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Die Digitalisierung wird die Finanzbranche von Grund auf verändern. Dagegen anzukämpfen lohnt sich nicht. Banken sollten die Umwälzungen daher gezielt als Chance nutzen.
Oliver Bussmann, Group Chief Information Officer der UBS

Standpunkt

Dank der Fortschritte der digitalen Technologien tritt die Finanzbranche zweifellos in eine Phase radikalen Wandels ein. Transaktionen und Abwicklung, Spar- und Kreditgeschäft, Kapitalbeschaffung und Anlagenverwaltung: Die Digitalisierungswelle verschont kaum einen Bereich. Der Aufstieg virtueller Banken, Crowdfunding, alternative Zahlungsplattformen, Robo-Beratung etc. setzen die Institute ausserdem einem stark erweiterten Wettbewerb aus.

Angesichts dieser Entwicklungen wurde sogar schon der Untergang traditioneller Banken prognostiziert. Das ist sicherlich übertrieben. Disruptive Technologien sind keineswegs nur eine Bedrohung. Im Gegenteil: Schon heute sorgen sie für die Erneuerung der Branche und somit für viel Gutes. Auch die Kooperation zwischen den Marktteilnehmern wird gestärkt. Dies bewirkt einen vermehrten kulturellen Wandel.

Banken brechen heute aus ihren vier Wänden aus, arbeiten mit Start-ups, treten Innovationsplattformen bei und entwickeln mit anderen neue Ideen. All das war vor zehn Jahren noch völlig undenkbar. Die interne Zusammenarbeit wurde ebenfalls verstärkt, etwa mit Social Media, um direkte Kommunikation und Gedankenaustausch unter der Belegschaft zu fördern.

UBS lernt von Start-ups – und umgekehrt

Inspiriert durch die Kultur der Start-ups, in der Scheitern erlaubt ist, öffnen sich die Banken nun auch für Experimente. Das gilt zweifellos für die UBS. Unser reger Innovationsprozess generiert intern einen reichen Ideenstrom, während über klar definierte Portale auch von aussen gute Vorschläge kommen. In unseren Innovations-Labors in Zürich, London und Singapur arbeiten wir eng mit der Technologie-Community zusammen.

Indem wir unsere Mitarbeiter aus dem Bank- in ein Laborumfeld versetzen, eröffnen wir ihnen Spielräume für kreatives Denken. So erhalten sie die Freiheit, Fehler zu machen. Auf diese Weise können wir deutlich mehr interessante Ideen entwickeln, die wir auch testen und implementieren. In London haben wir unser Labor in einem sogenannten Fintech-Accelerator eröffnet, wo etwa 150 Start-up-Unternehmen in einem Gebäude neue Produkte und Dienstleistungen für den Finanzbereich erforschen und entwickeln. Unseren Experten bietet dies die Möglichkeit, an einem breiteren Diskurs teilzunehmen, die neuesten Entwicklungen kennenzulernen und die Zukunft der Branche mitzuprägen.

Fintech-Start-ups sind durchaus kein Feind, sondern sie ermöglichen uns die gezielte Nutzung von Veränderungen. Zugegeben: Einige konkurrieren direkt mit uns. Viele wollen jedoch auch mit den etablierten Banken zusammenarbeiten. Schliesslich geht es im Bankgeschäft um mehr als um Bits und Bytes. Banken bergen wahre Schätze an Finanz- und Marktexpertise, die den meisten Start-ups fehlt. Auch geht es im Bankgeschäft nach wie vor um langfristige Kundenbeziehungen, und auch hier können die Jungunternehmen noch vieles lernen.

Das sind nur einige der Gründe, warum wir glauben, dass es Banken noch lange geben wird. Und wir betrachten die digitale Disruption nicht als Gefahr, sondern als gesunde Herausforderung. Sie bringt frischen Wind und eröffnet neue Chancen.

Auch für die Zukunft des Schweizer Finanzplatzes ist es entscheidend, ein starkes Fintech-Ökosystem zu etablieren. Dabei braucht es ein erfolgreiches Zusammenspiel zwischen Banken, Fintech-Start-ups und dem Regulator, um im rasanten globalen Wettlauf nicht den Anschluss zu verlieren.

Zitiervorschlag: Oliver Bussmann (2015). Standpunkt: Fintech – Widerstand ist zwecklos. Die Volkswirtschaft, 26. Oktober.