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Was würde ein Freihandelsabkommen USA-EU für die Schweiz bedeuten?

Die EU und die USA sind die beiden wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Ein Freihandelsabkommen (FHA) zwischen diesen beiden Handelsblöcken hätte für unsere Exportwirtschaft bedeutende Folgen. Diese lassen sich zurzeit erst teilweise abschätzen, da sie von der Ausgestaltung der ausgehandelten Lösungen abhängen. Doch besteht ein reelles Diskriminierungspotenzial, da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sich die EU und die USA gegenseitig günstigere Rahmenbedingungen einräumen, als sie die Schweiz hat. Die Schweiz verfolgt die Entwicklungen daher eng und hat entsprechende Massnahmen eingeleitet.

Seit Juli 2013 verhandeln die EU und die USA über ein transatlantisches FHA. Das erklärte Ziel beider Seiten ist ein Abschluss der Verhandlungen innerhalb von zwei Jahren, das heisst bis 2015. Obwohl dieses Vorhaben aufgrund unterschiedlicher Ansätze in vielen Bereichen äusserst ambitiös scheint, stehen die Chancen für ein Gelingen wohl so gut wie nie zuvor. Das Projekt geniesst auf beiden Seiten des Atlantiks breite Unterstützung aus Politik und Wirtschaft.

Auswirkungen auf Schweizer Wirtschaft


Die EU und die USA sind nicht nur global die handelspolitischen Schwergewichte, sondern auch die zwei grössten Handelspartner der Schweiz. Mehr als zwei Drittel aller Schweizer Exporte gehen in die EU (56%)
Warenausfuhren in die EU 27 für das Jahr 2012; Quelle: EZV. und die USA (11%). Dies verdeutlicht, wie viel für die Schweizer Wirtschaft auf dem Spiel steht: Wenn sich die EU und die USA auf dem jeweils anderen Markt günstigere Rahmenbedingungen einräumen als der Schweiz, wird die Schweizer Wirtschaft voraussichtlich benachteligt werden.

Eingeleitete Massnahmen


Aufgrund der grossen Bedeutung der EU und der USA für die Schweizer Wirtschaft und des durchaus reellen Diskriminierungspotenzials eines transatlantischen FHA für die Schweiz erachtet es der Bundesrat als angezeigt, die Entwicklungen diesbezüglich eng zu verfolgen. So hat die Schweiz, im Verbund mit den anderen Efta-Staaten, den USA kürzlich die Lancierung eines handelspolitischen Dialogs vorgeschlagen. Die USA hat darauf positiv reagiert, und ein erstes Treffen soll in naher Zukunft stattfinden. Diese Plattform soll es den Efta-Staaten unter anderem ermöglichen, Informationen zu den laufenden Freihandelsverhandlungen EU-USA zu erhalten sowie ihre Interessen gegenüber den USA sicherzustellen. Ein solcher Dialog soll jedoch kein Präjudiz für allfällige spätere weitergehende Schritte darstellen.

Kasten 1: Widersprüchliche Studienergebnisse zu den Auswirkungen auf Drittländer

Widersprüchliche Studienergebnisse zu den Auswirkungen auf Drittländer


Zwei Studien zum geplanten FHA EU-USA enthalten auch Aussagen über die Auswirkungen auf Drittländer. Eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie des Center of Economic Policy Research in London zeigt, dass der Wohlstand in den grossen Handelsblöcken EU und USA als Folge eines FHA steigt und somit auch deren Nachfrage nach Importen. Davon könnten auch Drittländer profitieren. Die positive Wirkung auf Drittländer wird in der Studie auch auf den Abbau von technischen Handelshemmnissen und die mögliche Harmonisierung von Produktanforderungen zurückgeführt.

Eine Studie des Ifo-Instituts in München für das Deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie kommt jedoch zum gegenteiligen Schluss: In den wichtigsten Freihandelspartnern der EU und der USA könnte ein FHA EU-USA zu grossen Wohlfahrtsverlusten führen. Starke Handelsumlenkungseffekte könnten entstehen, weil sich die EU und die USA mit dem FHA gegenseitigen präferenziellen Zugang zum jeweiligen Hauptabsatzmarkt verschaffen würden. Im Fall der Schweiz wird eine Schrumpfung des BIP von 3,8% ausgewiesen und für Kanada eine solche von 9,5%. Um ein genaueres Bild der volkswirtschaftlichen Auswirkungen auf die Schweiz zu erhalten, hat das Seco separate Studien in Auftrag gegeben.

Zitiervorschlag: Didier Chambovey, Daniel Freihofer, (2013). Was würde ein Freihandelsabkommen USA-EU für die Schweiz bedeuten. Die Volkswirtschaft, 01. November.