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«Effizienz sollte immer in einem Gesamtzusammenhang betrachtet werden»

Hugo Bruggmann ist im Seco für den Erweiterungsbeitrag zuständig. Gegenüber der «Volkswirtschaft» sagt er, welche Schlüsse sein Team aus der Evaluation des Erweiterungsbeitrags zieht und weshalb die Verbesserungsvorschläge bei der Effizienz relativiert werden müssen.
Herr Bruggmann, eine derart umfassende Evaluation des Erweiterungsbeitrags wurde zum ersten Mal durchgeführt. Welches war für Sie das überraschendste Resultat?

Für das Team Erweiterungsbeitrag, das aus Mitarbeitenden des Seco und der Deza besteht, gab es keine Überraschungen. Aufgrund der engen Begleitung der Projekte wissen wir, dass wir mit dem Programm insgesamt gut unterwegs sind, auch wenn es bei rund 300 Projekten immer einige Probleme gibt. Das gute Zeugnis von unabhängigen Fachpersonen freut natürlich alle Beteiligten, vor allem auch unsere Partner.

Laut dem Bericht liegt bei der Effizienz der Umsetzung das grösste Verbesserungspotenzial. Wurde nicht schnell genug oder nicht wirtschaftlich genug gearbeitet?

In einigen Ländern haben unsere Partner und wir Schwierigkeiten mit gewissen rechtlichen und administrativen Vorgaben. Zum Beispiel erhalten wir wegen langwieriger formeller Kontrollen Rückerstattungsgesuche oft mit einer Verspätung von mehr als einem halben Jahr. Das können wir leider nicht ändern. Was unsere Arbeit betrifft, stellten die Gutachter kritische Fragen zur Zweckmässigkeit der zeitraubenden Prüfung von Ausschreibungsunterlagen. Damit verbessern wir aber in vielen Fällen die Qualität und die Nachhaltigkeit der Projekte und vermindern die Risiken von Missbrauch und Korruption. Effizienz sollte immer in einem Gesamtzusammenhang betrachtet werden: Wenn wir eine hohe Projektqualität und Risikoverminderungen anstreben, so kann das natürlich die Effizienz beeinträchtigen. Trotzdem werden wir versuchen, die Effizienz weiter zu verbessern.

Die Gutachter haben zwölf Empfehlungen abgegeben. Werden Sie diese umsetzen und wenn ja, wie?

Wir sind mit allen Empfehlungen einverstanden. Bei dreien haben wir jedoch gewisse Vorbehalte. Sechs Empfehlungen betreffen einen möglichen neuen Erweiterungsbeitrag und können deshalb nur im Falle einer Erneuerung umgesetzt werden. Aufgrund der Erfahrungen mit Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern – den sogenannten EU-10-Staaten – haben wir verschiedene Empfehlungen bereits bei den Programmen mit Bulgarien und Rumänien sowie Kroatien umgesetzt. Dazu gehören der Verzicht auf eine Reserve von 20 Prozent des Gesamtbetrags, die erst zwei Jahre nach Beginn des Programms verpflichtet wird, eine verstärkte thematische Konzentration sowie im Falle von Kroatien eine Beschleunigung des Projektgenehmigungsverfahrens. Mit den EU-10-Staaten sind wir daran, Vereinfachungen in der Berichterstattung vorzunehmen. Ausserdem prüfen wir zusätzliche Massnahmen zur Stärkung der Nachhaltigkeit der Projekte.

Wie arbeiten Sie die Resultate und Empfehlungen der Evaluation auf?

Wir haben die Ergebnisse mit unseren Mitarbeitenden eingehend besprochen und mit jedem Partnerland thematisiert. Ausserdem wird auch eine vertiefte Diskussion mit allen Partnerländern zusammen stattfinden. Mit Polen, Ungarn, der Slowakei und Lettland werden wir zudem die 29 evaluierten Projekte und allfällige Korrekturmassnahmen erörtern.

Welcher konkrete Nutzen ergibt sich für die weitere Arbeit?

Die Partnerländer haben beim Erweiterungsbeitrag mehr Verantwortung übernommen, als dies sonst in der internationalen Zusammenarbeit üblich ist. Der Aufbau dieses Programms war für uns deshalb grösstenteils Neuland. Im Falle eines neuen Erweiterungsbeitrags wären wir gut auf eine weitere Zusammenarbeit vorbereitet. Ausgehend vom bewährten Konzept, würden wir gewisse Prozesse und Vorgaben bereits zu Beginn genauer festlegen und einzelne Kontrollmechanismen etwas zurückfahren.

Wie geht es nun weiter mit dem Erweiterungsbeitrag?

Wir werden nächstes Jahr die Projekte des Programms mit den EU-10-Staaten zum Abschluss bringen. Das Programm mit Bulgarien und Rumänien läuft noch bis Ende 2019. Bis im Mai 2017 werden wir zudem die Projektfinanzierungsgesuche Kroatiens prüfen und darüber entscheiden. Über eine allfällige Erneuerung des Erweiterungsbeitrags wird der Bundesrat im Zuge der Entwicklungen der Gesamtheit der Beziehungen Schweiz – EU entscheiden.

Zitiervorschlag: Die Volkswirtschaft / La Vie économique (2016). «Effizienz sollte immer in einem Gesamtzusammenhang betrachtet werden». Die Volkswirtschaft, 24. Juli.

Hugo Bruggmann

Dr. oec. Hugo Bruggmann ist Leiter des Ressorts Erweiterungsbeitrag/Kohäsion im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Dieses Ressort bildet mit einer entsprechenden Abteilung der Deza und den gemeinsamen Büros in den Partnerstaaten das Team Erweiterungsbeitrag, das für die operationelle Umsetzung des Erweiterungsbeitrags zuständig ist.