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Der Erweiterungsbeitrag zugunsten der EU-10-Staaten: Eine Standortbestimmung

Mitte Juni 2012 ist die fünfjährige Frist abgelaufen, während der die Schweiz im Rahmen des Erweiterungsbeitrags Projekte zugunsten der EU-10-Staaten genehmigen konnte. Der gesamte Betrag von 1 Mrd. Franken konnte wie geplant vollständig verpflichtet werden. Das Konzept des Erweiterungsbeitrags hat sich bis anhin bewährt, und es kann eine positive Zwischenbilanz gezogen werden. Die Herausforderung besteht nun darin, dass alle 210 genehmigten Projekte wie vorgesehen weiter umgesetzt und bis spätestens 2017 erfolgreich abgeschlossen werden. Eine grosse Bedeutung wird weiterhin dem Monitoring zum Erreichen der Projekt­ziele, der Gewährleistung einer effizienten Mittelverwendung und der Stärkung der Beziehungen zwischen der Schweiz und den Partnerstaaten zukommen. Zunehmend stellt sich auch die Frage nach einem zweiten Erweiterungsbeitrag.



Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Malta und Zypern.Der Erweiterungsbeitrag ist ein Instrument der schweizerischen Europapolitik. Mit ihm unterstützt die Schweiz auf solidarische Weise die Anstrengungen der EU, die wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten zwischen den neuen und den alten EU-Mitgliedstaaten zu verringern und so den Zusammenhalt in der Gemeinschaft zu fördern (Kohäsionsziel). Der Erweiterungsbeitrag liegt auch im eigenen Interesse der Schweiz, insbesondere weil er eine wichtige Voraussetzung ist für die gute Zusammenarbeit mit der EU in diversen Bereichen – und somit auch für die erfolgreiche Weiterführung des bilateralen Wegs, einschliesslich des Zugangs zum erweiterten EU-Binnenmarkt.Nachdem das Schweizer Stimmvolk in der Referendumsabstimmung vom 26. November 2006 Ja zum entsprechenden Gesetz
Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas. gesagt hatte, verabschiedete das Parlament am 14. Juni 2007 den Rahmenkredit für den Erweiterungsbeitrag an die EU-10-Staaten (1 Mrd. Fr.). In der Folge handelte die Schweiz mit den Partnerstaaten die entsprechenden bilateralen Rahmenabkommen aus und te diese am 20. Dezember 2007. Am 7. Dezember 2009 folgte die Verabschiedung des Rahmenkredits zugunsten von Bulgarien und Rumänien (257 Mio. Fr.) durch das Parlament sowie am 7. September 2010 die Unterzeichnung der Rahmenabkommen (siehe Kasten 1

Rumänien und Bulgarien


In Rumänien und Bulgarien haben Deza und Seco bis im Herbst 2012 neun Projekte und zwölf thematische Fonds im Gesamtbetrag von 116,7 Mio. Franken genehmigt, 
einschliesslich der Fonds für technische Unterstützung und zur Projektvorbereitung. Fünf Projekte und ein thematischer Fonds im Gesamtbetrag von 64,1 Mio. Franken, die grundsätzlich genehmigt worden sind, befinden sich in der Detailausarbeitung. Grund für die raschere Verpflichtung als in den EU-10 sind die thematischen Fonds, die – ähnlich wie bei einem Programmansatz – eine rasche Verpflichtung des Globalbudgets erlauben. 
Es zeigt sich aber auch, dass dank den Erfahrungen in den EU-10 die Zusammenarbeitsprogramme in Bulgarien und Rumänien schneller aufgegleist werden konnten. Allerdings erfordert die Ausarbeitung qualitativ hochstehender Projekte in Bulgarien und 
Rumänien mehr Unterstützung von Schweizer Seite. Wie auch in den EU-10-Staaten haben die Finanz- und Verschuldungskrisen ihre Spuren hinterlassen.

). Der Erweiterungsbeitrag entspricht rund 0,8% der Mittel, welche die EU im Rahmen ihrer Kohäsionspolitik für die zwölf Partnerstaaten aufbringt.

Vollständige Mittelverpflichtung 
bei den EU-10


Bis zum 14. Juni 2012 konnten die den EU-10 zugeteilten Mittel vollständig für insgesamt 210 Projekte verpflichtet werden. Wegen seiner Bevölkerungsgrösse und dem tiefen Pro-Kopf-Einkommen ist Polen der grösste Nutzniesser des Erweiterungsbeitrags (siehe Grafik 1). Mit den rund 490 Mio. Franken, in denen auch die administrativen Kosten des Zusammenarbeitsprogramms eingeschlossen sind, werden in Polen 58 Projekte und Programme finanziert.Alle Projekte des Erweiterungsbeitrags sind auf eines von fünf vorrangigen Zielen ausgerichtet, mit dem Zweck, den Abbau von wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zu unterstützen. Der grösste Teil der Mittel wird für Vorhaben eingesetzt, welche dem Umweltschutz dienen (39%) oder das Wirtschaftswachstum fördern und die Arbeitsbedingungen verbessern (27%). Ungefähr ein Sechstel kommt Projekten zur Erhöhung der sozialen Sicherheit zugute (16%). Der Rest entfällt auf die Stärkung der öffentlichen Sicherheit (9%) und der Zivilgesellschaft (7%) sowie auf die Unterstützung der Partnerländer bei der Projektvorbereitung und Programmumsetzung durch technische Hilfe (2%).Auch wenn der Erweiterungsbeitrag auf die vorgenannten Ziele konzentriert ist, ergibt sich aufgrund der spezifischen Bedürfnisse der Partnerländer ein recht vielseitiges Projektportfolio. Zur Illustration sollen die folgenden Beispiele dienen:− Polen – Abfallentsorgung: 31 000 Einwohnerinnen und Einwohner profitieren vom Bau einer neuen Entsorgungsanlage. Vier Deponien sollen saniert werden. Weiter unterstützt die Schweiz Polen dabei, ein System zur Überwachung und Entsorgung von Asbest einzuführen, asbesthaltige Abfälle aus illegalen Deponien zu entfernen und die Hausdächer von 14 000 Haushalten und elf öffentlichen Gebäuden zu sanieren. Rund 70 000 Tonnen asbesthaltiger Abfälle werden fachgerecht entsorgt.− Lettland – Mikrokreditprogamm: Infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise stieg die Arbeitslosenquote Lettlands massiv an. Das Mikrokreditprogramm erleichtert Kleinstunternehmen und selbständig Erwerbenden den Zugang zu einer Startfinanzierung. Dadurch sollen bestehende Arbeitsplätze erhalten und bis zu 900 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.− Tschechien – Stärkung des Gesundheitswesens zugunsten von älteren und unheilbar kranken Menschen: Finanziert werden die Renovierung und Ausrüstung von drei Gesundheitszentren, in denen Menschen mit chronischen und unheilbaren Krankheiten behandelt werden. Zusätzlich werden Spitex-Dienste in 15 Ortschaften ­eingeführt oder ausgeweitet. Ausserdem werden im Gesundheitsbereich tätige Nichtregierungsorganisationen (NGO) gestärkt.− Slowakei – Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität: Das Projekt verbessert die Fähigkeiten der slowakischen Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, indem das polizeiliche Informationssystem ausgebaut wird.− Slowenien – Förderung der Zivilgesellschaft sowie Wissenstransfer durch Partnerschaften mit der Schweiz: Durch den Fonds für Partnerschaften und NGO wird einerseits die Zivilgesellschaft gestärkt, und andererseits werden Partnerschaften zwischen schweizerischen und slowenischen Gemeinden, Institutionen, Verbänden und Stiftungen ausgebaut und vertieft. Insgesamt werden im Rahmen des Fonds rund 50 NGO- und Partnerschaftsprojekte umgesetzt.Auch innerhalb der neuen EU-Mitgliedstaaten bestehen grosse wirtschaftliche und soziale Unterschiede. In den östlichen Randregionen führten der rasche Übergang zur Marktwirtschaft und das Fehlen von ausgleichenden Sozialversicherungssystemen zu sozialen Problemen, die durch den Wegzug qualifizierter Arbeitskräfte noch verstärkt werden. Um auch die Ungleichheiten innerhalb der Länder abzubauen, werden in den grösseren Partnerstaaten weniger entwickelte Regionen besonders unterstützt. Zu diesem Zweck wurde mit Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn vereinbart, dass mindestens 40% des Erweiterungsbeitrags den strukturschwachen Regionen zu Gute kommen. Dieses Ziel wurde in allen vier Ländern übertroffen.

Auswirkungen der Verschuldungskrise


Dass die Umsetzung des Erweiterungsbeitrags bis anhin insgesamt planmässig verlaufen ist, ist nicht selbstverständlich. Während die Auswirkungen der Finanzkrise 2008 den Erweiterungsbeitrag nicht wesentlich tangiert hatten, führte die sich verschärfende Verschuldungskrise ab Mitte 2010 zu grösseren Schwierigkeiten bei der Identifizierung und Genehmigung der Projekte. Aufgrund der Änderung von Prioritäten und Budgetkürzungen wurden ab März 2011 zum Beispiel in Polen provisorisch genehmigte Projekte im Gesamtbetrag von rund 100 Mio. Franken zurückgezogen. In der Folge mussten aus der Reserveliste neue Projekte identifiziert und vorbereitet werden, bei denen die polnische Seite die Finanzierung des Eigenbeitrags von mindestens 15% über die kommenden Jahre gewährleisten konnte.In praktisch allen EU-10-Ländern kam es auch zu einem Stellenabbau und zu Lohnkürzungen im öffentlichen Sektor. Davon betroffen wurden auch Verwaltungseinheiten, die für den Erweiterungsbeitrag zuständig sind. In ein paar Ländern beeinträchtigten häufige Personalwechsel, die Reduktion von personellen Kapazitäten und Reorganisationen vorübergehend auch die Zusammenarbeit beim Erweiterungsbeitrag.Die Budgetierung der Projekte erfolgt in lokaler Währung. Die entsprechende Verpflichtung der Schweiz wird jedoch bei der definitiven Genehmigung des Projektes durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) oder die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) in Schweizer Franken festgelegt. Die Aufwertung des Schweizer Frankens wirkte sich für die Partnerstaaten beim Erweiterungsbeitrag deshalb positiv aus, und zwar in verschiedener Hinsicht:− Zum einen kam es in vor der Festlegung der Frankenuntergrenze zum Euro im September 2011 genehmigten Projekten zur Freisetzung von Budgetmitteln. Diese erlauben die Finanzierung von weiteren Projektkomponenten
Der Einschluss von zusätzlichen Komponenten in ein Projekt (z.B. der Anschluss weiterer Häuser an ein Abwasserreinigungssystem) muss von der für das Projekt verantwortlichen Institution detailliert begründet werden, darf den Budgetrahmen nicht überschreiten und muss den Projektzielen entsprechen. Die Bewilligung der Finanzierung erfolgt durch das Seco oder die Deza. oder bieten durch ihre «Reservefunktion» zusätzlich Gewähr dafür, dass es zu keiner Budgetüberschreitung kommt. − Zum andern ermöglichte die Frankenstärke in einigen Ländern 2011/12 die Genehmigung von einem oder mehreren zusätzlichen Projekten. − Für die Schweiz schliesslich ergaben sich bei ihren Büros vor Ort Einsparungen bei den Ausgaben in lokaler Währung.

Zweckmässiges Monitoring


Bereits bei der Projektauswahl wurde auf die korrekte Zuteilung der Mittel geachtet. Unabhängige Gremien, in welchen u.a. die ­relevanten Ministerien und NGO vertreten waren, überprüften Auswahlkriterien und -verfahren. Durch ihre Büros und Botschaften vor Ort konnte die Schweiz an den ­Sitzungen dieser Gremien als Beobachterin teilnehmen. Der letztliche Finanzierungsentscheid wurde bei allen Projekten entweder durch die Deza oder das Seco getroffen. Die Risiken betreffend Missbrauch und Korruption waren Bestandteil der Projektprüfung.In der zweiten Fünfjahresperiode der Zusammenarbeit mit den EU-10 liegt das Schwergewicht nun beim Monitoring der Auftragsvergabe und der planmässigen Umsetzung der genehmigten Projekte. Die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen erfolgt gemäss WTO-, EU- und nationalem Recht. Die Schweiz begleitet diese kritische Projektphase sehr eng und setzt dabei auch von ihr mandatierte Spezialisten ein. Sie hat Zugang zu allen Unterlagen. Das Partnerland muss die Einhaltung der geltenden Regeln und die Unabhängigkeit aller beteiligten Personen bei jeder öffentlichen Ausschreibung schriftlich bestätigen.Die Schweizer Büros Erweiterungsbeitrag in Warschau, Riga, Budapest und Prag begleiten die Umsetzung der Projekte vor Ort. Die Verantwortung für die Überprüfung der erbrachten Leistungen liegt beim Projektträger. Dieser erstattet der Schweiz mindestens alle sechs Monate Bericht über den Fortschritt des Projekts und über die in Rechnung gestellten Leistungen. Die Partnerregierung bestätigt der Schweiz, dass die Rückerstattungsforderungen korrekt sind. Nach ihrer eigenen Prüfung gibt die Schweiz dann die entsprechenden Zahlungen frei. Besteht ein Verdacht, dass es zu Unregelmässigkeiten gekommen ist, müssen die Partnerstaaten die Schweiz informieren. Sie sind verpflichtet, Verdachtsfälle zu untersuchen und gegebenenfalls die strafrechtliche Verfolgung sicherzustellen. Spätestens bei Projektabschluss wird bei jedem Projekt durch eine zertifizierte Organisation ein Finanzaudit vorgenommen. Die Schweiz wird über alle durchgeführten Audits informiert und erhält die Zusammenfassungen mit den Schlussfolgerungen und Empfehlungen. Zudem kann sie jederzeit eigene Überprüfungen vornehmen oder vornehmen lassen. Eine grössere Anzahl von Projekten wird schliesslich auch einer eingehenden und systematischen Evaluation unterzogen werden.

Stärkung der bilateralen Beziehungen


Die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und den Partnerländern des Erweiterungsbeitrags sind traditionell gut und vielfältig. Mit den Programmen zur konkreten Zusammenarbeit können diese Beziehungen wesentlich bereichert werden. Es ist dabei nicht in erster Linie der Umfang der Schweizer Unterstützung, der am meisten zählt, sondern der Aufbau und die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Institutionen und Personen beider Seiten. Institutionelle Partnerschaften sind in der Forschung besonders wichtig. So werden über 50 gemeinsame Forschungsprojekte zwischen Schweizer Forschungsinstitutionen und solchen aus Ungarn, Polen und Litauen unterstützt. Sogenannte Partnerschaftsfonds ermöglichen die Durchführung kleinerer gemeinsamer Projekte zwischen Gemeinden, NGO und öffentlichen Institutionen aus der Schweiz und aus Partnerländern. Damit können Erfahrungen und Wissen ausgetauscht werden. Manche der bisher über 100 Partnerschaften werden auch nach dem Abschluss der Projekte weiter bestehen.In mehr als 50 Projekten in verschiedenen Themenbereichen sind ausserdem beratende Partnerschaften etabliert worden: Schweizer Akteure verfügen über spezifisches Wissen und langjährige Erfahrung, und sie bringen diese im Rahmen grösserer Projekte ein. Solche Partner sind zum Beispiel Universitätsspitäler, Naturschutzorganisationen sowie kantonale oder eidgenössische Fachstellen.Die wieder stark ansteigende Kaufkraft in den neuen EU-Mitgliedstaaten macht diese zu interessanten Märkten für die Schweizer Exportwirtschaft. Trotz der EU-Verschuldungskrise und der starken Frankenaufwertung weist die Handelsbilanz mit den EU-10 und Bulgarien/Rumänien einen Überschuss in der Höhe von rund 1 Mrd. Franken (2011) auf. Dazu beigetragen haben auch Aufträge, welche Schweizer Firmen aus EU-finanzierten Projekten bekommen haben. In einer vor kurzem durchgeführten Umfrage zeigte sich, dass Schweizer Firmen in den letzten Jahren in den neuen EU-Mitgliedstaaten 341 solcher Aufträge im Gesamtbetrag von 576 Mio. Franken erhalten haben. Die effektiven Zahlen dürften noch weit höher liegen.Der Erweiterungsbeitrag trägt dazu bei, die schweizerischen Geschäftsbeziehungen mit den neuen EU-Mitgliedstaaten weiter zu stärken, und zwar auch direkt. Die grosse Mehrheit der öffentlichen Ausschreibungen aus dem Erweiterungsbeitrag steht nun bis Ende 2013 an.
Hinweise auf laufende Ausschreibungen werden auch auf der Webseite des Erweiterungsbeitrags publiziert: http://www.erweiterungsbeitrag.admin.ch In einer ganzen Reihe von Zusammenarbeitsbereichen – wie z.B. Energieeffizienz, Wasser und Abwasser, öffentlicher Transport, Umweltschutz und Gesundheit – sind Schweizer Firmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen sehr gut positioniert. Trotz des starken Frankens darf deshalb davon ausgegangen werden, dass sich bei den kommenden Auftragsvergaben auch schweizerische Firmen qualifizieren werden.Auf der politischen Ebene haben die Projekte und Programme des Erweiterungsbeitrags die Aufmerksamkeit für die Schweiz verstärkt. Auch hier ist es nicht das Volumen, sondern die Ausrichtung und Qualität der Projekte, welche auf nationaler, aber auch auf lokaler und regionaler Ebene das Image der Schweiz positiv beeinflussen. Im Rahmen der offiziellen bilateralen Beziehungen ist der Schweizer Beitrag ein tragendes Element. Dieses kann das Verständnis und die Unterstützung für die Position der Schweiz in Europa fördern und damit einen Beitrag zur Fortführung des bilateralen Wegs leisten.

Ein zweiter Erweiterungsbeitrag?


Die Efta/EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein befinden sich in ihrer vierten Phase der Unterstützung der Kohäsion im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) seit 1994. Für den Zeitraum 2009-2014 haben sie Mittel von umgerechnet 2,2 Mrd. Franken bereit gestellt, wobei Norwegen mit mehr als 97% die Hauptlast trägt. Überdies hat Norwegen über seinen Finanzmechanismus die Unterstützung an die EU-12 um 12% erhöht. Die Unterstützung der Kohäsionsanstrengungen der EU ist für die drei Efta/EWR-Staaten auch eine Massnahme zur Sicherung ihres Zugangs zum EU-Binnenmarkt. Sie sind diesbezüglich durch den EWR besser gestellt als die Schweiz, da der EWR auch den freien Marktzugang im Dienstleistungsbereich beinhaltet.Von Seiten der EU besteht ein grosses Interesse daran, dass auch der schweizerische Erweiterungsbeitrag mit der Zeit aufgestockt und weiter geführt wird. Dies hat der Rat der EU bereits im Dezember 2010 in seinen Schlussfolgerungen zum Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz festgehalten: «Die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz schliessen einen Beitrag zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der EU ein. Die EU ist der Überzeugung, dass eine solche Unterstützung die Beziehungen zwischen den beiden Seiten insgesamt bereichert und die gegenseitige Solidarität stärkt. Der Rat ist daher zuversichtlich, dass die Schweiz auf der Grundlage einer Überprüfung der bestehenden Mechanismen auch künftig einen Beitrag leisten wird.»
Vgl. Schlussfolgerungen des Rates zu den Beziehungen zwischen der EU und den Efta-Ländern, Brüssel, 14. Dezember 2010, Ziffer 40. Die EU hat der Schweiz bis anhin jedoch kein offizielles Gesuch um eine Fortführung des Erweiterungsbeitrags zukommen lassen.Für die Schweiz ist der Erweiterungsbeitrag Bestandteil des gesamtheitlichen und koordinierten Ansatzes, den der Bundesrat bei der Europapolitik verfolgt. Entsprechend ist die Möglichkeit der Weiterführung des Erweiterungsbeitrags für den Bundesrat Teil der Roadmap, die er am 1. Februar 2012 hinsichtlich der Weiterentwicklung des bilateralen Wegs festgelegt hat und über die er sich mit der EU verständigen möchte. Die Frage, ob es zu einem zweiten Erweiterungsbeitrag kommen wird, lässt sich deshalb heute noch nicht beantworten. Der Bundesrat wird zur gegebenen Zeit und im Lichte der Gesamtbeziehungen der Schweiz mit der EU darüber befinden, ob diese Unterstützung fortgeführt werden soll. Dabei wird er die bisherigen Erfahrungen mit dem laufenden Erweiterungsbeitrag sowie die Bedürfnisse der Empfängerstaaten berücksichtigen. Der Entscheid wird letztlich beim Parlament liegen, das einen entsprechenden Rahmenkredit bewilligen müsste.

Grafik 1: «Geografische Aufteilung des Erweiterungsbeitrags»

Grafik 2: «Aufteilung des Erweiterungsbeitrags an die EU-10 nach Projektzielen»

Kasten 1: Rumänien und Bulgarien

Rumänien und Bulgarien


In Rumänien und Bulgarien haben Deza und Seco bis im Herbst 2012 neun Projekte und zwölf thematische Fonds im Gesamtbetrag von 116,7 Mio. Franken genehmigt, 
einschliesslich der Fonds für technische Unterstützung und zur Projektvorbereitung. Fünf Projekte und ein thematischer Fonds im Gesamtbetrag von 64,1 Mio. Franken, die grundsätzlich genehmigt worden sind, befinden sich in der Detailausarbeitung. Grund für die raschere Verpflichtung als in den EU-10 sind die thematischen Fonds, die – ähnlich wie bei einem Programmansatz – eine rasche Verpflichtung des Globalbudgets erlauben. 
Es zeigt sich aber auch, dass dank den Erfahrungen in den EU-10 die Zusammenarbeitsprogramme in Bulgarien und Rumänien schneller aufgegleist werden konnten. Allerdings erfordert die Ausarbeitung qualitativ hochstehender Projekte in Bulgarien und 
Rumänien mehr Unterstützung von Schweizer Seite. Wie auch in den EU-10-Staaten haben die Finanz- und Verschuldungskrisen ihre Spuren hinterlassen.

Kasten 2: Hinweis zur Publikation

Hinweis zur Publikation


SECO, DEZA: Zwischenbilanz zum Ende der Verpflichtungsperiode mit den EU-10 (2007-2012). Internet: http://www.erweiterungsbeitrag.admin.ch/de/Home/Publikationen.

Die Publikation bietet einen Überblick über die erste Phase und zieht Bilanz über das erklärte Ziel, die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten Europäischen Union abzubauen.

Zitiervorschlag: Hugo Bruggmann, Ulrich Stuerzinger, (2012). Der Erweiterungsbeitrag zugunsten der EU-10-Staaten: Eine Standortbestimmung. Die Volkswirtschaft, 01. Dezember.