Hans-Ulrich Bigler, Direktor Schweizerischer Gewerbeverband, Bern
Die geplante Revision des Beschaffungsrechts will die Beschaffungsregeln vereinheitlichen. Heute hat jeder Kanton seine eigene Vergabegesetzgebung. Der Bund orientiert sich wiederum am Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen; dazu kommen kommunale Submissionserlasse. Dies macht das Beschaffungswesen unübersichtlich und vor allem für KMU zur Herausforderung. Der Schweizerische Gewerbeverband unterstützt grundsätzlich die angestrebte Rechtsvereinheitlichung.
Der Wettbewerb soll sich an der Leistung messen
Wir fordern, dass im Rahmen des Vergabeprozesses eine breite Palette an Zuschlagskriterien und damit die Gesamtleistung eines Angebotes berücksichtigt werden. Der Zuschlag darf sich nicht allein nur am Preis (billigstes Angebot) orientieren, sondern sollte – gerade z. B. bei komplexen Beschaffungsvorhaben im Bau – unter Berücksichtigung mehrerer Kriterien auf das gesamthaft beste Angebot abzielen.
Der Gewerbeverband hat sich dafür starkgemacht, dass das Kriterium der Ausbildung von Lernenden im geplanten Bundesgesetz verankert wird. Dies stärkt die duale Berufsbildung und ist eine Anerkennung der ausbildenden Betriebe für ihr finanzielles und gesellschaftspolitisches Engagement. Die Gewichtung in der Auftragsvergabe soll dabei kein sozialpolitisch motiviertes Kriterium sein.
Vielmehr soll sie den beruflichen Nachwuchs in allen Branchen fördern. Die von Schweizer Jugendlichen erzielten Medaillen und Auszeichnungen an internationalen Berufsmeisterschaften sind ein klares Zeichen dafür, dass die duale Ausbildung in der Schweiz auch für Qualität und Konstanz steht. Gerade im öffentlichen Beschaffungswesen wird branchenunabhängig einer hohen Ausführungsqualität Rechnung getragen. Die Berücksichtigung des Lehrlingskriteriums dient damit auch einer fachgerechten Erbringung von Dienstleistungen.
Einheitlichkeit von Schwellenwerten und Rechtsschutz
Wichtig sind weiter die Vereinheitlichung der Schwellenwerte auf kantonaler und auf Bundesebene ausserhalb des Staatsvertragsbereichs. Kantonal unterschiedliche Schwellenwerte sind bürokratietreibend und erhöhen den administrativen Aufwand.
Auch der gegenwärtige Rechtsschutz im öffentlichen Vergaberecht ist uneinheitlich und gibt zu Diskussionen Anlass. Fragen wie, ob eine Beschwerde aufschiebende Wirkung hat oder nicht, werden nicht einheitlich behandelt. Wir begrüssen deshalb die Absicht, eine einheitliche und nationale Lösung zu schaffen.
Ausschreibungen in den Landessprachen
In jüngster Zeit sind verschiedene politische Vorstösse lanciert worden, die eine Ausschreibung in den drei Landessprachen fordern. Die Gleichbehandlung der Firmen in allen drei Landesgegenden ist ein zentrales Anliegen des Gewerbeverbands. Die Ausschreibung in den drei Landessprachen führt zudem zu mehr Transparenz und gleich langen Spiessen.
Insgesamt zielt die Revision des Beschaffungsrechts in die richtige Richtung. Es ist eine höhere Benutzerfreundlichkeit zu erwarten. Einzelne Änderungen wird der Gewerbeverband zusammen mit seinen Branchenverbänden noch einer eingehenden Prüfung unterziehen: Das betrifft etwa die strengeren Regeln beim Vertragsabschluss und beim Sanktionskatalog zur Korruptionsbekämpfung – wie auch mögliche Auswirkungen des Entwurfs auf Sozialstandards und Arbeitsbedingungen. Denn: Zusätzliche administrative Belastungen lehnt der Gewerbeverband ab.
Zitiervorschlag: Bigler, Hans-Ulrich (2015). Gewerbe fordert Vereinfachung des Beschaffungsrechts. Die Volkswirtschaft, 24. Juni.