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Der öffentliche Verkehr muss uns etwas wert sein

Der öffentliche Verkehr der Schweiz ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Und das nicht nur bezogen auf die Wachstumszahlen des öffentlichen Verkehrs selbst: Die hohe Qualität, die er flächendeckend in der ganzen Schweiz tagtäglich unter Beweis stellt, ist weltweit einmalig. Dieses sehr gut funktionierende System auf höchstem Niveau sowie der dadurch entstandene Standortvorteil dürfen und müssen uns etwas wert sein, damit wir auch in Zukunft mit einem attraktiven öffentlichen Verkehr den Standort Schweiz stärken.

Massgeblich mitverantwortlich für den Qualitätsstandard des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz sind Errungenschaften, die wir längst als selbstverständlich betrachten: die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, der Taktfahrplan mit seinen in aller Regel sehr guten Umsteigebeziehungen im ganzen Land, das offene System (keine Koppelung eines Billets an einen bestimmten Zug) oder die beliebten General-, Halbtax- und Verbundabonnemente.

Diese Errungenschaften haben dazu beigetragen, dass der öffentliche Verkehr in der Schweiz eine sehr grosse Akzeptanz geniesst: Menschen aller Gesellschaftsschichten pendeln mit Zug, Tram, Bus oder Postauto und benützen diese auch in der Freizeit, beziehungsweise in den Ferien.

ÖV-Erschliessung – ein volkswirtschaftlicher Einflussfaktor


Die Erfolgsgeschichte des öffentlichen Verkehrs der Schweiz hat dazu geführt, dass dieser längst zu einem entscheidenden Einflussfaktor auf die Volkswirtschaft geworden ist. Wer eine Region wirtschaftlich fördern will, erschliesst sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln, denn Erreichbarkeit ist längst zum zentralen Schlüssel der Standortattraktivität geworden. Gleichzeitig ist unbestritten, dass Investitionen in den öffentlichen Verkehr die nachhaltigsten und kostengünstigsten Massnahmen sind, um diese Mobilität weiter zu entwickeln. Die Effizienz konnte in den letzten 20 Jahren denn auch kontinuierlich gesteigert werden und liegt heute gut 50% höher als 1998.

Die enorme volkswirtschaftliche Bedeutung unseres äusserst zuverlässigen Systems des öffentlichen Verkehrs zeigt sich auch daran, dass die grossen Metropolitanräume ohne den stetigen Ausbau des Verkehrsangebotes kaum mehr funktionsfähig wären. Die durch diesen Ausbau erzielte Entlastung von motorisiertem Individualverkehr führt zu mehr Lebensqualität in den Zentren. Ich bin überzeugt, dass wir hier nahe am Optimum sind, dieses aber noch nicht überschritten haben.

Ja zur Fabi-Vorlage


Zu den Errungenschaften und dem Standortvorteil gilt es Sorge zu tragen, zumal die Verkehrsprognosen von einem weiteren grossen Wachstum des öffentlichen Verkehrs ausgehen. Der ÖV will für seine Kundinnen und Kunden auch weiterhin attraktiv sein. Deshalb braucht es einen massvollen, auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden zugeschnittenen Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Die Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (Fabi), über welche das Schweizer Stimmvolk am 9. Februar 2014 abstimmt, ist eine gute Antwort auf diese Herausforderung. Mit der Schaffung eines neuen Bahninfrastrukturfonds kann die Finanzierung der Bahninfrastruktur (Unterhalt wie Ausbau) langfristig und vor allem fair sichergestellt werden. Fair deshalb, weil alle Nutzniesser ihren Beitrag daran leisten. Nebst Bund und Kantonen sollen sich auch die ÖV-Kundinnen und -Kunden an diesen Mehrkosten beteiligen. Sie erhalten als Gegenleistung dazu mit Fabi einen erheblichen Mehrwert durch ein attraktiveres und dichteres Verkehrsangebot.

Die Fabi-Vorlage setzt aber auch die Prioritäten richtig: Im Vordergrund stehen nicht Beschleunigungsmassnahmen, sondern die Stabilität des Netzes und das Bereitstellen von genügend Kapazitäten – und zwar auf dem gesamten Schienennetz, wodurch das ganze Land profitieren wird. Kommt dazu, dass mit Fabi neben einem moderaten Ausbau erstmals auch die Unterhaltskosten klar und transparent finanziert sind.

Zitiervorschlag: Ueli Stueckelberger (2013). Der öffentliche Verkehr muss uns etwas wert sein. Die Volkswirtschaft, 01. Dezember.