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Der überbewertete Franken lastet auf der Exportwirtschaft. Dabei müsste diese befreit expandieren und damit einen grösseren Teil zum Wohlstand beitragen können. Helfen kann nur die Nationalbank – mit einer klugen Geldpolitik.
Daniel Lampart, Sekretariatsleiter und Chefökonom, Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB), Bern

Standpunkt

Zur Sicherung des Wohlstandes ist ein kleines Land wie die Schweiz auf einen Zugang zum Weltmarkt angewiesen. Die Qualitätsprodukte müssen in die ganze Welt verkauft werden, um die hohen Entwicklungskosten einzuspielen – der Heimmarkt ist dafür zu klein.

Unser Land hat von der Internationalisierung der Wirtschaft insgesamt profitiert. Das zeigt sich beispielhaft an den Handelsstatistiken mit China: 1 Kilo nach China exportierter Schweizer Ware bringt uns 45 Franken ein; für 1 Kilo chinesischer Waren zahlen wir hingegen nur rund 15 Franken.

Doch dieses Erfolgsmodell ist unter Druck. Die gewaltige Aufwertung des Frankens lastet schwer auf der Exportindustrie und auf dem Tourismus. Hinzu kommen internationale Anforderungen, die Steuergesetze den internationalen Standards anzupassen. Obwohl die Abschaffung des Bankgeheimnisses politisch zu begrüssen ist: Auf dem Finanzplatz führt das zu Milliardenausfällen. Und last, but not least will die grösste bürgerliche Partei, die SVP, die bilateralen Verträge mit der EU preisgeben.

Die nüchterne Analyse zeigt: Die Schweiz hat im Steuer- und Finanzbereich kaum Handlungsspielraum. Sie muss sich den internationalen Entwicklungen anpassen. Umso wichtiger ist es, dass der Werkplatz gestärkt wird. Er wird einen grösseren Teil zum Wohlstand beitragen müssen, um die Mindererträge im Finanzsektor zu kompensieren.

Maschinenindustrie verliert Marktanteile

Momentan geht die Entwicklung leider völlig in die falsche Richtung. Die Schweiz ist fast das einzige Land in Europa, in dem die Erwerbslosigkeit steigt. Gleichzeitig sinkt das Bruttoinlandprodukt pro Kopf. Wirtschaftspolitisch heimtückisch ist, dass ein grosser Teil der Auswirkungen des überbewerteten Frankens nicht sofort sichtbar sind.

Längerfristig ist die Überbewertung verheerend. Denn einmal ausgelagerte Produktionsteile kommen kaum wieder zurück. Und die Einsparungen der Unternehmen bei der Forschung und Entwicklung sowie bei den Investitionen schlagen sich oft erst nach Jahren in ernsthaften Ertragsproblemen nieder.

Was bei einem fair bewerteten Franken möglich wäre, zeigt das Beispiel der deutschen Maschinenindustrie, die heute ein Fünftel mehr Arbeitskräfte beschäftigt als 2008. Bei uns ist die Beschäftigung in dieser Branche hingegen um mehr als 10 Prozent gesunken. Weltweit kommen noch rund 4 Prozent aller Werkzeugmaschinen aus der Schweiz. Im Jahr 2007 waren es noch 5 Prozent.

Nationalbank muss handeln

In dieser Situation gibt es keine Alternative zu einer aktiven Wechselkurspolitik. Der Franken muss auf ein tragbares Niveau gebracht werden. Die Nationalbank hat seit den späten Siebzigerjahren auch in schwierigen Zeiten immer wieder dafür gesorgt, dass die Wirtschaft von grösseren Währungsschocks verschont blieb. Mit einem klugen Mix aus zins- und währungspolitischen Massnahmen und einer entsprechenden Kommunikation. Sie muss sich auf diese Tradition zurückbesinnen.

Wichtig ist weiter der Erhalt der bilateralen Verträge. Diese müssen aber den Arbeitnehmenden nützen. In der Schweiz müssen konsequent Schweizer Löhne bezahlt werden, wie das die flankierenden Massnahmen verlangen. Ergänzend dazu braucht es einen besseren Schutz der älteren Arbeitnehmenden sowie Massnahmen zur Verbesserung der beruflichen Chancen von Inländern.

Ökonomisch völlig kontraproduktiv sind Vorschläge, die Löhne zu kürzen oder die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. So haben die Exportwirtschaft und der Tourismus schon heute Mühe, die benötigten Arbeitskräfte zu finden. Wenn sich diese Branchen noch unattraktiver machen, werden ihre Probleme zunehmen.

Zitiervorschlag: Daniel Lampart (2016). Standpunkt: Starker Werkplatz – nötiger denn je. Die Volkswirtschaft, 25. Juli.