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Bessere IT-Systeme erleichtern Zollabfertigung

Eine Studie zu den IT-Systemen der Eidgenössischen Zollverwaltung zeigt: Diese müssen modernisiert und weiterentwickelt werden. Dadurch könnte auch der administrative Aufwand für Unternehmen abgebaut werden.
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Das Zollverfahren ist heute kompliziert – ein einheitliches elektronisches Abfertigungssystem soll deshalb Abhilfe schaffen. (Bild: Keystone)

Täglich überqueren mehrere Hunderttausend Tonnen Güter auf Strasse und Schiene, auf dem Wasser- oder dem Luftweg oder auch über Pipelines die Schweizer Grenze. Dabei muss die Eidgenössische Zollverwal­tung (EZV) unterschiedlichen Verpflichtungen nachkommen. Zum einen hat sie den gesetzlichen Auftrag, einen Teil der Einnahmen des Bundes zu sichern – im Jahr 2014 waren das 23,6 Milliarden Franken. Weiter muss sie gewährleisten, dass auch nicht zollrechtliche Erlasse etwa in den Bereichen Sicherheit, Umwelt und Gesundheit eingehalten werden. Schliesslich muss sie den Grenzübertritt von Waren er­leichtern und damit zur Stärkung des Wirtschafts­standorts Schweiz beitragen.

Im internationalen Vergleich sind die schweizerischen Zollverfahren zwar effizient und kostengünstig. Aus Sicht von Importeuren und Exporteuren, Spediteuren, Transportunternehmen oder Reisenden stellt der administrative Aufwand bei der Zollabfertigung dennoch eine erhebliche Belastung dar.

IT-Applikationen müssen verbessert werden


Eine Studie[1] der EZV mit dem Titel «Redesign Fracht» hat gezeigt: Die aktuellen Applikationen genügen den heutigen Anforderungen nicht mehr (siehe Kasten und Abbildung)[2]. Ihre Wartung wird aufgrund der Verwendung von mehreren, teilweise redundanten Technologien immer kostspieliger. Zudem ist die Entwicklung zukünftiger Funktionen schwer zu bewältigen.

Aufbau der Studie «Redesign Fracht»


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Quelle: EZV / Die Volkswirtschaft


Während die Geschäftsarchitektur («Business-Landkarte») keine grösseren Anpassungen erfordert, muss die Anwendungsarchitektur vollständig neu gestaltet werden. Hier gibt es zwei Optionen: Entweder wird die bestehende «E-Dec»-Applikation schrittweise verbessert, wodurch die Risiken bei der Migration vermindert werden, oder eine neue Standardanwendung wird entwickelt[3].

Die Anforderungen werden auf nationaler und internationaler Ebene weiter steigen – und gleichzeitig verlangt die wirtschaftliche Situation eine Senkung der Kosten. Deshalb wird es für alle Beteiligten darum gehen, die Effizienz zu verbessern. Die Zollabfertigung von Waren muss optimiert werden, damit sie einfacher, schneller und günstiger wird. Falls nötig, ist eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen nicht ausgeschlossen.

Es ist geplant, ein einziges Zollabfertigungssystem zu schaffen, welches Einfuhr, Ausfuhr, Transit, vorübergehende Verwendung, Veredelung und Zolllager umfasst. Das System soll das gesamte Zollverfahren abdecken – also bereits ab der summarischen Anmeldung (Warenausweis in elektronischer Form, gegebenenfalls in Koordination und Zusammenarbeit mit ausländischen Zollverwaltungen in nebeneinanderliegenden Grenzabfertigungsstellen) bis zur Ausstellung und Eröffnung der Veranlagungsverfügung. Weiter muss es die vollständige elektronische Unterstützung der Zollverfahren ermöglichen, indem alle für die Zollabfertigung erforderlichen Dokumente wie Formulare, Bewilligungen, Begleitdokumente usw. erfasst werden. Weniger handschriftliche Arbeiten, Unterstützung beim Erfassen von Formularen, zusätzliche Online-Informationen und ein erleichterter Zugriff auf vorherige Zollanmeldungen sollen das System zudem benutzerfreundlicher und interaktiver machen.

Zoll-App für Reisende


Angesichts dieser Zielsetzungen muss die EZV die Standardisierung der Verfahren vorantreiben. Dadurch können die Zollbeteiligten sicher sein, dass in der ganzen Schweiz einheitliche Praktiken angewendet werden und alle gleichbehandelt werden. Reisende gehen ebenfalls nicht vergessen: Sie sollen über eine Zoll-App für Smartphones und Tablets die Möglichkeit erhalten, allfällige Einfuhrabgaben für private, im Ausland gekaufte Waren bereits vor der Grenze zu begleichen.

Wer eine Vielzahl von Zollaktivitäten durch­führt, muss in einer ersten Phase zweifellos in die Entwicklung seiner Informatiksysteme investieren, damit er von allen oben erwähnten Vorteilen profitieren kann. Die EZV beabsichtigt jedoch, den KMU, deren Zollaktivitäten sich in Grenzen halten, investitionsfrei eine direkt anwendbare, leistungsfähige Applikation zur Verfügung zu stellen. Alle Beteiligten sollen sich dabei auf leistungsfähige, stabile Systeme und punktuelle Aktualisierungen verlassen können, die jeweils nur ein einziges System betreffen. Dies soll allen ermöglichen, beim Betrieb und bei der Wartung der Systeme sowie beim Schulungsaufwand zu sparen.

Start im nächsten Jahr


Die IT-Applikationen in der Zollabfertigung stellen zwar nur einen Teil der gesamten IT-Architektur der EZV dar. Ihre Optimierung und Integration trägt aber dazu bei, Doppelspurigkeiten zwischen verschiedenen Informatiksystemen innerhalb der EZV zu vermindern, beispielsweise im «Kundenmanagement».

Die Ergebnisse der Studie «Redesign Fracht» fliessen in die umfassende Migrationsplanung der EZV mit ein, die gegenwärtig erarbeitet wird. Die entsprechenden Arbeiten werden Anfang 2016 beginnen. Bis Ende 2015 werden die in der Studie vorgesehenen Meilensteine an die Gesamtplanung angepasst.

Zu Beginn werden bestimmte Basissysteme auf eine neue Technologie migriert, bevor die Ausfuhr-, Einfuhr- und Transitverfahren aktualisiert werden. Danach folgt die Entwicklung der weiteren Zollverfahren (Veredelung und vorübergehende Verwendung) und Spezialverzollungen.

Die Ziele und Interessen der EZV und der Zollbeteiligten sind manchmal unterschiedlich oder gar gegensätzlich. Daher müssen Kompromisse gefunden werden. Der Erfolg von «Redesign Fracht» wird deshalb von einer engen Zusammenarbeit zwischen der EZV, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und den Zollbeteiligten abhängen, wobei das gemeinsame Ziel darin besteht, den Wirtschaftsstandort Schweiz zu stärken.

  1. Die EZV beauftragte den Autor im Dezember 2013 in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT), dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und einem Vertreter des Berner Beratungsunternehmens AWK Group, die Studie zu leiten. Diese wurde von Anfang 2014 bis Mai 2015 gemäss dem international anerkannten Togaf-Ansatz durchgeführt. []
  2. Zollbeteiligte müssen sich heute mit mehreren Modulen auseinandersetzen: E-Dec für Ein- und Ausfuhren, NCTS für Ausfuhren sowie NCTS für den internationalen und seit Kurzem auch für den nationalen Transit. Auch ein Ersatz von NCTS im Rahmen einer möglichen Integration in die E-Dec-Plattform ist ein Thema. Hinzu kommt, dass aus der von der EZV in Zusammenarbeit mit dem Seco und Wirtschaftskreisen durchgeführten Studie «Zollveranlagungsprozesse» (ZVP) über 30 Vorschläge zur Optimierung der Zollverfahren hervorgegangen sind. Eine Umsetzung dieser Vorschläge würde Anpassungen aller bestehenden Systeme erfordern. Zudem würden sich gewisse Funktionen nur schwerlich in die verschiedenen verwendeten Technologien integrieren lassen, und die Anpassungen wären für die EZV und die Zollbeteiligten mit erheblichen Kosten verbunden. []
  3. Zu E-Dec siehe Kasten und Fussnote 2. Eine ergänzende Analyse für die zweite Option wird gegenwärtig durchgeführt. []

Zitiervorschlag: Chesaux, Ludovic (2015). Bessere IT-Systeme erleichtern Zollabfertigung. Die Volkswirtschaft, 24. September.

Die Informatisierung der Zollabfertigung – einige Daten

Im Jahr 1984 wurde mit der Softwarelösung Modell 84 die erste Zollanmeldung elektronisch übermittelt. 1990 führte die EZV mit dem Modell 90 eine neue Softwarelösung ein, um Zollabfertigungen von Importwaren elektronisch abzuwickeln und die Arbeit des Zollpersonals und der Zollbeteiligten mithilfe zusätzlicher Module weiter zu vereinfachen. Zu Beginn des Jahrtausends kam ein weiteres Modul hinzu, mit dem die Einfuhr von kontingentierten landwirtschaftlichen Produkten überwacht werden sollte.

2001 nahm die Schweiz in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission, den damaligen EG-Mitgliedstaaten und Norwegen die Applikation NCTS (Neues Computerisiertes Transit­system) in Betrieb, die für das internationale Transitverfahren konzipiert wurde. In der Folge entwickelte die Schweiz ein spezielles, mit dem NCTS verbundenes Modul autonom weiter, welches die elektronische Abwicklung des Ausfuhrverfahrens erlaubte.

2004 wurde das bis dahin veraltete Modell 90 durch die Applikation «E-Dec» ersetzt. Schon damals verfolgte die EZV das Ziel, die verschiedenen Zollverfahren (Einfuhr, Ausfuhr und Transit) auf einer einzigen Plattform zusammenzufassen. Fünf Jahre später führte sie «E-Dec Export» ein, behielt jedoch das NCTS-Modul Ausfuhr bei. Die NCTS-Applikation (für Transit- und Ausfuhrverfahren), die 2001 lanciert wurde, wird auch heute noch verwendet.