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Mit Schweizer Qualität zur Atombombe – kann die Exportkontrolle dies verhindern?

Mit Schweizer Qualität zur Atombombe – kann die Exportkontrolle dies verhindern?

Als kleine, exportorientierte Volkswirtschaft setzt sich die Schweiz traditionell für offene Märkte und den Freihandel ein. Wenn es allerdings um Rüstungsgüter geht oder um Güter, die für die Herstellung oder Verbreitung von Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden können (sog. Dual-Use-Güter), ist eine Kontrolle der Aus-, Ein- oder Durchfuhr angezeigt. Da eine solche Kontrolle aber nur dann wirkungsvoll sein kann, wenn sie auf internationaler Ebene koordiniert wird, haben interessierte Staaten verschiedene Ex­port­kontroll­regime ins Leben gerufen.

Sinn und Zweck der Exportkontrolle


Sinn und Zweck der Exportkontrolle lässt sich vielleicht am einfachsten anhand eines konkreten Beispiels erklären. Betrachten wir uns dazu die Entstehungsgeschichte der Gruppe der Nuklearlieferländer (Nuclear Suppliers Group, NSG). Im Jahre 1970 trat der Atomwaffensperrvertrag (NPT) in Kraft. Ziel dieses Vertrags ist es, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern und gleichzeitig die Nutzung der Kernenergie für friedliche Zwecke zu ermöglichen. Diejenigen Staaten, die bereits über Atomwaffen verfügten (China, Frankreich, Grossbritannien, Sowjetunion und USA) verpflichteten sich in diesem Vertrag zur Abrüstung ihrer Nuklearwaffen. Bereits vier Jahre später war aber der Schock gross, als Indien eine selber entwickelte Atombombe testete. Obwohl Indien als Nichtmitglied des NPT damit kein internationales Recht gebrochen hatte, entschlossen sich eine Reihe von Staaten dazu, die Verbreitung der Nukleartechnologie einer strengen Kontrolle zu unterstellen, um inskünftig weitere solche unliebsamen Überraschungen zu vermeiden. Dies führte zur Gründung der NSG. Die Teilnehmer der Gruppe verpflichteten sich, die Weitergabe von Nukleartechnologie und Fachwissen nur gegen die explizite Versicherung durch den Empfängerstaat für eine friedliche Nutzung, vollumfängliche Sicherungsgarantien und den physischen Schutz der Technologie und der Kernmaterialen zu gestatten. Ferner darf eine Weitergabe der Güter an Dritte nur mit Zustimmung des Lieferlandes erfolgen. Schon bald zeigte es sich, dass nicht nur der Export der eigentlichen Nukleargüter problematisch sein kann, sondern auch von Gütern, die zwar für andere Anwendungen entwickelt wurden, aber eben auch für nukleare Zwecke eingesetzt werden können. Für diese sogenannten Dual-Use-Güter wurde eine eigene Liste erstellt. Bei der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern werden zwar keine Staatsgarantien verlangt, doch muss der Exporteur gegenüber den Behörden angeben, wer die fraglichen Güter erhalten soll (Endverwender) und wozu sie eingesetzt werden sollen (Endverwendungszweck). Dieses Beispiel zeigt, wie die Verbreitung von Gütern und Technologien, die für die Herstellung Nuklearwaffen missbraucht werden könnten, durch Exportkontrollen verhindert werden soll. In ähnlicher Art und Weise sind zwei andere Exportkontrollregime zur Verhinderung der Weiterverbreitung von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen (Australiengruppe) sowie das Raketentechnologiekontrollregime (MTCR) entstanden. Als viertes der heute bestehenden Exportkontrollregime entstand in der Mitte der 1990er-Jahre das Wassenaar Arrangement zur Kontrolle der Verbreitung von konventionellen Rüstungsgütern (siehe Kasten 1

Die vier internationalen Exportkontrollregime


Australiengruppe (AG)

Die Australiengruppe hat zum Zweck, die Weiterverbreitung von chemischen und biologischen Waffen zu verhindern. Sie wurde 1985 als Folge des Einsatzes von chemischen Waffen im Krieg zwischen dem Irak und dem Iran gegründet. Die Schweiz gehört ihr seit 1987 an. Bei den heute 41 Teilnehmerstaaten handelt es sich um Länder, die wichtige Anbieter oder Durchfuhrländer von Dual-Use-Chemikalien, biologischen Agenzien und Toxinen sowie Ausrüstungsgütern sind, die für ein Biologie- oder Chemiewaffenprogramm missbraucht werden könnten. Der Name der Gruppe geht auf das erste Treffen zurück, das auf Initiative Australiens in Brüssel einberufen wurde.

Gruppe der Nuklearlieferländer (NSG)

Nach den indischen Atomversuchen im Jahre 1974 wurde ein Jahr später von gleichgesinnten Staaten die Nuclear Suppliers Group (NSG) gegründet, um den Bestimmungen des Vertrags über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen (NPT) zur Durchsetzung zu verhelfen. Die eigentlichen Nukleargüter sind in der sogenannten 
Trigger-Liste erfasst, währendem die im Nuklearbereich einsetzbaren Dual-Use-Güter in einer 
separaten Liste aufgeführt sind. Gegenwärtig hat die NSG 47 Teilnehmerstaaten. Die Schweiz gehört ihr seit 1991 an. Sie ist zwar kein gewichtiger Produzent von eigentlichen Nukleargütern, aber auf Grund der erfassten Dual-Use-Güter (z.B. Werkzeugmaschinen) ist das Regime für die Schweiz von Bedeutung.

Raketentechnologiekontrollregime (MTCR)

Im Jahre 1987 wurde das Missile Technology Control Regime (MTCR) gegründet, um die Weiterverbreitung von Technologie für ballistische 
Raketen als Träger von Nuklearwaffen zu verhindern. Seit 1991 kontrolliert das MTCR auch für biologische und chemische Waffen geeignete 
Trägersysteme mit geringer Nutzlast, sowie Marschflugkörper (Cruise Missiles) und Drohnen. Das Regime hat heute 34 Teilnehmerstaaten, 
die Schweiz gehört ihm seit 1992 an.

Wassenaar Arrangement (WA)

Die Vereinbarung von Wassenaar (benannt nach dem Gründungsort, der niederländischen Stadt Wassenaar) ist das einzige Exportkontrollregime, für konventionelle Rüstungsgüter. Es ist 1996 als Ersatz für das während dem Kalten Krieg aktive Coordination Committee on Multilateral 
Export Controls (CoCom) geschaffen worden. Die Schweiz gehört zu den Gründungsländern. Die Rüstungsgüter sind in der sogenannten Munitions List erfasst. Daneben sind auch zahlreiche Dual-Use-Güter in einer separaten Liste aufgeführt. In der Schweiz werden die Rüstungsgüter im Kriegsmaterialgesetz oder aber, wenn es sich um besondere militärische Güter oder Dual-Use-Güter handelt, im Güterkontrollgesetz erfasst.

). Die verschiedenen Regime funk­tionieren jeweils nach eigenen Regeln, doch haben sie alle umfangreichen Listen mit den jeweils zu kontrollierenden Gütern erarbeitet. Diese Listen beinhalten ausführliche technische Beschreibungen der verschiedenen Güter, so dass die jeweiligen nationalen Behörden und Firmen in den Teilnehmerländern genau identifizieren können, welche Güter unter die Kontrollen fallen. Ist ein bestimmtes Gut kontrollpflichtig, muss der Exporteur bei den zuständigen Stellen eine Exportgenehmigung beantragen. Nur wenn diese erteilt wird, darf das entsprechende Gut ausgeführt werden.

Gleich lange Spiesse für alle


An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, wie verhindert werden kann, dass ein Proliferator ein bestimmtes kontrolliertes Gut nicht einfach bei einem anderen Hersteller in einem anderen Land besorgt. Es liegt auf der Hand, dass Exportkontrollen nur dann funktionieren können, wenn die gleichen Bestimmungen für alle Hersteller gelten, auch wenn sich diese in verschiedenen Ländern befinden. Mit anderen Worten: Exportkontrollen machen nur dann Sinn, wenn sie international harmonisiert sind. Aus diesem Grunde wurden die vier internationalen Exportkontrollregime geschaffen. Die darin vertretenen Staaten verfügen über die entsprechenden Technologien. Damit gleich lange Spiesse gelten, werden die Regeln und die zu kontrollierenden Güter gemeinsam und für alle verbindlich festgelegt. Die Staaten informieren sich auch gegenseitig, wenn sie den Export eines Gutes an einen bestimmten Endempfänger verweigern. Zudem werden in den Regimen regelmässig Informationen über internationale Beschaffungsversuche und -wege ausgetauscht.Die Teilnehmerstaaten verpflichten sich politisch, die so entstandenen Bestimmungen und Güterlisten auf nationaler Ebene in ihre jeweilige Gesetzgebung zu übernehmen. In der Schweiz sind die doppelt verwendbaren Güter durch das Güterkontrollgesetz (GKG) erfasst. Die entsprechenden Listen sind im Anhang zur Güterkontrollverordnung (GKV) zu finden. Ein Exporteur, der kontrollpflichtige Güter herstellt, muss vor der Ausfuhr eines Gutes beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine Exportlizenz beantragen. Das Seco entscheidet auf Grund der vorhandenen Informationen über die Endverwendung sowie den Endempfänger des Gutes über die Bewilligung oder Ablehnung des Antrags. Wenn ein Geschäft als von grundsätzlicher, insbesondere politischer Tragweite eingestuft wird, entscheidet das Seco im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen des EDA, des VBS und des Uvek sowie nach Anhörung des Nachrichtendienstes des Bundes. Bei Exporten in Länder, die wie die Schweiz allen vier internationalen Exportkontrollregimen angehören, kann ein Exporteur eine Ordentliche Generalausfuhrbewilligung (OGB) beantragen, damit nicht für jedes einzelne Exportgeschäft eine eigene Lizenz notwendig wird. Für die Exporte in die übrigen Länder kann das Seco Ausserordentliche Generalausfuhrbewilligungen (AGB) erteilen. Diese Generalausfuhrbewilligungen sind jeweils für zwei Jahre gültig und können nicht übertragen werden.

Wenn alle Stricke reissen: Catch-all


Was geschieht, wenn man weiss oder vermutet, dass ein Gut, das zwar nicht von den Kontrolllisten erfasst ist, aber dennoch für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen missbraucht wird? Für diesen Fall sieht die Gesetzgebung eine sogenannte Catch-all-Klausel vor. Gestützt auf diese Bestimmung der Güterkontrollverordnung kann das Seco jedes Gut einer Meldepflicht unterstellen und dessen Ausfuhr verbieten, wenn ein entsprechender Bezug zu einem Massenvernichtungswaffenprogramm hergestellt werden kann. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Vor drei Jahren wurde bekannt, dass Druckmessgeräte aus der Schweiz durch einen Händler in Taiwan ohne Wissen des Herstellers in den Iran weitergeleitet wurden. Druckmessgeräte werden für zahlreiche legitime Zwecke – etwa in der Halbleiterindustrie oder bei der Produktion von Flachbildschirmen – eingesetzt. Sie sind aber auch wichtige Bestandteile bei der Anreicherung von Uran durch Gaszentrifugen. Obwohl die fraglichen Geräte auf Grund ihrer technischen Eigenschaften nicht von den Kontrolllisten erfasst waren, gab es Hinweise, dass sie im Iran für die Urananreicherung eingesetzt werden. Die internationale Presse hat den Fall aufgegriffen und in grosser Aufmachung publik gemacht. Dank der engen Zusammenarbeit mit der betroffenen Firma und den taiwanesischen Behörden konnte dieser Beschaffungskanal schliesslich geschlossen werden. Die NSG hat in der Zwischenzeit die Kontrollen für Druckmessgeräte verschärft.Dieses Beispiel zeigt, dass eine Firma ohne eigenes Verschulden sehr rasch einen internationalen Reputationsverlust erleiden kann, wenn von ihr produzierte, für vollkommen legitime Zwecke konzipierte Güter missbräuchlich verwendet werden. Exportkontrollen sind daher nicht nur eine Bürde für eine Firma, sondern können diese auch vor dem Missbrauch ihrer Güter schützen und Imageschäden verhindern. Viele international tätige Firmen haben dies erkannt und ihre internen Strukturen entsprechend angepasst.

Kleine Länder mit gleichem Gewicht 
wie die Grossen


Bei den vier internationalen Exportkontrollregimen handelt es sich um politische Absprachen ohne völkerrechtliche Verbindlichkeit. Damit dies funktionieren kann, müssen die Teilnehmer in den wesentlichen Fragen gleichgesinnt sein. Da die Beschlüsse der Regime rechtlich nicht verbindlich sind, werden sie im Konsens gefällt. Dies bedeutet, dass eine neue Bestimmung oder die Änderung einer bestehenden Bestimmung nur mit Zustimmung aller Teilnehmerstaaten umgesetzt werden kann. Somit verfügt jedes Land de facto über ein Vetorecht. Kleine Länder sind damit den Grossmächten gleichgestellt. Da viele in den Regimen behandelte Fragen technischer Natur sind, spielt die Grösse eines Landes bei diesen Diskussionen – im Gegensatz etwa zu politischen Debatten – nicht eine ausschlaggebende Rolle. Ein kleines Land, das seriöse technische Vorschläge einbringt, hat somit durchaus gute Erfolgschancen. Für das Exportland Schweiz ist die Teilnahme in den Regimen gesamthaft gesehen von grösstem Interesse.

Welche Wirkung haben die 
Exportkontrollen?


Die Schweiz besitzt oder stellt selber keine Massenvernichtungswaffen her. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Exportkontrolle für die Schweiz nur von marginaler Bedeutung ist. Wie erwähnt erfassen die internationalen Exportkontrollregime in ihren Listen auch Dual-Use-Güter. Die Exporte dieser speziellen Güterkategorie machten 2011 deutlich über 5% der Gesamtexporte oder 10 Mrd. Franken aus. Im Vergleich dazu umfassen die Ausfuhren von Kriegsmaterial mit etwa 0,4% der Gesamtexporte nur einen Bruchteil davon. Die Schweiz ist weltweit der viertgrösste Exporteur von kontrollierten Dual-Use-Gütern. Die Palette dieser Güter ist extrem breit und schliesst von Chemikalien über Werkzeugmaschinen bis zu Industrieanlagen hunderte verschiedener Produkte ein. Trotzdem könnte man nun einwenden, dass Exportkontrollen a) nur für rund ein Viertel aller Staaten überhaupt gelten und b) sich nur auf eine relativ kleine Menge von Gütern beziehen und so in ihrer Gesamtwirkung limitiert sind. Zunächst einmal zur Frage der Zahl der betroffenen Länder. Es ist richtig, dass jeweils nur etwa rund 40 Länder in den Exportkontrollregimen vertreten sind. Viele Länder, die zwar selber nicht Teilnehmer der Regime sind, wenden aber die Kontrolllisten auf freiwilliger Basis an, damit sie seitens der Exportländer als verlässliche Partner wahrgenommen werden und benötigte Güter und Technologien überhaupt erhalten. Dazu kommt, dass grundsätzlich alle Länder seit der Verabschiedung der Resolution 1540 des UNO-Sicherheitsrates im Jahre 2004 die Verpflichtung haben, auf nationaler Ebene Massnahmen gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu treffen. Wie steht es mit der zweiten Frage betreffend den beschränkten Geltungsbereich? Im Vergleich zur Gesamtzahl aller produzierten Güter mag die von den Kontrolllisten erfasste Menge in der Tat gering erscheinen. Betrachtet man aber die Qualität der aufgeführten Güter, sieht die Gewichtung schon etwas anders aus. So ist zum Beispiel mit den Werkzeugmaschinen eine Schlüsseltechnologie erfasst, die für zahlreiche industrielle Fertigungsprozesse von zentraler Bedeutung ist. Dazu kommt, dass eben nicht nur die Güter selber betroffen sind, sondern auch die Technologie. Welche Dimensionen dies annehmen kann, zeigt ein Beispiel, wie es jüngst im Rahmen der Australiengruppe diskutiert wurde. Forscherteams in den USA und den Niederlanden haben die Übertragbarkeit des Vogelgrippevirus (H5N1) auf den Menschen untersucht. Diese Forschungen haben weltweit eine lebhafte Sicherheitsdebatte ausgelöst. Die USA haben nach einem anfänglichen Verbot die Ergebnisse schliesslich für die Publikation freigegeben. Die niederländischen Behörden haben die Forschungsergebnisse jedoch als Export von bewilligungspflichtiger Technologie eingestuft und von den Wissenschaftlern vor der Publikation einen Antrag auf Exportbewilligung verlangt. Die Begründung dafür war, dass die Erkenntnisse für den Bau einer biologischen Massenvernichtungswaffe missbraucht werden könnten. Damit wurden weltweit erstmals Ergebnisse der Grundlagenforschung der Exportkontrolle unterstellt. Zur Zeit ist noch unklar, ob es bei einem Einzelfall bleibt, oder ob dieses Beispiel Schule machen wird. Trifft letzteres zu, wird man sich fragen müssen, ob die Freiheit der Forschung oder die Kontrolle des Wissens zur Verhinderung eines potenziellen Missbrauchs ein höheres Gut darstellt. Die Konsequenzen sind in jedem Fall weitreichend.

Fazit


Um auf die Titelfrage zurückzukommen: Kann die Exportkontrolle verhindern, dass ein Land mit Schweizer Gütern oder Technologie eine Atombombe baut? Die ehrliche Antwort darauf lautet nein. Wer Böses will, wird Mittel und Wege finden, dies zu tun. Exportkontrollen können aber massgeblich dazu beitragen, potenziellen Proliferatoren das Leben so schwer als möglich zu machen. Dazu kommt, dass nicht zuletzt auch die Firmen nicht alleine wegen der strafrechtlichen Konsequenzen, sondern auch auf Grund eines erheblichen Imageschadens kein Interesse daran haben können, dass ihre Güter missbraucht werden. So gesehen erfüllen die Exportkontrollen dennoch ihren Zweck, und wenn es sie nicht gäbe, müssten sie schnellstens erfunden werden.

Kasten 1: Die vier internationalen Exportkontrollregime

Die vier internationalen Exportkontrollregime


Australiengruppe (AG)

Die Australiengruppe hat zum Zweck, die Weiterverbreitung von chemischen und biologischen Waffen zu verhindern. Sie wurde 1985 als Folge des Einsatzes von chemischen Waffen im Krieg zwischen dem Irak und dem Iran gegründet. Die Schweiz gehört ihr seit 1987 an. Bei den heute 41 Teilnehmerstaaten handelt es sich um Länder, die wichtige Anbieter oder Durchfuhrländer von Dual-Use-Chemikalien, biologischen Agenzien und Toxinen sowie Ausrüstungsgütern sind, die für ein Biologie- oder Chemiewaffenprogramm missbraucht werden könnten. Der Name der Gruppe geht auf das erste Treffen zurück, das auf Initiative Australiens in Brüssel einberufen wurde.

Gruppe der Nuklearlieferländer (NSG)

Nach den indischen Atomversuchen im Jahre 1974 wurde ein Jahr später von gleichgesinnten Staaten die Nuclear Suppliers Group (NSG) gegründet, um den Bestimmungen des Vertrags über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen (NPT) zur Durchsetzung zu verhelfen. Die eigentlichen Nukleargüter sind in der sogenannten 
Trigger-Liste erfasst, währendem die im Nuklearbereich einsetzbaren Dual-Use-Güter in einer 
separaten Liste aufgeführt sind. Gegenwärtig hat die NSG 47 Teilnehmerstaaten. Die Schweiz gehört ihr seit 1991 an. Sie ist zwar kein gewichtiger Produzent von eigentlichen Nukleargütern, aber auf Grund der erfassten Dual-Use-Güter (z.B. Werkzeugmaschinen) ist das Regime für die Schweiz von Bedeutung.

Raketentechnologiekontrollregime (MTCR)

Im Jahre 1987 wurde das Missile Technology Control Regime (MTCR) gegründet, um die Weiterverbreitung von Technologie für ballistische 
Raketen als Träger von Nuklearwaffen zu verhindern. Seit 1991 kontrolliert das MTCR auch für biologische und chemische Waffen geeignete 
Trägersysteme mit geringer Nutzlast, sowie Marschflugkörper (Cruise Missiles) und Drohnen. Das Regime hat heute 34 Teilnehmerstaaten, 
die Schweiz gehört ihm seit 1992 an.

Wassenaar Arrangement (WA)

Die Vereinbarung von Wassenaar (benannt nach dem Gründungsort, der niederländischen Stadt Wassenaar) ist das einzige Exportkontrollregime, für konventionelle Rüstungsgüter. Es ist 1996 als Ersatz für das während dem Kalten Krieg aktive Coordination Committee on Multilateral 
Export Controls (CoCom) geschaffen worden. Die Schweiz gehört zu den Gründungsländern. Die Rüstungsgüter sind in der sogenannten Munitions List erfasst. Daneben sind auch zahlreiche Dual-Use-Güter in einer separaten Liste aufgeführt. In der Schweiz werden die Rüstungsgüter im Kriegsmaterialgesetz oder aber, wenn es sich um besondere militärische Güter oder Dual-Use-Güter handelt, im Güterkontrollgesetz erfasst.

Zitiervorschlag: Rolf Stalder (2012). Mit Schweizer Qualität zur Atombombe – kann die Exportkontrolle dies verhindern. Die Volkswirtschaft, 01. November.