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Soll der ausserbörsliche Handel mit Derivaten in der Schweiz reguliert werden?

Derivate sind ein wichtiges Instrument moderner Finanzmärkte. Die Finanzkrise hat jedoch gezeigt, dass Derivate mit Schwächen verbunden sind. Die mangelnde Transparenz – v.a. bei ausserbörslich gehandelten Derivaten – kann dazu führen, dass Risiken unbemerkt bleiben. Aufgrund der internationalen Vernetzung der Marktteilnehmer kann dies die Systemstabilität gefährden. Internationale Bemühungen und Regulierungsvorhaben versuchen nun, die Transparenz und Stabilität im ausserbörslichen Derivatemarkt zu verbessern. Für die Schweiz mit ihrem bedeutenden und international stark vernetzten Finanzsektor ergibt sich daraus ein regulatorischer Handlungsbedarf.
Der vorliegende Artikel basiert auf den Analysen und Arbeiten einer behördeninternen Arbeitsgruppe.

Derivate als Finanzinstrumente


Derivate sind Finanzinstrumente, deren Preis sich von einem Basiswert ableitet, z.B. einer Aktie, einem Zins, einem Kredit oder einer Währung. Je nach zugrundeliegendem Wert werden verschiedene Derivatekategorien unterschieden, so etwa Zins-, Devisen- oder Kreditderivate. Marktteilnehmer können sich durch den Abschluss von Derivaten gegen bestimmte Geschäftsrisiken wie Wechselkursschwankungen, Kreditausfall, Preisschwankungen absichern oder Derivate für Investmentstrategien und zur Hebelung (Leveraging) von Positionen einsetzen.Derivate können börslich oder ausserbörslich (Over the Counter, OTC) gehandelt werden. In den meisten Fällen, werden OTC-Transaktionen bilateral zwischen den Vertragsparteien abgeschlossen. Zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses kann auch eine zentrale Abrechnungsstelle (Central Counterparty, CCP) zwischen die beiden am Handel beteiligten Gegenparteien eintreten. Die CCP wird damit einerseits Käufer für den Verkäufer und andererseits Verkäufer für den Käufer. Sie garantiert die Erfüllung der jeweiligen Verpflichtungen zwischen den ursprünglichen Gegenparteien. Hierfür verlangt die CCP von den Geschäftsparteien das Bereitstellen von Sicherheiten, was für Marktteilnehmer mit Mehrkosten – gegenüber der bilateralen Abrechnung – verbunden sein kann.

Derivatmärkte


Ein Grossteil moderner Handelsstrategien ist mit dem Einsatz von Derivaten verbunden. 2010 betrugen die offenen Kontraktvolumina der Schweizer Banken (inkl. ihre Tochtergesellschaften im Ausland) mit Derivaten rund 50 000 Mrd. Franken. Davon entfielen 97% auf die Grossbanken.Zins- und Devisenderivate sind in der Schweiz und international volumenmässig die beiden wichtigsten Derivatekategorien. Kreditderivate stehen vor allem wegen den mit diesen Produkten verbundenen Risiken im Blickfeld der Regulatoren, so etwa Credit Default Swaps (CDS), welche als Mitverursacher der Finanzkrise gelten. CDS machen in der Schweiz rund 98% der Kreditderivate aus.Der OTC-Derivatemarkt ist volumenmässig bedeutend, und OTC-Transaktionen haben in den letzten Jahren ein starkes Wachstum erfahren. Grafik 2 zeigt für die Schweiz das Wachstum für die beiden volumenmässig wichtigsten Derivatekategorien gemessen an den Tagesumsätzen
Die Tagesumsätze sind definiert als Durchschnitte der Handelsumsätze pro Tag im April des entsprechenden Jahres. im OTC-Bereich. Die Volumina der übrigen Kategorien haben sich im gleichen Zeitraum wenig verändert.Derivatemärkte sind stark international strukturiert. Grafik 3 zeigt, dass international rund zwei Drittel aller Derivatetransaktionen grenzüberschreitend abgeschlossen werden. In der Schweiz ist dieser Anteil noch höher: 2010 wurden 87% der Devisen- und 95% der Zinsderivate mit einer Gegenpartei im Ausland abgeschlossen.

Problemstellung bei OTC-Derivaten


Ein allgemeiner Regelungsrahmen für OTC-Derivate bestand bis zur Finanzkrise nicht. Die globale Krise hat OTC-Derivate ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt und die internationalen Verflechtungen dieser Märkte verdeutlicht. Dadurch wurden Schwächen aufgedeckt, die zur Erhöhung systemischer Risiken beigetragen haben. Folgende Hauptprobleme des OTC-Derivatemarktes wurden identifiziert:− Hohes Gegenparteirisiko: Zwischen dem Abschluss und der Erfüllung einer Derivatetransaktion sind die Parteien dem Risiko ausgesetzt, dass die Gegenpartei ihren Verpflichtungen
Lieferung des zugrundeliegenden Vermögenswertes oder Bezahlung. nicht nachkommt (sog. Gegenparteirisiko). Bei Derivatetransaktionen können zwischen dem Abschluss und der Erfüllung der Verpflichtung mehrere Monate oder Jahre liegen. Das Gegenparteirisiko ist damit bei Derivaten in der Regel per se höher als bei Wertpapiertransaktionen, welche schneller abgewickelt werden. Zusätzlich erhöht wird das Gegenparteirisiko beim OTC-Handel, da bei diesem die Abrechnung gewöhnlich bilateral und nicht durch eine CCP ausgeführt wird. Aufgrund der hohen Vernetzung der Marktteilnehmer kann sich der Ausfall auch auf andere Marktteilnehmer auswirken und zu einem systemischen Risiko führen. − Mangelnde Transparenz: OTC-Derivate werden typischerweise nicht über Handelsplattformen und Abwicklungssysteme gehandelt und abgerechnet. Sie unterstehen deshalb bislang grundsätzlich nicht den Transparenzvorschriften der Börsenregulierung. Die Intransparenz erschwert den Marktteilnehmern die Beurteilung der eingegangenen Risiken und mindert die Effizienz des Preisbildungsmechanismus. Aufgrund der starken internationalen Vernetzung der Marktteilnehmer kann dies letztlich zu einem systemischen Risiko beitragen. Für die Aufsichtsbehörden ist es zudem schwierig, diese systemischen Risiken rechtzeitig zu erkennen, da auch sie über keine verlässlichen Informationen über den OTC-Markt und die dort begründeten Abhängigkeiten der Marktteilnehmer und die gehandelten Risiken verfügen.

Internationale Lösungsansätze


Seit der Finanzkrise sind internationale Bemühungen – insbesondere der G20 und des Financial Stability Board (FSB) – im Gange, um die Stabilität und Transparenz im OTC-Derivatemarkt zu verbessern (siehe Kasten 1

Verpflichtungen der G20-Länder


Die G20-Länder haben sich im September 2009 dazu verpflichtet, bis Ende 2012:− sicherzustellen, dass standardisierte OTC-Derivatetransaktionen, falls geeignet, über Börsen oder andere elektronische Plattformen gehandelt werden; − die Abrechnung von standardisierten OTC-Derivatekontrakten durch zentrale Abrechnungsstellen (CCP) durchführen zu lassen;− sicherzustellen, dass sämtliche OTC-Derivatetransaktionen an Transaktionsregister (Trade Repository, TR) gemeldet werden;− zusätzlich sollen bilateral abgerechnete OTC-Derivatetransaktionen höheren Eigenkapitalanforderungen unterstellt werden.Das FSB hat für die Umsetzung Empfehlungen erlassen (FSB-Empfehlungen) und überprüft diese für seine Mitgliedstaaten regelmässig. Neben einer Umsetzungshilfe für die einzelnen Staaten soll damit insbesondere eine koordinierte und konsistente Implementierung der neuen Regulierungsvorhaben sichergestellt werden.

). Die G20-Verpflichtungen und FSB-Empfehlungen bezwecken:− Handelspflicht über Plattformen: Die Verlagerung des standardisierten OTC-Derivatehandels auf Börsen oder andere elektronische Handelsplattformen soll die Vor- und Nachhandelstransparenz für Aufsichtsbehörden, Marktteilnehmer und die Öffentlichkeit verbessern.− Abrechnungspflicht über CCP: Die Abrechnung von Derivatetransaktionen über CCP reduziert die Gegenparteirisiken und leistet unter gewissen Bedingungen einen Beitrag zur Reduktion der Ansteckungsgefahr bei Ausfall eines Marktteilnehmers und somit zur Erhöhung der Systemstabilität. CCP reduzieren die Vernetzung unter den Marktteilnehmern und bilden einen systemischen Puffer. Damit reduzieren sie das Risiko, dass sich Verluste durch einen Ausfall auf andere Gegenparteien übertragen.− Meldepflicht an Transaktionsregister (TR): Die gesammelten Informationen in TR ermöglichen den Aufsichtsbehörden, finanzielle Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Teilnehmern und damit potenzielle Instabilitäten im Markt frühzeitig zu erkennen. Zudem können die in TR zentral gesammelten Daten in aggregierter Form veröffentlicht werden und so den Marktteilnehmern helfen, die eingegangenen Risiken besser abzuschätzen. Damit kann Vertrauen in den Markt hergestellt werden, was die Systemstabilität erhöht.− Anreize für Standardisierung und Risikominderung: Die erhöhte Nutzung standardisierter Derivate ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für die zentrale Abrechnung sowie den Handel über Plattformen und damit für eine erhöhte Transparenz und mehr Sicherheit auf den Finanzmärkten. Durch höhere Eigenkapitalanforderungen für bilateral abgerechnete OTC-Derivate sollen Anreize geschaffen werden, diese Kontrakte wenn möglich zu standardisieren und zentral abzurechnen.Die internationalen Lösungsansätze werden derzeit in verschiedenen Staaten in die nationale Rechtsordnung umgesetzt. In der EU und den USA ist dieser Prozess bereits relativ weit vorangeschritten (siehe Kasten 2

Regulierungsvorhaben der EU und der USA


Für OTC-Derivate ist in der EU insbesondere die European Market Infrastructure Regulation (Emir) massgebend. Emir umfasst im Grundsatz die Abrechnungspflicht über CCP, regulatorische Vorschriften für CCP sowie die Meldepflicht an TR und deren Regulierung. In den USA sind die neuen Vorschriften für OTC-Derivatetransaktionen im Dodd-Frank Act (DFA) festgelegt. Sowohl Emir als auch der DFA überlassen die Ausarbeitung einer Vielzahl von technischen Standards für die konkrete Umsetzung den zuständigen Behörden.a Die EU strebt zwar Konvergenz mit den US-Regeln an; dies erweist sich jedoch in einigen Bereichen als schwierig und ist in den bisherigen Vorlagen nicht vollumfänglich gegeben.Durch den hohen Anteil an grenzüberschreitenden Transaktionen – insbesondere mit der EU und den USA – nehmen diese Regulierungsvorhaben indirekt Einfluss auf Schweizer Marktteilnehmer. Indem die im Ausland ansässige Gegenpartei den dortigen Vorschriften unterstellt ist, sind auch ihre Schweizer Gegenparteien davon betroffen. Untersteht z.B. ein EU-Finanzinstitut der Abrechnungspflicht, so findet diese auch auf grenzüberschreitende Transaktionen mit Schweizer Gegenparteien Anwendung. Zudem enthalten beide Regelwerke sogenannte «extraterritoriale Vorschriften», welche direkt auf Marktteilnehmer in Drittstaaten, wie die Schweiz, Anwendung finden: Gemäss Emir sind beispielsweise Transaktionen, die ausschliesslich zwischen Personen mit Sitz in Drittstaaten abgeschlossen werden, dennoch der Abrechnungspflicht über eine CCP unterstellt, soweit diese Transaktionen direkte, erhebliche und voraussehbare Auswirkungen in der EU haben oder zum Zweck der Umgehung des EU-Rechts abgeschlossen wurden. Eine analoge Regelung findet sich auch im DFA. Weiter führt Emir sogenannte Drittstaatenregelungen ein, welche v.a. den Markzugang sowie den Zugang von Behörden aus Drittstaaten zu Informationen aus europäischen Transaktionsregistern regeln. Sie wirken sich ebenfalls direkt auf die Schweiz aus.

a In der EU die European Securities and Markets Authority (Esma) und in den USA die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) für Swaps und die Securities and Exchange Commission (SEC) für Securities-Based Swaps.). Daneben sind weitere Länder – insbesondere Japan, Australien, Hongkong und Kanada – im Begriff, die G20-Verpflichtungen und FSB-Empfehlungen für OTC-Derivate umzusetzen.

Regulatorischer Handlungsbedarf für die Schweiz


Für den OTC-Derivatehandel bestehen in der Schweiz bisher keine regulatorischen Vorschriften, welche den FSB-Empfehlungen Rechnung tragen würden. Es ist deshalb wichtig, die Chancen und Risiken einer Übernahme der FSB-Empfehlungen zu prüfen und bei Bedarf die notwendigen regulatorischen Massnahmen zu ergreifen. Als entscheidende Kriterien für die Finanzmarktpolitik der Schweiz werden die folgenden vier strategischen Stossrichtungen verwendet: Stabilität des Finanzsystems, Integrität des schweizerischen Finanzplatzes, internationale Wettbewerbsfähigkeit und Marktzugang.
Bericht in Beantwortung des Postulats Graber (09.3209) vom 16.12.2009: «Strategische Stossrichtungen für die Finanzmarktpolitik der Schweiz».

Stabilität des Finanzsystems und Integrität des Schweizer Finanzplatzes


Die FSB-Empfehlungen bilden einen internationalen Rahmen, wie die bei OTC-Derivaten festgestellten Problembereiche regulatorisch angegangen werden sollen. Durch die inhaltlich konsistente und zeitlich koordinierte internationale Umsetzung der Verpflichtungen soll eine effektive und effiziente Überwindung der Probleme sichergestellt werden. Obwohl die FSB-Empfehlungen rechtlich nicht bindend sind, ist die Schweiz als Mitglied des FSB dazu aufgerufen, die entsprechenden Empfehlungen umzusetzen.Aufgrund der internationalen Verbundenheit und Grösse des Schweizer OTC-Derivatemarktes kann die Schweiz mit der Umsetzung der FSB-Empfehlungen einen wichtigen Beitrag zur Stabilität ihres Finanzplatzes und des globalen Finanzsystems leisten. Zudem sind die Informationen über Schweizer Derivatetransaktionen wichtig, um die Transparenz im Finanzmarkt zu erhöhen. Die gesammelten Informationen werden den Schweizer Aufsichtsbehörden nützlich sein, um ihre Aufsichtsfunktion wahrzunehmen. Durch die erhöhte Transparenz kann der Marktmissbrauch eingedämmt werden.Mit einer Umsetzung der genannten Verpflichtungen und Empfehlungen verhindert die Schweiz zudem, dass sie international als Regulierungsoase angesehen wird, was den Schutz der Marktteilnehmer gefährdet sowie die Integrität und die Reputation des schweizerischen Finanzplatzes – und damit letztlich die schweizerische Volkswirtschaft – negativ beeinträchtigen würde.

Wettbewerbsfähigkeit und Marktzugang


Als kleine und offene Volkswirtschaft mit einem international bedeutsamen Finanzplatz ist es für die Schweiz wichtig, dass sie auch künftig Zugang zu den internationalen Finanzmärkten hat. Gewisse Drittstaatenregeln in European Market Infrastructure Regulation (Emir) fordern nach dem Äquivalenzgrundsatz eine gleichwertige Regulierung im Drittstaat. Kann die Schweiz den Äquivalenzerfordernissen nicht gerecht werden, drohen Schweizer Marktteilnehmer den Zugang zur EU in wichtigen Bereichen zu verlieren und an Wettbewerbsfähigkeit einzubüssen. Beispielsweise müssen Einrichtungen der Finanzmarktinfrastruktur (z.B. CCP) aus Drittstaaten von den EU-Behörden unter dem Kriterium der Äquivalenz neu anerkannt werden. Fehlende Äquivalenz der Schweizer Regulierung kann zum Verlust des Marktzugangs führen. Wettbewerbsnachteile können entstehen, indem gruppeninternen Transaktionen von Schweizer Marktteilnehmern mit einer EU-Tochtergesellschaft voraussichtlich nicht von der Abrechnungspflicht in der EU ausgenommen sind, sofern die Schweiz nicht eine EU-gleichwertige Regulierung implementiert. Hierdurch entstehen international aufgestellten Schweizer Marktteilnehmern Mehrkosten gegenüber ihren europäischen Konkurrenten, welche ihre gruppeninternen Transaktionen gemäss Emir nicht zentral abrechnen müssen. Als Folge können Transaktionsvolumina ins Ausland verlagert werden, Ertragseinbussen entstehen und Arbeitsplätze verloren gehen.

Regulatorischer Handlungsbedarf


Um die Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Marktteilnehmern sowie den Marktzugang zu gewährleisten und die Stabilität und Transparenz im ausserbörslichen Handel mit Derivaten zu verbessern, ergibt sich für die Schweiz ein regulatorischer Handlungsbedarf. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Regulierungen mit Risiken und Kosten verbunden sein können. Sie müssen durch die richtige Ausgestaltung der neuen Vorschriften minimiert werden. Beispielsweise konzentrieren CCP durch ihre zentrale Funktion Gegenparteirisiken und können dadurch selber too big to fail werden. CCP müssen deshalb entsprechend reguliert und beaufsichtigt werden. Für die Marktteilnehmer bringen die Abrechnungs- und Meldepflichten Mehrkosten, z.B. durch die Anpassung der technischen Abläufe und operationellen Prozesse oder das Stellen von zusätzlichen Sicherheiten für CCP. Diesbezüglich wäre zu prüfen, ob bestimmte Marktteilnehmer oder Derivatetransaktionen allenfalls von den Pflichten befreit werden können, ohne dadurch den gewünschten Effekt der Vorschrift zu mindern.

Ausblick


Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 29. August 2012 das Eidg. Finanzdepartement (EFD) dazu beauftragt, bis im Frühjahr 2013 eine Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung des ausserbörslichen Handels mit Derivaten auszuarbeiten, welche eine möglichst vollständige und rasche Umsetzung der G20-Verpflichtungen und FSB-Empfehlungen ermöglicht. Um die Wettbewerbsfähigkeit und den Marktzugang von Schweizer Akteuren zu gewährleisten, wird in der Schweiz eine möglichst gleichwertige Regulierung zur EU angestrebt.

Grafik 1: «Offene Kontraktvolumen von Schweizer Banken, je Derivatekategorie, 2010»

Grafik 2: «Tagesumsätze mit OTC-Derivaten in der Schweiz, 2001–2010»

Grafik 3: «Anteil grenzüberschreitender OTC-Derivatetransaktionen»

Kasten 1: Verpflichtungen der G20-Länder

Verpflichtungen der G20-Länder


Die G20-Länder haben sich im September 2009 dazu verpflichtet, bis Ende 2012:− sicherzustellen, dass standardisierte OTC-Derivatetransaktionen, falls geeignet, über Börsen oder andere elektronische Plattformen gehandelt werden; − die Abrechnung von standardisierten OTC-Derivatekontrakten durch zentrale Abrechnungsstellen (CCP) durchführen zu lassen;− sicherzustellen, dass sämtliche OTC-Derivatetransaktionen an Transaktionsregister (Trade Repository, TR) gemeldet werden;− zusätzlich sollen bilateral abgerechnete OTC-Derivatetransaktionen höheren Eigenkapitalanforderungen unterstellt werden.Das FSB hat für die Umsetzung Empfehlungen erlassen (FSB-Empfehlungen) und überprüft diese für seine Mitgliedstaaten regelmässig. Neben einer Umsetzungshilfe für die einzelnen Staaten soll damit insbesondere eine koordinierte und konsistente Implementierung der neuen Regulierungsvorhaben sichergestellt werden.

Kasten 2: Regulierungsvorhaben der EU und der USA

Regulierungsvorhaben der EU und der USA


Für OTC-Derivate ist in der EU insbesondere die European Market Infrastructure Regulation (Emir) massgebend. Emir umfasst im Grundsatz die Abrechnungspflicht über CCP, regulatorische Vorschriften für CCP sowie die Meldepflicht an TR und deren Regulierung. In den USA sind die neuen Vorschriften für OTC-Derivatetransaktionen im Dodd-Frank Act (DFA) festgelegt. Sowohl Emir als auch der DFA überlassen die Ausarbeitung einer Vielzahl von technischen Standards für die konkrete Umsetzung den zuständigen Behörden.a Die EU strebt zwar Konvergenz mit den US-Regeln an; dies erweist sich jedoch in einigen Bereichen als schwierig und ist in den bisherigen Vorlagen nicht vollumfänglich gegeben.Durch den hohen Anteil an grenzüberschreitenden Transaktionen – insbesondere mit der EU und den USA – nehmen diese Regulierungsvorhaben indirekt Einfluss auf Schweizer Marktteilnehmer. Indem die im Ausland ansässige Gegenpartei den dortigen Vorschriften unterstellt ist, sind auch ihre Schweizer Gegenparteien davon betroffen. Untersteht z.B. ein EU-Finanzinstitut der Abrechnungspflicht, so findet diese auch auf grenzüberschreitende Transaktionen mit Schweizer Gegenparteien Anwendung. Zudem enthalten beide Regelwerke sogenannte «extraterritoriale Vorschriften», welche direkt auf Marktteilnehmer in Drittstaaten, wie die Schweiz, Anwendung finden: Gemäss Emir sind beispielsweise Transaktionen, die ausschliesslich zwischen Personen mit Sitz in Drittstaaten abgeschlossen werden, dennoch der Abrechnungspflicht über eine CCP unterstellt, soweit diese Transaktionen direkte, erhebliche und voraussehbare Auswirkungen in der EU haben oder zum Zweck der Umgehung des EU-Rechts abgeschlossen wurden. Eine analoge Regelung findet sich auch im DFA. Weiter führt Emir sogenannte Drittstaatenregelungen ein, welche v.a. den Markzugang sowie den Zugang von Behörden aus Drittstaaten zu Informationen aus europäischen Transaktionsregistern regeln. Sie wirken sich ebenfalls direkt auf die Schweiz aus.

a In der EU die European Securities and Markets Authority (Esma) und in den USA die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) für Swaps und die Securities and Exchange Commission (SEC) für Securities-Based Swaps.

Zitiervorschlag: Marion Lienhard, Andrea Siviero, (2012). Soll der ausserbörsliche Handel mit Derivaten in der Schweiz reguliert werden. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.