand zurückkehrt.

) gestützt: Die Massnahmen müssen zielgerichtet sein (targeted), zur richtigen Zeit wirken (timely) und vorübergehender Art sein (temporary). Targeted: Es ist schwierig, gezielte und wirksame Konjunkturmassnahmen zu finden. Dies war auch 2009 nicht anders: Den Ausfall der Auslandnachfrage für Unternehmen direkt auszugleichen, war unmöglich. Deshalb musste das Ziel anvisiert werden, ein Übergreifen der Krise auf die Binnenkonjunktur zu vermeiden.Timely: Programme müssen rasch realisierbar sein. Diese Anforderung wird nur von wenigen Vorhaben der öffentlichen Hand erfüllt. Zum Beispiel können Projekte oft nicht zeitgerecht umgesetzt werden, wenn zuerst noch Bewilligungen eingeholt werden müssen. Dies war bei einigen Baumassnahmen der zweiten Stufe der Fall. Temporary: Die Einhaltung der zeitlichen Befristung von Massnahmen stellte sich als problematisch heraus. Bei gewissen Massnahmen ist diese Eigenschaft der Grund für ihren Erfolg (z.B. Arbeitsbeschaffungsreserven). Allerdings konnten gewisse Massnahmen nicht wie ursprünglich vorgesehen zurückgefahren werden. Dies bestätigt frühere Erfahrungen, wonach diskretionäre Massnahmen schwierig zu begrenzen sind. Bei einigen Massnahmen innerhalb der ersten und zweiten Stufe der Stabilisierungsmassnahmen handelte es sich um vorgezogene Vorhaben. Darunter fallen zum Beispiel die Aufstockungen im Hochwasserschutz oder die frühzeitige Einführung der Mehrwertsteuerreform. Da die Vorhaben ohnehin geplant waren, handelt es sich lediglich um die vorzeitige Entfaltung der Wirkung. Die Wirkung ist hier per Definition temporärer Natur. Allerdings gilt es auch bei vorgezogenen Massnahmen, die Zielgenauigkeit zu respektieren. Die demokratisch festgelegten Ausgabenprioritäten dürfen nicht gefährdet werden, und der konjunkturellen Wirkung muss auch hier Rechnung getragen werden. Bei der Umsetzbarkeit müssen etwa die nötigen Anpassungen bei einzelnen Wirtschaftsakteuren und die Geringhaltung der administrativen Belastungen berücksichtigt werden. Insgesamt bestehen aber bei solchen Vorhaben weniger Risiken als bei rein diskretionären Massnahmen.Heute ist man sich der Grenzen der Stabilisierungspolitik bewusst. Aus diesen Gründen hat in den letzten Jahren der Rückgriff auf automatische Stabilisatoren an Gewicht gewonnen. Automatische Stabilisatoren enthalten keine Ad-hoc-Massnahmen, sondern wirtschaftlich bewährte und politisch legitimierte Ausgaben. Sie haben ihre Tauglichkeit bewiesen und führen zu keinen Verzerrungen in der Volkswirtschaft. Zudem entfalten sie ihre Wirkung dann, wenn sie tatsächlich gebraucht wird.

Fazit


Die Schweiz hat die Krise 2008/2009 rasch überwunden. Die Stabilisierungsmassnahmen haben einen wichtigen Beitrag dazu geleistet. Mindestens gleich wichtig ist aber die finanzpolitische und wirtschaftliche Ausgangslage. Grundlage für ein erfolgreiches Gegensteuern ist eine finanzpolitische Handlungsfähigkeit des Staates. Mit der Schuldenbremse und den kantonalen Ausgabenregeln war in der vergangenen Rezession ein entsprechender Spielraum vorhanden. Eine weitere Voraussetzung für eine Resistenz der Wirtschaft gegen Krisensituationen ist die Fähigkeit, ihre Struktur an neue Gegebenheiten anzupassen. Jede Krise bringt in einem gewissen Grad auch einen Strukturbruch mit sich. Strukturelle Verbesserungen werden durch die Wachstumspolitik angestrebt. Gerade weil sie langfristige Ziele anvisiert, ist es oft schwer, politisches Gehör für ihre Belange zu erhalten. Die vergangene Krise und die Erfahrungen in Europa haben aber ihre Bedeutung mit grosser Klarheit dokumentiert. Die finanz- und wirtschaftspolitische Situation während und nach der Krise sowie die überraschend rasche weltwirtschaftliche Erholung waren ideale Bedingungen für die Bewältigung der Krise. Der starke und breit gestreute Wiederaufschwung der Weltwirtschaft führte zu einer raschen Aufhellung der Erwartungen in der Wirtschaft. Verstärkt wurde dieser positive Effekt durch die gute Wirtschaftslage in Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz. In allfälligen zukünftigen Krisen dürfen nicht die gleichen Erwartungen geweckt werden, denn eine dermassen günstige Konstellation der Bedingungen kann nicht in jeder Krise erwartet werden.

Tabelle 1: «Massnahmen im Überblick»

Tabelle 2: «Impulse durch die Massnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden»

Kasten 1: Automatische Stabilisatoren

Automatische Stabilisatoren


Im Bereich der Finanzpolitik stützt sich der Bund auf automatische Stabilisatoren. Es handelt sich dabei um Einnahmen- und Ausgabenströme, die sich der konjunkturellen Lage anpassen, ohne dass explizite politische Entscheide gefällt werden müssen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie beinhalten bewährte und politisch legitimierte Ausgaben, welche zu keinen bleibenden Verzerrungen in der Wirtschaft führen. Sie entfalten ihre Wirkung dann, wenn sie tatsächlich gebraucht werden; ein Prognoserisiko ist kaum vorhanden. Die Arbeitslosenversicherung (ALV) ist explizit als automatischer Stabilisator ausgestaltet. Bei einer Rezession mit steigender Arbeitslosigkeit werden durch die ausbezahlten Taggelder die Einkommen der Stellensuchenden rasch und wirksam gestützt. Dabei bleibt der Beitragssatz in der Regel unverändert, so dass den Haushalten und Unternehmen in der gleichen Periode keine Mittel entzogen werden. Mit einer zunehmenden Anzahl von Stellensuchenden werden automatisch mehr Mittel gesprochen. Entsprechend gehen bei sinkender Arbeitslosigkeit auch die Taggeldbezahlungen zurück. Zur Bekämpfung eines kräftigen und zeitlich eng begrenzten Einbruchs der Wirtschaftstätigkeit steht mit der Kurzarbeitsentschädigung innerhalb der Arbeitslosenversicherung ein weiteres ideales Instrument zur Verfügung.

Kasten 2: Die drei T-Kriterien

Die drei T-Kriterien


Targeted: Wirkt die Massnahme zielgerichtet? Hier spielt vor allem das Profil der Rezession eine Rolle. Es müssen die betroffenen Nachfragekomponenten (z.B. Konsum oder Investitionen) oder Branchen (z.B. Exportindustrie) unterstützt werden.– Timely: Wirkt die Massnahme rechtzeitig? Bei vielen potenziellen Stabilisierungsmassnahmen besteht die Gefahr, dass sie aufgrund einer langen Planungsdauer, Einsprachen oder anderen zeitlichen Verzögerungen zu spät wirken.– Temporary: Ist die Massnahme vorübergehender Art? Es sollte plausibel sein, dass die Massnahme nach der Krise zurückgefahren werden kann und der Bund zum früheren Zustand zurückkehrt.

Zitiervorschlag: Andrea Bonanomi Feuz (2012). Die Stabilisierungspolitik des Bundes 2008–2010: Warum die Schweiz die Krise rasch bewältigt hat. Die Volkswirtschaft, 01. Mai.