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Finanzmarktregulierung aus Sicht der Finanzplatzinfrastruktur

Finanzmarktregulierung aus Sicht der Finanzplatzinfrastruktur

Die Finanzplatzinfrastruktur leistet einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Finanzplatzes, auch in Krisenzeiten, wenn die gehandelten Volumen hoch und die Preise volatil sind. Sie muss sich aber auch im zunehmenden internationalen Wettbewerb der Finanzplätze profilieren können. Neben den eigenen Erfolgsvoraussetzungen spielen die regulatorischen Rahmenbedingungen hierbei eine zentrale Rolle. Werden diese vermehrt auf Wettbewerbsfähigkeit, Zusammenarbeit und Marktzutritt ausgerichtet, kann sichergestellt werden, dass der Finanzplatz auch in Zukunft einen namhaften Beitrag zur schweizerischen Volkswirtschaft leistet.

Die Finanzplatzinfrastruktur stellt Dienstleistungen bereit, die für das Funktionieren des Finanz- und Kapitalmarktes unerlässlich sind, und leistet damit einen massgeblichen Beitrag zur Stabilität des Schweizer Finanzplatzes: Eine schnelle und zuverlässige Handelsplattform für Wertschriften und strukturierte Produkte gewährleistet, dass die Märkte liquid sind. Ein Käufer muss jederzeit einen Verkäufer finden und umgekehrt. Die Überwachung des Handels kann bei Regelverstössen oder Unregelmässigkeiten mit verschiedenen Instrumenten eingreifen und dadurch die Handelseffizienz sicherstellen. Durch die Zwischenschaltung einer zentralen Gegenpartei können Risiken und Kosten minimiert werden. Den Abschluss der Transaktion bildet die Übertragung der Rechte an den neuen Wertschriftenbesitzer. Dabei kann der Zentralverwahrer – ein nationales Register – jederzeit über die Wertschriftenbesitzer Auskunft geben. Alle Teilbereiche der Infrastruktur müssen eine grosse Anzahl Transaktionen resp. hohe Geldsummen verarbeiten können. Eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren sind daher stabile und zuverlässige IT-Systeme, die permanent verfügbar sind. Ob die Infrastruktur optimal genutzt wird, hängt überdies vom regulatorischen Umfeld ab.

Regulierung als Wettbewerbsfaktor


Regulierungen mit direktem Einfluss (etwa das Börsengesetz oder das Kollektivanlagengesetz) betreffen eher die Ausgestaltung des Infrastrukturangebots, während Regulierungen mit indirekter Wirkung (z.B. das Aktien- oder das Steuerrecht) das Verhalten der Finanzmarktteilnehmer – also der Infrastruktur-Kunden – beeinflusst. Diese gesetzlichen Vorschriften bestimmen letztlich, ob sich ein Unternehmen in der Schweiz kotieren lässt, oder ob für die Abwicklung und Verwahrung von Wertschriften ein Schweizer Anbieter genutzt wird. Seit der Finanzkrise stehen die Finanzdienstleister erschwerten Marktbedingungen, aber auch erschwerten Rahmenbedingungen durch strengere Regeln gegenüber. Im Listing sind weniger IPOs und mehr Dekotierungen zu verzeichnen; im Handel gewinnen ausserbörsliche Handelsplattformen und andere ausländische Börsen an Marktanteilen; und im Clearing hat sich der Wettbewerb intensiviert. Hinzu kommen protektionistisch motivierte Regulierungsvorhaben der EU und teilweise auch der USA, die den Marktzutritt verhindern oder eine extraterritoriale Wirkung entfalten.

Finanzmarktregulierung als Chance


Aus Sicht der Finanzmarktinfrastruktur stehen für die künftige Entwicklung der Regulierung drei Aspekte im Vordergrund:− Wettbewerbsorientierung: Seit der Finanzkrise stehen primär defensive Regulierungsvorhaben im Vordergrund, die auf Kundenschutz und Integrität abzielen. Dies sind sicher wichtige Massnahmen, um das Vertrauen in die Finanzindustrie wieder herzustellen. Es ist jedoch unabdingbar, dass die Wettbewerbsfähigkeit wieder vermehrt in den Fokus der Regulierung gelangt. Der Wettbewerb zwischen den internationalen Finanzplätzen hat sich in den letzten Jahren spürbar intensiviert. Es werden sich jene durchsetzen, die sich positiv zu differenzieren vermögen.− Bessere Zusammenarbeit: Angesichts der bereits festgestellten Zunahme von Protektionismus und der Verschärfung des Wettbewerbs ist der Zusammenhalt und damit die Kooperation im eigenen Land von zentraler Bedeutung. Dabei sollte eine Intensivierung wie auch eine Institutionalisierung der Zusammenarbeit sowohl zwischen den verschiedenen Finanzmarktakteuren als auch zwischen Akteuren und Behörden stattfinden. Darüber hinaus sollte eine gemeinsame aktive Vermarktung des Finanzplatzes Schweiz angestrebt werden.− Marktzugang: Die Gewährleistung und Aufrechterhaltung des Marktzugangs in der EU wird voraussichtlich eine Herausforderung bleiben. Daneben muss im Rahmen der inländischen Umsetzung die Frage «Differenzierung vs. Harmonisierung» beantwortet werden. Dabei ist eine über die Äquivalenz hinausgehende Regulierung im Sinne eines Swiss Finish zu vermeiden, da sie einen Wettbewerbsnachteil darstellt. Schliesslich sollte der Blick über die EU hinaus gerichtet und ein Marktzugang auch mit anderen aufstrebenden Nationen vereinbart werden.

Zitiervorschlag: Peter Gomez (2012). Finanzmarktregulierung aus Sicht der Finanzplatzinfrastruktur. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.