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Entwicklung der preislichen Konkurrenzsituation an der Grenze zu Deutschland

Eine Auswertung der harmonisierten Konsumentenpreisindizes von Eurostat zeigt auf, dass sich ausgehend vom Stand im Juni 2010 Ende 2012 eine weit geringere Ausweitung der Preisdifferenzen zu Deutschland eingestellt hat als noch im Sommer 2011. Je leichter die Nachfrager auf Auslandangebote bei Produkten und Dienstleistungen ausweichen können, desto mehr die Preissetzung der Anbieter auf den Wechselkurs. Werden absolute Preisdifferenzen zu Deutschland aus einer selektiven Preiserhebung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) in grenznahen Standorten herangezogen, zeigt sich aber, dass sich diese zwischen 2011 und 2012 bei vielen Produktkategorien noch leicht ­akzentuiert haben. Der Einkaufstourismus bleibt bei diesen hohen Preisdifferenzen attraktiv.

In diesem Artikel wird zunächst anhand der amtlichen Statistik dargestellt, wie sich die preisliche Konkurrenzsituation zu Deutschland in den letzten zweieinhalb ­Jahren entwickelt hat. Dazu werden die ­harmonisierten Konsumentenpreisindizes verwendet. Die harmonisierten Konsumentenpreisindizes messen – gleich wie der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) – die Teuerung bei einzelnen Kategorien von Gütern und Dienstleistungen und im Konsum allgemein. Unterschiede ergeben sich durch eine europaweit einheitliche Festlegung der erfassten Güterkategorien und ein für alle Länder gleiches Gewichtungsschema der erfassten Meldungen. Mit andern Worten: Es wird die Optik des europäischen, nicht des Schweizer Durchschnittskonsumenten eingenommen. Wir beschränken unseren Vergleich auf die Entwicklung des harmonisierten Konsumentenpreisindex zwischen Deutschland und der Schweiz. Der Grund ist, dass der grenzüberschreitende Einkauf in Deutschland mit Abstand vor dem Einkauf in Frankreich, Italien oder Österreich rangiert und deshalb vor allem die Preisdifferenz zu Deutschland die grossen, gesamtschweizerisch tätigen Händler und Hersteller zum Reagieren zwingt.
Die harmonisierten Konsumentenpreisindizes sind ein nationales Mittel. Es wird davon ausgegangen, dass in den Grenzregionen wohl Abweichungen vom jeweiligen nationalen Mittel bestehen, dass sich diese im betrachteten Zeitraum aber nicht verändert haben. Zudem wird nur die Periode ab Sommer 2010 betrachtet, da spätestens ab diesem Zeitpunkt davon ausgegangen werden kann, dass der Franken gegenüber dem Euro in eine Phase der Überbewertung eingetreten ist, mithin spätestens ab dann Einkaufsvorteile weiterzugeben waren.
Siehe Grafik 1 im Artikel von Peter Balastèr auf S. 5 in dieser ­Ausgabe.

Übersicht zur Entwicklung der ­Preis­differenzen zu Deutschland


Die Ausweitung der Preisdifferenzen zu Deutschland zwischen Juni 2010 und Juni 2011 sowie zwischen Juni 2010 und Dezember 2012 ist in den beiden ersten Spalten von Tabelle 1 wiedergegeben. In der dritten Spalte wird gezeigt, wie sich die Preisdifferenz zwischen dem Basisjahr der Erhebung 2005 und Juni 2010 entwickelt hat. Indem man den Ausgangszeitpunkt Juni 2010 so in einen längerfristigen Kontext stellt, soll dem Einwand begegnet werden, dass die Wahl des Juni 2010 als Referenzzeitpunkt auch ein ­gewisses arbiträres Moment beinhaltet. Begründet ist diese Wahl dadurch, dass die Debatte um die Weitergabe der Einkaufsvorteile im Euro­raum im Sommer 2011 den Höhepunkt erreichte und man sich für die Argumentation der damals aktuellen Jahresveränderungsraten der Preise bediente. Gemessen am Basisjahr 2005 hatte sich im Juni 2010 oft schon eine erhebliche Ausweitung der Preisdifferenz zu Deutschland ergeben, wozu der Anstieg des Frankens zum Euro um 12,3% in diesem Zeitraum erheblich beitrug (bei einer gemäss harmonisiertem Konsumentenpreisindex über diese 5 Jahre in Deutschland um 3,8% höheren Teuerung als in der Schweiz). Ein negatives Vorzeichen in Tabelle 1 bedeutet, dass Deutschland gegenüber der Schweiz um den angegebenen Prozentsatz günstiger geworden ist, und dies zum jeweils geltenden Wechselkurs. Die Angaben zu den einzelnen Produktkategorien zeigen ein ausgeprägt heterogenes Bild. Wenn eine generalisierende Aussage gemacht werden kann, dann die, dass eine Momentaufnahme 12 Monate nach einer markanten Wechselkursveränderung (vorliegend im Juni 2011) noch kein abschliessendes Bild zur Weitergabe von Einkaufsvorteilen zu vermitteln vermag. Je mehr man aber den Zeitraum ausweitet (vorliegend bis Dezember 2012), desto fraglicher wird, ob man in den statistisch erfassten Preisveränderungen überhaupt noch den Einfluss der ursprüng­lichen Wechselkursänderung sieht. Gege­benenfalls sind andere, ebenso potente ­Einflussfaktoren dazugekommen. In der vorliegenden Periode ist dabei insbesondere an das Umschlagen der Einschätzung der weiteren konjunkturellen Entwicklung im Herbst 2011 zu denken.
Eine zeitlich sich dahinziehende Weitergabe wie auch die Präsenz anderer bedeutender Einflussfaktoren lassen sich nur sauber analysieren, wenn man fortgeschrittene ökonometrische Methoden zur Anwendung bringt.

Nahrungsmittel


Bei der Kategorie Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke war die Ausweitung der Preisdifferenz zu Deutschland mit 7,5% schon von Juni 2010 bis Juni 2011 geringer als die Wechselkursveränderung (–12,2%). Im Dezember 2012 hatte sich die Ausweitung der Preisdifferenz – trotz Fortbestehens einer gleichen Veränderung beim nominellen Wechselkurs zum Basismonat Juni 2010 wie im Juni 2011 – sogar ganz zurückgebildet.Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass bei Fisch, aber auch bei Obst im Dezember 2012 eine geringere Preisdifferenz zu Deutschland ausgewiesen wird als im Ausgangsmonat Juni 2010, und dies trotz Aufwertung des Frankens. Ein hoher Importanteil bei diesen Waren hat dies erleichtert. Milch, Käse und Eier kommen dagegen zu einem grossen Teil aus dem Inland; entsprechend verwundert es auch nicht, dass hier noch eine beschränkte Ausweitung der Preisdifferenzen fortbesteht. Gemessen an der seit Juni 2010 eingetretenen Wechselkursveränderung ist sie aber erstaunlich gering. Dass der Einkaufstourismus auf den Fleischeinkauf im Inland besonders stark einwirkt, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Möglicherweise liegt hier die Erklärung, dass sich beim Fleisch die Preisspanne zu Deutschland seit Juni 2010 sogar etwas verengt hat. Sie ist ja auch ausgesprochen gross.
Gemäss den Kaufkraftparitätsberechnungen von Euro­stat liegt 2011 das relative Preisniveau bei Fleisch für die Schweiz bei 200,6 und in Deutschland bei 114,5 Punkten, wenn EU-15=100.Bei den Kategorien Tabak und alkoholische Getränke ist Ende 2012 die Ausweitung der Preisspanne dagegen gross geblieben. Dies dürfte in den hohen staatlichen Abgaben, die in den erfassten Konsumentenpreisen enthalten sind, eine Erklärung finden. Der Steuersatz bei Tabak und Schnaps bemisst sich in der Schweiz nämlich nicht am Warenwert und damit am Preis, sondern an der Menge.

Dienstleistungen


Nicht verwunderlich ist, dass bei einer Reihe von Dienstleistungen auch im Dezember 2012 eine markante Ausweitung der Preisdifferenzen zu Deutschland fortbesteht. Dies ist der Fall bei den Finanzdienstleistungen (wo Eurostat für Deutschland einen Preiszerfall ausweist), dem Bildungswesen, der Telefonie und den Postdiensten, den Freizeit- und Kulturangeboten, den Versicherungen, den Bewirtungsdienstleistungen, der Gesundheit, dem Wohnungswesen und den Verkehrsleistungen. Die etwas geringere Ausweitung der Preisdifferenzen über den längeren Zeitraum Juni 2010 bis Dezember 2012 von –8,8% (statt –11,2%) entspricht etwa dem, was man aufgrund der allgemein etwas tieferen Teuerung in der Schweiz als in Deutschland in der letzten Zeit erwarten durfte. Auffallend unter den Dienstleistungsrubriken ist die Verengung der Preisdifferenzen bei Beherbergungsleistungen. Sie kontrastiert mit der Entwicklung bei Bewirtungsleistungen (am Ende der linken Spalte). Der Umsatzanteil der Ausländer bei den Übernachtungen ist aber auch höher als beim Konsum im Restaurant. Nimmt man noch die weitgehend aus Importen bestehende Position Pauschalreisen hinzu, ergibt sich im Ergebnis ein schlüssiges Bild: Je leichter die Nachfrager auf Auslandangebote ausweichen können, desto mehr reagiert die Preissetzung der Anbieter auf den Wechselkurs.

Waren


Zur allgemein etwas tieferen Teuerung bei Dienstleistungen in der Schweiz als in Deutschland in nationaler Währung trägt natürlich auch die Weitergabe von wechselkursbedingten Einkaufsvorteilen bei, denn dies senkt den Lohndruck. Interessant ist deshalb, wo eine solche Weitergabe bei den vor allem handelbare Waren umfassenden Indexpositionen erfolgt ist und wo nicht. Fragezeichen hinsichtlich Weitergabe der Einkaufsvorteile bestehen Ende 2012 vor allem bei folgenden Warengruppen fort: Sportgeräte, Schuhe, Zeitungen und Zeitschriften sowie sonstige Druckerzeugnisse. Dass bei Kraft- und Schmierstoffen kaum eine Annäherung eingetreten ist, dürfte ähnliche Gründe haben wie bei Alkohol und Tabak: Der staatliche Abgabensatz – alle Treibstoffabgaben zusammengenommen – ist vor allem Funktion der Menge und weniger des Umsatzes. Im Bereich all dessen, was in den Haushalt geht (d.h. von den Teppichen über die kurzlebigen Haushaltwaren bis zu den Möbeln), besteht Ende 2012 noch eine Ausweitung der Preisdifferenzen im Umfang von knapp der Hälfte der von Juni 2010 bis Dezember 2012 eingetretenen Wechselkursveränderung fort. Stellt man eine allgemein etwas tiefere Teuerung in der Schweiz in Rechnung, wäre der Schluss zulässig, dass die währungsbedingten Einkaufsvorteile weitergegeben wurden, falls der Kostenblock im Inland bei diesen Produkten bei rund der Hälfte des Umsatzes liegt. Deutlich umgeschlagen hat die Situation bei den Fahrzeugen, dies bei den Personenwagen ausgeprägter als bei den Zweirädern. Dass die Eurorabatte spätestens ab Mitte 2011 allen Kunden zugänglich gemacht wurden und damit statistisch zu erfassen waren, wird bei diesem Teilergebnis deutlich. Die Produkte der Rubrik Geräte und Zubehör – darunter fällt die Unterhaltungselektronik – werden vor allem aus Fernost importiert. Hier spielen andere Währungsverhältnisse als jene zum Euro eine bedeutende Rolle. Die Euroschwäche verteuerte die Importe Deutschlands; eine Frankenstärke bestand demgegenüber auch zum Dollarraum und verbilligte die Importe der Schweiz. Bei all diesen Analysen ist immer auch zu beachten, welche Effekte im Juni 2010 aufgrund der Teuerungsdifferenzen und Wechselkursveränderungen seit dem Basisjahr 2005 noch in der Pipeline waren. Die nachstehend diskutierte Position liefert hierzu eine Illustration: An sich ist auch die Bewegung bei der Bekleidung auffallend. War im Sommer 2011 noch quasi keine Weitergabe von währungsbedingten Einkaufsvorteilen zu beobachten, hatte man Ende 2012 sogar eine Verengung der Preisdifferenzen! Hier ist allerdings zu bedenken, dass seit dem Basisjahr 2005 für die Schweiz bei Bekleidung im harmonisierten Konsumentenpreisindex eine weit höhere Teuerungsrate statistisch erfasst wurde als für Deutschland. Mithin bestand Spielraum für eine gewisse Verengung der Preisdifferenz unter dem Druck der weniger günstig ­eingeschätzten Konjunktur und des Einkaufstourismus.

Fazit


Das Fazit aus dieser Vielfalt an Entwicklungen geht dahin, dass man im Juni 2011, als sich bei Waren die Preisdifferenz zu Deutschland um 9,4% ausgeweitet hatte, bei einer Verteuerung des Frankens von gegen 14%, noch kaum von einer Weitergabe der Einkaufsvorteile im Euroraum sprechen konnte. Im Dezember 2012 war dann nur noch eine Ausweitung um 2,2% zu verzeichnen – also 7% weniger, bei einer immer noch gleichen Wechselkursveränderung. Dies ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass gemäss der Input-Output-Tabelle der Schweiz nur etwa einer von sechs Franken im Konsum direkt ans Ausland gezahlt wird. Das Ergebnis erklärt sich aus einer allgemeinen Teuerungsdifferenz zu Deutschland, aus den im Herbst 2011 aufkommenden Befürchtungen hinsichtlich einer umschlagenden Konjunktur und aus dem Wettbewerbsdruck, sei es durch neue Konkurrenten, sei es wegen des sich ausweitenden Einkaufstourismus. Auf die Entwicklung der absoluten Preisdifferenzen zu Deutschland auf Produktebene wird in Kasten 1

Entwicklung auf Produktebene – Resultate einer Preiserhebung an Grenzstandorten


Im Rahmen des Preisobservatoriums zu den Wirkungen der Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) und insbesondere der autonomen Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips führte das Seco eigene Preiserhebungen in der Schweiz und im angrenzenden Ausland durch. Es wurden Daten auf dem Niveau der einzelnen Produkte erhoben. Die Daten von Eurostat aus dem internationalen Preisvergleichsprojekt wären für die Analyse zu aggregiert gewesen. Ein weiterer Grund für die eigene Datenerhebung war, dass die auf dem tiefen Desaggregationsniveau von den nationalen statistischen Ämtern erhobenen Angaben öffentlich nicht zugänglich sind. Dass die Preise vom Seco im grenznahen Ausland erhoben wurde, erklärt sich wegen der politischen Relevanz des Einkaufstourismus.

Die getroffene Auswahl von rund 150 Produkten kann die Repräsentativität der amtlichen Statistik nicht erreichen, auch wenn Produkte gewählt wurden, die auf den entsprechenden Märkten eine bedeutende Marktstellung innehaben. Dafür liefert diese Erhebung auch Angaben zu absoluten Preisdifferenzen, was die Indexreihen der amtlichen Statistik nicht können, was aber letztlich für den Kaufentscheid massgebend ist. Erfasst wurden wie in der amtlichen Statistik Bruttopreise. Dies lässt die Schweiz preisgünstiger erscheinen, als wenn Preise nach Abzug der staatlichen Abgaben verwendet worden wären. Der Grund liegt in erster Linie in den niedrigeren Mehrwertsteuersätzen in der Schweiz (Normalsatz von 8% in der Schweiz gegenüber 19% in Deutschland für 2012). Da die Erhebung in Zusammenhang mit der begleitenden Evaluation zur THG-Revision stand (Inkrafttreten per 1. Juli 2010), wurden in die Erhebung vor allem Waren aufgenommen, für die Vorschriften des technischen Rechts eine erhebliche Bedeutung haben. Auch insofern ist die Produktauswahl nicht repräsentativ. Dienstleistungen blieben gänzlich unbeachtet.

Die Preiserhebungen von 2010, 2011 und 2012 waren massgeblich durch die markante Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro geprägt. Konkret lag der Kurs des Euro in Franken in den drei Erhebungszeitpunkten (jeweils Ende des 1. Quartals) auf dem folgenden Niveau: 2010 1,45, 2011 1,28 und 2012 1,20.

In Tabelle 2 bedeutet ein negatives Vorzeichen, dass der Preis in der Schweiz im jeweiligen Jahr tiefer war als in Deutschland. Umgekehrt geben die positiven Zahlen darüber Auskunft, um wie viel entsprechende Produkte in Deutschland billiger waren als in der Schweiz. Die letzte Spalte enthält die Anzahl Produkte, die jeweils pro Produktkategorie ausgewertet wurden. Die Spalte «Differenz 2011/2012» zeigt bei einem «+» auf, dass sich die Preisdifferenz zu Deutschland von 2011 bis 2012 ausgeweitet hat. Zu beachten ist, dass nicht der Durchschnitt, sondern der Medianwert der Preisverhältnisse . Dieser ist robuster als ein Durchschnittswert und widerspiegelt jenes Preisverhältnis zwischen der Schweiz und Deutschland, das von 50% der 
Beobachtungen übertroffen und von 50% der 
Beobachtungen unterschritten wird.

Die Ergebnisse aus den Erhebungen des Seco in der Schweiz und in grenznahen Standorten in Deutschland kontrastiert mit den Resultaten der harmonisierten Konsumentenpreisindizes. Bei der Mehrzahl der Produktgruppen ist zwischen dem 1. Quartal 2011 und dem 1. Quartal 2012 noch eine Ausweitung der Preisdifferenzen zu verzeichnen. Besonders hohe Preisdifferenzen von über 30% bestehen nach wie vor – in absteigender Reihenfolge – bei folgenden Produktkategorien: Körperpflegeprodukte, Investitionsgüter (Heizungen, Boiler & Feuerlöscher), Nahrungs- und Genussmittel, Non-Food-Produkte (Gebrauchsgüter, kurzlebige Haushaltwaren, Tierfutter, Zeitschriften, Bücher, Uhren, CD’s) und Spielsachen & Kinderbedarf (Kinderwagen, Windeln). Das geringste Ausmass der Preisdifferenzen besteht heute bei Unterhaltungselektronik und Fahrzeugen. Die relativ geringen Preisdifferenzen bei Medikamenten erklären sich dadurch, dass das erhobene Generika (Magenmittel) sowie die Antibabypille (Original) in Deutschland viel billiger, aber zwei Originalpräparate (Blutdruckmittel und Kopfschmerztablette) dagegen teurer als in der Schweiz waren. Das medizinische Gerät war 2012 in der Schweiz billiger.

Tabelle 2

zeigt jedenfalls auf, dass die hohen Preisdifferenzen als Triebfeder für den Einkaufstourismus nichts an Aktualität eingebüsst haben.

und Tabelle 2 genauer eingegangen.

Tabelle 1: «Ausweitung der Preisdifferenzen zu Deutschland anhand der Entwicklung der harmonisierten ­Konsumentpreisindizes»

Tabelle 2: «Median der Preisverhältnisse Schweiz–Deutschland»

Kasten 1: Entwicklung auf Produktebene – Resultate einer Preiserhebung an Grenzstandorten

Entwicklung auf Produktebene – Resultate einer Preiserhebung an Grenzstandorten


Im Rahmen des Preisobservatoriums zu den Wirkungen der Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) und insbesondere der autonomen Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips führte das Seco eigene Preiserhebungen in der Schweiz und im angrenzenden Ausland durch. Es wurden Daten auf dem Niveau der einzelnen Produkte erhoben. Die Daten von Eurostat aus dem internationalen Preisvergleichsprojekt wären für die Analyse zu aggregiert gewesen. Ein weiterer Grund für die eigene Datenerhebung war, dass die auf dem tiefen Desaggregationsniveau von den nationalen statistischen Ämtern erhobenen Angaben öffentlich nicht zugänglich sind. Dass die Preise vom Seco im grenznahen Ausland erhoben wurde, erklärt sich wegen der politischen Relevanz des Einkaufstourismus.

Die getroffene Auswahl von rund 150 Produkten kann die Repräsentativität der amtlichen Statistik nicht erreichen, auch wenn Produkte gewählt wurden, die auf den entsprechenden Märkten eine bedeutende Marktstellung innehaben. Dafür liefert diese Erhebung auch Angaben zu absoluten Preisdifferenzen, was die Indexreihen der amtlichen Statistik nicht können, was aber letztlich für den Kaufentscheid massgebend ist. Erfasst wurden wie in der amtlichen Statistik Bruttopreise. Dies lässt die Schweiz preisgünstiger erscheinen, als wenn Preise nach Abzug der staatlichen Abgaben verwendet worden wären. Der Grund liegt in erster Linie in den niedrigeren Mehrwertsteuersätzen in der Schweiz (Normalsatz von 8% in der Schweiz gegenüber 19% in Deutschland für 2012). Da die Erhebung in Zusammenhang mit der begleitenden Evaluation zur THG-Revision stand (Inkrafttreten per 1. Juli 2010), wurden in die Erhebung vor allem Waren aufgenommen, für die Vorschriften des technischen Rechts eine erhebliche Bedeutung haben. Auch insofern ist die Produktauswahl nicht repräsentativ. Dienstleistungen blieben gänzlich unbeachtet.

Die Preiserhebungen von 2010, 2011 und 2012 waren massgeblich durch die markante Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro geprägt. Konkret lag der Kurs des Euro in Franken in den drei Erhebungszeitpunkten (jeweils Ende des 1. Quartals) auf dem folgenden Niveau: 2010 1,45, 2011 1,28 und 2012 1,20.

In Tabelle 2 bedeutet ein negatives Vorzeichen, dass der Preis in der Schweiz im jeweiligen Jahr tiefer war als in Deutschland. Umgekehrt geben die positiven Zahlen darüber Auskunft, um wie viel entsprechende Produkte in Deutschland billiger waren als in der Schweiz. Die letzte Spalte enthält die Anzahl Produkte, die jeweils pro Produktkategorie ausgewertet wurden. Die Spalte «Differenz 2011/2012» zeigt bei einem «+» auf, dass sich die Preisdifferenz zu Deutschland von 2011 bis 2012 ausgeweitet hat. Zu beachten ist, dass nicht der Durchschnitt, sondern der Medianwert der Preisverhältnisse . Dieser ist robuster als ein Durchschnittswert und widerspiegelt jenes Preisverhältnis zwischen der Schweiz und Deutschland, das von 50% der 
Beobachtungen übertroffen und von 50% der 
Beobachtungen unterschritten wird.

Die Ergebnisse aus den Erhebungen des Seco in der Schweiz und in grenznahen Standorten in Deutschland kontrastiert mit den Resultaten der harmonisierten Konsumentenpreisindizes. Bei der Mehrzahl der Produktgruppen ist zwischen dem 1. Quartal 2011 und dem 1. Quartal 2012 noch eine Ausweitung der Preisdifferenzen zu verzeichnen. Besonders hohe Preisdifferenzen von über 30% bestehen nach wie vor – in absteigender Reihenfolge – bei folgenden Produktkategorien: Körperpflegeprodukte, Investitionsgüter (Heizungen, Boiler & Feuerlöscher), Nahrungs- und Genussmittel, Non-Food-Produkte (Gebrauchsgüter, kurzlebige Haushaltwaren, Tierfutter, Zeitschriften, Bücher, Uhren, CD’s) und Spielsachen & Kinderbedarf (Kinderwagen, Windeln). Das geringste Ausmass der Preisdifferenzen besteht heute bei Unterhaltungselektronik und Fahrzeugen. Die relativ geringen Preisdifferenzen bei Medikamenten erklären sich dadurch, dass das erhobene Generika (Magenmittel) sowie die Antibabypille (Original) in Deutschland viel billiger, aber zwei Originalpräparate (Blutdruckmittel und Kopfschmerztablette) dagegen teurer als in der Schweiz waren. Das medizinische Gerät war 2012 in der Schweiz billiger.

Tabelle 2

zeigt jedenfalls auf, dass die hohen Preisdifferenzen als Triebfeder für den Einkaufstourismus nichts an Aktualität eingebüsst haben.

Zitiervorschlag: Isabelle Schluep (2013). Entwicklung der preislichen Konkurrenzsituation an der Grenze zu Deutschland. Die Volkswirtschaft, 01. März.