Lehrlingsausbildungen nach Schweizer Vorbild als Weg aus der Jugendarbeitslosigkeit für Spanien
Im Gastgewerbe lohnt sich die Ausbildung von Lehrlingen finanziell: Junger Koch trainiert im spanischen Santander für die Berufsolympiade. (Bild: Corbis)
Spanien kennt neben den dominierenden vollschulischen und allgemeinbildenden Ausbildungsangeboten der Sekundar- und der Tertiärstufe auch die Möglichkeit einer «dualen» Ausbildung, bei welcher Jugendliche in einem zweijährigen Ausbildungsgang einen Beruf mit schulischem und betrieblichem Zeitanteil erlernen können. Diese Ausbildungsalternative ist jedoch bei Firmen und Jugendlichen bislang auf kein nennenswertes quantitatives Interesse gestossen. Gerade die für dieses Ausbildungsmodell notwendige Bereitschaft der Wirtschaft, Ausbildungsplätze anzubieten, ist bislang ausgeblieben, was es der Politik erschwert, den Ausbau dieser Ausbildungsalternative weiter zu fördern.
Als Grund, warum sich die spanischen Betriebe mit der Möglichkeit, selbst Lernende auszubilden, schwertun, wird häufig angegeben, dass es betriebswirtschaftlich keinen Sinn mache, Ausbildungskosten zu übernehmen, die der Staat übernimmt, wenn er die gleichen Berufe in vollschulischen Berufsfachschulen ausbildet. Bei dieser Einschätzung durch die Firmen – die ja meist ohne Erfahrung in der Lehrlingsausbildung sind – ist nicht klar, inwieweit es sich um eine richtige Einschätzung oder eine Fehleinschätzung der Nettokosten einer Lehrlingsausbildung handelt, bildet doch eine durchschnittliche Schweizer Firma Lernende mit einem Nettonutzen aus. Weiter ist allerdings auch nicht klar, inwieweit die Einschätzung für das aktuell existierende spanische Ausbildungsmodell zutreffend ist oder ob die Nettokosten ganz anders aussehen würden, wenn Firmen in Spanien Lernende eher nach einem schweizerischen Modell ausbilden könnten und dürften.
Dies und der Umstand, dass die derzeit ausbildenden spanischen Firmen sicherlich nicht repräsentativ für die spanische Wirtschaft sind, hat uns dazu veranlasst[1], die Kosten und den Nutzen der Lehrlingsausbildung aus der Sicht einer spanischen Firma für den Fall zu simulieren, dass diese in Spanien nach schweizerischem Modell ausbilden würde[2].
Welchen Nutzen haben Ausbildner von Lehrlingen?
Kosten und Nutzen der Lehrlingsausbildung sind nicht die einzigen Faktoren, die entscheidend dafür sind, ob eine Firma ausbildet oder nicht.[3] Ohne ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen ist es für eine Firma jedoch schwierig, sich nachhaltig in der beruflichen Grundbildung zu engagieren. Dabei spielen sowohl die Kosten und der Nutzen während der Ausbildung eine Rolle als auch der Nutzen, den eine ausbildende Firma nach der Ausbildung potenziell noch generieren kann. Dieser Nutzen entsteht dadurch, dass eine ausbildende Firma bei einer Weiterbeschäftigung ihrer Lernenden Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten sparen und damit ganz oder teilweise während der Ausbildungszeit aufgelaufene Nettokosten decken kann.
In unserer Simulation der Nettoausbildungskosten in Spanien sind wir davon ausgegangen, dass spanische Unternehmen während der Ausbildung vergleichbar operieren könnten wie Schweizer Unternehmen in derselben Branche und in einem gleichen oder ähnlichen Ausbildungsberuf – allerdings zu spanischen Lohnkosten. Für die Zeit nach der Lehre hingegen hätte es keinen Sinn gemacht, die Verhältnisse des schweizerischen Arbeitsmarktes auf Spanien übertragen zu wollen. Deshalb wurden in verschiedenen Workshops mit über fünfzig spanischen Unternehmen Daten erhoben, welche eine Einschätzung erlauben, in welchem Umfang eine spanische Unternehmung heute Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten sparen könnte, wenn sie auf selbst ausgebildete Fachkräfte zurückgreifen könnte.
Mögliche Ausbildungsszenarien simulieren
Die Simulationen wurden für zehn verschiedene Berufe aus sechs verschiedenen Wirtschaftszweigen vorgenommen: der Automobilindustrie, den Banken, der chemischen Industrie, dem Detailhandel, der Hotellerie und der Olivenölproduktion. Für alle Berufe wurden die Nettokosten für drei verschiedene Modelle berechnet (siehe Kasten 1). Die Modellvielfalt erklärt sich dadurch, dass die in der Schweiz bekannten Lehren nicht eins zu eins auf die spanischen Verhältnisse und Erwartungen umsetzbar sind und somit verschiedene Varianten infrage kommen könnten. In Spanien existieren derzeit nur zweijährige duale Ausbildungsprogramme, während vergleichbare Berufsausbildungen in der Schweiz mindestens drei Jahre dauern. Jedoch sehen spanische Ausbildungsvorschriften eigentlich keinen allgemeinbildenden Unterricht für Lernende in der Berufsbildung vor, weil in der Regel davon ausgegangen wird, dass Lernende erst nach Abschluss einer nachobligatorischen Ausbildung in die Lehre eintreten.
Der Lehrlingslohn ist nicht nur eine wichtige Kostenkomponente, sondern auch ein hart umkämpftes Politikum, sodass alle Simulationen für zwei bestimmte Lehrlingslöhne durchgeführt wurden. Für spanische Leser des Berichtes ist die Interpretation dieser Löhne aber nicht ganz einfach, gehen diese doch davon aus, dass ein Lehrlingslohn nur dann bezahlt wird, wenn Lernende tatsächlich bei der Arbeit im Betrieb sind. Unsere Simulationen, gemäss Schweizer Vorbild, gehen jedoch davon aus, dass der Lehrlingslohn in jedem Monat ausbezahlt wird (siehe Kasten 2). Um die bei den Sozialpartnern heiss umkämpfte Frage des «fairen» Lehrlingslohnes auf eine rationale Basis zu stellen, wurden die Simulationen auch um Break-even-Analysen ergänzt (siehe Abbildung 1). Dabei wurden diejenigen Lehrlingslöhne berechnet, bei welchen die Betriebe nach Lehrabschluss gerade eine schwarze Null schreiben könnten.
Abb. 1: Break-even-Analyse für Lehrlingslöhne am Beispiel eines Laboranten in der chemischen Industrie
Aus der Grafik wird deutlich, dass nur gerade im Modell 3 ein Lehrlingslohn bis zu 300 Euro dem Ausbildungsbetrieb noch einen Nettonutzen generieren würde. Im Modell 2 müsste der Lernende sogar kostenlos arbeiten, damit sich die Ausbildung für den Betrieb kurzfristig lohnen würde.
Wolter und Mühlemann (2015) / Die Volkswirtschaft
Simulationen, in welchen die Verhältnisse eines Landes auf ein anderes übertragen werden, sind immer mit grossen Unsicherheiten in den Annahmen behaftet, die nicht leicht zu beseitigen sind. Die für das Kosten-Nutzen-Verhältnis wohl wichtigste Annahme ist, dass spanische Lernende gleich schnell und ebenso produktiv im Betrieb eingesetzt werden können wie bei Schweizer Unternehmen, die teilweise schon jahrzehntelange Erfahrung in der Ausbildung von Lernenden haben. Aus diesem Grund wurden für alle Berufe Sensitivitätsanalysen gemacht, die zeigen, wie stark die Nettokosten auf Veränderungen in der zu voll ausgebildeten Fachkräften relativen Produktivität der Lernenden reagieren würden (siehe Abbildung 2). Insgesamt kann man sagen, dass die simulierten Nettokosten in einem geringen Ausmass auf solche Veränderungen reagieren und somit unsere Schlussfolgerungen nicht beeinträchtigen.
Abb. 2: Sensitivitätsanalyse für unterschiedliche relative Produktivitäten der Lernenden am Beispiel eines Laboranten in der chemischen Industrie
In der Grafik wird deutlich, dass im Modell 3 der Ausbildungsbetrieb bei einer den Schweizer Lernenden entsprechenden relativen Produktivität einen leichten Nettonutzen erzielen könnte. Falls der Lernende im ersten Lehrjahr jedoch um 10 Prozentpunkte weniger produktiv wäre als sein Schweizer Pendant, würde dies für den Betrieb Nettokosten von rund 1000 Euro verursachen.
Wolter und Mühlemann (2015) / Die Volkswirtschaft
Lehrlinge lohnen sich nicht in allen Berufen
Für alle zehn Berufe wurden die zu erwartenden Nettokosten für drei Modelle und zwei verschiedene Lehrlingslohnszenarien berechnet. Aus den Veränderungen der Nettokosten hin zu Nettonutzen (siehe Tabelle 1) lässt sich abschätzen, unter welchen Bedingungen eine Ausbildung aus der Sicht des ausbildenden Unternehmens schon kurzfristig kostendeckend ausgestaltet werden kann. Stärker noch als auf die verschiedenen Ausbildungsmodelle reagieren die simulierten Nettokosten einer Ausbildung auf unterschiedliche Ausbildungsberufe. Das bedeutet, dass die Unterschiede, die sich ebenso in der Schweiz zwischen verschiedenen Berufen feststellen lassen, auch die wichtigste Erklärung für zu erwartende Unterschiede in Spanien sind.
Tabelle 1: Nettokosten nach Modell und Lehrlingslohn am Beispiel eines Kochs in Hotels und Restaurants
Lehrlingslohn | Modell 1 | Modell 2 | Modell 3 | Zusätzlich eingesparte Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten für den Betrieb |
300 € | –2392 € | 871 € | –6173 € | 5 Monatssaläre |
530 € | 5888 € | 6391 € | 2107 € |
Aus den Simulationen wird hier deutlich, dass Hotels und Restaurants bei der Ausbildung von Köchen einen Nettonutzen (negative Nettokosten) nur gerade in jenen Ausbildungsmodellen erwarten können, bei welchen ein maximaler Lehrlingslohn von 300 Euro monatlich bezahlt würde. Zusätzlich könnten die Ausbildungsbetriebe am Ende der Lehre Nettokosten im Umfang von fünf Monatslöhnen eines ausgebildeten Kochs einsparen, wenn sie es schafften, den selbst ausgebildeten Koch weiterzubeschäftigen, und somit keinen Koch vom externen Arbeitsmarkt rekrutieren und einarbeiten müssten.
Wolter und Mühlemann (2015) / Die Volkswirtschaft
Die Erhebung der potenziellen Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten zeigt für fünf der sechs untersuchten Wirtschaftssektoren, dass entweder als Kompensation zu relativ hohen Nettokosten in der Ausbildung jeweils auch sehr hohe Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten zu erwarten wären oder umgekehrt bei einer Ausbildung, die relativ schnell einen Nettonutzen verspricht, heute keine Arbeitsmarktsituation besteht, die eine Ausbildung nur zwecks Einsparung von Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten rechtfertigen würde.
Eine interessante Ausnahme bildet der Bankensektor. Eine nach schweizerischen Vergleichen aufgezogene Ausbildung würde den Banken kurzfristig in fast allen Simulationsmodellen substanzielle Nettokosten verursachen. Gleichzeitig liessen sich damit aber keine nennenswerten Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten einsparen. Die spanische Bankenwirtschaft – wie sich in den Unternehmerworkshops bestätigen liess – profitiert derzeit von der allgemein schlechten Arbeitsmarktlage für Ausbildungsabgänger und kann zu geringen Kosten eigentlich überqualifizierte Bewerber finden und «on-the-job» in ihre Arbeit einführen. In dieser Situation ist eine eigene Ausbildung – verbunden mit dem Risiko, dass die eigenen Leute von der Konkurrenz abgeworben würden – nicht lohnenswert. Inwieweit diese kurzfristig rationale Entscheidung der Banken, sich nicht stark in der Ausbildung zu engagieren, längerfristig bei einer anderen Arbeitsmarktlage jedoch zu einem Problem bei der Zufriedenheit der Mitarbeitenden und den Fluktuationsraten werden könnte, wird sich noch zeigen.
Längere Lehrdauer setzt Anreize für beide Seiten
Die von uns gemachten Simulationen zeigen nicht, ob sich das Schweizer Ausbildungsmodell eins zu eins auf Spanien übertragen lässt. Die Resultate zeigen hingegen, dass es bei einer Übertragung eines schweizerischen Modells der Lehrlingsausbildung für potenzielle Ausbildungsfirmen in Spanien praktisch immer ein realistisches Modell gäbe, nach welchem sich eine Ausbildung auch in Spanien rentieren würde. In einzelnen Berufen ist der Nettonutzen kurzfristig schwieriger zu erzielen, und die Ausbildungsfirmen sind deshalb auf eingesparte Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten angewiesen. In anderen Branchen und Berufen würde sich eine Ausbildung schon kurzfristig lohnen. Weiter zeigen die Simulationen aber auch, dass sich die Lehrlingsausbildung nicht immer automatisch und unter allen Bedingungen für alle Betriebe lohnen muss. Die lohnenden Modelle finden sich mehrheitlich bei den dreijährigen Modellen, welche also von den in Spanien praktizierten zweijährigen Ausbildungen abweichen würden. Ein Umbau der Lehrdauer in Richtung der existierenden Ausbildungen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz wäre somit angezeigt.
Lohnende Modelle finden sich sowohl für dreijährige Ausbildungen für Jugendliche ohne nachobligatorischen Abschluss als auch für dreijährige Ausbildungen für solche, die eine Berufsausbildung anstelle einer universitären Ausbildung wählen würden. Wie die Simulationen zeigen, würden letztere Modelle auch höhere Lehrlingslöhne zulassen, was die Attraktivität der Lehrlingsausbildung als Alternative zu einer schulischen Fortbildung steigern dürfte.
Schliesslich zeigen Detailanalysen, dass kleinere Firmen aufgrund der ihnen eigenen Salärstrukturen – des Verhältnisses der Löhne von unqualifizierten zu qualifizierten Arbeitnehmenden – tendenziell immer höhere Nettokosten zu gewärtigen hätten als Grossfirmen. Wollte die duale Ausbildung in Spanien eine Breitenwirkung entfalten, dann müsste sie aber auch für Kleinstfirmen attraktiv werden. Das wäre beispielsweise dadurch zu erreichen, dass sich entweder der Staat oder Berufsverbände finanziell stärker an Gemeinschaftsaufgaben beteiligten, die allen ausbildungsaktiven Firmen zugutekommen und somit die Kleinstbetriebe entlasten würden.
Literaturverzeichnis
- Wolter, Stefan C. (2014). Wie kann man Betriebe für die Lehrlingsausbildung gewinnen? Die Volkswirtschaft, 9-2014, S. 8–11.
- Wolter, Stefan C. und Samuel Mühlemann (2015). Apprenticeship Training in Spain – a Cost-effective Model for Firms? A Cost-benefit Simulation Study Commissioned by the Bertelsmann Stiftung and the Fundación Bertelsmann, Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
Bibliographie
- Wolter, Stefan C. (2014). Wie kann man Betriebe für die Lehrlingsausbildung gewinnen? Die Volkswirtschaft, 9-2014, S. 8–11.
- Wolter, Stefan C. und Samuel Mühlemann (2015). Apprenticeship Training in Spain – a Cost-effective Model for Firms? A Cost-benefit Simulation Study Commissioned by the Bertelsmann Stiftung and the Fundación Bertelsmann, Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
Zitiervorschlag: Wolter, Stefan C.; Mühlemann, Samuel (2015). Lehrlingsausbildungen nach Schweizer Vorbild als Weg aus der Jugendarbeitslosigkeit für Spanien. Die Volkswirtschaft, 21. Dezember.
In den Simulationen der Nettoausbildungskosten aus Sicht des Betriebes wurden drei Modelle durchgerechnet. Allen drei Modellen gemeinsam ist, dass sie die 2000 Ausbildungsstunden der aktuellen spanischen Lehrpläne als Minimum einhalten. Modell 1 ist dem Schweizer Modell am ähnlichsten. Dabei wird von einer dreijährigen Lehre ausgegangen, welche von Jugendlichen absolviert würde, die noch keinen nachobligatorischen Ausbildungsabschluss besitzen. Deshalb wird der Berufsfachschulunterricht auch um eine mit dem Schweizer Vorbild vergleichbare Zahl an Allgemeinbildungslektionen ergänzt.
Modell 2 kommt hingegen dem aktuellen spanischen Modell am nächsten und geht davon aus, dass Lernende schon einen nachobligatorischen Bildungsabschluss haben. Hier werden die 2000 Stunden des Ausbildungsplans je hälftig auf die Berufsfachschule und den Betrieb verteilt. Dies erhöht die Anwesenheitszeit der Lernenden im Betrieb gegenüber der vollschulischen Berufsbildung mit Praktika. Auch die Ausbildungskosten der Betriebe steigen so, da diese nun für den Teil der Kompetenzvermittlung, der vorher in der Schule stattgefunden hat, verantwortlich sind.
Modell 3 ist eine Erweiterung des Modells 2 um ein Lehrjahr und um die Annahme, dass spanische Ausbildungsbetriebe im dritten Lehrjahr gleich viel formale, innerbetriebliche Ausbildung anbieten würden wie vergleichbare Schweizer Betriebe. Modell 3 erhöht gegenüber Modell 2 einerseits die Anwesenheitszeit im Betrieb und somit die Möglichkeit der Betriebe, einen Mehrnutzen aus der Arbeit der Lernenden zu ziehen. Zudem erhöht es auch die Zeit für die Lernenden, ihre Kompetenzen anzuwenden und zu erweitern, und somit die Wahrscheinlichkeit, für den Übertritt in eine Festanstellung nach der Ausbildung gut vorbereitet zu sein.
In Spanien, wie auch in anderen Ländern, werden Lernende in der Berufsbildung wie Praktikanten nur während der Zeit mit einem Lehrlingslohn bezahlt, in der sie in der Firma Arbeit leisten. Während der schulischen Ausbildung erhalten sie hingegen keinen Lohn. In diesem Fall werden Lernende während der Arbeitszeit aber mit einem relativ hohen Monatslohn entschädigt, der in Spanien bis zu 900 Euro betragen kann. Man kann sich fragen, ob ein paar wenige Monate mit einem hohen Lehrlingslohn nicht äquivalent zum Schweizer Modell sind, bei dem die Lernenden zwar während der ganzen Ausbildungszeit, dafür aber im Vergleich zum Schweizer Fachkräftelohn nur mit einem relativ tiefen Lehrlingsgehalt entschädigt werden.
Auch wenn die Lernenden am Ende der Lehrzeit in der Summe einen ähnlichen Lohn nach Hause getragen haben, ist dem unserer Meinung nach aus mehreren Gründen nicht so. Aus Sicht der Firmen bedeutet ein relativ hoher Lehrlingslohn für die Monate, welche die Lernenden in einem Betrieb Arbeit leisten, dass sie die Lernenden in dieser Zeit vornehmlich oder gar ausschliesslich für Arbeit einsetzen. Allfällige Kosten, die bei firmeninterner Ausbildung entstehen, werden möglichst vermieden. Für die Lernenden selbst kann der im Vergleich zum Fachkräftelohn immer noch tiefe Lehrlingslohn dennoch demotivierend sein, weil sie das Gefühl erhalten, nur als billige Arbeitskräfte gebraucht zu werden. Nur ein Ausbildungsmodell, in welchem die Betriebe als Gegenleistung für einen tiefen Lehrlingslohn auch aktiv in die Ausbildung investieren und nicht nur «learning by doing» anbieten, verspricht, dass Lernende als gut bezahlte Studierende und nicht als schlecht bezahlte Arbeitskräfte wahrgenommen werden.