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Freiwillige private Standards: Eine Chance zur Integration von Biodiversität und sozialen Aspekten in die Zulieferkette

Freiwillige private Standards: Eine Chance zur Integration von Biodiversität und sozialen Aspekten in die Zulieferkette

Freiwillige private Standards sind wichtig, weil sie zur Definition eines nachhaltigen Managements beitragen. Gleichzeitig zeigen sie auf, wie gute Praktiken zu Biodiversitätsschutz und Benefit-­Sharing-Mechanismen in die Zulieferkette integriert werden können. Entscheidend für die Durchsetzung der Standards ist, dass sie auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand beruhen und einer unabhängigen Kontrolle unterliegen. Wichtig ist zudem, dass die Befähigung der für die Implementierung der nachhaltigen Praktiken zuständigen Personen im Rahmen eines Capacity-Building- und/oder -Training-Prozesses laufend gestärkt wird. Ein Beispiel der Anwendung freiwilliger privater Standards in der Praxis sind die Bemühungen der IUCN und ihrer Partner zur nachhaltigen Produktion von Allanblackia-Öl in afrikanischen Ländern.

Unternehmen haben durch ihre Tätigkeiten einen Einfluss auf Biodiversität und Ökosysteme. Sie sind ihrerseits abhängig 
von Naturprodukten wie Pflanzen, Wasser und Boden sowie Ökosystemdienstleistungen wie Bestäubung, Wasserreinigung, Über­flutungs-/Klimaregulierung, Bodenbildung und Nährstoffrecycling. Geschwächte Ökosysteme stellen deshalb direkte Risiken dar. Unternehmen sollten entsprechend motiviert sein, schädigende Praktiken zu ändern.

Wachsendes Umwelt- und Sozial­bewusstsein von Unternehmen


Das wachsende Bewusstsein für diese Zusammenhänge und Abhängigkeiten führt viele Unternehmen dazu, ihre Risiken neu zu beurteilen und zu managen. Etliche Unternehmen ergreifen Gegenmassnahmen, um den von ihnen ausgehenden Druck auf die Biodiversität zu mindern und entwickeln präventive Nachhaltigkeitsansätze. Der nächste Schritt wäre nun, die Praktiken so zu gestalten, dass sie die Biodiversität fördern und einen Mehrwert für die ansässige Bevölkerung schaffen. Dies ist denn auch das Hauptziel der Zusammenarbeit der International Union for Conservation of Nature (IUCN) mit der Privatwirtschaft. Zu diesem Zweck fördert und unterstützt IUCN die Entwicklung von Zulieferketten mit entsprechenden Nachhaltigkeitsstandards und Schutzmechanismen.Freiwillige private Standards sind Leit­linien, die in verschiedenen Prozessen der Zulieferkette eines Guts oder einer Dienstleistung Anwendung finden und ein Monitoring- und Evaluationssystem beinhalten. Standards sind wichtig, um unabhängig überprüfte Nachhaltigkeitspraktiken zu entwickeln und zu definieren. Sie sind auch ein erster Meilenstein auf dem Weg zur Internalisierung von Biodiversitäts- und Sozialkosten in die Wirtschaft. Die IUCN bietet Unterstützung für Unternehmen, welche eigene Standards entwickeln, indem sie sicherstellt, dass sie auf dem neusten Wissensstand basieren und durch einen breiten Kreis von Stakeholdern abgestützt sind. Zur Implementierung von freiwilligen privaten Standards bieten sich Public Private Partnerships (PPP) an.

Am Beispiel des Allanblackia-Projekts lernen


Ein gutes Beispiel für PPP ist das 2002 vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gegründete Allanblackia-Projekt. In Ghana und Tansania wird aus den Samen der Allanblackia-Pflanze traditionelles Öl zum Kochen oder für Seife gewonnen. Die Bäume wachsen in biodiversitätsreichen Gegenden, die jedoch oft von grosser Armut betroffen sind. Der Bedarf an lokalen Walderzeugnissen ist entsprechend hoch. Mit der Schaffung eines Marktes für das Öl wurde ein lokales Biodiversitäts- und Walderzeugnis in Wert gesetzt, das ansonsten gerodet und für Feuerholz verwendet würde.Um ein Programm zur Aufwertung der nationalen Allanblackia-Öl-Produktion zu unterstützen, wurde die Novella Africa Initative ins Leben gerufen. Die Vision dieses PPP, das unter anderem das Seco, IUCN, Unilever und lokale Unternehmen vereint, ist es, eine nachhaltige Zulieferkette zu schaffen, welche durch die Retablierung von Waldlandschaften die Basis der lokalen Wirtschaft stärkt.Nach dem Aufbau der Zulieferkette wurde eine Partnerschaft mit der Union of Ethical Bio Trade (UEBT) eingegangen. Ihre Rolle im Projekt war es, ein Konzept der Marktdifferenzierung zu entwerfen und bei der Entwicklung eines Standards zur nachhaltigen Allanblackia-Produktion mitzuwirken. Als Gewerkschaft war es zudem ihr Anliegen, die Befähigung der Stakeholder auf allen Ebenen zu verbessern. Die nachhaltige Anwendung von Standards verlangt fast immer eine zusätzliche Schulung der Akteure.Der UETB-Standard mit seinem Sourcing with Respect-Ansatz ist heute fest etabliert. Die beteiligten Unternehmen haben sich verpflichtet, bei ihren Beschaffungen auf die Bewahrung der Biodiversität zu achten, traditionelles Wissen zu respektieren und die gerechte Aufteilung der Erträge sicherzustellen. Die nächste Herausforderung wird darin bestehen, den Standard der wachsenden Allanblackia-Produktion anzupassen, um die Nachhaltigkeit über allen Stufen der Zulieferkette hinweg sichern zu können.

Zitiervorschlag: Pauline Buffle (2012). Freiwillige private Standards: Eine Chance zur Integration von Biodiversität und sozialen Aspekten in die Zulieferkette. Die Volkswirtschaft, 01. Dezember.