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Auch der Schienenverkehr verursacht externe Kosten

Der Verkehr auf Strassen und Schienen verursacht externe Kosten für Umwelt und Gesundheit. 2012 betrugen diese in der Schweiz 8,8 Milliarden Franken. Sie sind hauptsächlich dem Strassenverkehr anzulasten, doch auch der Schienenverkehr ist für rund 9 Prozent dieser Kosten verantwortlich. Während der Strassenschwerverkehr einen Teil dieser externen Kosten internalisiert, fehlt ein solches Instrument für die Schiene.
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Einen Grossteil der externen Kosten im Schienenverkehr verursachen Lärmemissionen. Schutzwand im bernischen Oberwangen. (Bild: Keystone)

Sowohl im Personen- wie im Güterverkehr nimmt das Verkehrsaufkommen seit Jahrzehnten stetig zu. Die Anzahl jährlich zurückgelegter Personenkilometer auf Schweizer Strassen und Schienen hat sich zwischen 1970 und 2014 auf über 120 Milliarden verdoppelt. Auch Güter werden mehr denn je transportiert. Gemäss dem Bundesamt für Statistik lagen die bewältigten Tonnenkilometer im Jahr 2014 mit 28 Milliarden knapp doppelt so hoch wie 1980.[1] Diese Entwicklung zieht kostspielige Entscheide über Neu- und Ausbau von Verkehrsinfrastrukturen nach sich. So wurden 2012 beispielsweise 8,7 Milliarden Franken in die Strassen- und Schieneninfrastruktur investiert.[2] Gleichzeitig führt diese Entwicklung, trotz laufend verbesserter Technologien, zu zunehmend negativen Effekten wie etwa CO2-Emissionen und Lärm. In der verkehrspolitischen Diskussion ist auch deshalb eine verkehrsträgerübergreifende Betrachtung wichtig. Strasse und Schiene haben unterschiedliche komparative Vorteile und sollten dort ausgebaut werden, wo diese am besten genutzt werden können.

Die Verkehrspolitik muss externe Effekte berücksichtigen


Beim Ausbau und der Nutzung von Verkehrsinfrastrukturen und bei der Abwägung, wo welcher Verkehrsträger am effizientesten eingesetzt werden kann, muss man verschiedene Aspekte berücksichtigen. Diese können technischer, topografischer, gesellschaftlicher, aber auch finanzieller Natur sein. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf den finanziellen Aspekt.

Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung der Kosten und des Nutzens, welche das Verkehrssystem generiert, müssen auch die externen Effekte einbezogen werden. Externe Effekte können sowohl Kosten als auch Nutzen umfassen. Externe Kosten liegen etwa dann vor, wenn die Nutzer des Verkehrssystems nicht alle Kosten ihrer Mobilität selber bezahlen. Solche Kosten entstehen beispielsweise durch Verkehrslärm. Er beeinträchtigt die Lebensqualität und die Gesundheit von Menschen, die in der Nähe von Bahn, Strasse oder Flughafen wohnen. Dies kann Kosten zur Folge haben, die in Form von Heilungskosten für Krankheiten oder Spitalaufenthalten anfallen. Sie schlagen sich aber nicht im Preis für die Mobilität nieder und werden daher als externe Kosten bezeichnet. Umgekehrt spricht man von externem Nutzen, wenn die Verkehrsteilnehmer nicht für den gesamten von ihnen gestifteten Nutzen kompensiert werden, den sie mit ihrem Mobilitätsverhalten verursachen. Ein Beispiel hierfür ist jemand, der durch das Velofahren seine Gesundheit verbessert und so der Allgemeinheit Gesundheitskosten erspart.

Externe Effekte fallen somit bei Dritten an. Dabei kann es sich um die Allgemeinheit oder um zukünftige Generationen handeln. Die Verkehrsteilnehmenden beziehen diese Kosten jedoch nicht in ihr Kalkül mit ein, wenn sie die Kosten und den Nutzen ihres persönlichen Mobilitätsverhaltens abwägen. Um in einer Volkswirtschaft die Ressourcen optimal einzusetzen, müssen die externen Kosten und Nutzen aber internalisiert werden. Das heisst, dass sie denjenigen anzulasten oder gutzuschreiben sind, die sie verursachen.

Ein Beispiel für die Internalisierung von externen Kosten stellt die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) dar, die 2001 eingeführt wurde. Mit der Entrichtung der LSVA leistet der Schwerverkehr auf der Strasse einen Beitrag zur Internalisierung der von ihm verursachten externen Kosten. Die nach Schadstoffausstoss abgestuften LSVA-Tarife bieten überdies einen Anreiz, die Lastwagen und Sattelschlepper mit umweltschonenderen Motoren auszustatten. Denn wer weniger Schadstoffe ausstösst, profitiert von einem niedrigeren Tarif. Die LSVA ist zudem ein Verlagerungsinstrument, um den Güterverkehr und die erwartete Zunahme in diesem Verkehrssegment von der Strasse auf die Schiene zu bringen. Fünf Jahre nach der Einführung hat eine Untersuchung gezeigt, dass das neue Verkehrsregime mit LSVA (und gleichzeitig eingeführter höherer Gewichtslimite) zu einer deutlichen Effizienzsteigerung im Strassengüterverkehr führte. Zwischen 2001 und 2005 sind die vom Schwerverkehr zurückgelegten Kilometer um 6,4 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig hat die Verkehrsleistung, gemessen in Tonnenkilometern[3], um 16,4 Prozent zugenommen.[4]

 

Hohe Lärmkosten im Schienenverkehr


Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) publiziert regelmässig Daten zu den externen Effekten des Verkehrs. So beliefen sich die externen Gesundheits-, Umwelt- und Unfallkosten des Strassen- und des Schienenverkehrs im Jahr 2012 auf 8,8 Milliarden Franken.[5]

Der externe Gesundheitsnutzen des Langsamverkehrs betrug im selben Jahr 1,4 Milliarden Franken.

Die Tabelle zeigt, aus welchen einzelnen Kostenbereichen sich diese externen Kosten zusammensetzen.

Externe Kosten und Nutzen des Schienen- und des Strassenverkehrs 2012




















Schiene Strasse Total

motorisierter privater Personen- und

Güterverkehr

Langsamverkehr Öffentlicher Personenverkehr
Gesundheitsschäden Luftverschmutzung 195 1487 60 1742
Gebäudeschäden Luftver­schmutzung 37 286 12 335
Ernteausfälle Luftver­schmutzung 1 45 3 49
Waldschäden Luftver­schmutzung 1 42 3 46
Biodiversitätsverluste Luftverschmutzung 1 123 7 131
Lärm 281 1490 39 1810
Klima 4 1335 29 1368
Natur und Landschaft 124 785 11 10 930
Bodenschäden durch toxische Stoffe 26 120 6 152
Vor- und nachgelagerte Prozesse 48 711 35 20 814
Unfälle 8 976 847 7 1838
Zusatzkosten in städtischen Räumen 34 93 3 130
Abzug LSVA-Anteil -588 -588
Total 760 6905 893 199 8757
Gesundheitsnutzen
Langsamverkehr
-1429 -1429


Anmerkung: Negative Werte sind als Nutzen respektive Internalisierungsbeitrag zu interpretieren.

Quelle: ARE, 2016 / Die Volkswirtschaft


Die höchsten externen Kosten von total je 1,4 bis 1,8 Milliarden Franken fallen in den Bereichen Klima, luftverschmutzungsbedingte Gesundheitsschäden, Lärm und Unfälle an. Durch vor- und nachgelagerte Prozesse, beispielsweise bei der Bereitstellung von Treibstoffen, sowie im Bereich Natur und Landschaft entstanden weitere Kosten von gut 800 bzw. 900 Millionen Franken. Auf die Gebäudeschäden entfallen rund 300 Millionen Franken. Alle übrigen Kostenbereiche liegen unter 200 Millionen Franken.

Der Schienenverkehr ist mit 760 Millionen Franken für 9 Prozent der externen Kosten verantwortlich. Sie entstehen insbesondere durch die Lärmemissionen, durch den gesundheitsgefährdenden Ausstoss von Mikropartikeln und die Zerstörung oder Zerschneidung von Natur- und Landschaftsräumen. Diese drei Bereiche sind auch beim Strassenverkehr bedeutend, der für knapp 8 Milliarden, also rund 91 Prozent der externen Kosten, verantwortlich ist. Zudem fallen beim Strassenverkehr hohe Kosten aufgrund von CO2-Ausstoss, Unfällen sowie durch vor- und nachgelagerte Prozesse an. Der Internalisierungsbeitrag der LSVA beläuft sich auf knapp 590 Millionen Franken.

Durchschnittliche externe Kosten beim Personenschienenverkehr am tiefsten


Bezieht man die externen Kosten und Nutzen der Verkehrsträger auf ihre jährlich erbrachten Verkehrsleistungen, erhält man die externen Kosten und Nutzen pro Personenkilometer (Pkm) und pro Tonnenkilometer (Tkm). Diese sagen aus, wie hoch die durchschnittlichen externen Kosten sind (siehe Abbildung).

Externe Kosten und Nutzen pro Personen- und Tonnenkilometer, 2012


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Anmerkung: Negative Werte sind als als Nutzen, positive Werte als Kosten zu interpretieren.

Quelle: ARE, 2016 / Die Volkswirtschaft


Beim Personenverkehr weist die Schiene mit 2,4 Rappen pro Personenkilometer die tiefsten externen Kosten aus, gefolgt vom öffentlichen Personenverkehr auf der Strasse mit 4,6 Rappen pro Pkm. Zum öffentlichen Strassenverkehr gehören Autobusse, Trolleybusse und Trams. Der motorisierte Privatverkehr verursacht externe Kosten von 6 Rappen. Vergleichsweise geringe Distanzen werden beim Langsamverkehr, also von Fussgängern und Fahrradfahrern, zurückgelegt. Das schlägt sich in hohen externen Kosten pro Personenkilometer nieder. Beim Langsamverkehr betragen diese 12,3 Rappen. Es sind fast ausschliesslich vom Langsamverkehr verursachte externe Unfallkosten, die hier ins Gewicht fallen. Gleichzeitig generiert der Langsamverkehr auch einen externen Gesundheitsnutzen von 19,7 Rappen pro Pkm.

Beim Güterverkehr belaufen sich die externen Kosten der Schiene auf 3 Rappen pro Tonnenkilometer. Der Strassenschwerverkehr, d. h. die Lastwagen und die Sattelschlepper, verursachten externe Kosten von 7,1 Rappen. Davon werden durch die LSVA 3,6 Rappen pro Tkm internalisiert. Unter dem Strich verbleiben also noch externe Kosten von 3,5 Rappen pro Tkm.[6]

Bei der Interpretation dieser Vergleiche ist Vorsicht geboten. Sie widerspiegeln schweizerische Durchschnittswerte und können nicht unbesehen auf einzelne geografische Teilräume übertragen werden. Bei Kostenbereichen wie etwa beim Lärm sind die Kosten pro Kilometer in dicht besiedelten Gebieten höher als in wenig besiedelten. Um die verschiedenen Verkehrsträger auf einer bestimmten Strecke miteinander zu vergleichen, braucht es spezifischere Korridorrechnungen.

 

Kostenwahrheit anstreben


Die Resultate zeigen, dass nicht nur der Strassenverkehr, sondern auch der Schienenverkehr signifikante externe Kosten verursacht. Pro Tonnenkilometer sind die externen Kosten des Schienengüterverkehrs ähnlich hoch wie diejenigen des Strassengüterverkehrs unter Einbezug der LSVA.

Um diese Kosten zu adressieren, könnte auch hier eine Internalisierung diskutiert werden. Denn im Gegensatz zum Strassengüterverkehr kennt der Schienenverkehr bisher kein Internalisierungsinstrument. Wenn man dabei analog zur LSVA eine Tarifdifferenzierung nach Umweltbelastung vornimmt, könnten zusätzliche Anreize für den Einsatz von umweltschonenden Technologien geschaffen werden. Dasselbe gilt natürlich auch für den Strassenpersonenverkehr, der absolut gesehen die höchsten externen Kosten verursacht.

Bei vielen Kosten-Nutzen-Analysen von Infrastrukturprojekten werden die externen Kosten standardmässig in die Berechnungen mit einbezogen.[7] Mit Ausnahme von Strassentransporteuren beziehen die Verkehrsteilnehmenden die externen Effekte heute jedoch nicht in ihre Mobilitätsentscheidungen ein und konsumieren somit grundsätzlich zu viel Mobilität. Zu erwähnen ist ebenso, dass die öffentliche Hand den Schienenverkehr 2012 mit 4,2 Milliarden Franken subventioniert hat. Weitere 1,9 Milliarden Franken flossen in den öffentlichen Strassenverkehr.[8] Wenn die Verkehrspolitik in Richtung Nutzerfinanzierung gehen will, gilt es auch diese Kosten zu berücksichtigen.

 

  1. Für Leistungen im Personenverkehr und im Güterverkehr siehe Bfs.admin.ch. []
  2. LITRA (2015). Verkehrszahlen. []
  3. Masseinheit im Güterverkehr, ein Tonnenkilometer entspricht der Beförderung einer Tonne über einen Kilometer. []
  4. ARE (2015). Fair und effizient – die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in der Schweiz. []
  5. ARE (2016). Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz. Strassen-, Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr 2010 bis 2012, basierend auf Ecoplan/Infras (2014). Externe Effekte des Verkehrs 2010. Monetarisierung von Umwelt-, Unfall- und Gesundheitseffekten. []
  6. Die Frage, ob der Strassenschwerverkehr alle seine Kosten deckt, umfasst noch weitere Aspekte, insbesondere die Staukosten und ungedeckte Infrastrukturkosten des Schwerverkehrs. []
  7. Beispielsweise gemäss der schweizerischen Norm SN 641 828‚ bei Kosten-Nutzen-Analysen im Strassenverkehr oder bei den Nachhaltigkeitsindikatoren für die Bahninfrastrukturprojekte (Niba). []
  8. BFS (2015) Kosten und Finanzierung des Verkehrs. Strasse und Schiene 2012. []

Zitiervorschlag: Hürzeler, Christina; Mathys, Nicole A. (2016). Auch der Schienenverkehr verursacht externe Kosten. Die Volkswirtschaft, 27. April.

Wie berechnet man externe Effekte?

Die Grundlage zur Berechnung der Kosten bilden die zurückgelegten Strecken im Strassen- und Schienenverkehr. Daraus wird die Belastungssituation abgeschätzt. Je nach Kostenbereich sind für diese Schätzungen Emissionsfunktionen und Daten wie etwa zur Siedlungs- und Bevölkerungsdichte nötig. In einem nächsten Schritt werden die daraus resultierenden Effekte bzw. Schäden ermittelt. Je nach Kostenbereich handelt es sich dabei beispielsweise um die Zahl der zusätzlichen kranken, verletzten oder getöteten Personen, um die Anzahl lärmbelasteter Wohnungen oder um das Ausmass geschädigter Gebäudeflächen. Um diese Effekte bestimmen zu können, werden Belastungs-Wirkungs-Beziehungen, Krankheitshäufigkeiten in der Bevölkerung, Dunkelziffern im Unfallgeschehen und weitere Grundlagen verwendet. Schliesslich werden die Schäden in Geldeinheiten quantifiziert. Dazu werden je nach Kostenbereich spezifische Kostensätze pro Unfall, pro Krankheits- bzw. Todesfall oder Mietzinsausfälle pro Dezibel Lärm verwendet und mit den ermittelten Schäden verknüpft.

 

Die Berechnung des externen Nutzens erfolgt analog: Basis bilden hier die per Fahrrad oder zu Fuss zurückgelegten Kilometer und das Wissen aus epidemiologischen Studien, in welchem Ausmass diese Bewegungen das Krankheitsrisiko vermindern. Daraus kann berechnet werden, wie viele Spitaltage oder Produktionsausfälle vermieden und welche Kosten dadurch eingespart wurden. Die externen Gesundheitsnutzen des Langsamverkehrs sind bisher die einzigen relevanten externen Nutzen des Verkehrs, die quantifizierbar sind.