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Die neuen Trends auf dem Wohn- und Immobilienmarkt verlangen nach Deregulierung

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Die Alterung der Bevölkerung, der wachsende Flächen- und Dienstleistungsbedarf sowie die zunehmende Regulierung stellen die grössten Herausforderungen der Zukunft für die Schweizer Immobilienwirtschaft dar. Ein Megatrend steht über allen anderen: In den kommenden Jahrzehnten wird die Bevölkerung der Schweiz weiter wachsen – und gleichzeitig markant altern. Aufgrund der guten beruflichen Vorsorge steigt das verfügbare Vermögen bis zum 75. Altersjahr deutlich an.

Aus der zunehmenden Alterung der Bevölkerung resultiert in den kommenden Jahren eine markante Nachfrageverschiebung im Immobilienbereich:– Mehr Einpersonenhaushalte, höherer Flächenbedarf: Gemäss den Prognosen der Statistiker werden die Einpersonenhaushalte weiterhin einen deutlichen Zuwachs verzeichnen – von rund 1,2 Millionen im Jahr 2005 auf voraussichtlich 1,6 Millionen im Jahr 2030. Während der Wohnflächenbedarf pro Einwohner über die letzten 10 Jahre von 44 auf 50 Quadratmeter deutlich gestiegen ist, sank die durchschnittliche Belegung einer Wohnung von 2,5 auf 2,2 Personen. Angesichts steigender Komfort- und Platzansprüche sind Wohnangebote mit mehr Fläche immer gefragter.– Urbanisierung: Bevölkerungswachstum und Nachfrage kommen vor allem den zentralen, urbanen Regionen zugute. Damit setzt sich fort, was schon heute in manchen Randregionen zu beobachten ist: Bevölkerungsschwund, abflauende Nachfrage und sinkende Preise. Nicht überall, aber in etlichen Märkten dürfte sich der Wettbewerb um Kunden für Mietwohnungen verschärfen.– Mehr Wohneigentum: Seit 1979 ist die Wohneigentumsquote von 28,5% auf heute über 40% angestiegen. Auch wenn diese Kurve bei einem Zinsanstieg abflachen könnte, wird sie dennoch weiter zunehmen. Vor 1965 war es ausser im Kanton Wallis nicht möglich, in Mehrfamilienhäusern Wohneigentum zu bilden. Seither ist ein starker Anstieg des Stockwerkeigentums zu verzeichnen.– Verdichtung: Nicht nur das Bevölkerungswachstum, auch die anhaltende Zuwanderung sowie wachsende Restriktionen in der Raumplanung werden das Thema verdichtetes Bauen in den kommenden Jahren ins Zentrum rücken. Heute fallen nur 10% aller Wohnungen auf die Geschosse 4 oder höher. Um die Höhenbeschränkungen zu lockern, müssten aber zunächst viele kommunale Bauordnungen geändert werden.

Unikate, flexible Nutzung und gesundes Wohnen


In Bezug auf Wohntrends wird die Suche nach Unikaten zunehmen, also Produkten und Objekten mit einer echten Geschichte. Gemäss dem deutschen Zukunftsinstitut wird Wohnqualität nicht mehr nur über die Grösse und Ausstattung einer Wohnung definiert, sondern über die zusätzlichen Nutzungsoptionen innerhalb von Häusern und Quartieren, so z.B. der Gebrauch eines Gemeinschaftsgartens, einer -küche oder eines Kinos. Raumzonen lösen starre Raumstrukturen ab. Früher war klar definiert, wofür jeder Raum genutzt wird. Heute dient das Wohnzimmer ganz selbstverständlich auch als Home Office. Welcher Raum wofür verwendet wird, darüber entscheidet jeder selbst. Offene Grundrisse und modulare Wohnelemente erlauben es dem Nutzer, durch Möbel die Räume selbst in Zonen zu untergliedern. Wohnen in der Zukunft wird auch von einem steigenden Gesundheitsanspruch geprägt. Dabei steht die Natur als Ausgangspunkt im Mittelpunkt, sei es in Form einer Vitamin-C-Dusche oder der Wandfarbe, die nach dem Prinzip der Photokatalyse Schadstoffe aus der Luft filtert. An die Stelle der Technologie tritt die Ökologie als Zukunftsversprechen.

Flexibilität und (De-)Regulierung


Für die Schweizer Immobilienwirtschaft sind die Zukunftsentwicklungen mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Vieles, was voraus gesagt wird, basiert auf Prognosen. Deshalb muss die Branche antizipieren, Risiken eingehen und rasch reagieren können. So sind beispielsweise neue Dienstleistungen gefragt. Die klassische Bewirtschaftung von Mietwohnungen wird durch wachsende Kundenansprüche herausgefordert, und die Produktgestaltung wird stärker in den Vordergrund treten. Themen wie Definition und Angebot von Zusatznutzen, vielfältigere Dienstleistungen über die Wohnfläche hinaus oder Markenimage muss künftig mehr Gewicht beigemessen werden. Allerdings sieht sich die Immobilienwirtschaft durch immer neue Vorschriften und Gesetze im Bau- und Wohnbereich bedrängt. Die anhaltende Regulierungswut gefährdet das Kerngeschäft; die absehbar einschneidenden Folgen werden teilweise immer noch unterschätzt. Deregulierung heisst denn auch das Gebot der Stunde.

Zitiervorschlag: Gribi, Urs (2013). Die neuen Trends auf dem Wohn- und Immobilienmarkt verlangen nach Deregulierung. Die Volkswirtschaft, 01. November.