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Regulierungskosten ohne Berücksichtigung des Nutzens sind wenig aussagekräftig

Die administrative Entlastung der Unternehmen ist ein Teil der Wachstumspolitik des Bundesrates. Es ist unbestritten, dass dies einen Beitrag an die attraktiven Rahmenbedingungen leistet, dank welchen die Unternehmen Arbeitsplätze schaffen und Wertschöpfung generieren. Die Schätzung der Regulierungskosten ­ohne Berücksichtigung des ­Nutzens, den diese Regulierungen bringen, hat allerdings nur ­beschränkte Aussagekraft.

Regulierungskosten ohne Berücksichtigung des Nutzens sind wenig aussagekräftig

Ausgangspunkt für den Bericht über die Regulierungskosten sind die angenommenen Postulate von Ständerat Fournier und Nationalrat Zuppiger aus dem Jahr 2010. Darin wird eine Überregulierung der Schweizer Wirtschaft (insbesondere des KMU-Bereichs) beklagt, welche sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz auswirkt. Dass Regulierungen kosten, liegt in der Natur der Sache. Gleichzeitig stiften sie aber auch einen Nutzen. Regulierungen sind politisch gewollt und demokratisch legitimiert. Mit dem vorliegenden Bericht werden nun die Kosten von Regulierungen ohne Berücksichtigung des Nutzens quantifiziert. Dass die so ermittelten Zahlen keine Schlüsse auf das optimale Ausmass der Regulierung zulassen, räumt der Bericht bereits auf der ersten Seite ein. Somit ist die Aussagekraft des Berichts beschränkt, und die so geschätzten Regulierungskosten drohen zu einem Instrument für Polemik zu verkommen.

Gute Rahmenbedingungen und wenig Bürokratie in der Schweiz


Dass die Unternehmen in der Schweiz sehr gute Rahmenbedingungen vorfinden, verdeutlicht ein Blick in die international vergleichenden Rankings. In Bezug auf die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft steht die Schweiz ausgezeichnet da. Im Growth Competitiveness Index des World Economic Forum nimmt die Schweiz für das Jahr 2012 Platz 1 und im World Competitiveness Yearbook 2013 Platz 2 ein. Neben den Spitzenplätzen in den Gesamtrankings ist die Schweiz auch in den Indikatoren, welche spezifisch die administrative Belastung und die bürokratischen Hürden vergleichen, grundsätzlich gut positioniert.[1]

Dass administrativer Aufwand aufgrund von Regulierungen als Belastung wahrgenommen wird, ist verständlich. Auch ist dieser Aufwand für KMU stärker spürbar als für Grossunternehmen. Dennoch sollte dieser Aspekt nicht überbewertet werden. Die KMU-Forschung belegt, dass die administrative Belastung lediglich eines unter vielen Themen ist, mit welchen sich die KMU zu beschäftigen haben. Und für den Geschäftserfolg eines Unternehmens ist sie nicht im Kern entscheidend.[2]

Administrative Entlastung ist nicht gleich Deregulierung


Der Bericht zu den Regulierungskosten hält richtigerweise fest, dass das Ziel der Kostenabschätzung nicht die Abschaffung, sondern eine Optimierung der bestehenden Regulierungen unter Beibehaltung des damit erbrachten Nutzens ist.[3] Grundsätzlich existiert in der Schweiz seit über 10 Jahren das Instrument der Regulierungsfolgenabschätzung. Damit werden sämtliche Regulierungen bereits im Vorfeld auf die volkswirtschaftlichen Folgekosten überprüft. Zeigen sich im Zuge des jetzt vorliegenden Berichts weitere Optimierungsmöglichkeiten, sollen diese auch geprüft werden – jede administrative Entlastung der Unternehmen stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Dient die Schätzung der Regulierungskosten aber lediglich einer ideologisch geprägten Deregulierungsdiskussion, sind grosse Vorbehalte anzubringen.

Aus Sicht der Arbeitnehmervertretung ist ausserdem der Bereich entscheidend, in dem die Diskussion über Regulierungskosten und deren Vermeidung stattfindet. Wenn der Bericht beim Baurecht Regulierungskosten von 637 Mio. Franken[4] schätzt, wovon mehrere Hundert Mio. Franken bei einer Standardisierung der Baugesetzgebungen eingespart werden könnten, ist dies weitgehend unproblematisch. Werden hingegen die Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung und -dokumentation aus dem Arbeitsgesetz lediglich mit Regulierungskosten von 153 Mio. Franken pro Jahr gleichgesetzt, ohne dass der daraus entstehende Nutzen gegenübergestellt wird, ist dies politisch höchst sensibel.

Der vorliegende Bericht über die Regulierungskosten ermöglicht eine Gesamtsicht. Insbesondere können so die Bereiche mit hohen Kosten identifiziert werden. Inwieweit hohe Regulierungskosten aber mit einem grossen Einsparpotenzial einhergehen, ist vom Einzelfall abhängig und bedingt eine Mitberücksichtigung des mit der Regulierung erzielten Nutzens. Die ausgewiesenen Regulierungskosten einfach per se als Einsparpotenzial zu betrachten, greift viel zu kurz.

  1. Vgl. den Artikel von Kägi und Meier in: Die ­Volkswirtschaft 9-2011, S.9 ff. []
  2. Vgl. den Artikel von Fueglistaller und Müller in: Die Volkswirtschaft 9-2011, S.24 ff. []
  3. Vgl. Bericht über die Regulierungskosten, S.10. []
  4. Vgl. Bericht über die Regulierungskosten, S.16. []

Zitiervorschlag: Gabriel Fischer (2014). Regulierungskosten ohne Berücksichtigung des Nutzens sind wenig aussagekräftig. Die Volkswirtschaft, 01. Januar.