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Reichtum an Rohstoffen ist Fluch und Segen zugleich

Die Diversifizierung der Wirtschaft gehört zu den zentralen Herausforderungen in der Wirtschaftspolitik vieler ressourcenreichen Länder. Eine breit abgestützte Wirtschaft ist Grund­voraussetzung für nachhaltiges Wachstum und hilft, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Schocks längerfristig zu stärken. Erfolgreich ist eine Kombination aus stabilen makroökonomischen Rahmenbedingungen, Investitionen in Bildung und dem Aufbau von Institutionen. Aserbaidschan befindet sich ganz am Anfang dieses Entwicklungsprozesses. Im Rahmen der Ostzusammenarbeit leistet die Schweiz einen Beitrag zur Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen.

Rohstoffe sind Fluch und Segen gleichermassen. Viele ressourcenreiche Länder mit einer hohen Rohstoffabhängigkeit hinken langfristig betrachtet in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Entwicklung ressourcenarmen oder weniger ressourcenabhängigen Ländern hinterher. Länder, ­welche eine hohe Diversifizierung ihrer Wirtschaft – insbesondere der Exportstruktur – aufweisen, wachsen auf lange Dauer stetiger, als jene die stark von einem einzelnen exportorientierten Wirtschaftssektor abhängig sind. Natürliche Ressourcen wie Öl, Gas oder andere Mineralstoffe können zwar viel Geld in die Kassen spülen und kurzfristig starke Wachstumsimpulse auslösen. Die Abhängigkeit von Rohstoffen führt aber auch zu Verzerrungseffekten und kann die Wettbewerbsfähigkeit von anderen Wirtschaftszweigen nachhaltig beeinträchtigen. Solche Länder sind stärkeren Preis- und Nachfrageschwankungen – und somit externen Schocks – ausgesetzt, als Länder, deren Volkswirtschaften über eine breiter abgestützte Exportstruktur verfügen. Ressourcenreiche Länder verfügen zudem oftmals über schwache Institutionen, welche durch Rent Seeking und oligarchische Machtstrukturen geprägt sind. Das erschwert die Gestaltung und Umsetzung wirtschaftspolitischer Massnahmen und die Schaffung eines gesunden Geschäftsumfeldes.

Diversifizieren ja, aber wie?


Damit sich Ressourcenreichtum vom Fluch zum Segen wandelt, sind geeignete Diversifizierungsstrategien nötig. Die Ausgestaltung und Umsetzung solcher Strategien hängt stark von den Beweggründen und institutionellen und wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen ab. Diversifizierung ist ein langwieriges Unterfangen, dessen Erfolg nicht vorprogrammiert ist. Die Erfahrung von Ländern wie Chile, Malaysia oder Indonesien, welche erfolgreiche Diversifizierungsprozesse durchliefen zeigt, dass eine Kombination aus stabilen makroökonomischen Rahmenbedingungen, Investitionen in Bildung und dem Aufbau von funktionierenden Institutionen erfolgversprechend ist. Sektorpolitiken sollten nur mit Bedacht und unter Einbezug einer gesamtwirtschaftlichen Risikoabwägung gewählt werden.

Antizyklische Fiskalpolitik


Stabile makroökonomische Rahmenbedingungen über den Ressourcenzyklus hinweg sind eine kritische Grundlage jeglicher erfolgreichen Diversifizierungspolitik. Dabei kommt einer vorsichtigen, antizyklischen Fiskalpolitik zur Abschwächung von Boom-Bust-Zyklen die ausschlaggebende Rolle zu. Fehlt eine solche Politik, kann das zur Destabilisierung des exportorientierten Nichtrohstoffsektors und zur Verlangsamung des Wachstums führen. Fiskalregeln können einen zusätzlichen Beitrag zu einer vorsichtigen Ausgabenpolitik über den Konjunkturzyklus hinweg leisten. Die Währungs- und Geldpolitik kommen unterstützend hinzu, um grosse Währungsschwankungen, insbesondere Überbewertungen, zu vermeiden. Eine wichtige Rolle spielt auch eine offene Handelspolitik, welche den Zugang zu ausländischem Kapital, Wissen und Märkten ermöglicht.

Aufbau verschiedener Arten von Kapital


Eine Schlüsselrolle spielt auch der Aufbau von Humankapital sowie von institutionellem oder Gouvernanzkapital, d.h. von starken politischen und wirtschaftlichen Institutionen. Investitionen in Bildung und Forschung sind ausschlaggebend für die Diversifizierung weg vom Rohstoffsektor hin zur Entwicklung von höherwertigen, innovativen Wirtschaftszweigen mit höherer Wertschöpfung. Der Aufbau funktionierender Institutionen kann ebenso wenig ausser Acht gelassen werden. Die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, nachhaltiges Wachstum zu schaffen, hängt stark von der Qualität der politischen und wirtschaftlichen Institutionen ab. Darunter fallen die politischen Mechanismen gegenseitiger Kontrolle und Rechenschaftspflicht, die Teilhabe der Bevölkerung am politischen Entscheidungsprozess, kompetente und funktionierende staatliche Behörden, Rechtssicherheit und ein gesundes Geschäftsumfeld mit klaren und transparenten Spielregeln.

Gezielte Ausgaben- und Sektorpolitiken


Gezielte Ausgaben- oder Sektorpolitiken haben ebenfalls eine wichtige Funktion. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass öffentliche Ausgaben dazu tendieren, Ressourcen in der Binnenwirtschaft zu binden und den Exportsektor schwächen. Sektorneutrale Investitionen in Basisinfrastruktur, Bildung und funktionierende Institutionen dämpfen diese Tendenz. Sektorpolitiken sollten darauf ausgerichtet sein, die Produktionskosten im exportorientierten Nichtrohstoffsektor zu senken mit dem Ziel die Effizienz anzukurbeln und neue Markteintritte zu fördern. Im Vordergrund steht die Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Programme zur Senkung der Lohnkosten, steuerliche Anreize oder Sonderwirtschaftszone können als zusätzliche gezielte und zeitlich begrenzte Fördermassnahmen zum Zug kommen. Sektorpolitiken sind aber auch mit hohen Risiken behaftet, indem sie Marktanreize verzerren, den Interessen einer kleinen Elite zum Opfer fallen, oder die Aufmerksamkeit weg von gesamtwirtschaftlichen Hindernissen lenken können. Sie müssen daher mit Rücksicht auf die gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen gewählt und regelmässig auf ihre Zielerreichung überprüft werden.

Aserbaidschans Weg zu einer diversifizierten Wirtschaft


Wie andere ressourcenreiche Länder steht Aserbaidschan vor der Herausforderung, seine Wirtschaft zu diversifizieren. Trotz seiner kurzen Geschichte kann Aserbaidschan auf einen eindrücklichen Entwicklungspfad zurückblicken. Die ersten Jahre der Unabhängigkeit Anfang der 1990er-Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren noch geprägt von internen politischen Auseinandersetzungen, dem Krieg mit Armenien um das abtrünnige Gebiet Nagorno Karabach und wirtschaftlichem Chaos. Mittlerweile hat sich die politische und wirtschaft­liche Situation stabilisiert. Das starke Wachstum des letzten Jahrzehnts aufgrund des Ölbooms bescherte Aserbaidschan merkliche Entwicklungserfolge. So reduzierte sich der Anteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze gemäss offizieller Statistik von 49,6% 2001 auf noch 6% 2012. Ddieserist aber gestellt, da sie hauptsächlich auf die Erhöhung der Sozialtransfers und der Reallöhne im Zuge der höheren Öleinnahmen zurückzuführen ist. Zudem nehmen die Einkommensunterschiede innerhalb der Bevölkerung zu. Armut unter der Landbevölkerung sowie der Vielzahl intern Vertriebener bleibt weit verbreitet.

Volkswirtschaft am Tropf des Öl- und Gassektors


Heute befindet sich das Land an einem Scheideweg. Nach Jahren starken Wachstums aufgrund des Ölbooms nimmt die Ölproduktion seit einigen Jahren stetig ab, was zu einer merklichen Wachstumseinbusse führte. Wuchs Aserbaidschans Volkswirtschaft zwischen 2001 und 2010 im Durchschnitt noch 15,3% im Jahr, so betrug 2011 das Wachstum magere 0,1% und 2012 2,2%. Heute trägt der mehrheitlich aus Bauwirtschaft und Dienstleistungssektor bestehende Nichtölsektor – angekurbelt durch öffentliche Ausgaben – 
einen Grossteil zum Wachstum bei. Die Abhängigkeit der Wirtschaft vom Öl- und Gassektor ist ungebrochen, und die Fortschritte in der strukturellen Transformation der Wirtschaft bleiben gering. Zwar sinkt der Anteil des Öl- und Gassektors am Bruttoinlandprodukt (BIP) stetig und macht heute noch knapp die Hälfte des BIP aus. Er bindet aber rund 80% der ausländischen Direktinvestitionen, ist für 92% der Exporte und über 70% der öffentlichen Einnahmen verantwortlich. Der geschätzte Produktionshorizont der alternden aserischen Ölfelder beträgt ohne neue Grossinvestitionen noch 15–20 Jahre. Die Gasreserven machen nur rund ein Drittel der Ölreserven aus.

Hoch gesteckte Ziele der Regierung


Angesichts dieser Perspektiven nimmt die Bedeutung der Diversifizierung einen immer wichtigeren Stellenwert in der Wirtschaftspolitik ein. Ohne sie wird Aserbaidschan kaum an die Entwicklungserfolge des letzten Jahrzehnts anknüpfen können und die hochgesteckten Ziele nicht erreichen. Mit der Entwicklungsvision 2020 will die Regierung das Pro-Kopf-Einkommen in den nächsten sieben Jahren verdoppeln. Die Vision legt die Prioritäten der Regierung im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung fest und stellt die Diversifizierung der Wirtschaft ins Zentrum der Überlegungen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Infrastrukturinvestitionen (insbesondere in Transportwege), Investitionen in Bildung und Gesundheit, die Stärkung der Institutionen und die Förderung bestimmter Sektoren wie Industrie, Landwirtschaft, Tourismus und Informa­tionstechnologien.

Handlungsbedarf in drei Bereichen


Aserbaidschan verfügt über genügend Potenzial, seine Wirtschaft zu diversifizieren und das Wachstum auf eine nachhaltigere Basis zu stellen. Allerdings steht das Land vor grossen Herausforderungen, um diesen Prozess erfolgreich zu meistern:

  • Sicherstellung stabiler makroökonomischen Rahmenbedingungen: Zentral in dieser Hinsicht ist die Nachhaltigkeit der Fiskalpolitik. Diese war in der Vergangenheit stark expansiv und für einen Grossteil des Wachstums der letzten drei Jahre verantwortlich. So hat sich das Haushaltsdefizit im Vergleich zum BIP – abzüglich des Ölsektors – konstant verschlechtert von knapp 20% 2003 auf über 40% 2012. Es geht nun darum, die wachsende Abhängigkeit der Fiskalpolitik von Öleinnahmen zu mindern und auf eine nachhaltigere Basis zu stellen. Einen Beitrag dazu können Fiskalregeln , welche eine angemessene Balance finden zwischen Ausgabenwachstum – insbesondere Investitionen in öffentliche Infrastruk­turen – und Sparanstrengungen. Eine offenere Handelspolitik würde die Diver­sifizierung der Wirtschaft zusätzlich begünstigen. Aserbaidschan bekundete bereits vor Jahren Interesse, der Welthandelsorganisa­tion (WTO) beizutreten. Bislang zeigten die Verhandlungen aber nur geringe Fortschritte.
  • Aufbau von Human- und Gouvernanzkapital: Investitionen sind nötig um das Ausbildungswesen zu reformieren, die Berufsbildung zu verbessern und die Innovationsfähigkeit zu fördern. Trotz der Priorisierung durch die Regierung fielen die Bildungsausgaben von knapp 20% in 2003 auf weniger als 10% in 2012. Wichtig ist auch der Aufbau von Gouvernanzkapital. Dazu gehören die Wahrung von grundlegenden politischen und wirtschaftlichen Freiheiten, die Stärkung der staatlichen Behörden – vor allem des Finanzwesens und der Dienstleistungserbringung – sowie die weitere Verbesserung des Geschäftsumfeldes und des Finanzsektors. Letztlich geht es darum, die Altlasten der Sowjetunion abzutragen und Rahmenbedingungen zu schaffen, welche den freien Wettbewerb fördern und den Markteintritt erleichtern. Aserbaidschan unternahm in dieser Hinsicht einige Anstrengungen. Doch der Weg hin zu stärkeren Institutionen bleibt lang. Trotz Verbesserungen des Geschäftsumfelds – gemessen an den IFC Doing Business Reports oder dem WEF Competitiveness Index – bestehen weiterhin grosse Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Regeln und dem Zugang zu Finanzmitteln. Das führt dazu, dass die Geschäfts- und Kreditkosten für den Privatsektor – speziell von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – hoch bleiben. Ebenso bleibt Korruption eine der grossen Herausforderungen. Gemessen am Corruption Perception Index von Transparency International zeichnen sich nur langsame Verbesserungen ab. Aserbaidschan liegt denn auch hinter vergleichbaren Transitionsländern zurück.
  • Ausgaben- und Sektorpolitik der Regierung: Ein Blick auf die Ausgabenpolitik der letzten Jahre zeigt, dass Infrastrukturinvestitionen die öffentlichen Ausgaben dominieren, während Ausgaben in Bildung und Gesundheit rückläufig waren. Angesichts des oftmals heruntergekommenen Zustands der öffentlichen Infrastruktur, welche von der Sowjetunion geerbt wurde, können Investitionen in Basisinfrastruktur, wie Wasserversorgung, Stromnetze oder Transportwege, wachstumsfördernd sein und zur Diversifizierung der Wirtschaft beitragen. Allerdings stellen sich Fragen zur Effizienz dieser Investitionen und zur Absorptionsfähigkeit der Wirtschaft. Im Rahmen der Entwicklungsvision 2020 schlägt die Regierung auch Massnahmen vor, bestimmte Sektoren wie Landwirtschaft und Informationstechnologien gezielt zu fördern, zum Beispiel durch vergünstigte Kredite oder mit der Schaffung von Sonderwirtschaftszonen. Viele dieser Massnahmen sind allerdings erst in einem Planungsstadium. Ohne gleichzeitige Verbesserung der Qualität der Institutionen dürften sie nur eine beschränkte Entwicklungswirkung haben. Auch sollten solche spezifischen Fördermassnahmen nicht von den gesamtwirtschaftlichen Hürden ablenken.

Der Beitrag der Schweiz


Im Rahmen der Ostzusammenarbeit engagiert sich die Schweiz seit rund 20 Jahren im Südkaukasus und ist seit 2002 mit einem Programmbüro in Aserbaidschan direkt vor Ort. Als Mitglied der Schweizer Stimmrechtsgruppen bei der Weltbank und des ­Internationalen Währungsfonds spielt Aserbaidschan auch in der multilateralen Zusammenarbeit eine wichtige Rolle. Im Rahmen der neuen Südkaukasusstrategie 2013–2016 konzentrieren sich die Aktivitäten des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) in Aserbaidschan auf die Bereiche wirtschaftliche Gouvernanz und Marktentwicklung. Ziel ist es, den wirtschaftlichen Transformationsprozess zu unterstützen und zur Nachhaltigkeit 
des Wachstums sowie zur Diversifizierung der Wirtschaft beizutragen. Wirtschaftliche Gouvernanz umfasst alle Spielregeln, welche die wirtschaftlichen Aktivitäten des öffentlichen und privaten Sektors bestimmen. Im Zentrum steht dabei die Rolle des Staates in der Verwaltung öffentlicher Gelder, der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen und der Schaffung von Rahmenbedingungen für den Privatsektors sowie die Corporate Governance von Privatunternehmen. Damit setzt das Programm bei den zentralen Herausforderungen Aserbaidschans an, nämlich der Sicherstellung von stabilen makroökonomischen Rahmenbedingungen und dem Aufbau von starken wirtschaftlichen Institutionen. Ein Schwerpunkt ist die Stärkung des öffentlichen Finanzwesens – einschliesslich der Erbringung öffentlicher Infrastrukturdienstleistungen – und der Aufbau von Kapazitäten zur wirtschaftspolitischen Politikgestaltung. Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung des Geschäftsumfelds für KMU durch den Abbau von regulatorischen Hürden und die Stärkung des Finanzsektors. Darüber hinaus fördert die Schweiz mit ­ausgewählten Programmen die ländliche Marktentwicklung durch den Aufbau von bestimmten landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten. Das Programm kann einiges an Erfolgen vorweisen. So trug die Schweiz zur Erarbeitung neuer Gesetze bei, welche die Geschäftsinspektionen regeln oder den Markteintritt für Privatunternehmen erleichtern. Auch führte die Unterstützung der Schweiz zur Einführung neuer volkswirtschaftlicher Prognosemodelle und einer Verbesserung der statistischen Grundlage für die Wirtschaftspolitik. Letztlich trugen die Programme der Schweiz zu Einkommenssteigerungen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum bei.

Die Entwicklungserfolge der letzten ­Jahre sichern


Aserbaidschan erzielte im letzten Jahrzehnt eindrückliche Entwicklungserfolge. Die Nachhaltigkeit dieser Errungenschaften und das zukünftige Fortschreiben der vergangenen Erfolge hängen allerdings stark von der Fähigkeit ab, das Wachstum auf eine nachhaltige Basis zu stellen und die Wirtschaft zu diversifizieren. Aserbaidschan befindet sich am Beginn dieses Prozesses. In Zukunft gilt es viele Hürden zu meistern. Die Erfahrung anderer Länder zeigt aber, dass Diversifizierung möglich ist. Die Schweiz leistet dazu mit seinem Entwicklungsprogramm einen wichtigen Beitrag.

Grafik 1: «Wirtschaftswachstum Aserbaidschans, 2001–2012»

Grafik 2: «Ölproduktion Aserbaidschans, 2001–2012»

Kasten 1: Aserbaidschans lange Geschichte mit dem Öl

Aserbaidschans lange Geschichte mit dem Öl


Bereits im Altertum und frühen Mittelalter wurde Erdöl aus natürlichen Quellen als Brennstoff, Heilmittel und zu militärischen Zwecken eingesetzt. 1844 wurde in der Nähe von Baku die weltweit erste Ölbohrung durchgeführt. Das löste einen regelrechten Ölrausch aus und zog viele ausländische Unternehmer, Ingenieure und Geldgeber an, darunter die Brüder Nobel oder die Familie Rothschild. Um die Jahrhundertwende stieg Aserbaidschan zum weltgrössten Ölförderer auf. Die Russische Revolution und die Verstaatlichung der ausländischen Ölgesellschaften in Folge der Annexion Aserbaidschans durch die Sowjetunion setzte diesem Boom ein Ende und läutete den teilweisen Niedergang der Ölförderung ein. Den zweiten Ölboom erlebte Aserbaidschan während des Zweiten Weltkriegs als rund 70% des sowjetischen Öls aus Baku kam und mitentscheidend für den Kriegsausgang war.

Der dritte Ölboom setzte nach der Unabhängigkeit 1991 ein. Mit der Unterzeichnung des so genannten Vertrags des Jahrhunderts 1994 ermöglichte Aserbaidschan ausländischen Ölgesellschaften die Ausbeutung der neu entdeckten Ölfelder Azeri-Chirag-Gunashli (ACG) im Kaspischen Meer. Mit der Eröffnung der Baku-Tblisi-Ceyhan Pipeline (BTC) 2006 wurde zudem ein neuer, direkter Transportweg an die türkische Mittelmeerküste und somit zum Weltmarkt erschlossen.

In Zukunft will Aserbaidschan verstärkt auf die Gasförderung setzen und damit den europäischen Markt beliefern. Ab 2018 soll die kommerzielle Produktion des Erdgasfelds Shah Deniz II aufgenommen werden. Am 28. Juni 2013 fiel der Entscheid, das Erdgas aus dieser Produktion über nach Italien zu führen und nicht über die Route Nabucco West, welche von der türkischen Grenze nach Österreich verläuft. An TAP ist auch der Schweizer Energiekonzern Axpo beteiligt. Die Eröffnung dieses Südkorridors für Erdgaslieferungen spielt eine wichtige Rolle, die Abhängigkeit Europas vom russischen Gas zu mildern.

Kasten 2: Wirtschaftspolitische Dialogplattform

Wirtschaftspolitische Dialogplattform


Zusammen mit der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der UNDP hat das Seco kürzlich eine wirtschaftspolitische Dialogplattform ins Leben gerufen. Ziel dieser Plattform ist es, einen offenen Dialog zum Thema der wirtschaftlichen Diversifizierung mit der Regierung und Experten in Aserbaidschan zu fördern und somit zur Stärkung der Kapazität zur Politikgestaltung beizutragen. Die Dialogplattform umfasst einen Konferenz- und Seminarzyklus mit internationalen und nationalen Experten sowie Vertretern der Regierung und der Zivilgesellschaft. Aufbauend auf der Erfahrung anderer Länder sollen verschiedene Aspekte der Diversifizierung in kleineren Arbeitsgruppen beleuchtet und im Rahmen einer grösseren Konferenz Mitte 2014 präsentiert werden. 
Darüber hinaus gehört die Erarbeitung eines konkreten Aktionsplans für die Umsetzung der Entwicklungsvision 2020 zu den Haupt­anliegen der Plattform.

Kasten 3: Literatur

Literatur

  • Acemoglu, D., J. Robinson (2012): Why Nations Fail: The Origins of Power, Prosperity, and Poverty. Random House, New York.
  • Booz & Co (2008): Economic Diversification: The Road to Sustainable Development.
  • Gelb, A (2010): Economic Diversification in Resource Rich Economies.
  • Government of the Republic of Azerbaijan (2012): Development Concept Azerbaijan 2020: The Vision for the Future.
  • IMF (2012): Economic Diversification in LICs: Stylized Facts and Macroeconomic Implications.
  • IMF (2012): Macroeconomic Policy Framework for Resource Rich Developing Countries.
  • IMF (2012): Republic of Azerbaijan: Staff Report for the 2013 Article IV Consultation.
  • Onder, H. (2013): Azerbaijan: Inclusive Growth in a Resource-Rich Economy. World Bank.

Zitiervorschlag: Matthias Feldmann (2013). Reichtum an Rohstoffen ist Fluch und Segen zugleich. Die Volkswirtschaft, 01. Juli.