Suche

Abo

Die Hochpreisinsel ist hausgemacht – zum Glück!

Die Hochpreisinsel ist hausgemacht – zum Glück!

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Probleme der Schweiz Euro-Probleme sind. Das heisst: Die Schweiz hat alles richtig gemacht. Die sichere und bedachte Politik der SNB führte zu niedrigen Zinsen und zu niedriger Inflation, der Arbeitsmarkt in der Schweiz funktioniert dank hoher Flexibilität sehr gut. Die Fiskalpolitik – insbesondere die Schuldenbremse – führt zu einer erträglichen Staatsverschuldung, welche im Vergleich mit europäischen Staaten gering ist. Vor diesem Hintergrund ist der starke Franken verständlich. Aber erst die extreme gegenläufige Entwicklung in Europa aufgrund von Bankenkrise, überschuldeten Staaten und politisch gelähmten Arbeitsmärkten mit teilweise massiver Arbeitslosigkeit brachte den Franken in Bedrängnis.

Seit mehr als einem Jahr gelingt es der SNB, den Wechselkurs des Frankens zum Euro stabil bei 1,20 zu halten. Das hat zu Planbarkeit geführt – eine wichtige Voraussetzung für unternehmerisches Handeln. In der allgemeinen Ratlosigkeit hat der Bund den Preisbarometer geschaffen. Er soll sichtbar machen, wie viel billiger im Ausland eingekauft werden kann. Eine groteske Idee. Schlimm vor allem deshalb, weil damit nicht einmal der Versuch gemacht wird, sich einer Lösung der Hochpreisinsel anzunähern. Reisserisch wird unterstellt, der Handel bereichere sich schamlos an der Wechselkurssituation. Auf die Auswirkung der teuren und risikoreichen Lagerhaltung auf die Verkaufspreise in der Schweiz soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Vielmehr gilt es, Lösungen zu finden.

Fakten, die zur Hochpreisinsel Schweiz führen


Nivea, Autos, Pampers! Gebetsmühlenartig wird vorgerechnet, welche Produkte in der Schweiz wie viel zu teuer sind. Krampfhaft werden die hohen Löhne ausgeblendet, ebenso die Mieten und die gute Infrastruktur. Diskussionen über einzelne Preise, die immer nur für einzelne Produkte zu gewissen Zeitpunkten gemessen werden und Aktionen konsequent ausblenden, führen nicht zum Ziel, für Schweizer Konsumenten eine Verringerung der Lebenskosten zu erreichen. Hierfür wäre zwingend ein konstruktiver Dia­log zu wünschen, denn die Fakten, die zur Hochpreisinsel Schweiz führen, liegen auf dem Tisch. Die Lösungsvorschläge von Handel Schweiz wurden bereits formuliert:

  • Technische Handelshemmnisse endlich konsequent abbauen, denn sie verteuern Produkte massiv. Es ist Unsinn, wenn die Schweiz andere Regulierungen und Deklarationsvorschriften hat als die EU und deswegen teure Umetikettierungen vorgenommen werden müssen.
  • Das Cassis-de-Dijon-Prinzip sieht vor, dass Produkte, welche in einem EU-Land zugelassen sind, in jedem andern EU-Land telquel auf den Markt gebracht werden dürfen. Die Schweiz unterhöhlt dieses Prinzip mit unzähligen Ausnahmen massiv, allen voran im Lebensmittelbereich.
  • Agrarfreihandel endlich fördern und zulassen und nicht mehr nur auf die Verhinderer hören. Kein abgeschotteter Markt der Welt hat Überlebenschancen. Die Marktöffnung bewirkt dreierlei: Innovationsschub, markant höherwertigere Produkte (siehe Käse!) und günstigere Preise dank mehr Wettbewerb, vor allem auch wegen Exportchancen schweizerischer Produkte im Ausland.
  • Freihandelsabkommen weiter vorantreiben. Hier ist die Schweiz bereits sehr gut unterwegs: Die potenziellen Abkommen mit allen Bric-Staaten sind Gold wert. Die USA sollten dazu kommen.
  • Flankierende Massnahmen konsequent anwenden und durchsetzen, um die bilateralen Abkommen zu stärken.
  • Ladenöffnungszeiten den Nachbarländern anpassen, um Chancen zu nutzen. Es gibt nichts Frustrierenderes für einen Händler oder Ladenbesitzer, als zuzuschauen, wie die Konkurrenten im Ausland oder an Bahnhof/Flughafen/Tankstelle geöffnet haben. Es geht nicht um die verordnete 24/7/365-Gesellschaft, sondern um die Wahlfreiheit.
  • Bestehende Gesetze anwenden, statt sie permanent ad hoc verschärfen oder neue schreiben. Das gilt im Besonderen für die Kartellgesetzgebung. Das Kartellgesetz funktioniert bestens, nur muss es angewendet werden. Die vorgesehene Anpassung steht völlig quer in der Landschaft: Sie ist nicht durchsetzbar, kontraproduktiv und verfehlt ihr Ziel um Längen.
  • Abbau administrativer Kosten und Beiträge, die Produkte verteuern.


Der Schweizer Konsument muss sich aber bewusst sein, dass die Hochpreisinsel Schweiz weiter Bestand haben wird. Dies sind die Kosten, die für wirtschaftlichen ­Erfolg und die damit zusammenhängende hohe Schweizer Kaufkraft sowie für die Isolation innerhalb des europäischen Binnenmarktes zu zahlen sind. Handel Schweiz setzt sich dafür ein, dass die Hausaufgaben gemacht werden. Wenig Verständnis besteht für das Jammern gewisser Branchen, die sofort nach Bundesmanna schreien, wenn die Schönwetterlage sich zu verdüstern beginnt. Unternehmerisches Risiko kann man versichern; primär aber muss man es tragen – in guten wie in schlechten Zeiten.

Zitiervorschlag: Kaspar Engeli (2013). Die Hochpreisinsel ist hausgemacht – zum Glück!. Die Volkswirtschaft, 01. März.