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Kundenschutz im Bankensektor

Der Schutz der Bankkundinnen und -kunden steht im öffentlichen Fokus – politisch und regulatorisch. Es existieren bereits viele Regelungen, um die Interessen der Anleger zu schützen. Ein neues Finanzdienstleistungsgesetz soll den Kundenschutz in seiner Gesamtsicht verstärken. Durch erhöhte Informations- und Transparenzpflichten soll der Anleger in der Lage sein, die Konsequenzen seines Handelns besser abzuschätzen und eigenständig zu handeln. Der aufgeklärte und selbstständig agierende Anleger wird hoffentlich bei der Ausgestaltung des Gesetzes wegleitend sein.

Kundenschutz im Bankensektor

Es bestehen bereits wirksame Regeln und Gesetze im Sinne des Anlegerschutzes, welche laufend angepasst werden. Das Börsengesetz beispielsweise enthält Sanktionen für marktmissbräuchliches Verhalten. Es gibt die Verhaltensregeln für Effektenhändler, die Richtlinien für Vermögensverwaltungsaufträge der Bankiervereinigung und das Sorgfaltspflichtenheft VSB. Für gewisse Anlageprodukte wie Aktien, Anleihensobligationen und Anlagefonds besteht überdies eine Prospektpflicht mit einer strengen Prospekthaftung. Nicht zu vergessen sind die Einlagensicherung, das Konkursprivileg, das Absonderungsrecht für Wertschriften sowie die Eigenmittelanforderungen an die Banken und der Bankenombudsman als unabhängige Schlichtungsstelle.

Seit der Finanzkrise wurden vielfältige Forderungen der Politik, aber auch der Bevölkerung nach einem verstärkten Kundenschutz laut. Die jetzt an die Hand genommene Ausarbeitung eines neuen Finanzdienstleistungsgesetzes (Fidleg) soll diesen Wünschen Rechnung tragen.

Vor- und Nachteile eines verstärkten Anlegerschutzes


Das Fidleg soll auf verschiedenen Ebenen sektorenübergreifende Regeln schaffen, beispielsweise einheitliche Informationspflichten am Point of Sale, Transparenzverpflichtungen, Ausbildungsvorschriften für Kundenberater, Anpassungen des Zivilprozessrechts und einen erweiterten Kreis der Beaufsichtigten. Ein solch umfassendes Regelwerk ist grundsätzlich zu begrüssen. Die erhöhte Transparenz und eine bessere Information unterstützen die Kundeninnen und Kunden in ihrem eigenverantwortlichen Handeln und tragen zur Aufklärung (Empowerment) bei. Es ist jedoch davon abzusehen, die Informationspflichten derart auszugestalten, dass alle Risiken der Anleger abgefedert bzw. auf die Banken überwälzt werden. Denn dies könnte die Risikobereitschaft der Kundinnen und Kunden erhöhen und die Anlagekosten unverhältnismässig in die Höhe treiben.

Eine einheitliche Produktdokumentation im Sinne eines Basisdokumentes scheint sinnvoll, bestehen doch bereits heute solche Dokumente. Von einer umfassenden Prospektpflicht ist jedoch abzusehen, da Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis mehr stünden und die entstehenden Kosten letztendlich den Kundinnen und Kunden zur Last fallen würden. Auch besteht die Gefahr, dass durch den hohen Aufwand einzelne Produkte nicht mehr angeboten bzw. Märkte nicht mehr bedient würden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Ausbildung der Kundenberater. Die Ausbildung im Bankensektor ist im schweizerischen Bildungssystem gut verankert und hat sich bewährt. Darauf sollte aufgebaut werden.

Problematische prozessrechtliche Verschärfungen


Mit dem Fidleg soll auch die Durchsetzung von Ansprüchen Privater gegenüber Banken und anderen Finanzdienstleistern erleichtert werden. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass der durchschnittliche Retailkunde nicht die (finanziellen) Möglichkeiten hat, einen Finanzdienstleister einzuklagen. Angedacht wurden im Vorfeld u. a. eine Beweislastumkehr für die Einhaltung der Verhaltensregeln und die grundsätzliche Tragung der Prozesskosten durch die Finanzdienstleister. Tatsächlich können heute prozessuale Schwierigkeiten bestehen, einen Finanzdienstleister einzuklagen. Das ist jedoch kein spezifisches Problem der Finanzbranche, sondern vielmehr ein generelles Problem der Anspruchsdurchsetzung mit potenziell hohem Streitwert. Zur Verhinderung von Klagefluten sieht die Zivilprozessordnung Kostenvorschüsse vor, die sich nach der Höhe des Streitwerts bemessen. Diese Kostenbemessung ist ein grundsätzliches Problem, das nicht einseitig für einen bestimmten Wirtschaftssektor verschärft werden darf – insbesondere nicht, indem die Prozesskosten generell der Unternehmensseite auferlegt werden. Auch eine Beweislastumkehr zulasten der Finanzdienstleistungsunternehmen macht keinen Sinn: Durch die erhöhten Informations- und Transparenzpflichten hat der Kunde genügend Beweise in der Hand, um begründete Ansprüche auf dem Rechtsweg durchzusetzen.

Zitiervorschlag: Eleonor Gyr (2014). Kundenschutz im Bankensektor. Die Volkswirtschaft, 01. Juli.

Gleiche Leistungen, gleiche Risiken, gleiche Regeln

Im Rahmen des Fidleg sollen neu auch die unabhängigen Vermögensverwalter unter die Aufsicht der Finma gestellt werden. Dies ist ein grosser Schritt in Richtung Kundenschutz im Bankensektor, gelten doch für alle Anbieter gleicher Dienstleistungen gleiche Verhaltensregeln. Dadurch erhöht sich die Rechtssicherheit für die Kundinnen und Kunden erheblich.