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Konjunkturtendenzen Frühjahr 2016

Die nach Aufhebung der Euro-Kursuntergrenze Anfang 2015 befürchtete Rezession ist in der Schweiz bislang ausgeblieben. Allerdings hat sich das BIP-Wachstum im Vergleich zu den Vorjahren deutlich abgeschwächt. Die Expertengruppe des Bundes geht wie bisher von einer allmählichen Beschleunigung in den kommenden Quartalen aus.

Weltkonjunktur

Die Dynamik der Weltkonjunktur liess im 4. Quartal 2015 etwas nach. Grosse rohstoffexportierende Schwellenländer, wie etwa Russland und Brasilien, litten unter der anhaltend tiefen Preisen von Erdöl und anderen Rohstoffen. Befürchtungen, China könne einen abrupten konjunkturellen Einbruch erleiden, haben sich allerdings nicht bestätigt. Eine Reihe Industrieländer, insbesondere Japan und die USA, haben für das Schlussquartal 2015 enttäuschende Zahlen präsentiert. Der Euroraum konnte sein moderates Wachstumstempo immerhin beibehalten.

Schweizer Wirtschaft

Die Aufhebung der Euro-Kursuntergrenze Anfang 2015 hat die Schweizer Wirtschaft hart getroffen. Die befürchtete Rezession ist zwar ausgeblieben, doch mit einer Wachstumsrate von 0,9% für das Gesamtjahr 2015 ist eine deutliche Wachstumsverlangsamung eingetreten. Die konjunkturdämpfenden Wechselkurseffekte dürften im Verlauf von 2016 und 2017 aber sukzessive nachlassen, womit sich die wechselkurssensiblen Bereiche allmählich erholen können.

Der Einkaufsmanagerindex (PMI) und das KOF-Konjunkturbarometer, die sich im Februar 2016 verbessert haben, sind positive Signale für die Schweizer Konjunktur. Die anderen kurzfristigen Stimmungsindikatoren (namentlich die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der KOF in der Industrie und die Konsumentenstimmung), die monatlich oder vierteljährlich zur Verfügung stehen, verharrten bis Anfang 2016 insgesamt auf tiefem Niveau und zeigten noch keine Anzeichen einer Erholung.

Angesichts der nur mässigen weltwirtschaftlichen Dynamik ist nicht mit einer schnellen und kräftigen Wachstumsbelebung der Schweizer Wirtschaft in den kommenden Quartalen zu rechnen. Die Expertengruppe des Bundes prognostiziert einen graduellen Anstieg des Schweizer BIP um 1,4% für 2016 (Prognose vom Dezember 2015: 1,5%) und um 1,8% für 2017 (Prognose vom Dezember 2015: 1,9%).

Die Anzahl Arbeitsloser ist seit Anfang 2015 (saisonbereinigt) monatlich um rund 1ꞌ000 Personen gestiegen. Im Februar 2016 waren in der Schweiz (saisonbereinigt) etwa 150ꞌ000 Personen bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren registriert, was einer Arbeitslosenquote von 3,4% entspricht. Die Expertengruppe rechnet für die kommenden Monate mit einer weiteren Zunahme der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl und erst für 2017 mit einem leichten Rückgang. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Arbeitslosenquote 2016 bei 3,6% und 2017 bei 3,5% liegen.

Seit mehreren Quartalen sinken in der Schweiz die Konsumentenpreise, was allerdings nicht nur auf den Rückgang der Ölpreise zurückzuführen ist. Denn auch der Landesindex der Konsumentenpreise ohne Energie und Saisonprodukte entwickelte sich 2015 stark rückläufig. Im Februar 2016 lag dieser Indikator für die Kerninflation im Vorjahresvergleich bei -0,5%. Diese Entwicklung widerspiegelt in erster Linie die Auswirkungen der Frankenaufwertung, die dazu geführt hat, dass importierte Produkte billiger wurden. Gemäss der Expertengruppe dürfte die negative Entwicklung der Konsumentenpreise 2016 weitergehen, mit einer Jahresinflation von durchschnittlich -0,6%. Für 2017 wird wieder ein leichtes Plus von 0,2% erwartet.

Risiken

Bislang hat sich die Konjunkturentwicklung in den USA und Europa, insbesondere in Deutschland und der Schweiz, gegenüber dem nachlassenden Momentum des Welthandels und der angespannten Lage in mehreren Schwellenländern als resistent erwiesen. Ein Überschwappen der Probleme – sei dies über den Aussenhandel oder über die Finanzkanäle – ist jedoch nicht auszuschliessen und stellt derzeit ein Konjunkturrisiko dar.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die Flüchtlingskrise, mit der Kontinentaleuropa zurzeit konfrontiert ist. Die politischen Schwierigkeiten, in der EU eine gemeinsame und dauerhafte Lösung zu finden, könnte zu einer erhöhten wirtschaftlichen Verunsicherung beitragen und etwa das Investitionsklima in Europa belasten. Des Weiteren erhöht der mögliche Austritt von Grossbritannien aus der Union („Brexit“) die Unsicherheit über die politische und wirtschaftliche Stabilität der Europäischen Union.

Zitiervorschlag: Seco (2016). Konjunkturtendenzen Frühjahr 2016. Die Volkswirtschaft, 22. März.