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Tourismusstandort Schweiz: Top oder flop?

Tourismusstandort Schweiz: Top oder flop?

Spielt der Schweizer Tourismus mit in der Topliga? Oder verpasst er fahrlässig sich bietende Chancen in den Märkten? Die Anzeichen sind schwierig zu deuten: Reale Probleme – wie der starke Franken und ausbleibende Gästevolumen aus den wichtigen EU-Märkten – sind begleitet von Erfolgsmeldungen in Wachstumsmärkten. Die Prognosen sind verhalten optimistisch, Strategien definiert, Handlungsfelder identifiziert und zu Massnahmeplänen verdichtet. Zur Optimierung wettbewerbshinderlicher Rahmenbedingungen werden auch konkrete Forderungen an die Politik auf nationaler Ebene gestellt. Der STV wird seine wichtigen Beiträge als «Stimme des Tourismus in Bern» auch weiterhin gewährleisten.

Zum Thema Tourismus im Land wird in diesen Wochen wieder viel interpretiert, gewertet, beurteilt, gemutmasst, behauptet, verteidigt, entschuldigt, gefordert und in die «Glaskugel» geschaut. Die Editorials der Jahresberichte besorgter Präsidenten und Geschäftsführender verweisen auf die schwierigen Umstände, von denen das Jahr 2012 geprägt war. Sie wissen aber auch von überraschend stabilen Sommer-/Wintersaisons zu berichten, verweisen auf die Investitionstätigkeiten und vielfältigen Anstrengungen in der Angebotsentwicklung sowie an der Promotions- und Verkaufsfront. Die Medien überschreiben ihre Artikel mit Titeln wie: «Triste touristische Lage», «Der Tourismus ist neu zu erfinden», «Tourismus muss radikal umdenken», «Dem Tourismus geht’s an den Kragen», «Die Schweiz bleibt im Tourismus top» oder «Mitte 2013 geht’s endlich wieder aufwärts».An der bundespolitischen Front scheitert der Tourismus mit Forderungen für zusätzliche Investitionen in die Landeswerbung oder für eine wettbewerbsfreundlichere Binnen- und Aussenwirtschafts­politik. Volksabstimmungen stellen die Weichen neu zu wichtigen Fragen des Zweitwohnungsbaus und Ferienwohnungsnutzung bis hin Fragen der Raumplanung und Bauzonenordnung im ganzen Land. Es erfolgen Absagen an neukonzipierte Modelle von Tourismusförderungsabgaben oder gar an Olympische Winterspiele im Land.Mitten in die von «Auf und Ab», von mehr oder weniger Verzweiflung und aufkeimender Hoffnung auf bessere Zeiten und Durchhalteparolen geprägten Stimmung irritiert eine Erfolgsmeldung. Gemäss dem in diesen Wochen veröffentlichten fünften Travel & Tourism Competitiveness Report
Vgl. http://www.weforum.org Reports, Travel and Tourism Competitiveness Report 2013. des World Economic Forum sind die Schweiz, Deutschland und Österreich ­weltweit die wettbewerbsfähigsten Tourismusländer der Welt. Der Bericht zeigt nicht nur auf, mit welchen Mitteln die 140 Länder die Tourismusentwicklung zu fördern ­wissen, sondern beleuchtet auch den ­Gesundheitszustand und den Beitrag der Branche zum Wachstum der Weltwirtschaft. Zum wiederholten Mal belegt die Schweiz den Spitzenrang.

Die grössten Schwächen bei den ­wichtigsten Wachstumstreibern


Von besonderem Interesse scheint mir der Blick auf das Kapitel 1.2.
Vgl. T & T Competitiveness Report 2013, Chapter 1.2: How to Succeed as a Tourism Destination in a Volatile World, S. 43-47: Jürgen Ringbeck/Timm Pietsch, Booz & Company. Es bestätigen sich die Handlungsfelder, auf die sich der Schweizer Tourismus eindeutig fokussieren muss. Trotz Spitzenrang zeigt er markante Schwächen in der preislichen Wettbewerbsfähigkeit (139. Rang!), den gesetzlichen Grundlagen (17.) und der Affinität für Reisen und Tourismus (25.). Präzis diese drei Elemente als grösste Wachstumstreiber weitentwickelter Tourismuswirtschaften identifiziert worden. Unser volks- und regionalwirtschaftlich so wichtiger Sektor ist also gut beraten, Mittel und Wege zu definieren, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.Ob der Bericht der Bundesrates zur «Wachstumsstrategie 2012-2015 für den Tourismusstandort Schweiz» geeignet ist, die hierzu nötige Unterstützung zu leisten, muss sich in der praktischen Umsetzung der über 30 Kernprojekte des Umsetzungsprogramms von 2012 erweisen: Zwei Drittel der skizzierten Handlungsfelder entfallen auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen und ein Drittel auf die Tourismus-Standortförderung. Der Report führt denn auch im Sinne von Best Practice Capabilities auf, welche Fähigkeiten es bezüglich der für die Schweiz erkannten Schwächen zu entwickeln gilt:

  • Affinität für Reisen und Tourismus: Kundenorientierung, Offenheit für ausländische Gäste, Einbezug lokaler Stakeholder;
  • gesetzliche Grundlagen: tiefe Eintrittsbarrieren, Liberalisierung des Sektors, Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor;
  • preisliche Wettbewerbsfähigkeit: bezahl­bare touristische Angebote und Hotels, Steuerniveaus, Kaufkraft/Wechselkurse.


Zweifellos soll die Schweiz am weltweit anhaltenden Tourismuswachstum partizipieren. Dazu muss sie aber endlich ausbrechen können aus der Stagnation der vergangenen Jahrzehnte. Die wichtigen Treiber dazu sind erkannt: intelligente Gästegewinnungsstrategien in den Märkten der Welt, gepaart mit der kontinuierlichen Arbeit an den geeigneten Rahmenbedingungen und den erkannten Schwächen.

Zitiervorschlag: Mario Luetolf (2013). Tourismusstandort Schweiz: Top oder flop. Die Volkswirtschaft, 01. April.