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Das Schweizer Kreuz darf neu auch auf Waren angebracht werden

Immer mehr Unternehmen verwenden für ihre Waren und Dienstleistungen Bezeichnungen wie «Schweiz», «Schweizer Qualität», «Made in Switzerland» und das Schweizer Kreuz. Denn Käufer sind bereit, für Schweizer Produkte mehr auszugeben als für Artikel aus anderen Ländern. Die Marke Schweiz ist damit pures Geld wert. Deren Wert zieht diverse in- und ausländische Nachahmer an, welche ihre Produkte gerne damit schmücken. Die missbräuchliche oder zweifelhafte Verwendung der Swissness führt zu einem Image- und Wertverlust der Marke Schweiz. Wie sehen die Bestimmungen der Swissness-Vorlage für Lebensmittel und Industrieprodukte aus?
Obwohl das Schweizer Kreuz nach dem geltenden Recht nicht geschäftsmässig gebraucht werden dürfte, findet es auf einer Vielzahl von Produkten Verwendung. (Bild: Keystone)

Konsumenten und Konsumentinnen schätzen Schweizer Waren und Dienstleistungen ganz besonders. Kein Wunder also, dass solche Produkte im In- und Ausland einen hervorragenden Ruf geniessen. Dies haben verschiedene Studien und Umfragen gezeigt, zuletzt die Studie «Swissness Worldwide 2013».[1] Deshalb kann für Schweizer Produkte teilweise ein höherer Preis verlangt werden als für vergleichbare Produkte, die nicht aus der Schweiz stammen oder deren Herkunft unbekannt ist. Es handelt sich dabei um die sogenannte Swissness-Prämie. So nutzen denn auch immer mehr Unternehmen die Swissness und verwenden auf ihren Produkten neben der eigenen Marke zusätzlich das Schweizer Kreuz (Co-Branding) oder einen anderen Hinweis auf die Schweiz. Dies, obwohl das Schweizer Kreuz nach dem geltenden Recht gar nicht geschäftsmässig gebraucht werden dürfte.

Parallel zum Erfolg der Swissness haben auch die Missbräuche stark zugenommen. Das hat zu Klagen aus der Wirtschaft sowie von Konsumenten und Konsumentinnen geführt und schliesslich auch parlamentarische Vorstösse[2] ausgelöst. Um Missbräuche zu verhindern und die Swissness-Prämie langfristig zu erhalten, hat das Parlament am 21. Juni 2013 – nach dreieinhalb Jahren intensiver Debatten – die Swissness-Vorlage verabschiedet. Es hat die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen des Markenschutz- und des Wappenschutzgesetzes deutlich gutgeheissen.[3]

Der Bundesrat hat am 20. Juni 2014 das Vernehmlassungsverfahren zu vier Swissness-Ausführungsverordnungen eröffnet.[4] Diese Verordnungen sollen die vom Parlament beschlossenen Änderungen zum Gebrauch der Angabe «Schweiz» und des Schweizer Kreuzes für alle Produkte und Dienstleistungen mit weiteren Regeln präzisieren und konkretisieren.

Welche Ziele verfolgt die Swissness-Revision?


Die Herkunftsangabe «Schweiz» und das Schweizer Kreuz sollen im Inland besser geschützt werden – auch mit Blick auf die Rechtsdurchsetzung im In- und Ausland. Neu sind deshalb zusätzliche Instrumente vorgesehen, welche die Rechtsdurchsetzung im In- und Ausland erleichtern sollen. Dazu gehören zum Beispiel das Register für geografische Angaben für nicht landwirtschaftliche Produkte (analog dem Register für landwirtschaftliche Erzeugnisse, das vom BLW geführt wird), die geografische Marke sowie schärfere Strafen und ein Klagerecht des IGE für besonders krasse Fälle.

Das Herzstück der Revision sind präzise Regeln über die geografische Herkunft einer Ware oder einer Dienstleistung, die im Markenschutzgesetz verankert werden. Mit diesen Regeln werden die Kriterien festgelegt, die bestimmen, wie viel «Schweiz» in einem Produkt drin sein muss, damit auch «Schweiz» draufstehen darf.

Gleichzeitig soll das heute geltende Verbot aufgehoben werden, das Schweizer Kreuz auf Produkten anzubringen. Heute gilt das Verbot selbst dann, wenn es sich um Schweizer Produkte handelt! Das ist nicht mehr zeitgemäss. Nur wer seine Dienstleistungen oder Waren mit dem Schweizer Kreuz oder der Angabe «Schweiz» schmücken will, muss die Swissness-Regeln beachten. Die Vorlage enthält unterschiedliche Regeln für Lebensmittel und Industrieprodukte. Das macht Sinn, denn die Konsumentinnen und Konsumenten erwarten von einem Schweizer Käse nicht dasselbe wie von einer Schweizer Zahnbürste.

Swissness bei Lebensmitteln


Die Tatsache, dass die Lebensmittelbranche schon heute die Swissness von Lebensmitteln in der Kommunikation intensiv nutzt und auf den Produkten auslobt, zeigt deren Wert und die Bedeutung der Marke Schweiz für die Kunden. Eine vom Bundesamt für Landwirtschaft alle zwei Jahre durchgeführte Konsumentenbefragung[5] zur Präferenz zeigt dies auch in der neusten Auflage von 2013 deutlich auf: So bevorzugen die Konsumenten beispielsweise zu 84% Schweizer Eier gegenüber ausländischen. Bei Milch und Milchprodukten liegt dieser Wert bei 73%, bei Getreideprodukten bei 63% oder bei Wurstwaren bei 59%. Für die meisten anderen Lebensmittel liegen die Werte im selben Bereich.

Die missbräuchliche oder zweifelhafte Verwendung der «Marke Schweiz» bei Lebensmitteln führt zu einem Image- und Wertverlust. Das ist für die international eher im oberen Preissegment positionierten Produkte der schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft besonders fatal, da damit der Marktwert der Marke langfristig zu erodieren droht.

Die eidgenössischen Räte haben am 21. Juni 2013 nach langwierigen Beratungen – die Botschaft des Bundesrates stammt aus dem Jahr 2009 – das revidierte Markenschutzgesetz verabschiedet. Damit ist ein wichtiger Grundstein für einen besseren Schutz der Marke Schweiz und des Schweizer Kreuzes – auch bei Lebensmitteln – gelegt worden.

Das revidierte Markenschutzgesetz regelt die Swissness-Anforderungen für Lebensmittel bereits ziemlich detailliert. Es legt fest, dass der wesentliche Verarbeitungsschritt in der Schweiz stattfinden muss. Zudem müssen grundsätzlich 80% des Gewichts der Rohstoffe, aus denen sich das Lebensmittel zusammensetzt, aus der Schweiz stammen. Bei Milch und Milchprodukten sind es 100%. Folgende Ausnahmen bei der Berechnung des minimalen Swissness-Anteils sind auf Gesetzesstufe verankert:

  • Naturprodukte, die in der Schweiz aufgrund der natürlichen Gegebenheiten nicht produziert werden können (z. B. Zitronen, Salzwasserfische);
  • Rohstoffe mit einem Selbstversorgungsgrad von weniger als 20% (z. B. Haselnüsse);
  • Naturprodukte, die etwa aufgrund eines Ernteausfalls nicht verfügbar sind;
  • Rohstoffe mit einem Selbstversorgungsgrad von 20% bis 49,9% (z. B. Erdbeeren) werden nur zur Hälfte angerechnet. Die Berechnung kann aufgrund der Warenflüsse eines Kalenderjahres für das betreffende Produkt erfolgen.


Die in Vernehmlassung befindliche Verordnung über die Herkunftsangabe «Schweiz» für Lebensmittel (HASLV) sieht weitere Elemente vor, welche für die praktische Umsetzung relevant sind: So kann das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) weitere Naturprodukte, die in der Schweiz zwar erzeugt werden, jedoch gemäss den erforderlichen technischen Anforderungen für den bestimmten Verwendungszweck nicht produziert werden können, von der Anrechnung ausnehmen. Eine Bagatellklausel sieht zudem vor, dass Zutaten, die für das Endprodukt weder wesentlich noch namensgebend sind (z. B. Hefen, Zusatzstoffe, Gewürze), ebenfalls ausgenommen werden können.

Neben diesen diversen Flexibilitäten sind folgende Eckpunkte für die Lebensmittelindustrie von Bedeutung: Die Zusammenfassung von einzelnen Rohstoffen zu sogenannten Halbfabrikaten ist nicht zulässig. Denn sonst würden ausländische Rohstoffe in einem schweizerischen Halbfabrikat als schweizerisch angerechnet (z. B. würde Kakao im Halbfabrikat Schokolade als schweizerisch gelten). Zudem wird normales Trinkwasser nicht zur Ermittlung des Swissness-Anteils angerechnet (mit Ausnahme von Quell- und Mineralwasser), um eine «Verwässerung» der Swissness zu vermeiden.

Für die einzelnen Unternehmen soll die Umsetzung der neuen Swissness-Regeln möglichst unkompliziert sein: Selbstverständlich ist weder eine Bewilligung noch irgendein anderes Verfahren für die Nutzung der Marke Schweiz notwendig. Vielmehr obliegt es (wie bisher) der betrieblichen Selbstkontrolle, ob ein Produkt den Anforderungen an eine Auslobung mit Swissness genügt. Und nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass die Verwendung der Herkunftsbezeichnung Schweiz freiwillig bleibt.

Swissness bei Industrieprodukten


Bei Industrieprodukten müssen mindestens 60% der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen, wobei auch die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie Qualitätssicherung und Zertifizierung bei der Berechnung berücksichtigt werden können. Zudem muss der wesentliche Herstellungsschritt in der Schweiz erfolgen. Auch hier sind Ausnahmen vorgesehen für Naturprodukte, die in der Schweiz nicht vorkommen (z. B. Stahl, Mineralöl).

Das Schweizer Kreuz auf Waren wird legal


Das heute marketingmässig wertvollste Herkunftszeichen, das Schweizer Kreuz, darf nach Inkrafttreten der Vorlage auf Schweizer Waren angebracht werden. Damit wird den Produzenten ein wichtiger Werbeträger zur Verfügung gestellt, der heute den Dienstleistungsunternehmen vorbehalten ist. Handelt es sich gemäss den neuen Regeln um Schweizer Waren, wird es in Zukunft also möglich sein, auf einer Packung Biskuits oder auf der Verpackung von Unterwäsche legal das Schweizer Kreuz anzubringen. Dagegen ist der Gebrauch des Schweizer Wappens – d. h. des Schweizer Kreuzes in einem Wappenschild – weiterhin der Eidgenossenschaft vorbehalten.

Neues Register und geografische Marke


Zur Verstärkung des Schutzes der geografischen Angaben in der Schweiz und vor allem im Ausland wird ein neues Register für geografische Angaben für nicht landwirtschaftliche Produkte geschaffen. Es soll vom Institut für Geistiges Eigentum (IGE) geführt werden. Damit können in Zukunft geografische Angaben auch für Waren wie Uhren und Textilien in ein Register eingetragen werden. Die in Vernehmlassung befindliche Registerverordnung regelt Eintragung und Schutz dieser Angaben.

Ausserdem ist vorgesehen, dass sämtliche in ein Register eingetragenen geografischen Angaben als geografische Marken geschützt werden können. So wird es möglich, geschützte Bezeichnungen wie «Gruyère» für Käse oder «Schweiz» für Uhren auch als Marke zu schützen. Wie die Eintragung in das Register für geografische Angaben ist auch die Registrierung einer geografischen Marke eine offizielle Schutzanerkennung. Damit können der Schutz und die Durchsetzung im Ausland deutlich vereinfacht werden: Die Herkunftsangabe hat nunmehr einen klar identifizierbaren Rechtsinhaber (Branchenverband oder die für das fragliche Lebensmittel repräsentative Gruppierung), der mit dem erlangten Schutztitel gegen Trittbrettfahrer im In- und Ausland vorgehen kann. Die Markenschutzverordnung regelt die Einzelheiten für die Eintragung dieser neuen Markenart.

Davon unabhängig können interessierte Branchen die Kriterien für die Verwendung der Herkunftsangabe «Schweiz» für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen in einer Branchenverordnung noch detaillierter regeln. Mit präziseren Regeln kann den Besonderheiten einer Branche Rechnung getragen werden. Gleichzeitig ist eine Branchenverordnung auch Voraussetzung dafür, dass gewisse Ausnahmen zum Zug kommen, welche das Gesetz vorsieht (z. B. Auflistung von in der Schweiz ungenügend verfügbaren Rohstoffen).

Wie geht es weiter?


Die Inkraftsetzung des Swissness-Gesamtpakets ist auf den 1. Januar 2017 vorgesehen. Produkte, welche vor dem Inkrafttreten hergestellt worden sind und die den Kriterien nach bisherigem Recht entsprechen, dürfen noch während zwei Jahren ab Inkrafttreten verkauft werden.

  1. Stephan Feige, Peter Fischer, Dominique von Matt, Sven Reinecke, Gastbeitrag Felix Addor (2013): Swissness Worldwide 2013 – Image und internationaler Mehrwert der Marke Schweiz. []
  2. Postulat 06.3056 Hutter («Schutz der Marke Schweiz») und Postulat 06.3174 Fetz («Verstärkung der Marke Made in Switzerland»). []
  3. Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (SR 232.11); Bundesgesetz vom 5. Juni 1931 zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen (SR 232.21). []
  4. Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis zum 17. Oktober 2014. Die Unterlagen können im Internet auf der Seite www.admin.ch/ch/d/gg/pc/pendent.html eingesehen werden. Weitere Informationen zur Vorlage können beim IGE über die Internetadresse www.ige.ch/swissness und beim Bundesamt für Landwirtschaft über die Internetadresse www.blw.admin.ch > Themen > Produktion und Absatz > Swissness heruntergeladen werden. []
  5. Demoscope Research & Marketing (2013), Herkunft von Landwirtschaftsprodukten. []

Zitiervorschlag: Stefan Szabo, Patrik Aebi, (2014). Das Schweizer Kreuz darf neu auch auf Waren angebracht werden. Die Volkswirtschaft, 10. Oktober.

Swissness bei Dienstleistungen

Eine Dienstleistung gilt dann als schweizerisch, wenn sich der Sitz des Dienstleistungserbringers und ein tatsächlicher Ort seiner Verwaltung in der Schweiz befinden. Mit dem letzteren Erfordernis soll verhindert werden, dass Briefkastenfirmen von der Swissness profitieren.