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Globaler Infrastrukturmarkt und die Schweizer Wirtschaft: Welchen Beitrag leistet die Aussenwirtschaftspolitik?

Globaler Infrastrukturmarkt und die Schweizer Wirtschaft: Welchen Beitrag leistet die Aussenwirtschaftspolitik?

Wollen Volkswirtschaften ihre Wettbewerbsfähigkeit vergrössern und sich wirtschaftlich weiterentwickeln, sind sie auf physische Infrastruktur angewiesen. Gemeint sind etwa Transportwege, Strom- und Telekommunikationsnetze oder Wasserversorgungs- und -entsorgungssysteme. Der weltweite Infrastrukturbedarf ist nach wie vor riesig. Die OECD schätzt zum Beispiel, dass sich der Luftpersonenverkehr innerhalb der nächsten 15 Jahren verdoppeln wird. Der Luftfrachtverkehr soll sich in den nächsten 20 Jahren verdreifachen und die Containerabwicklung in Häfen gar vervierfachen.
Vgl. OECD (2011), Strategic Transport Infrastructure Needs to 2030: Main findings. Der folgende Artikel soll zu einem besseren Verständnis der Rahmenbedingungen beitragen, die der Bund mit seiner Aussenwirtschaftspolitik für im Infrastrukturbereich tätige Schweizer Unternehmen schafft.

Weltweit enormer Bedarf an Infrastruktur


Heute herrscht insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern ein grosser Mangel an elementarer Infrastruktur. 1,3 Mrd. Menschen haben gemäss Internationaler Energieagentur keinen Zugang zu Stromversorgung. Die Agentur prognostiziert eine markante globale Zunahme der Energienachfrage, die in Ländern wie Brasilien, Indien, Indonesien oder im Mittleren Osten besonders ausgeprägt sein wird. China wird im Jahr 2035 weltweit am meisten Energie verbrauchen.
Vgl. International Energy Agency (2011), World Energy Outlook 2011. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Unicef haben beinahe 800 Mio. Menschen keinen Zugang zu einer verlässlichen Wasserversorgung. Gut 2,5 Mrd. Menschen mangelt es an einem Zugang zu hygienischen Anlagen zur Verrichtung ihrer Notdurft.
Vgl. UNICEF and World Health Organization (2012), Progress on Drinking Water and Sanitation: 2012 Update. Der Internationale Telekommunikationsverband (ITU) schätzt, dass gegenwärtig nur etwas mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung das Internet nutzt. Auf 100 Personen zählt der Verband zwar 87 Mobiltelefonieabonnemente, doch Abonnemente für die Nutzung des mobilen oder fixen Breitbands gibt es auf 100 Personen nur gerade 17 bzw. 9.
Vgl. International Telecommunication Union (2011), World Telecommunication/ICT Indicators Database (http://www.itu.int).In vielen Ländern ist auch der politische Wille auszumachen, immense Summen in Infrastruktur zu investieren bzw. entsprechende Summen zu mobilisieren. Als Beispiele können etwa Brasilien oder Indien genannt werden. Brasilien will zwischen 2011 und 2014 380 Mrd. Real (ca. 187 Mrd. US-Dollar) in Elektrizität, Telekommunikation, Eisenbahnen, Strassen, Häfen, Wasser und Abwasser investieren, also 54% mehr als in den Jahren 2006 bis 2009. Indien sieht in seinem Fünfjahresplan für die Periode 2012 bis 2017 Infrastrukturinvestitionen in der Höhe von nicht weniger als einer Trillion US-Dollar vor. Auch die Industriestaaten müssen ihre Infrastruktur laufend erneuern, um Wettbewerbsfähigkeit und Lebensstandards halten zu können.
In diesem Sinne haben z.B. Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien Ende Juni 2012 ein Wachstumsprogramm über 130 Mrd. Euro angekündigt, das auch Infrastrukturfinanzierung stimulieren soll. Allgemein schätzt die OECD den Investitionsbedarf allein im Transport-, Telekommunikations-, Elektrizitäts- und Wasserinfrastrukturbereich zwischen 2010 und 2030 auf 53 Trillionen US-Dollar oder 2,5% des prognostizierten globalen BIP. Zählt man Investitionen im Energiesektor dazu, steigt der Betrag auf 70 Trillionen US-Dollar oder 3,5% des globalen BIP.
Vgl. OECD (2007), Infrastructure to 2030, Volume 2: Mapping Policy for Electricity, Water and Transport; OECD (2011), Strategic Transport Infrastructure Needs to 2030: Main findings.Gleichzeitig mangelt es an Know-how. Die Unesco schätzt, dass Länder südlich der Sahara für die Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele 2,5 Mio. neue Ingenieure und Techniker benötigen. Der prozentuale Anteil von Studierenden der Ingenieurwissenschaften nahm in Ländern wie Japan, den Niederlanden, Norwegen oder Korea seit den 1990er-Jahren um 5% bis 10% ab. Auch Länder wie Deutschland oder Dänemark berichten von einem Mangel an Ingenieuren.
Vgl. Unesco (2010), Engineering: Issues, Challenges and Opportunities for Development.

Das Schweizer Angebot


Dem riesigen Bedarf steht ein mindestens ebenso bemerkenswertes Schweizer Angebot gegenüber. Trotz des laufenden Erneuerungs- und Verbesserungsbedarf erzielt die Schweizer Infrastruktur im globalen Vergleich sehr gute Noten. Gemäss Global Competitiveness Report des WEF gehört die Schweiz im Bereich Infrastruktur zu den weltweit führenden Nationen und belegt in der Kategorie «Qualität der Infrastruktur allgemein» sogar den ersten Rang.
World Economic Forum (2011), Global Competitiveness Report 2011-2012. In einem Städtevergleich der Economist Intelligence Unit (siehe Kasten 1

Grosse Defizite in urbanen Zentren


In einem Bericht der Economist Intelligence Unit über die Wettbewerbsfähigkeit 120 globaler Städte figurieren unter den 30 Städten mit dem grössten Wirtschaftswachstum 15 chinesische und indische Städte. Keine einzige dieser Städte belegt beim Infrastruktur-Indikator einen Platz unter den ersten 50 Rängen, und es kann von einem dementsprechend grossen Infrastrukturbedarf ausgegangen werden. Ähnliches dürfte für viele andere rasant wachsende urbane Zentren in Entwicklungs- und Schwellenländern gelten.a

a Vgl. Economist Intelligence Unit (2012), Hot Spots: Benchmarking Global City Competitiveness.) figurieren die zwei berücksichtigten Schweizer Städte Zürich und Genf beim Infrastrukturindikator in den vordersten Rängen. Das gute Abschneiden ist kein Zufall. Die Schweiz verfügt über erstklassige Infrastruktur (siehe Kasten 2

Einige Zahlen zur Infrastruktur der Schweiz


Das Schweizer Schienennetz ist mit einer Länge von 5148 km weltweit eines der dichtesten und meist befahrensten. Es gibt in der Schweiz gut 70 000 km Strassen, die drei Landesflughäfen Basel, Genf und Zürich sowie elf Regionalflugplätze. Über 530 grössere Wasserkraftwerke und fünf Kernkraftwerke liefern 95% des in der Schweiz produzierten Stroms. Ein Hochspannungsübertragungsnetz von beinahe 6700 km transportiert den Strom zu den Verbraucherzentren. Ein weiteres Netz von 1600 km versorgt die Bahn. Das Gas-Hochdrucknetz misst gut 2300 km. Das Telefon-Festnetz und das Kabel-TV-Netz decken 100% bzw. 85% der Haushalte und drei GSM-Netze sowie drei leistungsfähigere UMTS-Netze decken 100% bzw. 93% der Bevölkerung ab. Die Schweiz verfügt weltweit über eine der höchsten Breitband-Anschlussdichten. Es gibt in der Schweiz rund 3000 Wasserwerke und 900 Kläranlagen, über 50 000 km Trinkwasserleitungen und 40 000 bis 50 000 km öffentliche Kanalisationsleitungen.

Quelle: http://www.uvek.admin.ch). Dies ist nicht nur der Verdienst von Planungs-, Ingenieur- und Managementkompetenzen, innovativer Technologien, einer weltweit führenden Berufs- und Hochschulausbildung sowie des Forschungsplatzes Schweiz. Die erstklassige Schweizer Infrastruktur ist auch das Resultat von politischer Stabilität, eines umsichtigen Umgangs mit öffentlichen Finanzen und demokratischer Entscheidungsverfahren, welche gute politische Infrastrukturentscheide begünstigt haben. Zudem sind der Schweiz oft nachgesagte Attribute wie Effizienz, Qualität und Zuverlässigkeit gerade im Infrastrukturbereich ausschlaggebend. Schweizer Unternehmen sind wesentlich in Planung, Bau, Betrieb und Unterhalt der einheimischen Infrastruktur involviert. Sie bieten innovative Infrastrukturtechnologien und -dienstleistungen an, verfügen über qualifizierte Arbeitskräfte sowie entsprechendes Know-how und können auf einen wertvollen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Der Gedanke ist deshalb naheliegend: Schweizer Unternehmen sollen auch in ausländischen Infrastrukturmärkten Fuss fassen. In der Tat ist die Branche auch international ausgerichtet. Schweizer Ingenieur- und Planungsbüros entwerfen Infrastrukturprojekte, erstellen Machbarkeitsstudien oder überwachen Bauarbeiten für Kunden im Ausland. Schweizer Unternehmen bauen im Ausland Bahn-, Strassen- oder «Microtunnels», betreiben auf ausländischen Baustellen Förderbandanlagen, produzieren weltweit Baumaschinen und Schienenfahrzeuge und bieten Lösungen im Zement-, Beton- oder Bauabdichtungsbereich an. Sie leiten im Ausland Flughäfen und liefern Technologie für die Flugsicherung, entwickeln Rohrleitungssystemen für den Transport von Fernwärme, Flüssigkeiten und Gasen und produzieren Energie- und Telekommunikationskabel oder elektrotechnisches Verbindungsmaterial für die Energienetztechnik. Die Schweizer Wirtschaft exportiert Prozessleitsysteme für Bahnverkehr, Trinkwasserversorgung oder Abwasserentsorgung und bietet weltweit Test- und Optimierungslösungen für Mobilfunknetze an. Dies sind nur einige Beispiele.

Herausforderungen des Auslandgeschäfts


Um die sich bietenden Chancen im Ausland auch tatsächlich packen zu können, müssen Schweizer Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – einige Herausforderungen meistern. Allgemein verfügen wohl viele Schweizer Bauunternehmen heute nicht über die kritische Grösse, um mit ausländischen Konkurrenten bei grossen Infrastrukturprojekten mitbieten oder verlangte Sicherheiten hinterlegen zu können. Zudem fällt es schwer, in der Schweiz einen «Cluster» von auslandorientierten Infrastrukturunternehmen auszumachen. Ein solches Netzwerk von grösseren Unternehmen, Zulieferern, Hoch- und Fachhochschulen würde allen beteiligten Akteuren Wettbewerbsvorteile bringen. Ein Schweizer Produkt oder eine Schweizer Dienstleistung kann zudem die technischen Anforderungen übertreffen, die in einem ausländischen Markt nachgefragt werden und dementsprechend zu teuer sein. Ein Mangel an Fachkräften in der Schweiz kann die Bedienung ausländischer Märkte erschweren. Überdies ist Infrastruktur oft fest mit dem Boden verbunden; sie ist «immobil». Deshalb kann es für Schweizer Unternehmen schwierig sein, in diesem Bereich ohne Kenntnisse der lokalen Regulierungen und Verfahren sowie der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse, Märkte im Ausland zu erschliessen. Entsprechende Nachteile können allenfalls mittels Zusammenschluss mit einem lokalen Partner überwunden werden. Ein geeigneter Partner muss aber zuerst gefunden werden. Insgesamt dürften heute insbesondere ausländische Nischenmärkte im High-End-Bereich für Schweizer Anbieter interessant sein, wenn das benötigte Know-how und die gesuchten Technologien auf lokalen Märkten nicht verfügbar sind. Hier dürfte auch im Ausland am ehesten die Bereitschaft bestehen, für Qualität einen – auch aufgrund des hohen Lohnniveaus oder gegenwärtig wegen des starken Schweizer Frankens – vergleichsweise hohen Preis zu bezahlen.

Der Beitrag der Aussenwirtschaftspolitik


Angesichts der grossen globalen Infrastrukturnachfrage und des Angebots, der im Infrastrukturbereich tätigen Schweizer Wirtschaft ist die Frage naheliegend, wie der Bund dem Verfassungsauftrag, die Interessen der Schweizer Wirtschaft im Ausland zu wahren, hier gerecht werden soll. Die Antwort liefert die Aussenwirtschaftsstrategie des Bundesrates.
Der Bundesrat hat seine Aussenwirtschaftsstrategie im Jahr 2004 definiert und in den Jahren 2008 und 2009 durch die Aspekte «Natürliche Ressourcen in der Aussenwirtschaftsstrategie» sowie «Nachhaltigkeit in der Aussenwirtschaftspolitik» ergänzt. Er hat im Rahmen des Schwerpunktkapitels des Aussenwirtschaftsberichts 2011 eine Überprüfung der Aussenwirtschaftsstrategie vorgenommen und stellte fest, dass die grundlegende Ausrichtung seiner Aussenwirtschaftsstrategie gültig bleibt.

Wettbewerbsfähigkeit fördern durch Wettbewerb im Binnenmarkt


Der Exporterfolg von Schweizer Unternehmen, hängt massgeblich von der auf dem Binnenmarkt verlangten Leistung ab. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit von im Infrastrukturbereich tätigen Schweizer Unternehmen soll deshalb zunächst durch Reformen erhalten und verbessert werden, die darauf abzielen, den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu intensivieren. Ein Mittel dazu ist die Förderung der Importkonkurrenz durch die Öffnung der Binnenmärkte. Importkonkurrenz erhöht den Innovationsdruck und bewirkt, dass Vorleistungen billiger bezogen werden können. In diesem Zusammenhang ist auch die Personenfreizügigkeit mit der EU zu nennen, mit der ein Mangel an Fachkräften in der Schweiz ausbalanciert werden kann.

Nichtdiskriminierender Marktzugang und internationales Regelwerk


Gleichzeitig ist der Bund darum bestrebt, Protektionismus in die Schranken zu weisen und einen möglichst ungehinderten und diskriminierungsfreien Zugang zu ausländischen Märkten durch internationale, wirtschaftsvölkerrechtliche Regeln abzusichern.Im Rahmen der WTO und von Freihandelsabkommen (FHA) setzt sich die Schweiz dafür ein, dass Zölle, mengenmässige Beschränkungen und andere Hindernissen für den Warenhandel – einschliesslich des für die Erstellung von Infrastruktur im Ausland relevanten Warenhandels – abgebaut werden. Ebenso sollen Partnerstaaten dazu motiviert werden, in FHA eine möglichst uneingeschränkte Erbringung von Bau- oder Ingenieursdienstleistungen durch Schweizer Anbieter zu erlauben. Ein Dienstleistungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz soll etwa für einen ausländischen Kunden eine Machbarkeitsstudie für ein Infrastrukturprojekt erstellen, im Ausland Bauarbeiten überwachen oder mittels Gründung einer Tochtergesellschaft oder eines Joint Ventures mit einem lokalen Partner den Eintritt in ausländische Märkte realisieren können. Gemäss WTO-Datenbank sind gut 70 der heute 155 WTO-Mitglieder entsprechende Verpflichtungen in den Bereichen General Construction Work for Civil Engineering und Engineering Services eingegangen. Diese beziehen sich auf generelle Baudienstleistungen – z.B. für Strassen, Flughäfen, Häfen, Dämme, Brücken, die Bahn, Energie usw. – und auf Ingenieurdienstleistungen.
Vgl. http://tsdb.wto.org/matrixlist.aspx. Aufgrund dieser Verpflichtungen, müssen diese WTO-Mitglieder ihre entsprechenden Märkte im verpflichteten Masse frei von Diskriminierung offen halten.
Die Verpflichtungen können jedoch eingeschränkt werden. Länder wie Ägypten, China, Indien, Indonesien oder Mexiko behalten sich trotz eingegangener Verpflichtungen z.B. das Recht vor, Beteiligungen ausländischer Bauunternehmen zu beschränken. Neuere FHA der Schweiz enthalten ebenfalls entsprechende Garantien
So die Abkommen mit folgenden Partnern: Chile, Golf Kooperationsrat bestehend aus Bahrein, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (noch nicht in Kraft), Hong Kong (noch nicht in Kraft), Japan, Kolumbien, Mexiko, Singapur, Südkorea, Ukraine. Bis auf das Abkommen mit Japan hat die Schweiz diese Abkommen im Efta-Verbund abgeschlossen. und über den Dienstleistungsbereich hinaus zudem auch Bestimmungen, die Niederlassungen der produzierenden Industrie im Ausland vor Diskriminierung schützen.
So die Abkommen mit folgenden Partnern: Chile, Hong Kong (noch nicht in Kraft), Japan, Kolumbien, Peru, Singapur, Ukraine. Für ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, welches im Ausland also beispielsweise Baumaschinen oder Rohrleitungskomponenten produzieren will, kann dies zusätzliche Rechtssicherheit bedeuten. Einmal im Ausland niedergelassen, profitieren Schweizer Unternehmen zudem von bilateralen Abkommen, die Investitionen im Ausland schützen. Schweizer Unternehmen, die im Ausland etwa in eine Zementfabrik oder in einen Flughafen investieren, werden unter anderem vor einer kompensationslosen Enteignung geschützt. Mit über 120 bilateralen Investitionsschutzabkommen ist die Schweiz weltweit das Land mit dem drittdichtesten Netz solcher Abkommen.Da im Zusammenhang mit Infrastruktur nicht selten die öffentliche Hand als Nachfrager auftritt, sind gerade für die Infrastrukturwirtschaft jene internationalen Abkommen von besonders grosser Bedeutung, welche darauf abzielen, den Zugang für Schweizer Unternehmen zu öffentlichen Ausschreibungen im Ausland abzusichern und Transparenz, Good Governance sowie einen fairen Wettbewerb im öffentlichen Beschaffungswesen zu fördern (siehe Kasten 3

Abkommen zu öffentlichen Ausschreibungen


Speziell zu erwähnen sind das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen von 1994 und das bilaterale Abkommen EU-Schweiz über gewisse Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens von 1999. Zudem enthalten neuere FHA ebenfalls Bestimmungen zum öffentlichen Beschaffungswesen. Gegenwärtig sind 15 WTO-Mitglieder einschliesslich der 27 EU-Mitgliedstaaten dem WTO Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen beigetreten.a Neun WTO-Mitglieder stehen derzeit in Beitrittsverhandlungen.b Bis auf Hong Kong sind alle 15 Mitglieder Verpflichtungen in den Bereichen Ingenieur- und Baudienstleistungen sowie für die Beschaffung von Waren generell eingegangen. Das Abkommen mit der EU geht weiter als das WTO-Abkommen. Zum Beispiel werden Bezirke und Gemeinden miterfasst. Allgemein kann sich der jeweilige Verpflichtungsgrad von Abkommen zu Abkommen sehr stark unterscheiden, zum Beispiel hinsichtlich des Schwellenwertes, ab dem ausgeschrieben werden muss oder der abgedeckten Beschaffungsstellen auf der Ebene des Zentralstaates oder untergeordneter Gebietskörperschaften.

a Armenien, EU bzw. 27 EU-Mitgliedstaaten, Hong Kong, Island, Israel, Japan, Kanada, Korea, Liechtenstein, Niederlande bezüglich Aruba, Norwegen, Schweiz, Singapur, Taipei, USA.b Albanien, China, Georgien, Jordanien, Kirgisien, Moldawien, Oman, Panama, Ukraine.). Dies sind einige Beispiele dafür, wie der Bund Infrastruktur- wie auch andere Märkte mit einem kohärenten internationalen Regelwerk öffnen bzw. offen halten und damit die Rechtssicherheit für Handel und Investitionen sowie die Integration von Schweizer Unternehmen in globale Wertschöpfungsketten begünstigen will. Weitere Themen wären etwa ein effektiver Schutz des geistigen Eigentums oder die Verhinderung von Doppelbesteuerung.

Faire, transparente Ausschreibung kofinanzierter Infrastrukturprojekte im Ausland


Im Zusammenhang mit dem öffentlichen Beschaffungswesen sollten auch Infrastrukturprojekte genannt werden, welche der Bund im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit in ausgewählten Schwellenländern und im Rahmen des Erweiterungsbeitrages zugunsten der neuen EU-Mitgliedstaaten kofinanziert. Bei der Planung, Umsetzung und Evaluation solcher Infrastrukturprojekte beschafft der Bund Leistungen von privaten Unternehmen, was auch für Schweizer Unternehmen interessante Perspektiven bieten kann. Die entsprechenden Ausschreibungen werden – unter anderem im Internet
Vgl. http://www.simap.chhttp://www.seco-cooperation.admin.ch, Dienstleistungen, Ausschreibungen, Aktuelle Ausschreibungen; http://www.erweiterungsbeitrag.admin.ch, Auswahlverfahren, öffentliche Ausschreibungen; http://ted.europa.eu. – frühzeitig publiziert. Die Vergabe erfolgt aufgrund eines fairen und transparenten Verfahrens, welches eine ökonomische und wirkungsvolle Verwendung öffentlicher Mittel garantiert.

Konkrete Exportförderung


Das Engagement des Bundes beschränkt sich nicht auf wirtschaftsvölkerrechtliche Rahmenbedingungen und faire Ausschreibungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Die vom Bund finanzierte Osec unterstützt Schweizer Unternehmen, vorwiegend KMU, auch konkret beim Export ins Ausland, zum Beispiel durch eine kostenlose Prüfung der Exportpläne (Erstberatung), mittels Marktanalysen oder mit Geschäftspartnervermittlung. Kürzlich hat die Osec eine Informationsveranstaltung über Geschäftsmöglichkeiten im Infrastrukturbereich in Australien durchgeführt. Auf ihrer Website berichtet die Osec gegenwärtig unter anderem über den Ausbau des Moskauer U-Bahnnetzes oder den Neubau von Kraftwerken in Europa. Anlässlich einer kürzlich von der Osec organisierten Unternehmerreise nach Südamerika erhielten Schweizer Unternehmen die Gelegenheit, das Potenzial des chilenischen Tiefbaus kennenzulernen, mit Bauunternehmen Kontakte zu knüpfen und mit Behörden und potenziellen Kunden Informationen auszutauschen. Via Ausschreibungsplattform Selective Tenders & Projects (Step)
Vgl. http://www.tenders.ch. werden mit Hilfe des Osec-Aussennetzes – insbesondere mit den 18 Osec-Swiss Business Hubs – der Öffentlichkeit kontinuierlich Informationen zu Ausschreibungen zur Verfügung gestellt. Zudem unterstützt die Osec Schweizer Unternehmen bei Ausschreibungen der Weltbank-Gruppe und regionaler Entwicklungsbanken.In der Schweiz niedergelassene und im Handelsregister eingetragenen Unternehmen können ihre Exporte zudem bei der Schweizer Exportversicherung (Serv) gegen Risiken politischer Natur, Transferschwierigkeiten und Zahlungsmoratorien, höhere Gewalt und Delkredererisiken (wirtschaftliche Risiken) versichern lassen. Die Prämien sind von der Einschätzung des jeweiligen Risikos abhängig.In einem etwas weiteren Sinne sorgt auch die Öffentlichkeitsarbeit des Bundes im Ausland für Rahmenbedingungen, welche der international ausgerichteten Schweizer Infrastrukturwirtschaft förderlich sind. Präsenz Schweiz verfolgt gegenwärtig namentlich das strategische Ziel, die Innovationsfähigkeit der Schweiz – etwa im Umwelt- oder im Verkehrsbereich – weltweit bekannt zu machen.

Internationale Umwelt- und Sozialstandards und Unternehmensverantwortung


Im Rahmen seiner kohärenten Aussenwirtschaftspolitik setzt sich der Bund auch für eine sozial- und umweltverträgliche Wirtschaft im Ausland ein. Die Schweiz engagiert sich dementsprechend in Internationalen Organisationen für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, die Einhaltung von Umweltstandards oder die Bekämpfung von Korruption. Sie unterstützt Initiativen und Instrumente, welche es Schweizer Unternehmen ermöglichen zu überprüfen, ob sie bei ihrer Geschäftstätigkeit im Ausland unabhängig von den jeweiligen nationalen Rechtsstandards ein international anerkanntes Mass an Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt wahrnehmen. Ein in diesem Sinne verantwortungsvolles Handeln kann für Unternehmen das Risiko verringern, sich an einem ethisch fragwürdigen Infrastrukturprojekt im Ausland zu beteiligen und dementsprechend einen Imageschaden zu erleiden. Ein solches Instrument sind die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Sie befassen sich unter anderem mit der Offenlegung von Informationen, Menschenrechten, Beziehungen zwischen den Sozialpartnern, Umweltfragen oder der Bekämpfung von Korruption und formulieren damit einen umfassenden Katalog über verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten.

Spitzenplatz im Bereich Bildung, Forschung und Innovation


Der Bund hat sich als eine von sechs politischen Leitlinien in der Legislaturplanung 2011-2015 zum Ziel gesetzt, im Bereich Bildung, Forschung und Innovation weiterhin einen Spitzenplatz zu belegen. Dies impliziert unter anderem die Gewährleistung der hohen Qualität und des guten Rufs des Hochschulsystems sowie der Forschung und die Förderung des Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften.

Fazit


Infrastruktur, Infrastrukturwirtschaft oder -unternehmen sind sehr weite Begriffe, die hier bewusst nicht näher definiert wurden. Trotz dieser Unschärfe können bestimmte Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken ausgemacht werden, die für viele in ausländischen Infrastrukturmärkten involvierte Schweizer Unternehmen Geltung haben dürften (siehe Grafik 1). Im Artikel wurden aussenwirtschaftspolitische Massnahmen vorgestellt, mit denen der Bund versucht, solche Stärken zu betonen und zu sichern, Schwächen auszubalancieren, die Nutzung von Chancen zu begünstigen und Risiken zu mindern. Gleichzeitig muss an dieser Stelle in Erinnerung gerufen werden, dass der Bund grundsätzlich keine Industriepolitik betreiben – also nicht einzelne Branchen oder Unternehmen unterstützen – will, um den Wettbewerb nicht zu verzerren. Vielmehr wahrt der Bund mit seinen aussenwirtschaftspolitischen Massnahmen die Interessen der gesamten Schweizer Wirtschaft im Ausland. Es ist die Aufgabe der Schweizer Unternehmen, relevante ausländische Märkte zu identifizieren und zu bestimmen, inwieweit sie diese zur Erreichung ihrer Unternehmensziele unter den vom Bund geschaffenen Rahmenbedingungen kurz-, mittel- oder langfristig bedienen wollen. Dies gilt selbstverständlich auch für im Infrastrukturbereich tätige Schweizer Unternehmen.

Grafik 1: «Globaler Infrastrukturmarkt: Ausgewählte Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Schweizer Wirtschaft sowie Massnahmen des Bundes»

Kasten 1: Grosse Defizite in urbanen Zentren

Grosse Defizite in urbanen Zentren


In einem Bericht der Economist Intelligence Unit über die Wettbewerbsfähigkeit 120 globaler Städte figurieren unter den 30 Städten mit dem grössten Wirtschaftswachstum 15 chinesische und indische Städte. Keine einzige dieser Städte belegt beim Infrastruktur-Indikator einen Platz unter den ersten 50 Rängen, und es kann von einem dementsprechend grossen Infrastrukturbedarf ausgegangen werden. Ähnliches dürfte für viele andere rasant wachsende urbane Zentren in Entwicklungs- und Schwellenländern gelten.a

a Vgl. Economist Intelligence Unit (2012), Hot Spots: Benchmarking Global City Competitiveness.
Kasten 2: Einige Zahlen zur Infrastruktur der Schweiz

Einige Zahlen zur Infrastruktur der Schweiz


Das Schweizer Schienennetz ist mit einer Länge von 5148 km weltweit eines der dichtesten und meist befahrensten. Es gibt in der Schweiz gut 70 000 km Strassen, die drei Landesflughäfen Basel, Genf und Zürich sowie elf Regionalflugplätze. Über 530 grössere Wasserkraftwerke und fünf Kernkraftwerke liefern 95% des in der Schweiz produzierten Stroms. Ein Hochspannungsübertragungsnetz von beinahe 6700 km transportiert den Strom zu den Verbraucherzentren. Ein weiteres Netz von 1600 km versorgt die Bahn. Das Gas-Hochdrucknetz misst gut 2300 km. Das Telefon-Festnetz und das Kabel-TV-Netz decken 100% bzw. 85% der Haushalte und drei GSM-Netze sowie drei leistungsfähigere UMTS-Netze decken 100% bzw. 93% der Bevölkerung ab. Die Schweiz verfügt weltweit über eine der höchsten Breitband-Anschlussdichten. Es gibt in der Schweiz rund 3000 Wasserwerke und 900 Kläranlagen, über 50 000 km Trinkwasserleitungen und 40 000 bis 50 000 km öffentliche Kanalisationsleitungen.

Quelle: http://www.uvek.admin.ch
Kasten 3: Abkommen zu öffentlichen Ausschreibungen

Abkommen zu öffentlichen Ausschreibungen


Speziell zu erwähnen sind das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen von 1994 und das bilaterale Abkommen EU-Schweiz über gewisse Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens von 1999. Zudem enthalten neuere FHA ebenfalls Bestimmungen zum öffentlichen Beschaffungswesen. Gegenwärtig sind 15 WTO-Mitglieder einschliesslich der 27 EU-Mitgliedstaaten dem WTO Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen beigetreten.a Neun WTO-Mitglieder stehen derzeit in Beitrittsverhandlungen.b Bis auf Hong Kong sind alle 15 Mitglieder Verpflichtungen in den Bereichen Ingenieur- und Baudienstleistungen sowie für die Beschaffung von Waren generell eingegangen. Das Abkommen mit der EU geht weiter als das WTO-Abkommen. Zum Beispiel werden Bezirke und Gemeinden miterfasst. Allgemein kann sich der jeweilige Verpflichtungsgrad von Abkommen zu Abkommen sehr stark unterscheiden, zum Beispiel hinsichtlich des Schwellenwertes, ab dem ausgeschrieben werden muss oder der abgedeckten Beschaffungsstellen auf der Ebene des Zentralstaates oder untergeordneter Gebietskörperschaften.

a Armenien, EU bzw. 27 EU-Mitgliedstaaten, Hong Kong, Island, Israel, Japan, Kanada, Korea, Liechtenstein, Niederlande bezüglich Aruba, Norwegen, Schweiz, Singapur, Taipei, USA.b Albanien, China, Georgien, Jordanien, Kirgisien, Moldawien, Oman, Panama, Ukraine.

Zitiervorschlag: Christian Hofer (2012). Globaler Infrastrukturmarkt und die Schweizer Wirtschaft: Welchen Beitrag leistet die Aussenwirtschaftspolitik. Die Volkswirtschaft, 01. Juli.