In der Schweiz sind zahlreiche öffentliche und private Akteure in der Forschungs- und Innovationsförderung aktiv. In einer Bestandsaufnahme haben das Forschungsinstitut Interface und die Universität Genf insgesamt 93 kantonale, 14 regionale und 19 nationale Anbieter öffentlicher Innovationsförderung identifiziert. Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit (siehe Kasten 1).
Besonders viele Anbieter gibt es in der Westschweiz (siehe Abbildung 1). Durch die Auswertungen der regionalen Kooperationen konnten ausserdem die vier regionalen Schwerpunkte «Westschweiz», «Zentralschweiz», «Nordschweiz» und «Ostschweiz» ausgemacht werden.
Abb. 1: Innovationsförderung in den Kantonen und Regionen
Anmerkung: Die Abbildung illustriert, wie viele Anbieter jeder Kanton aufweist und wie die Kantone im Rahmen regionaler Förderaktivitäten miteinander kooperieren. Die jeweilige Anzahl von Anbietern in einem Kanton ergibt sich aus der Zahl der Stellen, die in erster Linie in einem Kanton aktiv sind, sowie aus den Beteiligungen an regionalen Förderangeboten.
Quelle: Erhebung: Interface und Universität Genf, Geometrie: BfS / Die Volkswirtschaft
Kritische Stimmen aus der Westschweiz
Auf der Seite der Nachfragenden standen die Bedürfnisse und die Erfahrungen besonders innovativer Unternehmen im Zentrum. Darunter werden Unternehmen verstanden, die für einen der wichtigen Schweizer Innovationspreise nominiert waren (zum methodischen Vorgehen siehe Kasten 2).
Die Befragten schätzen die Wichtigkeit, aber auch den Nutzen öffentlicher Innovationsförderung als eher hoch ein (siehe Abbildung 2). Dies trifft insbesondere auf diejenigen Unternehmen zu, welche bereits Unterstützung in Anspruch genommen haben. Auffällig ist: Mehrheitlich fehlt den Befragten eine Übersicht über das Angebot; zudem beurteilen sie den Zugang zu den richtigen Anbietern öffentlicher Innovationsförderung oft als schwierig. Besonders hoch ist die Unzufriedenheit bei Unternehmen, welche bisher keine Förderung in Anspruch genommen haben.
Die Untersuchung macht weiter deutlich, dass insbesondere die Befragten aus der Westschweiz und dem Tessin die Koordination der Anbieter öffentlicher Innovationsförderung kritisch beurteilen. Zehn (rund 60%) der antwortenden Unternehmen aus der lateinischen Schweiz sind der Meinung, dass die Anbieter auf den Ebenen Bund, Regionen und Kantonen schlecht aufeinander abgestimmt sind. In der Deutschschweiz sind 14 (rund 30%) der antwortenden Unternehmen dieser Meinung. Demgegenüber beklagen die Deutschschweizer – im Vergleich zur lateinischen Schweiz – häufiger die ungenügende Übersicht über die Anbieter. Zudem wünschen sich die Deutschschweizer häufiger eine Beschränkung der Innovationsförderung auf die Optimierung der Rahmenbedingungen.
Abb. 2: Einstellung von befragten Unternehmen gegenüber der öffentlichen Innovationsförderung
Anmerkung: Die Anzahl der Befragten variiert je nach Frage zwischen 70 und 81.
Quelle: Interface und Universität Genf / Die Volkswirtschaft
Schliesslich hat die Befragung ergeben: Zwei Drittel der für Innovationspreise nominierten Unternehmen hatten Kontakte zu Anbietern öffentlicher Innovationsförderung. Die Zweckmässigkeit dieser Kontakte wird im Allgemeinen als hoch bewertet. Bemerkenswert ist: Während die Unternehmen die Unterstützung kantonaler und regionaler Anbieter besonders schätzen, bewerten sie die Unterstützung durch nationale und internationale Anbieter zurückhaltender. Zudem beurteilen die befragten Unternehmen den Nutzen «weicher» Dienstleistungen wie Information und Beratung als überdurchschnittlich hoch. Den Nutzen finanzieller Unterstützung empfinden sie hingegen als bedeutend weniger hoch.
Öffentliche Anbieter begrüssen Vielfalt
An einem Expertenworkshop wurden letztes Jahr ausgewählte Ergebnisse der Untersuchung mit Fachleuten der kantonalen, der regionalen und der nationalen Innovationspolitik diskutiert.[1] Dort teilten die Anbieter öffentlicher Innovationsförderung den Eindruck einer Vielfalt von Innovationsakteuren zwar. Sie beurteilen diesen Umstand aber mehrheitlich als nicht problematisch. Vielmehr sehen sie darin eine Situation, welche konkurrenzfördernd wirkt. Gemäss den Fachleuten sind die Förderangebote auf den unterschiedlichen Staatsebenen (kantonal und regional, national, international) komplementär, und die Zusammenarbeit funktioniert gut. Daher gibt es ihrer Ansicht nach kaum Handlungsbedarf in Richtung Förderung von Transparenz und Übersichtlichkeit bei den innovationspolitischen Angeboten.
Demgegenüber fehlt den innovativen Unternehmen, welche sich an der Befragung beteiligt haben, eine Übersicht über die Anbieter öffentlicher Innovationsförderung mehrheitlich. Vor allem jene Unternehmen, die noch nie Unterstützung beansprucht haben, sind der Meinung, die Übersicht sei ungenügend. Es sei für sie schwierig, Zugang zu den richtigen Anbietern zu finden. Und: Die Angebote des Bundes wie auch jene der Kantone und Regionen ergänzten sich nicht optimal.
Die vorliegende Studie erlaubt es nicht, die Frage, ob es notwendig ist, die Koordination über die Anbieter öffentlicher Innovationsförderung zu verbessern, abschliessend zu beantworten. Dazu sind die empirischen Grundlagen zu schmal. Allerdings ergeben sich sowohl aus der grossen Anzahl erfasster Anbieter als auch aus den Ergebnissen der Befragung Indizien dafür, dass hinsichtlich Übersicht über die Aktivitäten öffentlicher Innovationsförderung sowie deren Koordination Handlungsbedarf besteht.
- Der Workshop unter der Leitung von Andreas Balthasar und Frédéric Varone (Professor für Politikwissenschaft an der Universität Genf) fand am 22. April 2015 in Bern statt. []