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Es ist besser, das Unerwünschte mit einem Preis zu versehen, als das Gute mit Fördergeldern zu belohnen – diese Idee muss die Klima- und Energiepolitik prägen. Der Bundesrat bewegt sich mit seinen Vorschlägen in die richtige Richtung; in wesentlichen Punkten besteht aber Verbesserungspotenzial.
Christian Zeyer, Dr. sc. nat., Co-Geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Swisscleantech, Abteilung Research, Zürich.

Standpunkt

Die Schweiz strebt eine Klima- und Energiepolitik im Rahmen des international vereinbarten 2-Grad-Ziels an – ohne Atomstrom. Der Wirtschaftsverband Swisscleantech geht davon aus, dass dazu das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 nicht genügt. Deshalb muss ein Klima- und Energielenkungssystem eingeführt werden. Dies ist für eine effiziente und wirtschaftsfreundliche Umsetzung der Energiewende zentral: Denn Lenkungsabgaben beeinflussen das Verhalten der Wirtschaftssubjekte ökonomisch effizient und breit, lassen die Marktkräfte walten und fördern die Innovation in bessere Lösungen.

Zielorientiert und staatsquotenneutral

Bei der Lenkungsabgabe werden Ziele – insbesondere das 2-Grad-Ziel – festgelegt und ein entsprechender Abgabesatz definiert. Werden die Vorgaben nicht erreicht, gilt es, die Höhe der Lenkungsabgabe anzupassen. Dabei sollen nicht gleichzeitig fiskalpolitische Interessen verfolgt werden. Andernfalls drohen Übersteuerung oder ineffizienter Mittelgebrauch. Deshalb gilt im Prinzip: Einnahmen müssen wieder ausgeschüttet werden. Ausnahmen sind nur möglich, wenn die Ausgabe den gleichen Zweck erfüllt wie die Lenkung, jedoch aus bekannten Gründen die zweckgebundene Ausschüttung den grösseren Effekt erwarten lässt als eine vergleichbare, weitere Erhöhung der Lenkungsabgabe.

Nicht den Verbrauch per se lenken

Der Bundesrat will mit der Abgabe einerseits die Treibhausgasemissionen reduzieren und andererseits den Energieverbrauch senken. Streng genommen ist aber die Reduktion des Energieverbrauchs kein anzustrebendes Ziel. Vielmehr muss man sich auf die negativen Auswirkungen der Energieproduktion konzentrieren. Dies muss für alle Energieformen und ihre Risiken und Kosten gelten – sowohl für Klimarisiken als auch für nukleare Risiken. Auch die Kosten der erneuerbaren Energien wie etwa Biodiversitätsverluste bei Wasserkraftanlagen müssen beachtet werden. Beim Strom ist deshalb eine differenzierte Lenkung anzustreben, bei welcher sowohl die inländische Produktion wie auch die Importe erfasst werden.

Unverständlich ist, dass der Bundesrat den Verkehr von dieser Logik ausnehmen will: Denn während der CO2 tiefstellen-Ausstoss des Verkehrs nach wie vor ansteigt, tragen die Bereiche Industrie und Wohnen bereits wesentlich zur Reduktion bei – auch dank der Lenkungsabgaben, die heute schon gelten.

Wettbewerbsverzerrungen an der Grenze korrigieren

Swisscleantech begrüsst es, dass auf energie- und treibhausgasintensive Unternehmungen Rücksicht genommen wird. Die beste Möglichkeit dazu bieten Grenzausgleichsmassnahmen: Dabei würden an der Grenze die Preise (etwa für CO2) festgesetzt und so Schweizer Firmen durch höhere Preise nicht benachteiligt. Wir regen an, dass der Bundesrat möglichst schnell die dazu notwendigen handelsrechtlichen Grundlagen erarbeiten lässt. Als Übergangslösung können Ausnahmen für energieintensive Firmen in starkem internationalem Wettbewerb festgelegt werden.

Flexibles Zusammenspiel zwischen Lenkung und Förderung ermöglichen

Auch die Fragen des optimalen Übergangs, der Geschwindigkeit der Einführung und des Zusammenspiels von Abgaben und Förderung müssen umfassend diskutiert und im Detail analysiert werden. Die vorliegenden Analysen sind ungenügend. Im Wesentlichen gilt es den volkswirtschaftlich richtigen Massnahmenmix festzulegen, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Im Sinne einer liberalen Energiepolitik sind die Fördermassnahmen rasch abzubauen. Dann müssen aber gleichzeitig rasch hohe Abgaben eingeführt werden. In welchem Masse und über welchen Zeitraum Fördermassnahmen notwendig sind, hängt im Wesentlichen von der Höhe der Lenkungsabgabe und vom zukünftigen Strommarktdesign ab. Die Einbindung in den europäischen Strommarkt kann dazu führen, dass selektive Stützmassnahmen notwendig sind, wenn unsere Eigenversorgung mit Strom auf einem hohen Niveau bleiben soll. Swisscleantech plädiert dafür, dass sich der Bundesrat hier die nötige Flexibilität schafft. Mit der vorgeschlagenen Ausgestaltung der Übergangsbestimmungen legt er sich hingegen unnötige Fesseln an.

Zitiervorschlag: Christian Zeyer (2015). Standpunkt: Schritte in die richtige Richtung. Die Volkswirtschaft, 22. Mai.