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Die Auswirkungen der Neuordnung der Finanzmarktaufsicht auf den Parabankensektor

Bei den kommenden Gesetzesvorhaben im Finanzmarktbereich geht es nicht nur um Banken und Versicherungen. Auch zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen bieten Finanzdienstleistungen an und werden von den neuen Regulierungen betroffen sein. Entsprechend müssen die neuen Regeln auch für diese Unternehmen umsetzbar sein, um die Vielfalt des schweizerischen Finanzplatzes zu erhalten. Dazu kann ein auf Selbstregulierung basierendes System entscheidend beitragen.

Die Auswirkungen der Neuordnung der Finanzmarktaufsicht auf den Parabankensektor

Die Finanzmarktregulierung in der Schweiz ist im Umbruch. Dazu haben nicht nur die Finanzkrise und der internationale Druck auf die Schweiz im Bereich unversteuerter Gelder beigetragen, sondern auch der Wunsch nach einem wirksameren Konsumentenschutz. Langfristig wird der schweizerische Finanzsektor zudem international nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn er sich in Bezug auf die Qualität der angebotenen Dienstleistungen von der ausländischen Konkurrenz abheben kann. Insofern sind die Regulierungsvorhaben, welche die fachliche Kompetenz der Anbieter und die Transparenz in Bezug auf Dienstleistungen und Produkte erhöhen, grundsätzlich zu begrüssen. Bei all den neuen Regulierungsvorhaben darf aber nicht vergessen werden, dass der Finanzsektor in der Schweiz nicht nur aus (Gross-)Banken besteht: Der überwiegenden Teil der Finanzdienstleister sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die zum Beispiel in der Vermögensverwaltung, der Anlageberatung oder im Kreditgeschäft tätig sind (sogenannter Parabankensektor). Finanzgeschäfte sind zu einem grossen Teil Vertrauenssache. Entsprechend wünschen sich viele Kunden einen Ansprechpartner auf Augenhöhe. Dies kann unter Umständen ein unabhängiger Vermögensverwalter eher bieten als eine Grossbank.

Kernanliegen an die Regulierung


Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, muss daher jede neue Regulierung so ausgestaltet sein, dass nicht nur die grossen Anbieter die finanziellen und personellen Ressourcen aufbringen können, um sie umzusetzen. Auch KMU müssen weiterhin die Möglichkeit haben, sich im Markt behaupten zu können. Denn mit einer Verdrängung der kleinen und mittleren Finanzdienstleister ist für den Kundenschutz nichts gewonnen. Zudem sollte Regulierung kein Selbstzweck sein, sondern immer darauf getestet werden, ob sie eine reelle Verbesserung des Kundenschutzes bringt. Gerade ausgedehnte Dokumentationspflichten verursachen beim Anbieter kostenintensiven administrativen Aufwand, oft ohne die Aufklärung des Kunden zu verbessern.

Aufgrund der Internationalität des schweizerischen Finanzsektors drängt es sich zwar auf, internationale und insbesondere europäische Standards (z. B. Mifid) bei den geplanten Regulierungsvorhaben zu berücksichtigen. Durch die Übernahme von internationalen Standards wird beabsichtigt, Zugang zu ausländischen Märkten zu erhalten. Dabei ist aber in Betracht zu ziehen, dass jede schweizerische Regulierung, welche über diese Standards hinausgeht, den einheimischen Finanzsektor im internationalen Wettbewerb benachteiligen kann. Gerade im Parabankensektor sind viele Anbieter tätig, die sich auf den schweizerischen Heimmarkt konzentrieren und entsprechend auf den ausländischen Marktzugang gar nicht angewiesen sind.

Selbstregulierung als Alternative zu einer direkten staatlichen Aufsicht


Jede neue Regulierung im Finanzmarktbereich muss folglich der Heterogenität der Branche Rechnung tragen, wenn sie nicht zu einer Bevorzugung der grossen Anbieter und damit zu einer Wettbewerbsverzerrung führen soll.

Im Parabankensektor überwiegt zurzeit die Selbstregulierung. Im Bereich der Geldwäschereiprävention überwachen von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) beaufsichtigte Selbstregulierungsorganisationen die Einhaltung der entsprechenden Sorgfaltspflichten bei ihren Mitgliedern. Branchenorganisationen verfügen über von der Finma anerkannte Standesregeln für die Ausübung der Vermögensverwaltung gemäss dem Kollektivanlagengesetz. Die Verhaltensregeln im Bereich Vermögensverwaltung – zurzeit beschränkt auf den Einsatz von kollektiven Kapitalanlagen – nehmen in weiten Teilen die diskutierten Verbesserungen in Bezug auf Kundenschutz und Transparenz der Dienstleistungen bereits vorweg. Deren Anwendungsbereich kann zudem ohne grossen Aufwand angepasst und ausgedehnt werden.

Die Selbstregulierung im Parabankensektor hat sich in der Vergangenheit bewährt. Sie kann auch in Zukunft eine effiziente und kostengünstige Alternative zu einer staatlichen Aufsicht bieten und insbesondere dazu beitragen, dass die Regulierungslast auch für KMU tragbar bleibt.

Zitiervorschlag: Kathrin Scholl (2014). Die Auswirkungen der Neuordnung der Finanzmarktaufsicht auf den Parabankensektor. Die Volkswirtschaft, 01. Juli.