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Praktische Standortförderung am Beispiel des Swiss Business Hub USA

Die wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen im Ausland zu erleichtern, Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern und die Grundlage für eine koordinierte Vermarktung des Wirtschaftsstandortes Schweiz zu legen – das sind Ziele der Aussenwirtschaftsförderung. Die Swiss Business Hubs bieten Dienstleistungen für exportorientierte KMU. Gleichzeitig sind sie in den wichtigsten Märkten erste Ansprechstelle für Branchen­verbände, für Kantone oder für potenzielle Investoren. Sie haben auch eine wichtige Funktion, wenn es darum geht, das Vertrauen ausländischer Investoren in den Standort Schweiz zu stärken.

Der Swiss Business Hub USA (SBH) ist für die Exportförderung und Standortpromotion im US-Markt zuständig. Der SBH mit Hauptsitz im Generalkonsulat in New York und Aussenstellen in Atlanta, Chicago, Houston, Los Angeles und San Francisco fungiert als Aussenstelle des vom Bund mandatierten Vereins Switzerland Global Enterprise (S-GE). Mit acht Mitarbeitenden in den Bereichen Exportförderung und Standortpromotion ist der SBH im Vergleich zur Aussenwirtschaftsförderung anderer Länder schlank aufgestellt.

Offizieller Status als Türöffner


Die Integration des SBH ins offizielle schweizerische Vertretungsnetz und die Unterstellung unter den Schweizer Botschafter stärkt einerseits die interne Kooperation (Botschaft, Generalkonsulate, Swissnex, Honorarkonsuln). Andererseits unterstützt sie den Auftritt und gegen aussen die Zusammenarbeit mit Investoren, Behörden, Handelskammern, Branchenverbänden und Wirtschaftsförderungsstellen vor Ort. Erstaunlicherweise kommt diese Offizialität aber auch der Kontaktvermittlung zwischen Privatunternehmen zugute. Nicht zuletzt dank des offiziellen Status gelingt es dem SBH immer wieder, für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für Start-up-Firmen verschlossen geglaubte Türen bei Fortune-500-Unternehmen[1] und Investoren zu öffnen. Aufgrund der Offizialität und der Marktverankerung verfügt der SBH über ein weites Beziehungsnetz mit synergetischem Nutzen für beide Leistungsaufträge: Aus der Exportförderung generierte Firmen- und Expertenkontakte sind oft auch für Zwecke der Standortpromotion relevant. Deren eigene Kontakte können auch für Schweizer KMU von Nutzen sein.

Service public für Schweizer KMU


Im Bereich Exportförderung unterstützt der SBH rund 300 Schweizer KMU pro Jahr und erbringt kostenlose Service-public-Leistungen. Zu den Basisdienstleistungen für Schweizer KMU zählt die Auskunftserteilung und Erstberatung bei Fragen zu Zöllen, Ursprungsregeln, Steuern, regulatorischen Aspekten und Marktinformationen. Weitere Aktivitäten beinhalten branchenspezifische Studien, Messen und Unternehmerreisen. Beratungsleistungen, die den Service public übersteigen, werden den Firmen verrechnet. Die firmenspezifischen Aufträge zu Markteintritts- und Marktexpansionsprojekten beziehen sich mehrheitlich auf Marktstudien, Geschäftspartner-, Distributoren- und Kundensuche sowie regulatorische Aspekte. Der SBH bezieht umfassend private Experten und Beratungsunternehmen mit ein.

Das Terrain für nachhaltige Ansiedlungen ebnen


In der Standortpromotion positioniert der SBH den Wirtschaftsstandort Schweiz mit dem Ziel, Direktinvestitionen aus dem Ausland zu generieren und nachhaltige Ansiedlungen zu fördern. Die Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und kantonsübergreifenden Areas[2] sieht vor, dass sich der SBH auf diejenigen Phasen des Ansiedlungsprozesses konzentriert, bei denen es um Marketing, Marktforschung und Identifikation von ansiedlungsinteressierten Zielfirmen geht. Die Kantone sind primär in den nachfolgenden Phasen tätig, wo sie Unternehmen mit Investitionsabsichten bis zur Ansiedlung begleiten. Sobald ein Projekt oder Investorenkontakt durch den SBH weitergeleitet wird, obliegt die Weiterbetreuung den Kantonen.

Sorge um den Standort Schweiz


Die Schweiz gehört gemäss einer Vielzahl von Studien und Rankings nach wie vor zu den attraktivsten, wettbewerbsfähigsten und innovativsten Ländern der Welt. Doch wie steht es wirklich um den Standort Schweiz? Gewichtige Standortvorteile bleiben. Aber die rechtlichen Unsicherheiten im Bereich der künftigen Unternehmensbesteuerung und des Arbeitsmarktzugangs haben US-­Investoren verunsichert. Der Kostennachteil hat sich gegenüber konkurrierenden Standorten akzentuiert, das Image hat mit Blick auf Steuerpraxis und Finanzplatz gelitten. Die zahlreichen Volksinitiativen aus jüngster Zeit stellen die viel gepriesene Stabilität und Rechtssicherheit zunehmend infrage. Als Konsequenz der fehlenden Planungssicherheit erscheint die Schweiz nicht mehr automatisch auf der Shortlist möglicher Standorte von Beratungsfirmen und potenziellen Investoren.
Dies hinterlässt Spuren: Nach einem deutlichen Rückgang an Ansiedlungen von US-Firmen hat sich der Trend der Vorjahre auch 2014 fortgesetzt. Hinzu kommt, dass die Schweiz nebst dem Verlust von Investitionsprojekten an konkurrierende Staaten auch erstmals bedauerliche Firmenabwanderungen zu verzeichnen hatte. Prominente Beispiele sind Yahoo, Tyco und Foster Wheeler.

Umso wichtiger ist die Pflege der Investoren


Die USA sind mit einem Anteil von rund 40% am Gesamtvolumen die bedeutendste Quelle für ausländische Investitionen in der Schweiz. Rund 1300 US-Unternehmen beschäftigen 100 000 Arbeitnehmende. Viele US-Konzerne haben in der Schweiz Headquarter-Funktionen angesiedelt und verfügen über eine substanzielle Präsenz, so zum Beispiel innovative Unternehmen wie IBM, Microsoft oder Google. Multinationale Konzerne hinterfragen in regelmässigen Abständen ihre Headquarter-Standorte. Ein Wegzug von US-Investoren würde zu einem empfindlichen Verlust an Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen führen.
Der Pflege der bereits in der Schweiz ansässigen Investoren kommt deshalb eine zentrale Rolle zu. Auch wenn diese in kantonaler Kompetenz liegt, wird der SBH – als Folge der erwähnten Entwicklungen – immer öfter mit spezifischen Fragen von verunsicherten US-Investoren konfrontiert. Wiederum erweist sich die Offizialität des SBH als Vorteil: Entscheidungsträger von Zielfirmen erhalten Einschätzungen auch unter Einbezug des Schweizer Botschafters direkt vor Ort. Diese Beziehungspflege hilft, mögliche Abwanderungen zu erkennen und dem Verlust von Arbeitsplätzen sowie Steuer­substrat frühzeitig entgegenzuwirken.

Grundsätzlich bewährte Standortpromotion


Die Wirkungsmessung des Standortmarketings ist schwierig. Aussagekräftig ist die Tatsache, dass von den im Jahr 2014 durch den SBH identifizierten Projekten bereits kurzfristig rund 10% in Ansiedlungen mündeten. Bei den im Jahr 2012 weitergeleiteten Projekten war es bisher jedes fünfte.
Investoren beschreiben die schweizerische Standortpromotion als kundenorientiert, schnell, flexibel und unbürokratisch, wie dies durch eine externe Evaluation[3] bestätigt wird. Diese zeigt auch auf, dass der eingeschlagene Weg der Standortpromotion von einer grossen Mehrheit der Akteure getragen und begrüsst wird.
Trotzdem besteht Optimierungspotenzial. Die Erfahrungen in der täglichen Arbeit des SBH zeigen, dass die Bedürfnisse des Investors in Zukunft noch stärker ins Zentrum gerückt und die Prozesse entsprechend ausgestaltet werden sollten. Immer öfter kommt es beispielsweise vor, dass ansiedlungswillige Investoren darauf beharren, dass der SBH länger als gemäss offizieller Rollenverteilung vorgesehen im Prozess bleibt.

Weitere Verbesserungen angestrebt


Die jüngsten Entwicklungen haben auch Auswirkungen auf die Ausrichtung der Standortpromotion. So wird der Fokus künftig noch stärker auf die Positionierung der Schweiz als erstklassiger Standort für wertschöpfungsintensive und innovative Unternehmen gelegt. Projekte von ansiedlungsinteressierten Investoren werden in Zukunft umfassender auf deren volkswirtschaftliches Potenzial, den Konkretisierungsgrad und den Realisierungshorizont geprüft, um den Kantonen und Areas eine effizientere Weiterbearbeitung zu ermöglichen. Die erwähnten Unsicherheiten gilt es noch konsequenter durch gezielte Informationen zu adressieren. Die Zusammenarbeit zwischen S-GE, den Kantonen und Areas wurde bereits vertieft und transparenter ausgestaltet. Die deutlichen Verbesserungen bilden eine gute Ausgangslage für die weitere Zusammenarbeit. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten bleibt die Standortpromotion ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Wettbewerbs­fähigkeit der Schweiz.

  1. Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt des US-Wirtschaftsmagazins «Fortune». []
  2. Greater Zurich Area, Basel Area, Greater Geneva Berne Area, St. Gallen Bodensee Area. []
  3. Infras et al. (2014): Evaluation Nationale Standortpromotion Schweiz: Schlussbericht. Studie im Auftrag des SECO. Bern. []

Zitiervorschlag: Fabian Stiefvater, Martin Roth, (2015). Praktische Standortförderung am Beispiel des Swiss Business Hub USA. Die Volkswirtschaft, 03. März.

Gezielte Aussenwirtschafts­förderung

Damit exportierende Unternehmen ihre Chancen auf internationalen Absatzmärkten wahrnehmen können, unterstützt sie der Bund im Rahmen der Standortförderung – in Ergänzung zur privaten Initiative – mit den Versicherungsleistungen der Schweizerischen Exportrisikoversicherung (Serv) und über die Angebote von Switzerland Global Enterprise (S-GE, ehemals Osec). Die geografische Diversifikation von Absatzmärkten bleibt für Schweizer KMU wichtig, um sich gegen die Auswirkungen von Konjunkturschwankungen zu wappnen und das Wechselkursrisiko senken zu können.
S-GE berät und begleitet Schweizer Unternehmen, insbesondere KMU, bei
ihren internationalen ­Geschäftsvorhaben. In 21 Märkten rund um den Globus
bieten die SBH Dienstleistungen für exportorientierte KMU vor Ort (siehe www.s-ge.com/schweiz/export/de/map). Zehn dieser SBH übernehmen auch wichtige Aufgaben in der Positionierung des Unternehmensstandorts Schweiz für ausgesuchte ausländische Investoren (Standortpromotion).
Für die Exportförderung bildet das Exportförderungsgesetz (SR 946.14) die rechtliche Basis, für die Standortpromotion ist es das Bundesgesetz zur Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (SR 194.2). Darauf basierend, schliesst der Bund pro Mandat eine Leistungsvereinbarung mit S-GE für jeweils vier Jahre ab. In der Standortpromotion stimmt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) diese mit den Kantonen ab, welche ihrerseits eine jeweils identische Vereinbarung mit S-GE treffen. Der Einsatz der Schweizer Auslandvertretungen für die beiden Mandate wird in einer tripartiten Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), dem Seco und S-GE geregelt.