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Wissenschaft trifft auf Wirtschaft

Der jüngst lancierte Schweizer Innovationspark bringt Forscher und Unternehmer zusammen. An mehreren Standorten sind aus diesem Austausch bereits erste Kooperationen und Firmen entstanden.
Wie kann man elektrische Netze intelligenter nutzen? Smart-Grid-Projekt an der ETH Lausanne mit Batterien von Leclanche. (Bild: EPFL, Alain Herzog)

Anfang Jahr hat Bundespräsident Johann Schneider-Ammann den Innovationspark Switzerland Innovation mit seinen Standorten um die beiden ETH in Lausanne und Zürich sowie in Basel, Biel und am Paul-Scherrer-Institut im aargauischen Villigen eröffnet (siehe Abbildung). Switzerland Innovation möchte etablierte Unternehmen aus dem In- und Ausland mit ihren Forschungs- und Entwicklungseinheiten an den Standorten ansiedeln.[1] Der Innovationspark bietet zudem attraktive Rahmenbedingungen für Forschungsgruppen und Start-ups als Katalysatoren für die Ansiedlung bestehender Firmen.

Die Standorte des Innovationsparks Switzerland Innovation


Cron

Quelle: Switzerland Innovation / Die Volkswirtschaft

Die Schweiz belegt seit Jahren konstant einen Spitzenplatz in den Ranglisten der innovativsten Länder.[2] Dieser Erfolg beruht zum einen auf dem hervorragenden Bildungssystem, wozu erstklassige, international renommierte Hochschulen, Universitäten und Forschungsinstitute zählen. Zum anderen baut die Innovationskraft auf der engen und erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft auf – und genau hier setzt Switzerland Innovation an: Im Vordergrund unserer Aktivitäten stehen die Realisierung erfolgreicher Forschungs- und Entwicklungskooperationen zwischen privaten Unternehmen, Hochschulen und weiteren Forschungspartnern sowie die Generierung von privaten Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen aus dem In- und Ausland. An den Standorten sollen Unternehmen und Forschungspartner angesiedelt werden, die neue marktfähige Produkte, Dienstleistungen und Prozesse entwickeln und zugleich Arbeitsplätze schaffen.

Subsidiäre Rolle des Bundes


Die Schweiz kennt keine von oben angeordnete Innovationspolitik. Die öffentliche Hand beschränkt sich darauf, optimale Rahmenbedingungen für Innovation zu schaffen. Dazu gehören ein offener und liberaler Arbeitsmarkt, der den Zugang zu den weltweit besten Köpfen sichert, ein qualitativ hochstehendes Bildungssystem, eine moderne Infrastruktur, ein attraktives Steuersystem, Lebensqualität, eine effiziente und transparente Verwaltung sowie politische Stabilität.

Nach dem Willen des Bundesrats soll der Innovationspark dazu beitragen, die führende Rolle der Schweiz als Innovationsland und damit die Wettbewerbsfähigkeit für die kommenden Jahre und Jahrzehnte zu sichern. In seiner «Botschaft zur Ausgestaltung und Unterstützung des Schweizerischen Innovationsparks» vom März 2015 unterstreicht der Bund seine subsidiäre Rolle, indem er auf eine Trägerverantwortung bewusst verzichtet. Die Standorte werden durch die Privatwirtschaft, die beteiligten Hochschulen bzw. Forschungsinstitutionen und die jeweiligen Kantone getragen. Die nationale Stiftung Switzerland Innovation – als landesweite Trägerorganisation – wird vollumfänglich durch die Privatwirtschaft finanziert. Der Bund fördert das Projekt mit unterstützenden Massnahmen in Form eines befristeten Rahmenkredits von 350 Millionen Franken für Bürgschaften und der Abgabe von Grundstücken des Bundes im Baurecht.

Begegnungsräume schaffen


Getreu dem Motto «Innovation entsteht an der Kaffeemaschine» findet an den Standorten des Innovationsparks die Vernetzung zwischen den Hochschulen und den Unternehmen statt. Durch den engen Austausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung wird der Weg von der Idee zu einem kommerziellen Produkt oder einer neuen Dienstleistung verkürzt. Die räumliche Nähe zwischen den Akteuren hilft, die Entwicklungsprozesse zu beschleunigen: Neue Ideen können sozusagen «an der Kaffeemaschine» direkt und unkompliziert ausgetauscht und diskutiert werden.

Der Innovationspark schafft nicht nur Freiraum für neue Ideen, sondern bringt die Wirtschaft und die Hochschulen näher zusammen und eröffnet ihnen neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Da Switzerland Innovation als Einheit auftritt, sind die einzelnen Standorte vernetzt. Die Forschungsschwerpunkte reichen von Lifesciences und Gesundheit über industrielle Prozesse, Energie- und Materialwissenschaften bis hin zur Informationsverarbeitung, zur Mobilität und zu den unterstützenden Wissenschaften wie der Nano- oder der Beschleunigertechnologie.

Switzerland Innovation stellt insgesamt mehr als hundert Hektaren für gemeinsame Forschungsinfrastrukturen und für die Ansiedlung von Forschungsgruppen und Unternehmen unterschiedlicher Grösse zur Verfügung. Die nationale Stiftung unterstützt diesen Prozess, indem sie Switzerland Innovation international bekannt macht, die Qualität an den Standorten mit einheitlichen Standards sicherstellt und den Unternehmen und Wissenschaftlern hilft, Finanzierungslösungen zu finden.

Künftige Generationen profitieren


Von der ersten Idee bis zur Genehmigung des Projekts durch den Bundesrat und die Räte sind zehn Jahre vergangen. Die Befürworter dieser Idee hatten zahlreiche Hürden zu überwinden und gegen Widerstände anzukämpfen. Inzwischen ist Switzerland Innovation erfolgreich gestartet, und die Aufbauarbeiten sind in vollem Gange. An mehreren Standorten ist die Ansiedlung von Unternehmen bereits erfolgreich verlaufen (siehe Kasten 1 und 2). Weitere Projekte stehen kurz vor der Realisierung oder befinden sich in der Planungsphase. Das Interesse aus Wirtschaft und Wissenschaft für das Projekt wächst zusehend.

Switzerland Innovation ist ein Generationenprojekt und eine Investition in die Zukunft. Es trägt zur Sicherung des Wohlstandes bei und stärkt die Position unseres Landes im internationalen Wettbewerb um die erfolgreichsten Wissensstandorte. Es bietet die grossartige Chance, die Innovationskraft der Schweiz langfristig zu sichern.

  1. Siehe Switzerland-innovation.com[]
  2. Vgl. Global Innovation Index, WEF Global Competitiveness Report, EU Innovation Union Scoreboard. []

Zitiervorschlag: Raymond Cron, Raphaël Tschanz, (2016). Wissenschaft trifft auf Wirtschaft. Die Volkswirtschaft, 25. Juli.

Kasten 1: Gemeinschaftsunternehmen baut auf PSI-Forschung

Ein erfolgreiches Beispiel aus dem Park Innovaare im aargauischen Villigen: Das Unternehmen Advanced Accelerator Technologies (AAT) ist eine gemeinsame Initiative des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) und von Industrieunternehmen aus der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden und Slowenien. AAT wurde im April 2015 mit dem Ziel gegründet, das am PSI vorhandene Beschleuniger-, Experimentier- und Grossanlagen-Know-how sowie dessen herausragende Anwendungsexpertise in Wissenschaft, Forschung und industriellen Prozessen weltweit zu kommerzialisieren. Das Spektrum avisierter Produkte und Märkte reicht von komplexen Messeinrichtungen für internationale Forschungszentren über Prüfstationen und -prozesse für die Halbleiterindustrie bis hin zu neuartigen Kompaktbeschleunigern für industrielle und wissenschaftliche Anwendungen. Durch die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie, insbesondere auf der Grundlage des umfangreichen Know-how des PSI in Verbindung mit den industriellen Kompetenzen der fünf AAT-Partner, entsteht ein weltweit orientiertes, nachhaltiges Unternehmen mit Sitz in Villigen.

Kasten 2: Japanische Medizinaltechnik in Lausanne

Der japanische Präzisionshersteller Namiki hat auf dem bereits bestehenden Innovationspark an der ETH Lausanne das Unternehmen Namiki Precision of Europe angesiedelt. Die Firma profitiert von einem erleichterten Zugang zu den spezialisierten Labors der Hochschule und von der Zusammenarbeit mit Start-ups und KMU. Aktuell verfolgt das Unternehmen in Lausanne drei Projekte aus den Bereichen Medizinaltechnik, Nanotechnologie und «Advanced Materials». Ein erstes befasst sich mit der Rückgewinnung von Energie durch Bewegung: Im Fokus stehen kleine Strommengen an Orten, wo Kabel nur schwierig zu legen sind. In einem zweiten Projekt soll die Sequenzierung von DNA-Strängen verbessert werden. Und schliesslich wird an einem medizinischen Verfahren im Nanobereich geforscht, in welchem optische Detektoren Bakterien finden und zerstören.