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Der Personalbedarf in den Gesundheitsberufen nimmt zu

Die langfristige Sicherung einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung steht ganz oben auf der Agenda der Nationalen Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit OdASanté. Seit ihrer Gründung 2005 richtet sie sämtliche Massnahmen, welche zur Steigerung der Anzahl Berufsabschlüsse beitragen, an ihrer bildungspolitischen Branchenstrategie aus – offenbar mit Erfolg, wie aktuelle statistische Zahlen belegen.
Dank der durchlässigen Bildungswege ergeben sich sowohl für Berufstätige im Gesundheitswesen als auch für Interessierte aus anderen Arbeitsgebieten spannende Karrieremöglichkeiten. (Bild: Luca D'Alessandro, OdASanté)

2009 prognostizierten OdASanté und die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) in ihrem Nationalen Versorgungsbericht der Gesundheitsberufe[1] eine mittel- bis langfristige Zunahme des Personalbedarfs in der Branche. So decke die Ausbildungsleistung auf Tertiärstufe im Pflegebereich im Mittel der Jahre 2000 bis 2009 knapp die Hälfte des Nachwuchsbedarfs. Ausserdem werde sich die Rekrutierungssituation «ohne geeignete und rasch eingeleitete Massnahmen in den kommenden Jahren erheblich verschärfen».[2] Als Massnahmen empfehlen die Autoren die Ausschöpfung des Rekrutierungspotenzials für Gesundheitsberufe und des Ausbildungspotenzials der Praxis.

Die Branche reagierte umgehend: 2010 verabschiedete der Vorstand von OdASanté ein Strategiepaket, welches Massnahmen auf mehreren Ebenen vorsieht und bei den Prioritäten sowohl die Pflegeberufe als auch die medizinisch-technischen und medizinisch-therapeutischen Berufe berücksichtigt. Wesentliche Punkte dieser Strategie sind die Orientierung der Berufsprofile am Bedarf der Praxis, die Gestaltung eines durchlässigen Bildungssystems und die gezielte Ansprache von Schulabgängern, Quer- und Wiedereinsteigerinnen.

Positivtrend hat bereits eingesetzt


Erste Erfolge lassen sich bereits feststellen. Die kürzlich veröffentlichte Broschüre Szenarien 2013–2022 für das Bildungssystem[3] des Bundesamtes für Statistik (BFS) sieht für die kommenden zehn Jahre eine Steigerung der Abschlüsse auf Sekundarstufe II und den Tertiärstufen A und B im Gesundheitswesen vor. Der Positivtrend hat bereits in den vergangenen drei Jahren eingesetzt. Während im Sommer 2011 rund 3242 Personen einen Lehrvertrag zur Fachfrau oder zum Fachmann Gesundheit (FaGe) in der Tasche hatten, waren es 2012 bereits 3576 und 2013 sogar 3802.[4] Verglichen mit 2011 entspricht dies einem Zuwachs von 17,3%. Seit 2011 steht der Beruf auf Platz drei der 20 meistgewählten beruflichen Grundbildungen.[5]

Der Trend zeigt ebenfalls beim jüngst eingeführten Beruf des Assistenten Gesundheit und Soziales nach oben. 2011 stiegen 248 neue Lernende in die zweijährige Attestausbildung ein. Im Jahr darauf waren es 717 und 2013 754.[6] Im tertiären Bildungsbereich hat die Zahl der Eintritte in eine Diplompflegeausbildung von 2375 im 2011 auf 3002 im 2013 zugenommen.[7] Für das laufende Jahr geht OdASanté von 3200 Neueintritten aus.

Optimale Mischung von Generalisten und Spezialistinnen


Obwohl die Statistiken die eingeschlagene Branchenstrategie bekräftigen, ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. Laut BFS wird die Zahl der über 65-Jährigen bis ins Jahr 2020 um 34% zunehmen.[8] Die Folge: Die Branche wird noch mehr qualifiziertes und auf Fachrichtungen spezialisiertes Personal benötigen. Dabei wird nicht nur die Quantität eine Rolle spielen, sondern auch das Verhältnis aus generalistisch ausgebildeten und spezialisierten Fachkräften innerhalb einer Institution des Gesundheitswesens.[9]

Was hat die Branche bisher unternommen?


Mit der Gründung von OdASanté vor neun Jahren hat sich die Gesundheitsbranche neu organisiert. Bund, Kantone und Verbände haben mit koordinierten Massnahmen bewirkt, dass immer mehr junge Menschen im Berufswahlalter eine berufliche Grundbildung im Gesundheitswesen anpeilen. So ist die Abkürzung FaGe zu einer soliden Marke herangewachsen. Deren Identität basiert im Wesentlichen auf der Vielfalt bezüglich der Ausbildungsorte – Spitex, Heime und Spitäler – und des Aufgabenfeldes, welches nebst pflegerischen auch medizintechnische Verrichtungen umfasst.

Inzwischen hat Vielfalt als Botschaft auch Eingang ins Berufsmarketing gefunden. Mit Slogans wie «Gesundheitsberufe sind vielfältig» oder «Beweise deine Einzigartigkeit, hebe dich aus der Vielfalt hervor» machen Schulen und Ausbildungsbetriebe auf sich aufmerksam.

In den vergangenen fünf Jahren haben diese die Aktivitäten zur Förderung ihrer Ausbildungsangebote intensiviert. Unterstützt werden sie dabei auch von OdASanté: Die Dachorganisation führt unter der Wortmarke gesundheitsberufe.ch – einzigartig vielfältig ein auf aktuellem Kenntnisstand basiertes, mehrsprachiges Sortiment an Berufsinformationsmaterialien.

Bildungssystematik Gesundheit – die Karrierelandkarte


Die Botschaft richtet sich dabei nicht ausschliesslich an junge Menschen im Berufswahlalter. Auch Quereinsteiger oder Berufserfahrene, die nach längerer Abwesenheit den Wiedereinstieg in die Berufswelt erwägen, sollen von der Vielfalt an Möglichkeiten erfahren. Dank der durchlässigen Bildungswege, welche in der Bildungssystematik Gesundheit verankert sind, ergeben sich sowohl für Berufstätige im Gesundheitswesen als auch für Berufsinteressierte aus anderen Arbeitsgebieten spannende Karrieremöglichkeiten.

Eine Fachfrau Gesundheit kann sich etwa in Form von einer Berufsprüfung Langzeitpflege spezialisieren oder zur Pflegefachfrau weiterbilden lassen, eine Leitungs- und Ausbildungsfunktion übernehmen oder den Schritt in die Pflegefachvertiefung machen. Nach Abschluss einer Ausbildung auf Tertiärstufe hat sie die Möglichkeit, ein Nachdiplomstudium in Anästhesie-, Intensiv- oder Notfallpflege (NDS AIN) zu absolvieren.

Dieses breite Karriereangebot ist durchaus attraktiv. Das belegt unter anderem die Studie zum Karriereverlauf von Fachfrauen und Fachmännern Gesundheit, welche das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) im Auftrag von OdASanté durchgeführt hat.[10] Sie besagt, dass nach Abschluss der dreijährigen Ausbildung sich rund 90% aller FaGe für eine Karriere im Gesundheitsbereich entscheiden.

Damit verschaffen sich die Fachkräfte Zugang zu den neu entwickelten Berufsprofilen, wie zum Beispiel der Nephrologie-, Psychiatrie- oder Onkologiepflege. Dank ihres Fachwissens können sie noch gezielter auf die Bedürfnisse spezifischer Patientengruppen eingehen und damit zur Sicherung der Versorgung auf einem qualitativ hohen Niveau beitragen.

Den Bedarf stets im Fokus


Langfristig lässt sich dieses hohe Niveau allerdings nur dann gewährleisten, wenn die Berufsprofile weiterhin den effektiven Bedarf der Betriebe abdecken. Aus diesem Grund hat OdASanté Qualitätssicherungskommissionen eingerichtet, welche die Berufsprofile in regelmässigen Abständen hinsichtlich Aktualität und Praxistauglichkeit überprüfen.

Die Branche hat in den vergangenen Jahren wichtige Schritte zugunsten einer zeitgemässen und qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung unternommen. Dass die Gesundheitsberufe heute gut aufgestellt sind, belegen nicht zuletzt die vorliegenden Zahlen.

  1. Dolder, Grünig (2009). []
  2. Ebenda, S. 51. []
  3. Babel, Strubi, Gaillard (2013). []
  4. BFS (2011, 2012, 2013). []
  5. SBFI (2014). []
  6. BFS (2011, 2012, 2013). []
  7. Zahlen beruhen auf Erhebungen der Jahre 2013/2014 von OdASanté, H+ sowie des BGS. Sie wurden mit Informationen aus der interaktiven Statistikdatenbank des BFS ergänzt: www.bfs.admin.ch. []
  8. Vgl. Knoth et al. (2012), S. 59, zitiert nach BFS (2010). []
  9. Vgl. Knoth et al. (2012). []
  10. Trede, Schweri (2013). []

Literaturverzeichnis

  • Babel, J., Strubi, P., Gaillard, L. (2013): Szenarien 2013–2022 für das Bildungssystem. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik (BFS).
  • BFS (2010): Statistik des jährlichen Bevölkerungsstandes (ESPOP) und der natürlichen Bevölkerungsbewegung (BEVNAT) 2009. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik (BFS).
  • BFS (2011, 2012, 2013): Statistik der beruflichen Grundbildung. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik (BFS)
  • Dolder, P., Grünig, A. (2009): Nationaler Versorgungsbericht für die Gesundheitsberufe. Bern: Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) und Nationale Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit (OdASanté).
  • Knoth, S. et al. (2012): Exzellenzmanagement (1. Aufl.). Bern: H. Huber.
  • Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (2014): Berufsbildung in der Schweiz 2014. Bern: SBFI.
  • Trede, I., Schweri, J. (2013): Laufbahnentscheidungen von Fachfrauen und Fachmännern Gesundheit. Zollikofen: Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB.


 


Bibliographie

  • Babel, J., Strubi, P., Gaillard, L. (2013): Szenarien 2013–2022 für das Bildungssystem. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik (BFS).
  • BFS (2010): Statistik des jährlichen Bevölkerungsstandes (ESPOP) und der natürlichen Bevölkerungsbewegung (BEVNAT) 2009. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik (BFS).
  • BFS (2011, 2012, 2013): Statistik der beruflichen Grundbildung. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik (BFS)
  • Dolder, P., Grünig, A. (2009): Nationaler Versorgungsbericht für die Gesundheitsberufe. Bern: Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) und Nationale Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit (OdASanté).
  • Knoth, S. et al. (2012): Exzellenzmanagement (1. Aufl.). Bern: H. Huber.
  • Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (2014): Berufsbildung in der Schweiz 2014. Bern: SBFI.
  • Trede, I., Schweri, J. (2013): Laufbahnentscheidungen von Fachfrauen und Fachmännern Gesundheit. Zollikofen: Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB.


 

Zitiervorschlag: Luca DAlessandro (2015). Der Personalbedarf in den Gesundheitsberufen nimmt zu. Die Volkswirtschaft, 17. Januar.