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Die Möglichkeiten der Finanzpolitik als Konjunkturinstrument in einer kleinen Volkswirtschaft

Als Reaktion auf den starken Wachstumseinbruch während der jüngsten Weltwirtschaftskrise haben beinahe alle Industrie­staaten fiskalpolitische Konjunkturstabilisierung betrieben. Auch die Schweiz hat ihren stabilitätspolitischen Spielraum genutzt. Bei Rezessionen, die von einbrechenden Exporten ausgehen, ist in kleinen Ländern der Handlungsspielraum für eine wirksame diskretionäre Fiskalpolitik allerdings begrenzt. Die Handlungsfähigkeit in Rezessionen ist in Ländern grösser, die über eine ­eigenständige Geldpolitik ­verfügen und deren Schulden­quote tief ist.
In der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise haben nahezu alle fortgeschrittenen Volkswirtschaften umfangreiche fiskalpolitische Massnahmen ergriffen. In der Schweiz kam ein dreistufiges Stabilisierungsprogramm zur Anwendung. (Bild: Keystone)

Im Sommer 2007 endete abrupt eine rund 25 Jahre währende Periode einigermassen stabiler wirtschaftlicher Entwicklung in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Ausgehend von der Immobilienkrise in den USA, breitete sich ab 2008 weltweit eine Bankenkrise aus, die rasch auf die Realwirtschaft übergriff und den Weg in den globalen Abschwung ebnete. Der dramatische und weltweit synchrone Einbruch des Wirtschaftswachstums hatte eine Weltwirtschaftskrise zur Folge, wie sie seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr vorgekommen ist.

Als Reaktion auf die starke weltwirtschaftliche Kontraktion haben die Regierungen nahezu aller Industrienationen neben einer raschen geldpolitischen Lockerung umfangreiche fiskalpolitische Massnahmen zur Konjunkturstabilisierung umgesetzt. Als Folge der scharfen Rezession, der fiskal­politischen Massnahmen und auch der Bankenrettungen sahen sich in den folgenden Jahren zahlreiche Staaten mit schnell ansteigenden Schuldenquoten konfrontiert. Aufgrund dieser Entwicklung sind die Staaten in der Eurozone zu einer im historischen Vergleich einschneidenden Austeritätspolitik übergegangen.

Diese Ereignisse – fiskalpolitische Expan­sion, starker Schuldenanstieg und über­raschend rasche Rückkehr zur Austeritätspolitik – haben die Fiskalpolitik wieder vermehrt ins Zentrum des öffentlichen Interesses ­gerückt. Gleichzeitig hat die Krise Fragen ­aufgeworfen zur Rolle der Fis­kalpolitik als konjunkturstabilisierendes Instrument. Im Folgenden beleuchten wir diese Fragen aus der Perspektive der Schweiz.

Neues Rollenverständnis der Fiskalpolitik?


Vor Ausbruch der Krise hatte sich die Ansicht durchgesetzt, dass die Finanzpolitik in erster Linie der Erfüllung mittel- bis langfristiger Ziele dienen soll: Gewährleistung finanzieller Stabilität und Begünstigung des Wirtschaftswachstums. Die Rolle der Glättung von Konjunkturschwankungen war in erster Linie den Instrumenten der Geldpolitik zugedacht, auch wenn diese als Hauptaufgabe die Preisstabilität zu sichern hatte. Die Fiskalpolitik sollte lediglich passiv antizyklisch wirken, indem die Ausgaben sich kontinuierlich und unbeeinflusst von den zyklischen Bewegungen der Einnahmen entwickeln sollten. Die Finanzpolitik sollte also primär durch automatische Stabilisatoren umgesetzt werden; diskretionären Massnahmen zur Konjunkturstabilisierung wurde eine untergeordnete Bedeutung beigemessen (zur Erklärung der Begrifflichkeiten siehe Kasten 1).

Die Skepsis gegenüber diskretionären Massnahmen begründet sich in erster Linie durch den Zweifel, ob der politische Entscheidungsprozess in der Lage ist, die Konjunkturimpulse rechtzeitig und gezielt genug zu beschliessen. Auch sollten diese Programme zeitlich befristet sein, damit nicht mit jeder Rezession die Staatsquote weiter ansteigt. Diesbezüglich existiert eine Anreiz-Asymmetrie: Aus politischen Gründen ist es attrak­tiver, während konjunktureller Abschwünge (berechtigte) antizyklische Mehr­ausgaben zu tätigen, als im Aufschwung zu sparen. Neben diesen qualitativen Einwänden bestand zudem eine weitverbreitete Skepsis in Hinblick auf die quantitativen Effekte der Fiskalpolitik. Im Zentrum stehen dabei die fiskalischen Multiplikatoren, also die Antwort auf die Frage, wie stark das BIP-Wachstum durch einen fiskalischen Impuls beeinflusst wird.

Trotz der hohen qualitativen Anforderungen und der eher tief geschätzten Multipli­katoreffekte haben während der jüngsten ­Krise nahezu alle OECD-Staaten und zahlreiche aufstrebende Volkswirtschaften ausserhalb der OECD diskretionäre fiskalpolitische Massnahmen zur Konjunkturstützung ergriffen.[1] Diese «Renaissance» der diskretionären Fiskalpolitik als konjunkturpolitisches Instrument hat die Diskussion zur Rolle und Wirkung fiskalpolitischer Konjunkturstabilisierung befeuert.

Vorläufige Erkenntnisse zur Rolle der Fiskalpolitik während der Krise


Obwohl im internationalen Kontext zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschliessende Beurteilung zur Wirksamkeit und der grundsätzlichen Rolle der Fiskalpolitik während und nach der Finanz- und Wirtschaftskrise möglich ist, haben sich bereits erste, vorläufige Erkenntnisse herauskristallisiert.

Höhere Multiplikatoren


Der Grossteil der empirischen Studien zur Höhe der Multiplikatoren basiert auf Daten der «Vorkrisenzeit». Die makroökonomischen Rahmenbedingungen während und nach der Krise werden durch die Daten dieser Studien nicht abgedeckt. Diese Rahmenbedingungen sind primär charakterisiert durch die Nullzinspolitik der Zentralbanken, verschärfte Kreditrestriktionen auf den Finanzmärkten und den gleichzeitigen Wachstumseinbruch in vielen Ländern. Erste Evidenz deutet darauf hin, dass in einem solchen Umfeld die Multiplikatoren – und damit die Wirksamkeit der Fiskalpolitik – höher liegen dürften. Von der grösseren Wirkung eingeschlossen sind auch die automatischen Stabilisatoren: Ein fiskalpolitischer Impuls entfaltet die gleiche Wirkung, unabhängig davon, ob er diskretionär beschlossen oder als automatischer Stabilisator ausgestaltet worden ist. Interessanterweise zeigt der internationale Vergleich auf, dass der relative Umfang der verabschiedeten (diskretionären) Konjunkturpakete nicht direkt mit dem Ausmass des Wachstumseinbruchs korreliert. Vielmehr eine inverse Korrela­tion mit dem Umfang der automatischen Stabilisatoren in den jeweiligen Volkswirtschaften.

Unerwartet grosse Haushaltsrisiken


Die (internationalen) Erfahrungen im Zusammenhang mit der Krise haben auch aufgezeigt, dass die Schuldenquoten bei Immobilien- und Bankenkrisen unerwartet stark ansteigen können. Als Folge der ungewöhnlich tiefen Rezession sind die Schuldenquoten vieler Staaten sehr viel schneller angestiegen als in vorhergehenden Konjunkturabschwüngen. Zu einem grossen Teil ist dies auf die sinkenden Staatseinnahmen zurückzuführen. Die diskretionären Massnahmen zur Konjunkturstabilisierung haben in diesem Zusammenhang eine eher geringere Rolle gespielt. In einer länder­übergreifenden Betrachtung trifft dies auch auf Hilfsmassnahmen für angeschlagene Banken zu. In vereinzelten Ländern jedoch haben Staatsinterventionen zur Stützung der Finanzmärkte zu einem massiven Schuldenanstieg geführt. In Irland etwa ist die Schuldenquote als Folge der Banken-Bail-Outs um über 40 Prozentpunkte ange­stiegen.

Unzulängliche Ausgestaltung nationaler Fiskalregeln


Die Länder mit nationalen Fiskalregeln hatten in den Vorkrisenjahren systematisch einen besseren finanzpolitischen Leistungsausweis. Bedeutsam ist aber auch die konkrete Ausgestaltung der Fiskalregeln. Gute Fiskalregeln sollen der konjunkturellen Entwicklung Rechnung tragen. In der Hochkonjunktur sollten genügend hohe Primärüberschüsse erzwungen werden, damit die Schuldenquoten abnehmen. In den Vorkrisenjahren ist in einigen Ländern die Schuldenquote aber nicht gesunken, sondern stabil geblieben oder gar leicht angestiegen. Umgekehrt sollten die Regelwerke genügend Spielraum zulassen, um flexibel auf aussergewöhnliche ökonomische Situationen reagieren zu können. Ausnahmeklauseln sind wichtig, damit in entsprechenden Situationen die Fiskalregel nicht grundsätzlich in­frage gestellt wird.

Die Bedeutung nationaler Geldpolitik


Durch den Beitritt zur europäischen Währungsunion haben die Länder der Eurozone ihre geldpolitische Autonomie aufgegeben und die Verantwortung für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank übertragen. Stark verschuldete Staaten wie Italien oder Spanien verfügten damit nicht über die Möglichkeit, das zeitweise für ihre Länder zu hohe Zinsniveau durch eine expansive Geldpolitik zu senken und mit der damit einhergehenden Währungsabwertung das Wirtschafts- und damit verbunden das Einnahmenwachstum zu stärken. Aus diesem Grund wurde ihre Schuldentragfähigkeit im Vergleich zu Staaten mit gleichermassen starker Verschuldung, aber eigenständiger Geldpolitik (beispielsweise Grossbritannien und die USA) auf den Finanzmärkten schlechter bewertet. Stark verschuldete EU-Staaten waren dadurch unvermittelt und schnell ansteigenden Risikoprämien auf Staatsanleihen hilflos ausge­liefert. Die Gefahr einer explosionsartig anschnellenden Staatsschuld war für die entsprechenden Staaten deshalb höher.

Welches sind die Implikationen für die Schweiz?


Die Schweiz hat den ungewohnt scharfen Wachstumseinbruch 2008/09 rasch überwunden. Bereits in der ersten Jahreshälfte 2010 konnte wieder ein kräftiges Wachstum verzeichnet werden. Das stabilitätspolitische Konzept der Schweiz, das sich infolge der Erfahrungen in den 1990er-Jahren entwickelt hat, scheint sich in der jüngsten Krise bewährt zu haben. Dieses weist der Geldpolitik einen umfassenden Stabilisierungsauftrag zu: Vorrangiges Ziel ist die Preisstabilität über die mittlere und die lange Frist. Dabei hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) in der kurzen Frist der konjunkturellen ­Entwicklung Rechnung zu tragen. Während der Weltwirtschaftskrise hat die SNB durch die Zinssenkung die volkswirtschaftliche ­Gesamtnachfrage wirkungsvoll stützen können. Aufgrund der unterausgelasteten volkswirtschaftlichen Kapazitäten bestand auch keine Inflationsgefahr.

Wirksame automatische Stabilisatoren


Die Schweiz hat in den letzten 15 Jahren die automatischen Stabilisatoren gestärkt. Das Regelwerk zur Schuldenbremse schreibt vor, dass der Ausgabenplafond auf die Höhe der geschätzten strukturellen – d. h. konjunkturbereinigten – Einnahmen limitiert ist. ­Dazu werden die ordentlichen Einnahmen mit einem Konjunkturfaktor bereinigt. Die Ausgabenentwicklung wird so vom Konjunkturverlauf entkoppelt und trägt damit zur Konjunkturstabilisierung bei. Neben den Bundeseinnahmen wirken auch die Aus­gaben der Arbeitslosenversicherung (ALV) automatisch stabilisierend: Während sich die Einnahmen (näherungsweise) parallel zum Konjunkturverlauf entwickeln, steigen die Ausgaben während einer Rezession aufgrund ansteigender Arbeitslosigkeit. Die Einnahmenpositionen des Bundeshaushalts und die Ausgaben der ALV dämpfen bzw. stimulieren also die Konjunktur automatisch antizyklisch, wobei die Dosierung direkt vom Ausmass der konjunkturellen Schwankung bzw. deren Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit abhängt. Diese Flexibilitätseigenschaften haben sich nicht zuletzt während der Weltwirtschaftskrise bewährt. Die Grafik 1 zeigt den «Konjunkturimpuls» als Summe der Ver­änderung des ordentlichen Finanzierungs­ergebnisses und des Rechnungsabschlusses der ALV. Er kann interpretiert werden als Indikator für den Impuls auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, der vom Bundeshaushalt und der ALV ausgeht. Deutlich erkennbar ist das antizyklische Muster. Im Rezessionsjahr 2009 beispielsweise beträgt der Konjunkturimpuls knapp 6,7 Mrd. Franken.

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Begrenzter Handlungsspielraum für sinnvolle diskretionäre Fiskalpolitik in Exportkrisen


Der Handlungsspielraum einer diskretionären Fiskalpolitik ist in der Schweiz durch die geringe Grösse der Volkswirtschaft und die damit starke aussenwirtschaftliche Verflechtung stark begrenzt. Der Exportanteil von Waren und Dienstleistungen beträgt über 50% des BIP. Damit ist die schweizerische Konjunkturentwicklung stark durch das Ausland beeinflusst, insbesondere durch Impulse aus Europa als wichtigstem Absatzmarkt. Gleichzeitig werden aufgrund der hohen Importquote die «einheimischen» Fiskalimpulse teilweise vom Ausland absorbiert. Deshalb ist es tendenziell schwierig, gezielte und wirk­same Konjunkturmassnahmen zu finden.

Schuldenbremse erhöht Krisenresistenz


Die Schuldenbremse hält den genannten Anforderungen an eine gute Fiskalregel stand. Sie hat in den vergangenen, von einer relativ guten Wirtschaftslage gekennzeichneten Jahren eine deutliche Senkung der Schuldenquote ermöglicht. Dadurch hat das Land seine Verletzlichkeit gegenüber makroökonomischen Schocks stark reduziert und den fiskalpolitischen Handlungsspielraum erhöht. Die Schuldenbremse enthält mit der Ausnahmeklausel auch Möglichkeiten, um bei aussergewöhnlichen und nicht steuer­baren Entwicklungen von der Regel abzuweichen. In der jüngsten Rezession musste davon nicht Gebrauch gemacht werden. Diese Regelung ist wichtig, weil sie die Glaubwürdigkeit der Regierung erhöht, die Fiskalregel auf unbestimmte Zeit hinaus einzuhalten. Gestärkt wird die Glaubwürdigkeit zudem durch die institutionelle Einbettung und den Sanktionsmechanismus des Ausgleichskontos. Mit der Sicherung der Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik erzeugt die Schuldenbremse über die kurzfristigen Fiskalimpulse hinaus stabilisierende Wirkung.

Das Regelwerk zur Schuldenbremse wirkt stabilisierend


Auch kleine Länder haben einen erheblichen Spielraum zur Stabilisierung der ­konjunkturellen Entwicklung. Dank der geldpolitischen Autonomie stehen der Schweizerischen Nationalbank wirksame Mittel zur Abschwächung oder gar Vermeidung schwerer Rezessionen zur Verfügung. Darüber hinaus verfügt die Schweiz über ausgebaute automatische Stabilisatoren, die entscheidend zur Konjunkturstabilisierung beitragen, insbesondere das Regelwerk zur Schuldenbremse und der Finanzierungsmechanismus der Arbeitslosenversicherung. Der Spielraum für eine darüber hinausgehende diskretionäre Fiskalpolitik bleibt in der Schweiz – vor allem aufgrund der starken aussenwirtschaftlichen Verflechtung – beschränkt. Die Erfahrungen der jüngsten Finanzkrise legen nahe, dass durch eine tiefe Schuldenquote ein möglichst hoher stabilitätspolitischer Handlungsspielraum beizubehalten ist. Dazu trägt die Schuldenbremse bei, welche mittelfristig einen Rückgang der Schuldenquote begünstigt und so die Krisenresistenz erhöht.

  1. In den OECD-Ländern entspricht ihr Volumen kumuliert über den Dreijahreszeitraum im ungewichteten Durchschnitt rund 2,7% des BIP. []

Literaturverzeichnis

Bundesrat (2013): Die Schuldenbremse des Bundes: Erfahrungen und Perspektiven, Bericht des Bundesrats in Erfüllung der ­Postulate Graber Jean-Pierre (10.4022), ­Landolt (11.3547) und Fischer (12.3552), Bern, ­November 2013.


Bibliographie

Bundesrat (2013): Die Schuldenbremse des Bundes: Erfahrungen und Perspektiven, Bericht des Bundesrats in Erfüllung der ­Postulate Graber Jean-Pierre (10.4022), ­Landolt (11.3547) und Fischer (12.3552), Bern, ­November 2013.

Zitiervorschlag: Lorin Altermatt, Serge Gaillard, (2014). Die Möglichkeiten der Finanzpolitik als Konjunkturinstrument in einer kleinen Volkswirtschaft. Die Volkswirtschaft, 01. März.

Begrifflichkeiten: Multiplikatoren, diskretionäre Finanzpolitik und ­automatische Stabilisatoren

Als Multiplikator wird in der Finanzpolitik der Faktor bezeichnet, der angibt, in welchem Umfang sich eine Erhöhung der Staatsausgaben oder eine Steuersenkung in einem höheren Bruttoinlandprodukt (BIP) auswirkt. Je grösser der Multiplikator, umso grösser die Wirkung, welche eine expansive Fiskalpolitik auf das Wachstum und die Beschäftigung ausübt. Die Höhe der Multiplikatoren hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine zentrale ­Determinante ist die aussenwirtschaftliche Verflechtung eines Landes.

Die Finanzpolitik kann situativ auf eine bestimmte Wirtschaftslage reagieren und beispielsweise in Rezessionen die Investitions­tätigkeit erhöhen oder Stabilisierungspakete beschliessen. In solchen Fällen spricht man von einer diskretionären, auf eine bestimmte Situation ausgerichtete Finanzpolitik. Da die Umsetzung einer solchen Politik auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stösst und weil verhindert werden soll, dass durch Sparprogramme in Rezessionen oder Ausgaben­erhöhungen in Perioden der Hochkonjunktur die Wirtschaftsentwicklung zusätzlich destabilisiert wird, ist unter Ökonomen unbestritten, dass die Finanzpolitik die Wirkung der automatischen Stabilisatoren nicht beeinträchtigen soll. Das bedeutet, dass in einer Rezession Defizite, die wegen der geringeren Einnahmen und der rezessionsbedingten zusätzlichen Ausgaben anfallen, politisch akzeptiert werden sollen. Im Gegensatz dazu sind in Perioden mit tiefer Arbeitslosigkeit und hoher Auslastung der volkswirtschaftlichen Kapazitäten Überschüsse zu realisieren. Bedeutende automatische Stabilisatoren sind in der Schweiz die Arbeitslosenversicherung und die Ausgaberegel der Schuldenbremse. Bei der Schuldenbremse ergibt sich die stabilisierende Wirkung daraus, dass die Einnahmen mit der Konjunktur schwanken, die Ausgaben hingegen sich kontinuierlich entwickeln. Bei der Arbeitslosenversicherung wirkt zusätzlich zur Einnahmenentwicklung auch die Ausgabenentwicklung stabilisierend, weil in Rezessionen bedeutend mehr Taggelder ausbezahlt werden als in der Hochkonjunktur.