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Gibt es eine Wende im Immobilienmarkt?

Das gesteigerte Interesse hat dazu geführt, dass die realen Wohnimmobilienpreise seit 2000 kontinuierlich steigen. Die Eigentumswohnungen haben Ende 2011 den realen Höchstpreis aus dem Jahr 1990 egalisiert. Auch die realen Preise von Einfamilienhäusern sind gestiegen, wenngleich sie von ihren Höchstmarken noch deutlich entfernt sind. Solche Preisanstiege halten aber nicht uneingeschränkt an. Immobilienmärkte bewegen sich in Zyklen; auf Boomphasen folgen Perioden des Abschwungs. Deshalb stellt sich die Frage: Werden die Preise weiter ansteigen, oder steht der Schweizer Immobilienmarkt bereits vor einem Wendepunkt?

Seit mehr als zehn Jahren präsentiert sich der Schweizer Immobilienmarkt in einer prächtigen Verfassung. Mit der Jahrtausendwende war die Immobilienkrise der 1990er-Jahre überwunden und der Markt erholte sich. Dies änderte sich auch nicht während der jüngsten Finanzkrise und den damit verbundenen realwirtschaftlichen Folgen, ganz im Gegenteil: Seit dem Ausbruch der Subprime-Krise im Jahr 2007 erlebt der Schweizer Immobilienmarkt einen markanten Höhenflug. Sowohl bei Wohneigentümern als auch bei Privatanlegern und institutionellen Investoren stieg das Interesse an Schweizer Immobilien. Ein Indiz dafür können Google-Statistiken liefern: Die Begriffe «Haus kaufen» oder «Wohnung kaufen» werden seit 2009 deutlich häufiger als Suchbegriffe eingegeben (siehe Grafik 1).

Zusammenwirken verschiedener Märkte


Nicht alle Boom- und Abschwungphasen sind gleich. Verschiedene Ursachen sind für das Auf und Ab der Immobilienpreiszyklen verantwortlich. Im Immobilienmarkt wirken grundsätzlich vier Teilmärkte zusammen, die das Ergebnis – sprich Preise und Renditen – generieren.− Baumarkt: Eine beschleunigte Wohnbautätigkeit produziert neue Kapazitäten, die das Angebot erhöhen und damit – bei gleichbleibender Nachfrage – auf die Preise drückend wirken. Ist das zusätzliche Angebot deutlich grösser als die Nachfrage, vergrössern sich die Leerstände. Dies hat wiederum Folgen für die Wohnbautätigkeit. Auch in der Abschwungphase Mitte der 1970er-Jahre fiel die Veränderung beim Wohnungsneubau in den Jahren nach dem Beginn der Rezession am grössten aus: 1975 wurden 25% weniger neue Wohnungen erstellt als im Vorjahr, 1976 gar 37% weniger.− Innerhalb des Baumarkts wirkt zudem die Verfügbarkeit und Handelbarkeit von Bauland. Auch in diesem Teilmarkt wurden in der jüngsten Vergangenheit starke Preisanstiege verzeichnet. Diese wurden vor allem durch die zunehmende Knappheit von Bauland in den dicht besiedelten Gebieten der Schweiz hervorgerufen. − Wohnungsmarkt (Nutzermarkt): Die nationale Wohneigentumsquote wird per Ende 2010 auf knapp 40% geschätzt. Die Anzahl der Eigentümerhaushalte hat sich zwischen 2000 und 2010 substanziell von rund 1,05 auf knapp 1,36 Mio. erhöht. Damit dürfte die Wohneigentumsquote einen vorläufigen historischen Höchststand erreicht haben. Noch nie war die Veränderung innerhalb einer Dekade so hoch – absolut und auch relativ betrachtet. Ob die Schweizer Bevölkerung Mietwohnungen oder aber Wohneigentum bevorzugen, wird einerseits vom Verhältnis zwischen dem Kaufpreis und der zu zahlenden Miete für die jeweiligen Objekte mitbestimmt. Bei der Berechnung eines solchen Preis-Miete-Verhältnisses zeigt sich, dass Wohneigentum heute nicht generell als zu teuer bezeichnet werden kann. Anderseits sind persönliche Tragbarkeitsrechnungen relevant. Hier sind das erwartete Zinsniveau und die Immobilienpreise bestimmend, ob sich Wohneigentum lohnt. In den letzten Jahren sind die Zinsen zwar sehr tief geblieben; die Preise sind regional aber deutlich gestiegen. Die Tragbarkeit von Wohneigentum hat sich deshalb gegenüber 2000 nicht in allen Regionen verbessert.− Anlagemarkt: Für Privatanleger und institutionelle Investoren bestehen unterschiedliche Anlagealternativen. Die Präferenz für Immobilien und speziell Mehrfamilienhäuser hat in den letzten Jahren zugenommen. Im Segment unter 3 Mio. Franken Marktwert sind verstärkt Privatpersonen als Nachfrager aktiv geworden. Im höheren Preissegment weisen die ausschliesslich einheimischen institutionellen Akteure einen strukturellen Nachfrageüberhang auf. Die erhöhte Attraktivität lässt sich einerseits mit den Turbulenzen an den Kapitalmärkten und den dadurch ausgelösten Unsicherheiten erklären. Gerade in solchen Zeiten sind realwertorientierte Anlagen beliebt. Gold und Immobilien gelten als «sichere Häfen». Andererseits sind alternative Anlageklassen von einer andauernden Flaute gekennzeichnet. Verschiedene Anlageklassen – wie beispielsweise Bundesobligationen – versprechen heute nicht mehr die gleichen Renditen wie noch vor zehn Jahren.

Unabhängige Preissteigerungen


Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen (siehe Kasten 1

Staatliche Regulierung als Basis


Auch exogene Faktoren beeinflussen die zyklischen Preisbewegungen im Immobilienmarkt. So ist die Entwicklung der Immobilienmärkte in einen regulatorischen Rahmen eingebunden. Grundsätzlich hat sich dieser in den vergangenen 25 Jahren nur langsam verändert. Jedoch ist gerade in der jüngsten Zeit Bewegung in die Aufsicht und Regulierung der Hypothekarvergabe, die staatliche Wohnbauförderung und die steuerlichen Anreize gekommen. Die möglichen Änderungen könnten sowohl die operativen Ausführungsbestimmungen als auch komplexe Sachverhalte – wie die Eigenmittelunterlegung der Banken – betreffen. Beispielsweise wird derzeit geprüft, ob die Verwendung von Vorsorgekapital aus den Säulen 2 oder 3a zur Finanzierung von selbst genutztem Wohneigentum anders reguliert werden soll. Im Kontext der Revision von Basel III kommt der Bestimmung des individuellen Marktwertes als Grundlage für den Belehnungswert eine noch wichtigere Rolle zu als bisher. Konkret: Es soll eine Verbindung zwischen der Belehnungshöhe im Verhältnis zum Marktwert und der Höhe der Eigenmittel der finanzierenden Bank etabliert werden.

) gilt der Zustand der Volkswirtschaft als Grundlage für die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt. Unerwartet starke Konjunkturabkühlungen können zu markanten Preisrückgängen führen. Beispielsweise waren die Rezessionen in den 1970er- und 1990er-Jahren von deutlichen Preisrückgängen bei Wohneigentum und Mietwohnungen begleitet. Dass aber eine Konjunkturabkühlung nicht immer auf den Immobilienmarkt durchdringt, konnte gerade während der jüngsten Krise erlebt werden: Im Jahr 2009 wurde bei einem Rückgang des realen Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,9% das höchste jährliche Preiswachstum während der letzten Dekade registriert (siehe Grafik 2).Der Immobilienmarkt bewegt sich also derzeit unabhängiger von der allgemeinen Wirtschaftslage. Dies kann anderen exogenen Faktoren zugeschrieben werden:− Erstens präsentierte sich der Arbeitsmarkt trotz des Rückgangs der Schweizer Wirtschaftsleistung in einer stabilen Verfassung. Zwar stieg die Arbeitslosenquote zwischen Mitte 2008 und Anfang 2010 um 1,6 Prozentpunkte, aber dieser Anstieg war deutlich tiefer als in der Rezession der 1990er-Jahre. Damals stieg die Arbeitslosenquote um 5 Prozentpunkte und sorgte damit für eine grössere Verunsicherung.− Zweitens blieb die Zahl der zugewanderten ausländischen Personen hoch. Nach dem Inkrafttreten der vollständigen Personenfreizügigkeit im Jahr 2007 migrierten deutlich mehr Personen in die Schweiz. Der durchschnittliche Wanderungssaldo zwischen 2007 und 2011 lag bei 78 000 Personen und ist damit mehr als doppelt so hoch wie in den Jahren 2001 bis 2006. Geht man davon aus, dass jeweils zwei Zuwanderer eine Wohnung brauchen, werden alleine durch sie jährlich 39 000 zusätzliche Wohnungen benötigt. Von dieser bedeutenden Nachfragekomponente profitieren insbesondere die Wohnungsmärkte in den Zentren und deren Agglomerationen.− Drittens begünstigen die seit mehreren Jahren tiefen Zinsen einen Einstieg in den Immobilienmarkt, sei es bei Wohneigentum oder Renditeliegenschaften. Dies dürfte sich in naher Zukunft auch nicht substanziell ändern. Zwar warnt die Schweizerische Nationalbank (SNB) aufgrund der starken Preissteigerungen vor Überhitzungserscheinungen auf dem Immobilienmarkt. Aber gegenwärtig kann sie nicht ernsthaft an der Zinsschraube drehen, da das sonstige wirtschaftliche Umfeld dagegen spricht. Eine Erhöhung dürfte die SNB erst bei einer anziehenden Inflation in Erwägung ziehen. Dies ist jedoch wenig wahrscheinlich, da sich die Realwirtschaft im Krebsgang befindet und so ein Wachstum der Kreditnachfrage verhindert. Experten rechnen für das laufende Jahr sogar mit einer negativen Teuerung. In den letzten zehn Jahren wirkten auf aggregierter Ebene weitere exogene Faktoren auf die Nachfrage nach Wohneigentum. Mehrheitlich steigende reale Einkommen erhöhen die Zahlungskraft der Schweizer Bevölkerung. Zudem befinden sich gegenwärtig die letzten geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer-Generation in der Familienphase, in der typischerweise auch Wohneigentum erworben wird. Und überdies hat sich der Flächenverbrauch pro Person in den letzten Jahren erhöht, wodurch mehr Kapazitäten für die bestehende Bevölkerung nötig werden. Erst in der letzten Zeit nahm der Flächenverbrauch pro Person wieder leicht ab.Die Preiszunahme im Wohneigentumsmarkt der letzten Jahre ist somit auf einen mehrfach begründbaren Nachfrageschub zurückzuführen. Zwar wird vielerorts das tiefe Zinsniveau für die Preisanstiege verantwortlich gemacht, aber es stellt nur einen der Einflussfaktoren dar. Tiefe Zinsen allein hätten kaum zu den Preissteigerungen der vergangenen Jahre geführt. Vielmehr erklärt sich die markant gewachsene Zusatznachfrage durch die Koinzidenz von verschiedenen strukturellen wie auch temporär wirkenden Faktoren.

Verhalten der Marktakteure als Verstärker


Verstärkt werden Preisschübe durch das Verhalten der Marktakteure. Während einer Boomphase steigern zunehmende Immobilienpreise die Sicherheiten der Banken. Aus diesem Grund sind sie gewillt, während dieser Perioden die Hypotheken auszuweiten. Dies wiederum lässt die Preise weiter ansteigen. Dieser Kreislauf wirkt aber auch in die entgegengesetzte Richtung. Bei fallenden Preisen werden höhere Anforderungen an die Kreditnehmer gestellt. Einige Wohneigentümer sind dadurch gezwungen, ihre Wohnungen und Häuser aufzugeben, was die Preise weiter fallen lässt.
Vgl. The Economist (2011), Bricks and Slaughter, A Special Report on Property, 3. März 2011.Auch potenzielle Nachfrager nach Wohneigentum wiegen sich in Zeiten steigender Immobilienpreise verstärkt in Sicherheit. Käufer könnten glauben, dass die Preise kontinuierlich steigen; diese Erwartungen lassen die Preise temporär weiter erhöhen. Obschon die Liegenschaften zu teuer sind, werden die Preise akzeptiert, weil die Käufer auf weitere Preissteigerungen hoffen.
Vgl. Shiller, Robert J. (2005), Irrational Exuberance, 2nd Edition, Princeton University Press. Auch die Erfolgsgeschichte des Schweizer Immobilienmarkts der vergangenen zwölf Jahre könnte (neue) Marktteilnehmer dazu verleiten, Risiken nachlässig zu beurteilen.

Wann werden die Preise wieder sinken?


Abhängig von der Entwicklung der verschiedenen Determinanten, die das Preiswachstum im Immobilienmarkt bestimmen, entscheidet es sich, wann die Preise wieder sinken werden. Vor allem bei folgenden Szenarien könnte das Preiswachstum ein Ende finden:

Szenario 1: Einbruch der Realwirtschaft


Nachdem sich die Schweizer Wirtschaft bis Mitte 2011 auf einem soliden Wachstumspfad befand, zeigen sich nun erste deutliche Bremsspuren bei der Konjunktur. Die beginnenden Verwerfungen an der Wechselkursfront, die schwächelnde Weltkonjunktur sowie unstete Entwicklungen an den Finanzmärkten wirkten dämpfend auf die Schweizer Realwirtschaft. Im 2012 ist mit einem leichten Wachstum des BIP von rund 0,5% zu rechnen. Diese leichten Schwankungen dürften sich nicht auf dem Wohnimmobilienmarkt auswirken.Was passiert aber, wenn es zu einer deutlichen Rezession kommt? Erst wenn der Arbeitsmarkt substanziell unter einem Rückgang des BIP leidet und stark steigende Arbeitslosenzahlen für eine breite Verunsicherung sorgen, sind Preisrückgänge – vor allem beim Wohneigentum – zu erwarten. Da in solchen Phasen auch stagnierende oder sinkende Einkommen zu erwarten sind, dürfte die Nachfrage nach Wohneigentum markant sinken.

Szenario 2: Zu hohes Angebot


Ein weiterer Grund, weshalb die Mietpreise und die Kaufpreise für Wohnimmobilien unter Druck geraten könnten, wäre eine zu hohe Bautätigkeit. Anders als in der Immobilienmarktkrise der 1990er-Jahre, als aufgrund des Konjunkturförderungsprogrammes des Bundes plötzlich massenhaft neue Wohnungen gebaut wurden, ist das derzeitige enorme Bauvolumen durch die hohe Nachfrage begründet. Mit fast 46 000 neu erstellten Wohnungen wurde 2011 ein Spitzenergebnis erzielt. Im laufenden Jahr kann von einer nochmals wachsenden Hochbautätigkeit ausgegangen werden, was die Bauindustrie an die Grenzen ihrer Kapazitäten bringt.Bis anhin wurden die neu entstandenen Wohnungen und Häuser vom Markt gut absorbiert. Leerstehende Wohnungen und Häuser machen noch immer weniger als 1% des Bestandes aus. Auch die Angebotsziffer bewegt sich nach wie vor auf einem tiefen Niveau, auch wenn sie 2011 leicht angestiegen ist. Ein eindeutiger Trend zunehmender Angebotsziffern ist nicht zu erkennen.

Szenario 3: Markanter Zinsanstieg


Geht man – als Gedankenspiel – von markant steigenden Zinsen aus, bedeutet das nur dann eine unmittelbare Gefahr für die Verschuldungssituation der Wohneigentümer, wenn diese zur Finanzierung der eigenen vier Wände ausschliesslich oder primär variable Hypotheken abgeschlossen haben. Kreditnehmer mit Festhypotheken sind während deren Laufzeit gegen Zinsänderungen immun. Ein Blick auf die entsprechende Statistik der SNB zeigt, dass per Ende 2010 über 80% der 760 Mrd. Franken ausstehender Bankenhypotheken Festhypotheken sind. Kreditnehmer mit Festhypotheken sind erst zu dem Zeitpunkt einem Gefährdungspotenzial durch Zinsänderungen ausgesetzt, wenn die Hypothek zu einem ungünstigen Zeitpunkt ausläuft. Auswirkungen von steigenden Zinsen kommen somit bei Kreditnehmern erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Tragen.

Szenario 4: Rückgang der Zuwanderung


Die Zusatznachfrage nach Mietwohnungen und Wohneigentum war in der jüngeren Vergangenheit massgeblich durch die Nettozuwanderung aus EU-Staaten geprägt. Auch die jüngsten Konjunkturabschwünge konnten nicht bewirken, dass sich der Migrationssaldo markant reduziert. Ein markanter Rückgang ist derzeit nicht in Sicht.Nicht überall hat die rege Immigration die Wohnungspreise gleichermassen beeinflusst. Vor allem in den grenznahen Regionen im Norden der Schweiz fand zum Teil eine erhebliche Zuwanderung statt, ohne dass sich dies wesentlich auf das Preisniveau ausgewirkt hätte. Dem gegenüber stehen steuergünstige Gemeinden sowie die Grosszentren – mit Ausnahme von Bern – und ihre inneren Agglomerationen, wo auch wegen des Zuzugs von Ausländern die Preise in die Höhe schossen.

Fazit: Keine Wende in den nächsten 12 Monaten in Sicht


Einen genauen Zeitpunkt für die Wende der Preisentwicklung zu prognostizieren, wäre unseriös. Zielführender ist es, den Verlauf der Preisdeterminanten zu verfolgen. Wie die obigen Ausführungen zeigen, sind die Gründe für steigende Immobilienpreise nach wie vor gegeben. Weder eine zurückgehende Zuwanderung, steigende Zinsen noch ein Einbruch der Realwirtschaft mit gravierenden Auswirkungen für den Arbeitsmarkt und die Einkommen werden in den kommenden zwölf Monaten erwartet. Aus diesen Gründen dürften die Transaktionspreise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen auch in diesem Jahr weiter steigen (siehe Grafik 3).Dies bedeutet aber nicht, dass ein Einstieg in den Immobilienmarkt frei von Risiken ist. Die Hauptgefahr geht von der Neubautätigkeit aus. Aufgrund der prall gefüllten Pipeline im Mehrfamilienhausbau ist mit einer weiteren substanziellen Ausdehnung des Angebots zu rechnen. Vor allem in abgelegenen Regionen könnte das enorme Neubauvolumen die Nachfrage übersteigen. Darüber hinaus könnten sich einzelne Akteure – vor allem Privatanleger – aus dem Immobilienmarkt zurückziehen, sobald Anlagealternativen wieder attraktiver werden. Die dadurch zurückgehende Nachfrage würde zwar nicht zu einem Preiszerfall der Immobilien führen; doch zumindest würde sie dämpfend auf die Preise wirken. Hier spielen auch rechtliche Änderungen eine Rolle. Eine einschneidende Massnahme wäre eine weitergehende Beschränkung von BVG-Geldern für den Erwerb von Wohneigentum.Gibt es also keine Wende im Immobilienmarkt? Aus heutiger Sicht deutet keiner der diskutierten Faktoren auf eine Wende hin. Die Historie hat jedoch gezeigt, dass jede Boomphase einmal endet. Nur dürften wir dieses Ende nicht in den nächsten zwölf Monaten erleben, sofern keine unerwarteten Entwicklungen die Rahmenbedingungen ändern.

Grafik 1: «Websuche-Interesse für Wohneigentum, 2007– 2012»

Grafik 2: «Veränderung der realen Eigentumswohnungspreise im Vergleich zur Veränderung des realen BIP, 1971–2011»

Grafik 3: «Transaktionpreisindizes für die Schweiz, 2000–2012»

Kasten 1: Staatliche Regulierung als Basis

Staatliche Regulierung als Basis


Auch exogene Faktoren beeinflussen die zyklischen Preisbewegungen im Immobilienmarkt. So ist die Entwicklung der Immobilienmärkte in einen regulatorischen Rahmen eingebunden. Grundsätzlich hat sich dieser in den vergangenen 25 Jahren nur langsam verändert. Jedoch ist gerade in der jüngsten Zeit Bewegung in die Aufsicht und Regulierung der Hypothekarvergabe, die staatliche Wohnbauförderung und die steuerlichen Anreize gekommen. Die möglichen Änderungen könnten sowohl die operativen Ausführungsbestimmungen als auch komplexe Sachverhalte – wie die Eigenmittelunterlegung der Banken – betreffen. Beispielsweise wird derzeit geprüft, ob die Verwendung von Vorsorgekapital aus den Säulen 2 oder 3a zur Finanzierung von selbst genutztem Wohneigentum anders reguliert werden soll. Im Kontext der Revision von Basel III kommt der Bestimmung des individuellen Marktwertes als Grundlage für den Belehnungswert eine noch wichtigere Rolle zu als bisher. Konkret: Es soll eine Verbindung zwischen der Belehnungshöhe im Verhältnis zum Marktwert und der Höhe der Eigenmittel der finanzierenden Bank etabliert werden.

Zitiervorschlag: Ronny Haase, Robert Weinert, (2012). Gibt es eine Wende im Immobilienmarkt. Die Volkswirtschaft, 01. Juni.