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Wirtschaftsstandort Schweiz muss mit Innovation punkten

Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist nach wie vor stark. Bund und Kantone stehen aufgrund von innen- und aussenpolitischen Entscheiden und Entwicklungen jedoch vor grossen Herausforderungen. Sie müssen bewährte Instrumente der Standortförderung gezielt einsetzen, um weiterhin gute Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu garantieren. Immer wichtiger wird dabei die Innovationspolitik. Diese kann einer Deindustrialisierung entgegenwirken und damit Arbeitsplätze erhalten.
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Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind in der Schweiz ausgezeichnet: Das gute Bildungssystem, das stabile und effiziente Staatswesen, die funktionierende Sozialpartnerschaft, der anpassungsfähige Arbeitsmarkt sowie das konkurrenzfähige steuerliche Umfeld sind die Basis für den Wohlstand in der Schweiz. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg sind jedoch auch Nebenwirkungen für die Gesellschaft und die Umwelt verbunden. In diesem politischen Spannungsfeld wurde die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» lanciert und am 9. Februar 2014 knapp angenommen. Deren Umsetzung wird mehr Regulierung im Inland bringen und zu mehr Unsicherheit führen. Bund und Kantone sind gefordert, den drohenden Schaden für die Schweizer Volkswirtschaft möglichst zu begrenzen.

Entscheid der Nationalbank schafft Unsicherheit


Der am 15. Januar 2015 überraschend gefasste Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den im September 2011 eingeführten Euro-Mindestkurs aufzuheben, löste starke Reaktionen an den Märkten aus. Die Exportindustrie und die Tourismusbranche stehen wegen des starken Frankens vor grossen Schwierigkeiten. Ohne Gegenmassnahmen besteht die Gefahr, dass Unternehmen geplante Investitionen aufschieben und Arbeitsplätze ins Ausland verlagern.

Hinzu kommt, dass auf nationaler Ebene verschiedene finanzpolitische Vorlagen zum Entscheid anstehen, die zu hohen Steuerausfällen führen könnten. Zu nennen sind etwa die Reform der Unternehmensbesteuerung (USR III) und Anpassungen bei der Ehepaarbesteuerung.

Die Schweiz ist in der Globalisierung angekommen


Was kann die Politik angesichts dieser Herausforderungen tun? Der Staat kann Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Industriearbeitsplätzen nicht verordnen. Mit wirtschaftspolitischen Massnahmen kann er aber die Rahmenbedingungen für die Unternehmen verbessern. Die Schweizer Politik stellt in der globalisierten Wirtschaft die Regeln dabei nicht allein auf, sondern muss mit den Hauptakteuren zusammenarbeiten. Wichtig sind dabei etwa Wirtschaftsräume wie die USA und die EU sowie internationale Organisationen wie die OECD.

Die Aufhebung des Mindestkurses zeigt exemplarisch, dass die Schweizer Wirtschaft in der Globalisierung angekommen ist. Die Kursentwicklung des Frankens wird nicht nur in der Schweiz bestimmt, sondern ist abhängig von den globalen Finanzmärkten und ihren Verflechtungen. Deshalb ist die geordnete wirtschaftliche Anbindung der Schweiz an die Welt essenziell.

Bilaterale Verträge von grösster Wichtigkeit


Der wichtigste Pfeiler der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz sind die bilateralen Abkommen mit der EU, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz.

Vor 20 Jahren prägten noch unsere Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich und Italien die EU-Politik. Mittlerweile ist die EU grösser und vielfältiger geworden. Viele der neuen EU-Mitglieder in Zentral- und Osteuropa haben eine weniger enge Beziehung zur Schweiz, was die Durchsetzung von Partikularinteressen eines Nicht-Mitgliedslandes immer schwieriger werden lässt – gerade wenn es um den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr geht. Es wird sich weisen, ob sich die EU bei den Verhandlungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative dennoch flexibel zeigt.

Nebst der Personenfreizügigkeit tragen auch die übrigen Bereiche der bilateralen Verträge zum Wirtschaftswachstum der Schweiz bei. Beispielsweise führt das Abkommen über die technischen Handelshemmnisse zu deutlichen Kosteneinsparungen für die Schweizer Exportunternehmen. Von den Forschungsrahmenprogrammen der EU profitieren wiederum insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Zieht man aus wirtschaftlicher Sicht Bilanz, ist klar: Der Erhalt der bilateralen Verträge ist für die Schweizer Wirtschaft von entscheidender Bedeutung.

Standortförderung: Nationale Standort­promotion und Neue Regionalpolitik


Auch innenpolitisch braucht es weiterhin politisches Engagement, um bestehende Arbeitsplätze zu sichern und mittels Firmenansiedlungen neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dabei steht einerseits die staatliche Standortförderung im Vordergrund, die alle vier Jahre mit einer Finanzierungsbotschaft dem nationalen Parlament vorgelegt wird. Diese eidgenössische Vorlage enthält viele inhaltliche Berührungspunkte mit der kantonalen Politik. So verfügen die Kantone mit der Neuen Regionalpolitik (NRP) und der Standortpromotion im Ausland über zwei Mandate, die sie zusammen mit dem Bund vollziehen und finanzieren. Eine funktionierende Zusammenarbeit ist dabei zwingend.

Im Bereich der Standortpromotion im Ausland haben Bund und Kantone in den letzten vier Jahren das nationale Mandat weiterentwickelt: Die Promotionsorganisation Switzerland Global Enterprise (S-GE) sichert den koordinierten und gemeinsamen Auftritt der Schweiz in ausgewählten Märkten. Der geeinte Auftritt stärkt den Wirtschaftsstandort Schweiz und bringt Investitionen ins Land. Trotz dieser Anstrengungen sind die ausländischen Investitionen in den letzten Jahren zurückgegangen. Aus kantonaler Sicht ist es deshalb wichtig, dass das Mandat für die nationale Standortpromotion weitergeführt und gestärkt wird. Verbesserungspotenzial gibt es im operativen Bereich: Hier sind die Rollen der Beteiligten in den Märkten zu klären. Zudem müssen die Abläufe effizienter und zielgerichteter werden.

Mit der Neuen Regionalpolitik fördern Bund und Kanton regionale Stärken zielgerichtet. Die Unterstützung erfolgt potenzialorientiert. Die Kantone erarbeiten ein Umsetzungsprogramm und vollziehen dieses. Der Bund hat über das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Aufsicht über den Einsatz der Mittel und die Effizienz der Massnahmen. Finanziert werden die Projekte von Bund und Kantonen gemeinsam. Diese Grundsätze haben sich bewährt und sollen auch für die Zeitperiode 2016 bis 2019 weitergeführt werden.

Innovationsförderung hilft der Industrie


Neben der klassischen Standortförderung wird heute die Innovationspolitik immer wichtiger. Der starke Schweizer Franken und die vergleichsweise hohen Lohn- und Produktionskosten belasten den traditionellen Industriestandort Schweiz. Die Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise zeigen aber: Die Schweiz darf nicht zu einem reinen Dienstleistungsstandort werden; für die Stabilität der Wirtschaft braucht es auch in Zukunft produzierende und wettbewerbsfähige Industrieunternehmen.

Der Wissenstransfer und die Innovationsförderung für Firmen haben für Bund und Kantone eine hohe Priorität. Angesichts der Herausforderungen für Unternehmen im ländlichen Raum gilt dies auch für die Neue Regionalpolitik. Im Mehrjahresprogramm 2016–2023 soll deshalb die Unterstützung von Innovation in den Regionen einen zentralen Förderinhalt darstellen. Auch die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) schafft mit ihren Förderinstrumenten gute Rahmenbedingungen für Unternehmen, Forschende und Start-up-Firmen.

Neu kommt ab 2016 voraussichtlich der Swiss Innovation Park (SIP) hinzu (siehe Kasten 1). Die Kantone haben sich von Anfang an für dieses Projekt eingesetzt, das private Forschungsgelder für die Schweiz sichern will. Dies soll über einen nationalen Innovationspark mit netzwerkartiger Struktur erreicht werden. Hochschulen und Privatwirtschaft sollen dereinst im Bereich Forschung und Entwicklung Ausserordentliches leisten. Ein solches Projekt gewinnt angesichts des für die Schweiz wirtschaftlich unfreundlichen Jahresstarts an Bedeutung. Hier zu investieren, lohnt sich auf lange Frist.

Zitiervorschlag: Rickenbacher, Andreas (2015). Wirtschaftsstandort Schweiz muss mit Innovation punkten. Die Volkswirtschaft, 18. Februar.

Grundlage für nationalen Innovationspark gelegt

Das Anfang 2014 in Kraft getretene neue Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz (FIFG) schafft die Grundlage für einen nationalen Innovationspark (SIP) mit internationaler Ausrichtung. Dieser Innovationspark will Forschung und Entwicklung in einem umfassenden Netzwerk fördern. Er dient der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, der Ressourceneffizienz und der nachhaltigen Entwicklung und ergänzt die Massnahmen der Forschungs- und der Innovationsförderung des Bundes. Die Konferenz Kantonaler Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) erstellte im Auftrag des Bundes ein konsolidiertes Umsetzungsprojekt und unterbreitete es Mitte 2014 dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF). Die einzelnen Standorte sollen untereinander vernetzt sein und die Zusammenarbeit zwischen der Privatwirtschaft und den Hochschulen fördern.