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Der EITI-Standard als Meilenstein

Rohstofffördernde Unternehmen legen in vielen Ländern ihre Zahlungen an den Staat offen. Das hat die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) erreicht. Einen weiteren Meilenstein der Initiative stellt der 2013 revidierte EITI-Standard dar, welcher auch Informationen über Schürfrechte und Konzessionen enthält. Ein jüngstes Treffen in Bern zeigt: Die Anstrengungen gehen weiter.

Der EITI-Standard als Meilenstein

Vermehrt im Fokus sind die Rohstoffhändler. EITI-Vorstandsvorsitzende Clare Short spricht in Bern. (Bild: Seco)

Unternehmer, Regierungen und zivilgesellschaftliche Vertreter haben am 30. Board-Meeting der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) in Bern jüngst über Transparenz in der Rohstoffbranche diskutiert. Das Treffen bietet die Gelegenheit, die bisherige Entwicklung dieser Initiative Revue passieren zu lassen.

Seit dem ersten Board-Meeting sind schon fast zehn Jahre verstrichen. Schon damals war das Ziel, den Dialog zwischen Regierungen, rohstofffördernden Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu stärken. Gemeinsam hat man seither nach Lösungen für die komplexen Herausforderungen gesucht, die sich im Zusammenhang mit der Governanz im rohstoffgewinnenden Sektor stellen.

Am diesjährigen Treffen in Bern nahmen erstmals auch Rohstoffhändler als Beobachter teil. Weiter wurde der südostafrikanische Staat Malawi als 49. Land, das den EITI-Standard umsetzt, im Kreis der EITI willkommen geheissen. Insgesamt arbeiten über 400 Vollzeitangestellte in den Staaten, welche die EITI umsetzen. Hinzu kommen rund 1200 Personen in den nationalen EITI-Ausschüssen, welche die lokale Umsetzung der EITI-Prozesse beaufsichtigen.

Die Transparenzbemühungen zahlen sich finanziell und politisch aus: Dank der EITI konnte Nigeria rund 2 Milliarden Dollar zurückerlangen. In Kasachstan wurde das Regierungssystem gestärkt. In Ghana wurde die Rückverfolgung von Förderabgaben und im Tschad das Management der Erdölzahlungen verbessert. In den USA steht ein neues Verwaltungsdatenportal zur Verfügung, und in Trinidad und Tobago wurden Kampagnen durchgeführt, die darauf abzielten, den Informationsstand von jungen Menschen zu verbessern.

Ebenfalls neue Wege beschreitet die EITI zur Förderung der Transparenz im Rohstoffhandel, zur Offenlegung der wirtschaftlich Berechtigten[1] von Rohstoffunternehmen, im Bereich des Kleinbergbaus, der Tauschverträge und der Bewilligungsverfahren für Förderlizenzen. Die EITI hat sich als kostengünstige Möglichkeit für die Realisierung von Reformen bewährt, die von anderen Sektoren nachgeahmt wird.

Doch es gibt noch viel zu tun. Die Gewährleistung von Transparenz und der Rechenschaftspflicht ist in der Öl- und Gasbranche sowie im Bergbau nach wie vor eine enorme Herausforderung, selbst in den Ländern, die den EITI-Standard umsetzen.

Wie bei vielen grossen globalen Herausforderungen gibt es keine schnelle und einfache Lösung. Es waren zahlreiche Anstrengungen erforderlich, um den EITI Standard zu entwickeln. Und es werden noch mehr Bemühungen nötig sein, um zu gewährleisten, dass die Daten in den EITI-Berichten dazu verwendet werden, eine bessere Verwaltung der öffentlichen Finanzen und eine vermehrte Rechenschaftspflicht zu fördern.

Zahlungstransparenz als Grundlage


Der EITI-Standard will weltweit die Offenheit und die Rechenschaftspflicht beim Umgang mit natürlichen Ressourcen fördern. Der dafür erarbeitete Transparenzstandard stärkt Regierungs- und Unternehmenssysteme, informiert die Öffentlichkeit und schafft Vertrauen zwischen den Anspruchsgruppen in rohstofffördernden Ländern. In allen implementierenden Ländern arbeitet eine Koalition von Regierungsvertretern, Rohstoffunternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen, um die Einhaltung des Standards zu gewährleisten.

Der Standard ist kontinuierlich weiterentwickelt worden: von einfachen vereinbarten Grundsätzen (2003) über die EITI-Kriterien (2005) zu den EITI-Regeln (2008) und schliesslich zum jetzigen Standard von 2013. Entsprechend dem Multi-Stakeholder-Charakter der EITI mussten für diese Entwicklung die verschiedenen Kreise, die im Board vertreten sind, eng zusammenarbeiten und einvernehmliche Lösungen finden.

Die einzelnen Entwicklungsschritte des EITI-Standards gingen einher mit den Informationen, die in den nationalen EITI-Berichten vorgelegt wurden. Im Kern geht es bei den EITI-Berichten immer noch darum, die Zahlungen von Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen an die Staaten vollständig offenzulegen.

Darüber hinaus enthalten die Berichte nun auch Informationen über Schürfrechte und Konzessionen, Verträge, die steuerlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen des Sektors und Produktionsdaten sowie Informationen zu den staatseigenen Unternehmen, Angaben zur Verwendung der aus dem Rohstoffsektor stammenden Mittel und weitere massgebende Daten. Seit 2006 wurden über 250 Berichte veröffentlicht, in denen es um Einnahmen von insgesamt mehr als 1,7 Billionen Dollar geht.

Massgeschneiderte Umsetzung


Die Umsetzung des EITI-Standards ist jedoch nicht ein Selbstzweck und bedeutet nicht, dass damit die Korruption in einem Land beseitigt ist. Vielmehr wird ein Prozess in Gang gesetzt und eine Plattform geschaffen, welche die Grundlage für Reformen darstellen, die in der Erhöhung der Transparenz und der Stärkung der Rechenschaftspflicht resultieren. Der EITI liegt die Überzeugung zugrunde, dass nachhaltige Änderungen nur vom betreffenden Land selbst initialisiert werden können und dass es nicht möglich ist, solche Änderungen von aussen aufzuzwingen.

Es gibt zwar nur einen globalen EITI-Standard, doch bei der Umsetzung dieses Standards gibt es 49 verschiedene Realitäten zu berücksichtigen. Dementsprechend bestehen zwischen den EITI-Berichten der einzelnen Länder signifikante Unterschiede. Oftmals enthalten sie landesspezifische Neuerungen.

Der Grund für diese unterschiedliche Umsetzung ist die Arbeit der nationalen Multi-Stakeholder-Ausschüsse, welche die nationalen Prioritäten gemeinsam identifizieren und den EITI-Prozess einvernehmlich festlegen. So hat sich Liberia beispielsweise dazu entschieden, den Umfang seines Berichts auf die Sektoren Forstwirtschaft und Landwirtschaft auszudehnen, während die Berichte von Peru und Tansania auch Daten zu den Beträgen enthalten, die an subnationale Behörden bezahlt wurden. Was Tansania betrifft, hat der Einbezug von regionalen und lokalen Daten in den EITI-Bericht ergeben, dass mehrere Millionen Dollar falsch verteilt und der Region, in welcher der Rohstoffabbau stattfindet, geschuldet waren.

Informationen zum Erstkauf


Wenn Staaten die Möglichkeit haben, Informationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette des rohstoffgewinnenden Sektors vorzulegen, berücksichtigen sie auch neue Fragen, die gegebenenfalls in ihrem lokalen Umfeld von Bedeutung sind und bisher nicht vom EITI-Standard abgedeckt wurden. Ein solches Beispiel sind die seit Kurzem unternommenen Anstrengungen, Licht in den äusserst gewinnträchtigen und undurchsichtigen «Erstverkauf» zwischen staatlichen Ölgesellschaften und Rohstoffhändlern zu bringen.

Unter anderem liefern die Republik Kongo, der Irak, Nigeria und Norwegen bereits Informationen zu den Einnahmen, die staatliche Ölgesellschaften aus dem Erstverkauf an internationale Handelsunternehmen erhalten. Der Schweizer Konzern Trafigura, eines der drei bedeutendsten Rohstoffhandelsunternehmen, welches auch in EITI-implementierenden Ländern aktiv ist, hat sich freiwillig verpflichtet, Zahlungen aufgeschlüsselt auf einzelne Länder offenzulegen.

Transparenz über wirtschaftlich Berechtigte


Diese Fortschritte sind zu begrüssen. Gleichzeitig muss aber dringend weiterhin darauf hingearbeitet werden, dass die Umsetzung des EITI-Standards besser genutzt werden kann, um zu einer gut informierten Öffentlichkeit und besseren politischen Handlungskonzepten beizutragen. Das EITI-Board unterstützt die Staaten dabei, die mit dem Standard verbundenen Offenlegungspflichten in ihre Regierungssysteme, in die Rechnungslegungvorschriften der Unternehmen und in ihre nationale Gesetzgebung zu integrieren.

Transparenz über die wirtschaftlich Berechtigten von Rohstoffunternehmen, welche die Rechte zur Gewinnung von Erdöl, Erdgas und Mineralien erworben haben, ist eine weitere Möglichkeit, um die EITI als Plattform für zusätzliche Reformen – etwa für eine umfangreichere Rechenschaftspflicht – zu nutzen. Mehrere EITI-Länder versuchen derzeit in einem Pilotversuch, die tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten am Ende der oftmals undurchsichtigen Unternehmenskonstrukte zu eruieren.

Für die Zukunft will die EITI weiterhin die Transparenz und die Rechenschaftspflicht vorantreiben, damit diese vollständig in die Systeme der verschiedenen Länder integriert werden. Nur so ist zu erwarten, dass der Abbau von Rohstoffen tatsächlich allen einen Nutzen bringen wird.

  1. Ein wirtschaftlich Berechtigter ist entweder die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht – oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird. []

Zitiervorschlag: Clare Short (2015). Der EITI-Standard als Meilenstein. Die Volkswirtschaft, 24. November.