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Freihandelsabkommen Efta-Hongkong – Weiterentwicklung der Schweizer Freihandelspolitik

Freihandelsabkommen Efta-Hongkong – Weiterentwicklung der Schweizer Freihandelspolitik

Das Freihandelsabkommen (FHA) mit Hongkong ist am 1.Oktober 2012 in Kraft getreten. Es ist das vierte FHA mit ostasiatischen Partnern nach den Abkommen mit Singapur (in Kraft seit 1.1.2003), der Republik Korea (1.9.2006) und Japan (1.9.2009). Für die aussenwirtschaftsabhängige Schweizer Volkswirtschaft sind ein möglichst diskriminierungsfreier Marktzugang und Rechts­sicherheit auf den Exportmärkten besonders in Zeiten des starken Frankens von entscheidender ­Bedeutung.

Der Autor war Efta-Sprecher und Leiter der Schweizer Delegation in den Verhandlungen der Efta-Staaten mit Honkong (September 2009 bis Juni 2011).Die ehemalige britische Kronkolonie Hongkong ist seit 1997 eine Sonderver­waltungszone der Volksrepublik China und ist eigenständiges Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO). Das Land weist seit 10 Jahren ein jährliches Wirtschaftswachstum von 6%–8% auf. Dieser Trend wurde nur 2008/09 durch die internationale Finanzkrise unterbrochen. 2011 exportierte die Schweiz Waren für 7,9 Mrd. Franken nach Hongkong (Uhren, Edelsteine, Edelmetalle, Schmuck, Maschinen usw.); die Importe betrugen 1,8 Mrd. Franken (u.a. Bijouterie, Uhrmacherwaren, Maschinen). Honkong ist nach China und Japan in Asien der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz und als drittgrösster Finanzplatz der Welt auch für den Dienstleistungshandel bedeutsam. Über 200 Schweizer Unternehmen von Sektoren wie Uhren, Banken, Versicherungen, Pharma, Maschinen sowie Handel und Logistik sind durch Niederlassungen oder Büros vertreten. Der Bestand der Schweizer Direktinvestitionen in Hongkong erreichte Ende 2010 4,9 Mrd. Franken.

Inhalt des Abkommens


Das im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta)
Mitglieder: Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz. ausgehandelte Abkommen erleichtert den bilateralen Warenverkehr und Dienstleistungshandel, gewährleistet die Weiterführung der beidseits offenen Investitionsregimes und verstärkt den Schutz geistiger Eigentumsrechte. Weiter enthalten sind Bestimmungen über Wettbewerb, öffentliches Beschaffungswesen und handelsrelevante Umweltfragen.
Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 16.9.2011 BBl 2011-1050, S. 7865–7962. Parallel dazu haben die Efta-Staaten und Hongkong ein Abkommen über Arbeitsstandards abgeschlossen. Wie bei den bisherigen Efta-FHA wird der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten in bilateralen Abkommen der einzelnen Efta-Staaten geregelt.Im Warenverkehr gilt ab Inkrafttreten des Abkommens Zollfreiheit für Industrieprodukte: Die Schweiz beseitigt gegenüber Hongkong die bestehenden Industriezölle, und Hongkong verpflichtet sich, gegenüber der Schweiz seine Nullzollpolitik weiterzuführen. Dies erhöht die Rechtssicherheit für die Schweizer Exporteure, da Honkong die Zollbefreiung in der WTO nur teilweise völkerrechtlich verpflichtet hat. Die Zollbefreiung Hongkongs wird auch für die Exporte von verarbeiteten und unverarbeiteten Agrar­produkten weitergeführt. Umgekehrt gewährt die Schweiz Hongkong Zollerleichterungen für verarbeitete und für ausgewählte unverarbeitete Agrarprodukte.Für den Handel mit Dienstleistungen enthält das Abkommen beiderseits ein gegenüber der WTO höheres Niveau der Markt­zugangsverpflichtungen. Für Schweizer Anbieter von besonderem Interesse sind z.B. Versicherungs-, Ingenieurs- und Handelsdienstleistungen, Installation und Unterhalt von Maschinen sowie Umwelt- und Logistikdienstleistungen. Erstmals in einem FHA der Efta wurden die Dienstleistungsverpflichtungen nach der Methode der Negativlisten festgelegt, die ein anspruchsvolleres Verpflichtungsniveau als die bisher verwendeten Positivlisten fördern.
Negativlisten wurden bereits im bilateralen Abkommen der Schweiz mit Japan verwendet.Auch für bestimmte Rechte an geistigem Eigentum (namentlich Patente, Testdaten, Designs und Marken) sowie bei deren Durchsetzung wurde ein zum Teil über die WTO hinausgehendes Schutzniveau vereinbart. So wurde u.a. der Patentschutz jenem des Europäischen Patentübereinkommens angenähert.Mit den erstmals im Rahmen eines FHA der Efta bzw. der Schweiz vereinbarten Bestimmungen über handelsrelevante Umwelt- und Arbeitsstandards leitet das vorliegende Abkommen eine inhaltliche Weiterentwicklung der Schweizer Freihandelspolitik ein. Konkret verpflichten sich die Parteien u. a., in ihren Gesetzgebungen hohe Schutzniveaus anzustreben und ihre Verpflichtungen in der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und den multilateralen Umweltabkommen wirksam umzusetzen.

Ausblick


FHA werden mit weiteren asiatischen und anderen Partnern angestrebt. Die Schweiz verhandelt seit 2011 bilateral mit China. Im Rahmen der Efta sind Verhandlungen mit Indien, der Zollunion Russland/Belarus/Kasachstan, den zentralamerikanischen Staaten Indonesien, Vietnam, Malaysia und Thailand in Gang.

Zitiervorschlag: Christian Etter (2012). Freihandelsabkommen Efta-Hongkong – Weiterentwicklung der Schweizer Freihandelspolitik. Die Volkswirtschaft, 01. Dezember.